Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 124 III 297



124 III 297

54. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 16. April 1998 i.S.
Musikvertrieb AG gegen Motor-Columbus AG (Berufung) Regeste

    Haftung im Konzern.

    Eine Haftung der Muttergesellschaft aus unerlaubtem Verhalten von
Doppelorganen setzt Widerrechtlichkeit oder zumindest Sittenwidrigkeit
voraus (E. 5a). Die Widerrechtlichkeit von Unterlassungen lässt sich
weder aus dem Gefahrensatz noch aus Art. 2 ZGB ableiten (E. 5b und
c). Sittenwidrigkeit kommt nur ausnahmsweise in Betracht (E. 5e).

    Allgemeine Hinweise auf eine bestehende Konzernverbindung vermögen
keine Vertrauenshaftung der Muttergesellschaft zu begründen. Schutzwürdiges
Vertrauen setzt ein Verhalten der Muttergesellschaft voraus, das geeignet
ist, hinreichend konkrete und bestimmte Erwartungen zu wecken (E. 6).

Sachverhalt

    A.- Die Musikvertrieb AG begann in den Jahren 1986 und 1987 mit
der Planung eines neuen Lager- und Verteilzentrums in Schlieren,
dem sogenannten «Dispodrom», in welchem Wareneingang, Warenausgang,
Entgegennahme von Kundenbestellungen und Auftragsabwicklung
computergesteuert bewältigt werden sollten. Mit Totalunternehmervertrag
vom 26. Juni 1987 übertrug sie die bauliche Erstellung des Lager- und
Verteilzentrums der Mobag Generalunternehmung AG. Am 18. November 1987
schloss sie zudem einen Vertrag über Ingenieurleistungen mit der Mobag
Systems Engineering (MSE), einer Abteilung der Mobag Generalunternehmung
AG, ab. Die Firma EOP AG EDV-Organisation und Programmierung unterbreitete
mit Schreiben vom 29. September 1987 eine «Grob-Offerte» für die
Realisierung des EDV-Projekts. Am 27. Januar 1989 reichte die EOP AG der
Musikvertrieb AG eine neue Offerte für die Entwicklung und Einführung
der EDV-Applikation ein, auf deren Verbindlichkeit sich die Parteien
in der Folge unterschriftlich einigten. Im Mai 1990 fusionierte die
EOP AG mit der Infocall AG. Sowohl die EOP AG als auch die Infocall AG
waren Tochtergesellschaften der Telecolumbus AG, die ihrerseits eine
Tochtergesellschaft der Motor-Columbus AG war.

    Das «Dispodrom» nahm Anfang Januar 1991 den Betrieb auf. Bei der
Betriebsaufnahme kam es zu einem Zusammenbruch des EDV-Systems. Nach
der Darstellung der Musikvertrieb AG war es infolgedessen nicht einmal
mehr möglich, die bisherigen Auftraggeber zu beliefern. Dadurch sei der
Musikvertrieb AG bzw. ihrer Schwestergesellschaft, der Dispodrom AG,
ein enormer Schaden entstanden.

    B.- Am 7. Oktober 1994 reichte die Musikvertrieb AG beim Handelsgericht
des Kantons Aargau Klage gegen die Motor-Columbus AG ein, mit dem Begehren,
die Beklagte sei zu verpflichten, Fr. 7'081'102.-- nebst Zins zu 5%
seit 10. Februar 1992 an die Dispodrom AG und Fr. 100'000.-- nebst Zins
zu 5% seit 14. Oktober 1993 an die Klägerin zu bezahlen. Auf Antrag der
Beklagten beschränkte der Instruktionsrichter mit Verfügung vom 3. März
1995 das Verfahren vorerst auf die Frage, ob die Beklagte dem Grundsatz
nach hafte, ob sie mithin überhaupt passivlegitimiert sei. Mit Urteil
vom 20. August 1997 verneinte das Handelsgericht die Passivlegitimation
der Beklagten und wies demzufolge die Klage ab.

