Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 124 III 277



124 III 277

50. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 24. März 1998 i.S.
Quarz AG, Campomar S.L. und Nike Sport Cosmetics S.A. gegen Nike
International Ltd. (Berufung) Regeste

    Art. 15 MSchG. Schutz der berühmten Marke.

    Begriff der berühmten Marke (E. 1).

    Übergangsrechtliche Behandlung von berühmten Marken und von
Drittrechten, die ihnen gestützt auf Art. 15 Abs. 2 MSchG entgegengehalten
werden (E. 2).

    Wann liegt eine Rufausnützung im Sinne von Art. 15 Abs. 1 MSchG vor
(E. 3)?

Sachverhalt

    A.- Die amerikanische Gesellschaft Nike International Ltd. stellt
Sportartikel her, die sie unter dem Zeichen "NIKE" vertreibt. Sie liess
ihre Marke "NIKE" in der Schweiz am 12. November 1982 für die Warenklassen
18, 25 und 28 eintragen. Weitere Eintragungen folgten in den Jahren 1986,
1988 und 1992 für die Warenklassen 16 und 25.

    Die spanische Gesellschaft Campomar S.L. ist Inhaberin der Marken
"NIKE" und "VIGOROSO DONCEL NIKE, Perfumes" für Parfümerieartikel. Sie
lässt die von ihr vertriebenen Parfümerieartikel durch die Nike
Sport Cosmetic S.A. herstellen, die ihren Sitz ebenfalls in Spanien
hat. In der Schweiz befasst sich die Quarz AG mit dem Vertrieb der
Parfümerieartikel. Die Campomar S.L. liess die - in Spanien erstmals
im Jahre 1940 hinterlegte - Marke "NIKE" für Parfümerieartikel in der
Klasse 3 am 10. August 1984 mit Geltung auch für die Schweiz eintragen. Am
10. Mai 1991 wurde für die gleiche Warenkategorie zusätzlich die Marke
"VIGOROSO DONCEL NIKE" eingetragen.

    Im Spätherbst 1993 begann die Quarz AG mit der Lancierung der
Kosmetiklinie "NIKE SPORT FRAGRANCE" in der Schweiz. Nachdem sich die
Quarz AG mit dem Vorschlag näherer Kontakte zur "Wahrnehmung gewisser
Synergien" an die schweizerische Tochtergesellschaft der Nike International
Ltd. gewendet hatte, teilte der von dieser beigezogene Rechtsanwalt mit
Schreiben vom 30. Juni 1994 mit, dass die Nike International Ltd. eine
Zusammenarbeit entschieden ablehne und einen Gebrauch der Marke "NIKE"
nicht dulden werde. Die beigelegte Unterlassungserklärung wurde indessen
weder von der Quarz AG, noch von der Campomar S.L. oder der Nike Sport
Cosmetic S.A. unterzeichnet.

    B.- Am 7. April 1995 reichte die Nike International Ltd. beim
Handelsgericht des Kantons Zürich Klage gegen die Quarz AG (Beklagte 1),
die Campomar S.L. (Beklagte 2) und die Nike Sport Cosmetic S.A. (Beklagte
3) ein. Sie verlangte einerseits ein an die Beklagten gerichtetes Verbot
des Gebrauchs des Zeichens "NIKE" im Geschäftsverkehr, anderseits die
Ungültigerklärung des schweizerischen Teils der von der Beklagten 2 für
Waren der Klasse 3 hinterlegten internationalen Marken 485 964 "NIKE"
und 547 207 "VIGOROSO DONCEL NIKE, Perfumes".

