Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 124 III 205



124 III 205

37. Auszug aus dem Urteil der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer vom 12.
Mai 1998 i.S. W. (Beschwerde) Regeste

    Amtssprache im Beschwerdeverfahren gemäss Art. 17 ff. SchKG.

    Beschwerdeschrift und Urteil im Verfahren vor der Schuldbetreibungs-
und Konkurskammer des Bundesgerichts (E. 2).

    Rüge der Verletzung völkerrechtlicher Verträge vor der
Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts (E. 3).

    Keine Verletzung des Paktes über die bürgerlichen und politischen
Rechte durch die Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs
des Kantons Solothurn, welche sich geweigert hat, eine in französischer
Sprache verfasste Beschwerde entgegenzunehmen (E. 4).

Sachverhalt

    W. hat einen Beschluss der Aufsichtsbehörde für Schuldbetreibung und
Konkurs des Kantons Solothurn vom 18. März 1998 an die Schuldbetreibungs-
und Konkurskammer des Bundesgerichts weitergezogen. Mit jenem Beschluss
ist die kantonale Aufsichtsbehörde auf eine in französischer Sprache
eingereichte Beschwerde des W. nicht eingetreten.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- Der Beschwerdeführer kann seine Rechtsschrift dem Bundesgericht in
französischer Sprache einreichen (Art. 116 Abs. 4 BV; Art. 30 Abs. 1 OG).

    Indessen besteht im vorliegenden Fall kein Anlass, vom Grundsatz
des Art. 37 Abs. 3 erster Satz OG abzuweichen, wonach Urteile des
Bundesgerichts in der Sprache des angefochtenen Entscheides verfasst
werden. Der Beschwerdeführer tut nicht dar, dass er ausserstande wäre,
ein in deutscher Sprache verfasstes Urteil zu verstehen.

    Für den Schriftverkehr mit den kantonalen Behörden bestehen andere
Regeln als für jenen mit den Bundesbehörden. Darauf ist weiter unten
(E. 4) zurückzukommen.

Erwägung 3

    3.- Mit der Beschwerde gemäss Art. 19 SchKG kann die Verletzung von
Bundesrecht oder von völkerrechtlichen Verträgen des Bundes gerügt werden.

    a) Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte (Déclaration universelle
des droits de l'homme; von der Generalversammlung der Vereinten Nationen
durch Resolution 217 A [III] vom 10. Dezember 1948 angenommen; siehe BBl
1982 II 791) ist kein von der Schweiz abgeschlossener völkerrechtlicher
Vertrag, dessen Verletzung - wie es der Beschwerdeführer tut - mit
Beschwerde bei der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts
gerügt werden könnte.

    b) Die Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten
(EMRK; SR 0.101) gilt als Verfassungs- und nicht als Staatsvertragsrecht
(BGE 101 Ia 67). Deren Verletzung kann deshalb nicht mit der Beschwerde
gemäss Art. 19 SchKG, sondern nur mit staatsrechtlicher Beschwerde geltend
gemacht werden (Art. 43 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 81 OG; Pfleghard,
in: Geiser/Münch, Prozessieren vor Bundesgericht, Rz. 5.56).

    c) Der Internationale Pakt über bürgerliche und politische Rechte
(Pacte international relatif aux droits civils et politiques; SR 0.103.2)
ist von der Bundesversammlung am 13. Dezember 1991 genehmigt worden und
für die Schweiz am 18. September 1992 in Kraft getreten. Dessen Verletzung
kann grundsätzlich mit der Beschwerde gemäss Art. 19 SchKG gerügt werden.

Erwägung 4

    4.- Art. 14 des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische
Rechte, den der Beschwerdeführer verletzt sieht, setzt Grundsätze fest, um
ein faires Straf- und Zivilverfahren zu gewährleisten. Indessen kann daraus
kein Recht auf Anwendung einer anderen als der Amtssprache im Verkehr mit
den Behörden abgeleitet werden in dem Sinne, dass die genannte Bestimmung
dem das Sprachenrecht der Schweiz beherrschenden Territorialitätsprinzip
und dem kantonalen Prozessrecht vorginge (vgl. BGE 122 I 236 E. 2c).

    Amtssprache im Kanton Solothurn, dessen Aufsichtsbehörde über
Schuldbetreibung und Konkurs den angefochtenen Entscheid gefällt hat,
ist die deutsche Sprache. Ohne eine staatsvertragliche Bestimmung zu
verletzen, konnte es die kantonale Aufsichtsbehörde daher ablehnen, auf
die ihr in französischer Sprache eingereichte Beschwerde einzutreten -
dies umso mehr, als sie dem Beschwerdeführer mit Verfügung vom 4. März
1998 Nachfrist zur Einreichung einer Rechtsschrift in deutscher Sprache
eingeräumt hatte. Der Beschwerdeführer machte von der Nachfrist keinen
Gebrauch, sondern liess der kantonalen Aufsichtsbehörde am 12. März 1998
wiederum eine Eingabe in französischer Sprache zukommen.

    Die Rüge der Verletzung des völkerrechtlichen Vertrages ist
unbegründet, weshalb die Beschwerde in diesem Punkt abzuweisen ist.