    C.- Das Bundesgericht weist die Berufung der Klägerin ab, soweit es
darauf eintritt, und bestätigt das Urteil des Handelsgerichts.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 5

    5.- Die Klägerin wirft den Herren Franz-Anton Glaser, Ulrich Dietiker
und Kurt Meier, die angeblich als Doppelorgane der EOP/Infocall AG
und der Telecolumbus AG aufgetreten seien, unerlaubtes Verhalten im
Sinne von Art. 41 OR vor. Sie macht geltend, die genannten Personen
hätten die schwerwiegenden Probleme gekannt, die bei anderen Kunden
mit analogen EDV-Applikationen entstanden seien, und wären deshalb zum
Eingreifen verpflichtet gewesen, um einen Zusammenbruch des EDV-Systems
des «Dispodroms» zu verhindern. Das Handelsgericht hält der Klägerin
entgegen, dass es einerseits an einer Widerrechtlichkeit des beanstandeten
Verhaltens fehle und dass anderseits die fraglichen Personen auch
nicht als Doppelorgane beider Gesellschaften gehandelt hätten. Zudem
geht die Vorinstanz auch davon aus, dass Schadenersatzforderungen aus
unerlaubter Handlung ohnehin verjährt wären. Mit diesen Erwägungen hat
das Handelsgericht nach Auffassung der Klägerin Bundesrecht verletzt.

    a) Nach Art. 722 OR haftet die Aktiengesellschaft für den Schaden aus
unerlaubten Handlungen (Art. 41 OR), die eine zur Geschäftsführung oder zur
Vertretung befugte Person in Ausübung ihrer geschäftlichen Verrichtungen
begeht. Aufgrund dieser Vorschrift hat die Konzern-Muttergesellschaft
unter Umständen für Eingriffe ihrer Organe in die Geschäftsführung
der Tochtergesellschaft einzustehen (ROLAND VON BÜREN, Der Konzern, in:
Schweizerisches Privatrecht, Basel, Bd. VIII/6, S. 178 und 183; FORSTMOSER,
Die aktienrechtliche Verantwortlichkeit, 2. Aufl. 1987, S. 224 Rz. 713
ff.; MAX ALBERS-SCHÖNBERG, Haftungsverhältnisse im Konzern, Diss. Zürich
1980, S. 152 ff.). Eine derartige Organhaftung setzt allerdings voraus,
dass die fraglichen Handlungen unerlaubt im Sinne von Art. 41 OR,
mithin widerrechtlich oder zumindest sittenwidrig (Art. 41 Abs. 2 OR)
sind (VON BÜREN, aaO, S. 182 f.; WOLFGANG ZÜRCHER, Der Gläubigerschutz im
schweizerischen Aktienrechts-Konzern, Diss. Zürich 1993, S. 219 ff.), und
dass die Personen, von denen die Handlungen ausgegangen sind, sowohl als
Organe der Muttergesellschaft als auch als Organe der Tochtergesellschaft
gehandelt haben (ALBERS-SCHÖNBERG, aaO, S. 157 ff.; ANDREAS VON PLANTA,
Doppelorganschaft im aktienrechtlichen Verantwortlichkeitsrecht, in: FS
Vischer 1983, S. 600 ff.; KARL HOFSTETTER, Sachgerechte Haftungsregeln
für Multinationale Konzerne, S. 201 f.).