    Mit Urteil vom 20. Mai 1997 hiess das Handelsgericht die Klage
insoweit gut, als es den Beklagten unter Androhung der Verzeigung ihrer
Organe an den Strafrichter wegen Zuwiderhandlung gegen Art. 292 StGB
verbot, unter der Bezeichnung "NIKE" Parfümerieartikel jeglicher Art
in die Schweiz einzuführen, hier anzubieten, in den Verkehr zu bringen,
oder zu diesem Zwecke zu lagern und das Zeichen "NIKE" im geschäftlichen
Verkehr, insbesondere auf Geschäftspapieren und in der Werbung, zur
Kennzeichnung von Parfümerieartikeln zu gebrauchen. Im weiteren erklärte
es den schweizerischen Teil der internationalen Marke 485 964 "NIKE"
für nichtig. In bezug auf die anbegehrte Ungültigerklärung auch der Marke
"VIGOROSO DONCEL NIKE, Perfumes" wies es die Klage hingegen ab.

    C.- Das Bundesgericht weist die Berufung der Beklagten ab und bestätigt
das Urteil des Handelsgerichts.

Auszug aus den Erwägungen:

                       Aus den Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- Der klägerische Unterlassungsanspruch stützt sich auf Art. 15
des Bundesgesetzes über den Schutz von Marken und Herkunftsangaben
(MSchG; SR 232.11). Nach dieser im Rahmen der Markenrechtsrevision von
1992 eingeführten Vorschrift gilt für berühmte Marken ein erweiterter
Schutzbereich: Der Inhaber einer berühmten Marke kann anderen deren
Gebrauch nicht nur für bestimmte Warenkategorien (vgl. Art. 13 Abs. 1
MSchG), sondern für jede Art von Waren oder Dienstleistungen verbieten,
wenn ein solcher Gebrauch die Unterscheidungskraft der Marke gefährdet oder
deren Ruf ausnützt oder beeinträchtigt (Art. 15 Abs. 1 MSchG). Vorbehalten
bleiben allerdings Rechte Dritter, die erworben wurden, bevor die Marke
Berühmtheit erlangt hat (Art. 15 Abs. 2 MSchG).

    a) Das Gesetz sagt nicht, wann eine Marke als berühmt zu gelten hat;
der Gesetzgeber hat bewusst auf eine Legaldefinition verzichtet (vgl. BBl
1991 I, S. 27). Anhaltspunkte ergeben sich immerhin daraus, dass Art. 15
MSchG berühmte Marken vor Rufausnutzung oder -beeinträchtigung sowie
vor Beeinträchtigungen ihrer Unterscheidungskraft schützen will. Von
diesem Normzweck ist bei der Auslegung des Begriffs der berühmten Marke
auszugehen. Berühmtheit einer Marke ist dort anzunehmen, wo sich der in
Art. 15 MSchG umschriebene erweiterte Schutz sachlich rechtfertigt. Das
ist dann der Fall, wenn es dem Inhaber gelungen ist, seiner Marke
eine derart überragende Verkehrsgeltung zu verschaffen, dass ihre
durchschlagende Werbekraft sich nicht nur im angestammten Waren- oder
Dienstleistungsbereich nutzen lässt, sondern darüber hinaus geeignet
ist, auch den Absatz anderer Waren oder Dienstleistungen erheblich zu
erleichtern. Die berühmte Marke zeichnet sich dadurch aus, dass ihre
Werbekraft einen in den verschiedensten Bereichen nutzbaren erheblichen
wirtschaftlichen Wert darstellt (vgl. WILFRIED HEINZELMANN, Der Schutz
der berühmten Marke, Diss. Zürich 1993, S. 126) und deshalb auch dazu
einlädt, von anderen ausgebeutet zu werden (DAVID, in: Kommentar zum
Schweizerischen Privatrecht, Basel, N. 3 zu Art. 15 MSchG). Berühmtheit
setzt voraus, dass die Marke sich bei einem breiten Publikum allgemeiner
Wertschätzung erfreut; denn solange nur eng begrenzte produktespezifische
Abnehmerkreise die Marke kennen und schätzen, besteht kein legitimes
Bedürfnis nach einem erweiterten Schutz (MARBACH, Markenrecht, in:
Schweizerisches Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht, Basel, Bd. III,
S. 215). Nicht erforderlich ist hingegen, dass die Marke absolut einmalig
ist; eine "relative Alleinstellung" genügt (MARTIN SCHNEIDER, Schutzumfang
der Marke: Zum Einfluss von Kennzeichnungskraft und Bekanntheitsgrad
auf berühmte, bekannte, starke und schwache Marken, SMI 1996, S. 416;
vgl. auch CHRISTIAN ENGLERT, Bekannte Marken sind nicht ganz so bekannt
wie berühmte, in: Binsenwahrheiten des Immaterialgüterrechts, FS Lucas
David 1996, S. 86 f.). Vereinzelte - auch ältere - Drittmarken vermögen
der Verkehrsgeltung einer berühmten Marke keinen Abbruch zu tun. Allerdings
darf es sich nicht um eine Dutzendmarke handeln, die immer und immer wieder
anzutreffen ist; für solche Marken rechtfertigt sich ein erweiterter
Schutz von Ruf und Unterscheidungskraft nicht, da ihnen ausserhalb des
angestammten Warenbereichs sowohl die nötige Unterscheidungskraft als auch
ein besonderer Ruf fehlt, den ein erheblicher Teil der Markenadressaten
unwillkürlich einem bestimmten Markeninhaber zuordnen würde (vgl. MARBACH,
aaO; DAVID, aaO).

