Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 123 I 56



123 I 56

8. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 23.
April 1997 i.S. X. gegen Gemeinde Sils im Domleschg und Verwaltungsgericht
des Kantons Graubünden (staatsrechtliche Beschwerde) Regeste

    Art. 4 Abs. 2 BV; Feuerwehrpflichtersatz.

    Eine Ungleichbehandlung von Mann und Frau hinsichtlich der Bezahlung
von Feuerwehrpflichtersatz verstösst gegen Art. 4 Abs. 2 BV (E. 2).

    Eine Frist von nahezu 14 Jahren zur Anpassung eines verfassungswidrigen
Gemeindereglements ist zu lange (E. 3).

Sachverhalt

    X., wohnhaft in der Gemeinde Sils im Domleschg, liess eine am 25. März
1995 versandte Rechnung über Fr. 350.-- für Feuerwehrpflichtersatz für
das Jahr 1995 unbezahlt. Am 21. Juli 1995 erliess die Feuerkommission
der Gemeinde eine Veranlagungsverfügung, wogegen X. Einsprache mit der
Begründung erhob, es widerspreche der Gleichstellung von Frau und Mann,
wenn lediglich die Männer feuerwehr- sowie feuerwehrersatzpflichtig
seien, die Frauen aber nicht. Die Feuerkommission wies die Einsprache
mit Entscheid vom 5. Oktober 1995 ab. Gleich entschied auf Einsprache
von X. hin der Gemeindevorstand Sils i.D. am 1. November 1995.

    Gegen den Entscheid des Gemeindevorstandes erhob X. Rekurs an
das Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden. Dieses wies den Rekurs
im Sinne der Erwägungen ab. Es gelangte zum Schluss, die auf Männer
beschränkte Feuerwehr- und Ersatzabgabepflicht sei mit Art. 4 Abs. 2 BV
(Gleichstellung von Frau und Mann) unvereinbar. Die Verfassungswidrigkeit
habe aber nicht zwingend zur Konsequenz, dass der angefochtene Entscheid
aufgehoben werden müsste. Das verfassungswidrige Feuerwehrreglement sei
noch vor Inkrafttreten des Gleichstellungsartikels in der Bundesverfassung
erlassen worden. In einem solchen Falle gelte es, das Interesse des
Rekurrenten an der Aufhebung der verfassungswidrigen Verfügung abzuwägen
gegen dasjenige des kommunalen Gesetzgebers, Gelegenheit zur Herstellung
einer verfassungskonformen Rechtslage zu erhalten. Dabei falle in Betracht,
dass der durch die verfassungswidrige Verfügung bewirkte Rechtsnachteil
nicht schwer wiege. Auf den 1. Januar 1996 habe die Gemeinde sodann eine
neue Feuerwehrverordnung in Kraft gesetzt, welche die Gleichstellung
der Geschlechter gewährleiste. Auch wenn damit die Bereinigung des
verfassungswidrigen Rechtszustands erst spät erfolgt sei, erscheine die
Untätigkeit des kommunalen Gesetzgebers in zeitlicher Hinsicht gerade
noch als akzeptabel. Zudem hätte die Gutheissung der Beschwerde eine
Ungleichbehandlung zu den feuerwehrpflichtigen Männern zur Folge, womit
die eine Verfassungswidrigkeit durch eine andere ersetzt würde. Unter
diesen Umständen rechtfertige es sich, von der Aufhebung des angefochtenen
Entscheids abzusehen.