    b) Der Vorwurf der Klägerin an die Herren Glaser, Dietiker und
Meier geht in erster Linie dahin, dass sie es trotz Kenntnis der
Probleme unterlassen hätten einzugreifen. Die Widerrechtlichkeit
dieser Unterlassung versucht die Klägerin zunächst aus dem Gefahrensatz
abzuleiten. Nach diesem ungeschriebenen haftpflichtrechtlichen Grundsatz
hat, wer Gefahren schafft, die nötigen Schutzmassnahmen zu treffen (BGE
116 Ia 162 E. 2c S. 169, mit Hinweisen; vgl. auch 121 III 358 E. 4a
S. 360). Der Gefahrensatz ist einerseits heranzuziehen, wenn der Kausal-
bzw. der Rechtswidrigkeitszusammenhang zwischen einer Unterlassung und dem
eingetretenen Schaden zu beurteilen ist (vgl. HONSELL, Schweizerisches
Haftpflichtrecht, 2. Aufl. 1996, S. 50 f. Rz. 35; SCHNYDER, in:
Kommentar zum Schweizerischen Privatrecht, Basel, 2. Aufl. 1996, N. 38
zu Art. 41 OR). Anderseits begründet die Verletzung des Gefahrensatzes
Verschulden; wer die gebotenen Schutzmassnahmen unterlässt, verletzt
seine Sorgfaltspflicht (REY, Ausservertragliches Haftpflichtrecht,
S. 173 f. Rz. 866 ff., insbes. Rz. 869; KELLER/GABI, Haftpflichtrecht,
2. Aufl. 1988, S. 43, 59 und 62; OFTINGER/STARK, Schweizerisches
Haftpflichtrecht, Bd. II/1, 4. Aufl. 1987, S. 11 ff. Rz. 26 ff.). Nicht
geeignet ist der Gefahrensatz nach in der neueren Lehre überwiegender
- und zutreffender - Auffassung demgegenüber zur Begründung der
Widerrechtlichkeit einer Unterlassung (BREHM, Berner Kommentar, N. 51
zu Art. 41 OR; OFTINGER/STARK, Schweizerisches Haftpflichtrecht, Bd. I,
5. Aufl. 1995, S. 182 f. Rz. 44, und Bd. II/1, 4. Aufl. 1987, S. 39
Rz. 107; STARK, Ausservertragliches Haftpflichtrecht, 2. Aufl. 1988,
S. 57 Rz. 240 und S. 62 f. Rz. 271 ff.; REY, aaO, S. 148 Rz. 756). Dieser
Auffassung hat sich das Bundesgericht in BGE 119 II 127 (E. 3 S. 129)
angeschlossen. Insoweit ist die von der Klägerin zitierte frühere
Rechtsprechung (BGE 116 Ia 162 E. 2c S. 169, mit Hinweisen; vgl. auch 116
Ib 367 E. 6a S. 376) überholt (WERRO, Die Sorgfaltspflichtsverletzung
als Haftungsgrund nach Art. 41 OR, ZSR 116/1997, S. 364 f.). Aus
BGE 121 III 358, auf den sich die Klägerin ebenfalls beruft, ergibt
sich nichts zugunsten ihres Rechtsstandpunktes. Der dort beurteilte
Fall betraf einen Skiunfall, der zu einer schweren Körperverletzung
geführt hatte. Die Schädigung war deshalb bereits als Eingriff in ein
absolut geschütztes Rechtsgut widerrechtlich (vgl. SCHNYDER, aaO, N. 38 zu
Art. 41 OR). Die dortigen Erwägungen beziehen sich folglich nicht auf die
Widerrechtlichkeit, sondern auf die Frage, ob und wieweit dem beklagten
Bergbahnunternehmen Unterlassungen von Schutzvorkehren auf der Skipiste
zur Last fielen, die als Verletzungen der vertraglichen oder sich aus
dem Gefahrensatz ergebenden Pistensicherungspflicht in dem Sinne eine
Haftungsgrundlage abzugeben vermochten, dass sie es dem Grundsatz nach
erlaubten, dem Bergbahnunternehmen den Schaden unter dem Gesichtspunkt
des Rechtswidrigkeitszusammenhangs zuzurechnen. Im vorliegenden Fall geht
es dagegen nicht um einen Eingriff in absolut geschützte Rechtsgüter
der Klägerin, sondern um einen reinen Vermögensschaden. Zur Begründung
der Widerrechtlichkeit bedarf es daher eines Verstosses gegen eine
Norm, die vor Schädigungen von der Art der eingetretenen schützen soll
(OFTINGER/STARK, aaO, Bd. II/1, S. 35 f. Rz. 101; vgl. auch BGE 121 III
350 E. 6b S. 354, mit Hinweisen). Der Gefahrensatz bildet jedoch nach
dem Gesagten für sich allein keine solche Schutznorm.