    b) Das Handelsgericht stellt in tatsächlicher Hinsicht fest,
dass ein Grossteil der Sporttreibenden die Marke der Klägerin kennen
dürfte. Denn der aktive Sportler (und längst nicht mehr nur der Jogger)
sehe sich bei der Auswahl von Trainingsschuhen und Sportbekleidung
fast zwangsläufig mit Waren konfrontiert, welche die klägerische Marke
tragen. Die Werbung der Klägerin tauche im Zusammenhang mit "Running",
"Jogging" oder auch Tennis usw. immer wieder auf. Es gebe wenige
Wettkämpfe der Spitzenklasse, bei denen nicht auf der Bandenwerbung oder
auf Startnummern und Bekleidung der Athleten die klägerische Marke zu
sehen sei. Internationale Fernsehübertragungen von Marathonwettkämpfen,
Triathlons oder Basketballturnieren sowie schweizerische Veranstaltungen
von Wettkämpfen mit internationaler Bedeutung und Beachtung, wie z.B. das
Zürcher Leichtathletikmeeting, hätten die klägerische Marke seit etwa
Mitte der achtziger Jahre auch dem Passivsportler in der Schweiz vertraut
gemacht. Zu berücksichtigen sei ebenfalls das seit den neunziger Jahren
wachsende Markenbewusstsein der breiten Bevölkerungsschichten; insbesondere
bei Jugendlichen habe sich ein regelrechter Markenkult gebildet, was auch
den - zahlenden - Eltern nicht entgehen könne. Zu den begehrten Marken
gehöre ebenfalls diejenige der Klägerin. "NIKE" zähle zumindest in der
Schweiz zu den zwei, drei bekanntesten Sportartikelmarken.

    c) Wenn das Handelsgericht aus diesen Feststellungen schliesst,
dass die klägerische Marke spätestens seit Beginn der neunziger Jahre
Berühmtheit erlangt hat, so ist dieser Schluss bundesrechtlich nicht
zu beanstanden. Aufgrund der im angefochtenen Urteil festgestellten
Tatsachen ist ohne weiteres davon auszugehen, dass sich die klägerische
Marke sowohl bei Aktiv- als auch bei Passivsportlern und damit in breiten
Bevölkerungskreisen einer allgemeinen Wertschätzung erfreut, und dass sie
deshalb eine überragende Verkehrsgeltung geniesst, die es erlaubt, die
Werbekraft des Zeichens nicht nur für die Vermarktung von Sportartikeln zu
nutzen, sondern auch für die Vermarktung von anderen Waren, insbesondere
von Produkten, die in der Werbung in eine gedankliche Verbindung zum
Sport gebracht werden. Die Beklagten verfügen zwar im Ausland, namentlich
in Spanien, ebenfalls über seit Jahrzehnten bestehende Markenrechte am
Zeichen "NIKE". Dies dürfte dem schweizerischen Publikum aber kaum bekannt
sein. Es handelt sich offensichtlich um vereinzelte Drittrechte, die der
Berühmtheit der klägerischen Marke zum vornherein nicht entgegenstehen.