    c) Als Rechtsnorm, aus der sich eine Pflicht der Herren Glaser,
Dietiker und Meier zum Eingreifen ergeben haben soll, führt die Klägerin
weiter Art. 2 ZGB an, wonach jedermann in der Ausübung seiner Rechte und in
der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln hat. Diese
Vorschrift knüpft jedoch, wie schon aus ihrem Wortlaut hervorgeht, an
bereits bestehende Rechte und Pflichten einer Person an. Wo jemand weder
nach Vertrag noch nach Gesetz zu einem bestimmten Verhalten verpflichtet
ist, kann eine solche Pflicht höchstens in eng umgrenzten Ausnahmefällen
aus dem Grundsatz von Treu und Glauben abgeleitet werden (BGE 108 II
305 E. 2b S. 311, bestätigt in 116 Ib 367 E. 6c S. 376 und 121 III 350
E. 6b S. 354). Einen solchen Ausnahmefall stellt namentlich die Haftung
aus treuwidriger Enttäuschung erweckten Vertrauens dar. Darauf ist
zurückzukommen (E. 6 hienach). Im vorliegenden Zusammenhang bleibt
festzuhalten, dass es das Handelsgericht entgegen der Auffassung der
Klägerin mit Recht abgelehnt hat, Art. 2 ZGB als «haftpflichtrechtliche
Grundschutznorm» aufzufassen (HONSELL, aaO, S. 21 Rz. 7; BREHM, aaO,
N. 53 zu Art. 41 OR; OFTINGER/STARK, aaO, Bd. II/1, 4. Aufl. 1987, S. 39
ff. Rz. 108 ff.; HOFSTETTER, aaO, S. 213 f.).

    d) Schliesslich beruft sich die Klägerin zur Begründung der
Widerrechtlichkeit auf Art. 2 und insbesondere auf Art. 3 lit. b des
Bundesgesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG; SR 241). Sie macht
geltend, die EOP/Infocall AG bzw. ihre Organe hätten immer wieder beteuert,
dass alles planmässig verlaufe, es keine gravierenden EDV-Probleme gebe,
und zudem ständig wiederholt, dass der Produktiv-Start per Anfang 1991
ohne weiteres möglich sei; dies alles, obwohl sie gewusst hätten, dass sie
ein Entwicklungsprogramm verwendet hätten, das nicht funktioniert habe,
nicht praxiserprobt gewesen sei und bereits bei anderen Kunden massive
Performance-Probleme verursacht habe. Mit dieser Argumentation verkennt
die Klägerin Stossrichtung und Tragweite des UWG. Nach Art. 3 lit. b
UWG, dessen Tatbestandsmerkmale die Klägerin im Verhalten der Beklagten
verwirklicht sehen will, handelt zwar unlauter, wer über seine Waren,
Werke oder Leistungen unrichtige oder irreführende Angaben macht. Wie sich
bereits aus der Generalklausel von Art. 2 UWG ergibt, setzt der Tatbestand
des unlauteren Wettbewerbs jedoch stets ein Verhalten voraus, welches das
Verhältnis zwischen Mitbewerbern oder zwischen Anbietern und Abnehmern
beeinflusst. Das UWG bezweckt nicht etwa allgemein den Schutz von Treu
und Glauben, sondern nur den Schutz des lauteren Wettbewerbs (Art. 1
UWG). Widerrechtlich im Sinne des UWG kann deshalb zum vornherein nur
wettbewerbsgerichtetes, marktrelevantes Verhalten sein. Das Verhalten muss
mithin objektiv geeignet sein, den Wettbewerb zu beeinflussen (BGE 120 II
76 E. 3a S. 78, mit Hinweisen). Im vorliegenden Fall kann aber keine Rede
davon sein, dass die Klägerin durch eine derartige Wettbewerbsbeeinflussung
geschädigt worden wäre. Die Äusserungen, aus denen die Klägerin den Vorwurf
des unlauteren Wettbewerbs ab-leiten will, fielen im Rahmen der Abwicklung
eines bereits bestehenden Vertrages. Sie waren einerseits weder bestimmt
noch geeignet, sich auf die Marktverhältnisse auszuwirken. Anderseits hatte
die Klägerin auch die Wahl ihrer Vertragspartnerin längst getroffen. Unter
diesen Umständen ist nicht einzusehen, inwiefern sie Opfer einer
unlauteren Beeinflussung des Verhältnisses zwischen Mitbewerber oder
zwischen Anbietern und Abnehmern geworden sein soll.