    d) In ihrer Berufung scheinen denn die Beklagten die Berühmtheit
der klägerischen Marke auch gar nicht mehr in Abrede zu stellen. Ihrer
Ansicht nach ist ein Unterlassungsanspruch der Klägerin jedoch aus den
folgenden drei Gründen zu verneinen: erstens wegen entgegenstehender
wohlerworbener Rechte der Beklagten im Sinne von Art. 15 Abs. 2 MSchG
(E. 2 hienach), zweitens wegen Fehlens einer Rufausbeutung durch die
Beklagten (E. 3 hienach) und drittens wegen widersprüchlichen und damit
rechtsmissbräuchlichen Verhaltens der Klägerin.

Erwägung 2

    2.- Das neue Markenschutzgesetz ist am 1. April 1993 in Kraft getreten.
Nach Ansicht der Beklagten kann sich die Klägerin erst ab diesem Zeitpunkt
auf die Berühmtheit ihrer Marke berufen. Davon geht auch das Handelsgericht
aus. Die Beklagten machen geltend, sie hätten bereits vor dem 1. April
1993 Rechte am Zeichen "NIKE" erworben, die sie der Klägerin gestützt
auf Art. 15 Abs. 2 MSchG entgegenhalten könnten. Dabei stellen sie
zwar nicht in Abrede, dass ihre 1984 eingetragene Marke "NIKE" infolge
Nichtgebrauchs zu einer "Registerleiche" geworden war. Sie behaupten
jedoch, ihr Markenrecht sei 1992 wieder aufgelebt, weil die Beklagte
2 in diesem Jahr eine Kundin in Deutschland beliefert habe, was gemäss
Art. 5 des Übereinkommens vom 13. April 1892 zwischen der Schweiz und
Deutschland betreffend den gegenseitigen Patent-, Muster- und Markenschutz
(SR 0.232.149.136) einem Markengebrauch in der Schweiz gleichzustellen
sei. Auf diese Argumentation ist zurückzukommen (E. c hienach).

    Vorweg ist indessen der Einwand der Klägerin zu prüfen, die Denkweise
der Beklagten sei "schon im Ansatz falsch". Nach Auffassung der Klägerin
ist die Berühmtheit ihrer Marke bei der Anwendung von Art. 15 Abs. 2
MSchG nämlich nicht erst ab dem 1. April 1993, sondern bereits seit
Beginn der neunziger Jahre zu beachten, mit der Folge, dass sich die
Beklagten selbst bei einer Aufnahme des Gebrauchs ihrer Marke im Jahre
1992 nicht auf wohlerworbene Rechte berufen könnten. Damit wendet sich die
Klägerin zugleich gegen die - insoweit mit dem Standpunkt der Beklagten
übereinstimmenden - Erwägungen der Vorinstanz. Zu einer solchen Kritik
an einzelnen Punkten der vorinstanzlichen Urteilsbegründung ist sie im
Rahmen der Berufungsantwort befugt (BGE 118 II 36 E. 3 S. 37, mit Hinweis).

    a) Mit ihrem Einwand wirft die Klägerin die Frage auf, wie berühmte
Marken und ihnen entgegengehaltene Drittrechte übergangsrechtlich zu
handhaben sind. Grundlage des schweizerischen intertemporalen Privatrechts
bilden die allgemeinen Vorschriften des Schlusstitels des ZGB. Dessen
Art. 1 hält den Grundsatz der Nichtrückwirkung fest. Art. 3 SchlT ZGB
konkretisiert diesen Grundsatz in bezug auf Dauerrechtsverhältnisse,
deren Inhalt unabhängig vom Willen der Parteien durch das Gesetz
umschrieben wird: Auf solche Rechtsverhältnisse ist bis zum Inkrafttreten
der Rechtsänderung das alte und ab diesem Zeitpunkt das neue Recht
anwendbar. In Übereinstimmung mit dieser Vorschrift bestimmt Art. 76
Abs. 2 MSchG, dass die beim Inkrafttreten des neuen Gesetzes eingetragenen
Marken von diesem Zeitpunkt an dem neuen Recht unterstehen. Gemäss Art. 76
Abs. 2 lit. a MSchG richtet sich jedoch die Priorität für solche Marken
weiterhin nach altem Recht (vgl. MARBACH, Das neue Markenschutzgesetz:
Die Übergangsbestimmungen, AJP 1993, S. 549 f.).

    In analoger Anwendung von Art. 76 Abs. 1 lit. a MSchG ist davon
auszugehen, dass die Frage, ob der berühmten Marke oder den geltend
gemachten Drittrechten der Vorrang zukommt, auf der Grundlage des alten
Rechts zu beurteilen ist, soweit sich die massgebenden Sachverhalte vor
dem Inkrafttreten des neuen Markenschutzgesetzes verwirklicht haben. Das
bedeutet einerseits, dass in bezug auf die Drittrechte die Prioritätsregeln
des alten Markenschutzgesetzes zu beachten sind. Anderseits ist aber
auch in bezug auf die Abwehrrechte des Inhabers der berühmten Marke das
alte Recht massgebend. Die zeitlich früher erlangte Berühmtheit einer
Marke kann daher Dritten, die sich auf vor dem Inkrafttreten des neuen
Markenschutzgesetzes erworbene Rechte berufen, nur - aber immerhin -
insoweit entgegengehalten werden, als sie den Markeninhaber im Zeitpunkt
der Begründung der Drittrechte berechtigt hätte, den Dritten den Gebrauch
ihrer Zeichen verbieten zu lassen. Als wohlerworben können Drittrechte
nur gelten, wenn sie erworben worden sind, bevor die Berühmtheit einer
gleichen oder ähnlichen Marke deren Inhaber einen Verbotsanspruch
verliehen hat. Ein solcher Verbotsanspruch ergab sich nach altem Recht
zwar nicht aus dem Markenschutzgesetz, wohl aber aus den Vorschriften
über den Persönlichkeitsschutz und über den unlauteren Wettbewerb, sofern
die entsprechenden Voraussetzungen gegeben waren (vgl. BGE 116 II 463
ff. sowie 614 ff., je mit Hinweisen).

    b) Die Beklagten behaupten, dass ihre Rechte am Zeichen "NIKE" durch
den im Jahre 1992 aufgenommenen Markengebrauch prioritätsbegründend wieder
aufgelebt seien. Zu diesem Zeitpunkt hatte jedoch die klägerische Marke
bereits Berühmtheit erlangt, ergibt sich doch aus den Feststellungen im
angefochtenen Urteil, dass spätestens seit Beginn der neunziger Jahre von
der Berühmtheit der klägerischen Marke auszugehen ist (E. 1 hievor). Ein
Gebrauch des Zeichens "NIKE" durch die Beklagten im Jahre 1992 hätte aber
einerseits das Namensrecht der Klägerin verletzt und wäre anderseits als
schmarotzerisch und damit unlauter zu qualifizieren gewesen (vgl. E. 3
hienach). Die Klägerin hätte somit den Beklagten den Gebrauch des Zeichens
verbieten lassen können, weshalb die von ihnen geltend gemachten Rechte
nicht als wohlerworben gelten können. Art. 15 Abs. 2 MSchG vermag den
Beklagten schon aus diesem Grund nicht zu helfen.