    e) Fehl geht auch der Vorwurf, das Handelsgericht habe zu Unrecht
nicht geprüft, ob eine absichtliche sittenwidrige Schädigung im Sinne von
Art. 41 Abs. 2 OR vorliege. Dieser Haftungsgrund ist nur ausnahmsweise und
mit grösster Zurückhaltung als gegeben anzunehmen (BGE 95 III 83 E. 6a
S. 92). Die Sittenwidrigkeit darf nicht dazu dienen, das Erfordernis
der Widerrechtlichkeit auszuhöhlen. Wenn das Gesetz den Verstoss
gegen die «guten Sitten» mit Schädigungsabsicht zum Haftungstatbestand
erhebt, bedeutet dies nicht, dass es eine allgemeine Verpflichtung der
Rechtsgenossen auf eine hohe Ethik anstreben würde. Das Recht will nur ein
ethisches Minimum gewährleisten. Art. 41 Abs. 2 OR erfasst in erster Linie
die Schikane: Gegen die guten Sitten verstösst im Sinne dieser Bestimmung
ein Verhalten, das nicht der Wahrnehmung eigener Interessen dient,
sondern ausschliesslich oder primär darauf abzielt, andere zu schädigen
(HONSELL, aaO, S. 64; SCHNYDER, aaO, N. 43 zu Art. 41 OR). Im Lichte
dieser Erwägungen kann im vorliegenden Fall von Sittenwidrigkeit keine
Rede sein. Dass eine Aufklärung über angeblich voraussehbare EDV-Probleme
unterblieben ist, stellt möglicherweise eine Vertragsverletzung seitens der
EOP/Infocall AG dar; eine unerlaubte Handlung von Organpersonen lässt sich
darin aber nicht erblicken. Ein Deliktstatbestand lässt sich namentlich
auch nicht auf dem Umweg über Art. 41 Abs. 2 OR konstruieren. Dass es den
fraglichen Organpersonen ausschliesslich oder primär darauf angekommen
wäre, die Klägerin zu schädigen, behauptet diese selbst nicht. Inwiefern
ein schikanöses oder sonstwie vergleichbar verwerfliches Verhalten von
Organpersonen vorliegen soll, ist weder dargetan noch ersichtlich.

    f) Ein aus unerlaubtem Verhalten von Doppelorganen abgeleiteter
Schadenersatzanspruch scheitert somit bereits daran, dass die
Haftungsvoraussetzung der Rechts- oder Sittenwidrigkeit nicht gegeben
ist. Es erübrigt sich daher, die weiteren Haftungsvoraussetzungen und
die Frage der Verjährung näher zu prüfen.

Erwägung 6

    6.- Eine Verletzung von Bundesrecht erblickt die Klägerin schliesslich
auch darin, dass das Handelsgericht eine Haftung der Beklagten aus
erwecktem Konzernvertrauen verneint hat.