    c) Im übrigen irren die Beklagten, wenn sie annehmen, die im Jahre 1992
erfolgten Lieferungen an eine deutsche Kundin seien einem Markengebrauch
in der Schweiz gleichzustellen. Wie die Klägerin zutreffend darlegt,
berufen sich die Beklagten zu Unrecht auf den schweizerisch-deutschen
Staatsvertrag vom 13. April 1892 betreffend den gegenseitigen Patent-,
Muster- und Markenschutz. Denn die Rechte aus diesem Staatsvertrag
können zum vornherein nur deutsche und schweizerische Staatsangehörige
sowie Angehörige dritter Staaten mit Wohnsitz oder Niederlassung in
Deutschland oder in der Schweiz beanspruchen, wobei es für juristische
Personen allerdings genügt, wenn sie eine tatsächliche und nicht nur
zum Schein bestehende gewerbliche oder Handelsniederlassung in einem
der Vertragsstaaten haben (HEINRICH DAVID, Der schweizerisch-deutsche
Staatsvertrag vom 13. April 1892 betreffend den gegenseitigen Patent-,
Muster- und Markenschutz, GRUR Int. 1972, S. 269; HELMUT DROSTE,
Unbenutzte Zeichen und Art. 5 des deutsch-schweizerischen Übereinkommens
von 1892, GRUR 1974, S. 523). Daran ändert nichts, dass Art. 2 der
Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums vom
20. März 1883 (PVUe Stockholm; SR 0.232.04) allen Verbandsländern die
Inländergleichbehandlung vorschreibt. Denn diese Vorschrift bezieht sich
nur auf die Vorteile, die den Inländern durch innerstaatliche Gesetze
gewährt werden, nicht jedoch auf Rechte, die in internationalen Abkommen
verankert sind (BODENHAUSEN, Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutz des
gewerblichen Eigentums, Köln/ Berlin/Bonn/München 1971, S. 22). Da die
Beklagte 2, die 1992 eine Kundin in Deutschland beliefert haben will,
in Spanien ansässig ist und weder in der Schweiz noch in Deutschland
eine Niederlassung besitzt, kann sie aus dem schweizerisch-deutschen
Staatsvertrag von 1892 keine Rechte für sich herleiten. Unbehelflich ist
auch der Standpunkt, wonach der Meistbegünstigungsgrundsatz gemäss Art. 4
des Abkommens über handelsbezogene Aspekte der Rechte an geistigem Eigentum
(TRIPS-Abkommen; SR 0.632.20, S. 342 ff., Anhang 1.C zum WTO-Abkommen) der
Beklagten 2 die Berufung auf den Staatsvertrag erlauben soll. Mit dieser
Argumentation übersehen die Beklagten, dass Art. 4 des TRIPS-Abkommens
nur auf neue Staatsverträge vorbehaltlos Anwendung findet, während
Staatsverträge, die vor dem Inkrafttreten des WTO-Abkommens, mithin vor
dem 1. Juni 1995 in Kraft getreten sind, von der Meistbegünstigungswirkung
grundsätzlich ausgenommen bleiben (Art. 4 lit. d des TRIPS-Abkommens).

Erwägung 3

    3.- Das Handelsgericht hält den Beklagten vor, mit der Lancierung
einer an den sportlichen Mann gerichteten Kosmetiklinie unter dem Zeichen
"NIKE" den Ruf der Klägerin auszunützen. Die Beklagten beanstanden dies
als "pauschale Annahme" und bezeichnen die Schlussfolgerung der Vorinstanz
als unhaltbar.