    a) Die Klägerin stützt ihre Argumentation auf BGE 120 II 331. In
diesem Urteil hält das Bundesgericht fest, dass erwecktes Vertrauen
in das Konzernverhalten der Muttergesellschaft unter Umständen auch
bei Fehlen einer vertraglichen oder deliktischen Haftungsgrundlage
haftungsbegründend sein kann. Eine derartige Vertrauenshaftung kommt
jedoch nur unter strengen Voraussetzungen in Betracht. Der Geschäftspartner
einer Tochtergesellschaft hat deren Kreditwürdigkeit grundsätzlich
selbst zu beurteilen und kann das Bonitätsrisiko nicht einfach generell
auf die Muttergesellschaft abwälzen. Die Muttergesellschaft hat nicht
unbesehen für den Erfolg des Tochterunternehmens einzustehen und haftet
bei dessen Scheitern den Geschäftspartnern nicht ohne weiteres für
allfälligen Schaden, der ihnen aus dem Misserfolg erwächst. Schutz
verdient nicht, wer bloss Opfer seiner eigenen Unvorsichtigkeit oder der
Verwirklichung allgemeiner Geschäftsrisiken wird, sondern nur, wessen
berechtigtes Vertrauen missbraucht wird. Eine Haftung entsteht nur,
wenn die Muttergesellschaft durch ihr Verhalten bestimmte Erwartungen
in ihr Konzernverhalten und ihre Konzernverantwortung erweckt, später
aber in treuwidriger Weise enttäuscht (BGE 120 II 331 E. 5a S. 335
f.; vgl. auch 121 III 350 E. 6c S. 355 f.). Das blosse Bestehen einer
Konzernverbindung vermag somit keine Grundlage für eine Vertrauenshaftung
abzugeben. Ebensowenig genügen Werbeaussagen, in denen bloss in allgemeiner
Form auf eine bestehende Konzernverbindung hingewiesen wird. Schutzwürdiges
Vertrauen setzt ein Verhalten der Muttergesellschaft voraus, das geeignet
ist, hinreichend konkrete und bestimmte Erwartungen zu wecken (vgl. MARKUS
LUTTER, Haftung aus Konzernvertrauen?, in: Gedächtnisschrift für Brigitte
Knobbe-Keuk, Köln 1997, S. 232 ff., insbes. 240 f.; DRUEY, SZW 1995,
S. 96).

    b) Als Grundlage für ihr Vertrauen in das Konzernverhalten
der Telecolumbus AG macht die Klägerin namentlich geltend, auf dem
Briefpapier der EOP/Infocall AG sei der Hinweis «Ein Unternehmen der
Telecolumbus-Gruppe» aufgedruckt gewesen und in den Werbeunterlagen
sei die EOP/Infocall AG als ein «schnellwachsendes Unternehmen der
Telecolumbus-Gruppe» vorgestellt worden. Aus solchen allgemeinen Hinweisen
durfte sie jedoch in guten Treuen keine konkreten Zusicherungen in Bezug
auf ein bestimmtes Konzernverhalten der Telecolumbus AG ableiten. Entgegen
der Auffassung der Klägerin lässt sich der vorliegende Fall nicht
mit dem Sachverhalt vergleichen, den das Bundesgericht in BGE 120 II
331 beurteilt hat. Dort war entscheidend, dass nicht bloss allgemein
auf die Konzernstrukturen hingewiesen, sondern die Einbindung der
Tochtergesellschaft in den Konzern der Muttergesellschaft werbemässig stark
herausgestrichen und in den Werbeunterlagen vor allem auch ausdrücklich
zugesichert worden war, dass die Tochtergesellschaft nach den «gleichen
unternehmerischen Maximen wie ihre Mutter» arbeite und dass der Konzern
hinter dem Tochterunternehmen stehe, was sich von Anfang an auf dessen
Zuverlässigkeit auswirke. Im vorliegenden Fall fehlen vergleichbar
ausgeprägte und bestimmte Werbeaussagen. In den allgemeinen Angaben über
die Konzernverhältnisse, welche Geschäftspapier und Werbeunterlagen der
EOP/Infocall AG enthielten, kann keine Grundlage für berechtigtes Vertrauen
der Klägerin darauf gesehen werden, dass die Telecolumbus AG für eine
korrekte Vertragsabwicklung ihrer Tochtergesellschaft und insbesondere für
eine korrekte Aufklärung über allfällig auftretende Probleme sorgen werde.