    a) Die berühmte Marke zeichnet sich dadurch aus, dass sich ihre grosse
Werbekraft nicht nur zur Vermarktung der Waren oder Dienstleistungen, für
die sie eingetragen ist, sondern auch in anderen Bereichen wirtschaftlich
nutzen lässt (E. 1a hievor). Eine solche Nutzung soll dem Inhaber
der berühmten Marke, der deren Ruf aufgebaut hat, vorbehalten bleiben
(WILFRIED HEINZELMANN, aaO, .S. 126 f.). Eine Marke wird nicht von selbst
berühmt. Sie zu Berühmtheit zu bringen, kostet Anstrengung. Die Früchte
dieser Anstrengung soll der Markeninhaber selbst geniessen können; sie
sollen nicht Dritten zufallen. Deswegen verleiht Art. 15 Abs. 1 MSchG
dem Markeninhaber einen Abwehranspruch gegen Versuche Dritter, ihre
eigenen Zeichen im Windschatten seiner berühmten Marke zu positionieren
(MARBACH, Markenrecht, aaO, S. 216). Dabei setzt das Gesetz keine Absicht
der Rufausnützung voraus. Der fremde Markengebrauch muss nicht absichtlich
darauf ausgelegt sein, den Ruf der berühmten Marke auszunützen. Es genügt
vielmehr, wenn er objektiv zu schmarotzerischer Rufausnützung führt,
indem Dritte gewissermassen als Trittbrettfahrer vom Ruf profitieren
können, den der Markeninhaber für sein berühmtes Zeichen errungen hat
(vgl. WILFRIED HEINZELMANN, aaO, S. 136).

    Ob eine Rufausnützung im umschriebenen Sinne gegeben ist, hängt
entscheidend davon ab, ob sich die mit der berühmten Marke verbundenen
Gütevorstellungen und Werbebotschaften auf die unter dem gleichen Zeichen
angebotenen Waren Dritter übertragen lassen (vgl. MARTIN SCHNEIDER,
aaO, S. 424). Ist zu erwarten, dass die massgebenden Verkehrskreise eine
derartige Übertragung vornehmen, kommt der Ruf der berühmten Marke dem
Drittangebot zugute. Der Inhaber der berühmten Marke muss es sich aber
nicht gefallen lassen, dass sein Werbeerfolg von Dritten als Vorspann
für die eigenen Produkte verwendet wird (MARBACH, Markenrecht, aaO).

    b) Angesichts der überragenden Verkehrsgeltung, zu der die Klägerin
nach den Feststellungen der Vorinstanz ihrer Sportartikel-Marke verholfen
hat (E. 1b und c hievor), liegt auf der Hand, dass die Beklagten beim
Absatz ihrer an den sportlichen Mann gerichteten Kosmetik-Produkte objektiv
vom Ruf des klägerischen Zeichens profitieren würden. Die Vorstellungen
sportlicher Dynamik, die das Publikum mit der klägerischen Marke verbindet,
sind ohne weiteres auf eine Kosmetiklinie übertragbar, bei deren
Vermarktung ebenfalls der Charakter der Sportlichkeit herausgestrichen
wird. Die Beklagten könnten daher, würde ihnen der Gebrauch des Zeichens
"NIKE" erlaubt, den klägerischen Werbeerfolg auf die eigenen Mühlen lenken.
Genau dies will jedoch Art. 15 MSchG verhindern. Ob, wie das Handelsgericht
gestützt auf eine Reihe von Indizien annimmt, die Beklagten darüber hinaus
bewusst versuchen, sich an den klägerischen Ruf anzulehnen, spielt nach
dem Gesagten keine Rolle.

    c) Abwegig ist im übrigen der von den Beklagten beiläufig erhobene
Einwand, die klägerische Marke sei gar nicht schutzfähig, weil "NIKE" eine
Sachbezeichnung sei, für die ein Freihaltebedürfnis bestehe. Es trifft zwar
zu, dass "N-ikh" der Name der Siegesgöttin der alten Griechen ist und das
Wort auch im Neugriechischen die Bedeutung "Sieg" hat. Die Klägerin macht
jedoch zu Recht geltend, dass siegreich nicht Waren oder Dienstleistungen
sind, sondern höchstens die Menschen, die sich ihrer bedienen. Das Wort
"NIKE" ist schon aus diesem Grund nicht als blosse Sachbezeichnung
anzusehen, ohne dass näher abgeklärt zu werden braucht, wieweit seine
Bedeutung den schweizerischen Markenadressaten überhaupt bekannt ist.
Abgesehen davon ergibt sich die Schutzfähigkeit der berühmten klägerischen
Marke auch bereits aus ihrer unbestreitbaren Verkehrsdurchsetzung.