    X. erhebt staatsrechtliche Beschwerde mit dem Antrag, das Urteil des
Verwaltungsgerichts aufzuheben. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde
gut.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- a) Das Verwaltungsgericht erachtete im angefochtenen
Urteil die Ungleichbehandlung von Frau und Mann bei der Feuerwehr-
und Ersatzabgabepflicht als verfassungswidrig. Die Gemeinde Sils
i.D. beharrt demgegenüber in ihrer Vernehmlassung auf dem Standpunkt,
dass die auf Männer beschränkte Feuerwehr- und Ersatzabgabepflicht
verfassungsgemäss sei. Da die Beschwerdegegnerin im kantonalen Verfahren
obsiegt hat und der Entscheid des Verwaltungsgerichtes sie nicht in
ihrer Autonomie verletzt, könnte sie selber nicht staatsrechtliche
Beschwerde führen. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist es
indessen zulässig, dass die Beschwerdegegnerin in einem von der anderen
Seite eingeleiteten Beschwerdeverfahren den angefochtenen Hoheitsakt in
den ihr nachteiligen Punkten kritisiert (BGE 115 Ia 27 E. 4a S. 30, mit
Hinweisen). Bevor auf die Frage einzugehen ist, welche Konsequenzen eine
allfällige Verfassungswidrigkeit der auf Männer beschränkten Feuerwehr-
und Ersatzabgabepflicht hat, ist demnach zu prüfen, ob die fragliche
Regelung der Gemeinde Sils i.D. überhaupt, wie das Verwaltungsgericht
angenommen hat, mit Art. 4 Abs. 2 BV unvereinbar ist.

    b) Nach Art. 4 Abs. 2 BV sind Mann und Frau gleichberechtigt (Satz
1). Sie haben Anspruch auf gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit (Satz
3). Die Gleichstellung der Geschlechter in dieser Verfassungsbestimmung
besagt, dass Mann und Frau ohne Rücksicht auf gesellschaftliche
Verhältnisse und Vorstellungen grundsätzlich in allen Bereichen gleich
zu behandeln sind; die hergebrachten Anschauungen über die Rollen der
Geschlechter sind rechtlich nicht mehr entscheidend. Dem kantonalen
wie dem eidgenössischen Gesetzgeber ist es seit dem Inkrafttreten der
Verfassungsbestimmung am 14. Juni 1981 grundsätzlich verwehrt, Normen
zu erlassen, die Mann und Frau ungleich behandeln. Art. 4 Abs. 2 BV
schliesst die Geschlechtszugehörigkeit als taugliches Kriterium für
rechtliche Differenzierungen aus. Eine unterschiedliche Behandlung von
Mann und Frau ist nur noch zulässig, wenn auf dem Geschlecht beruhende
biologische oder funktionale Unterschiede eine Gleichbehandlung absolut
ausschliessen (BGE 120 V 312 E. 2a S. 314; 117 Ia 262 E. 2a S. 264,
270 E. 2a S. 272; je mit Hinweisen). Die Verfassungsbestimmung schützt
den Bürger als unmittelbar anwendbares und justiziables Grundrecht gegen
Verfügungen, die sich auf verfassungswidrige Normen stützen und eine im
genannten Sinne unzulässige Ungleichbehandlung zur Folge haben (BGE 117
Ia 262 E. 2d S. 265; 114 Ia 329 E. 2b S. 330 f.; GEORG MÜLLER, Kommentar
zu Art. 4 BV, Überarbeitung 1995, Rz. 135 und 141).

    c) Das Bundesgericht hat bereits im Jahre 1986 entschieden, dass eine
Ungleichbehandlung von Mann und Frau hinsichtlich der Feuerwehrpflicht
grundsätzlich verfassungswidrig ist und sich nur insoweit mit Art. 4 Abs. 2
BV vereinbaren lässt, als der Feuerwehrdienst körperliche Anstrengungen
erfordere, denen nur die kräftigsten Männer des besten Alters gewachsen
seien, oder soweit die gesundheitlichen Auswirkungen des Feuerwehrdienstes
die Frauen im Interesse allfälliger Nachkommen anders treffen als die
Männer (ZBl 88/1987 S. 306 E. 4c/aa). In einem Urteil aus dem Jahre 1991
schützte das Bundesgericht eine auf Männer beschränkte Feuerwehrpflicht in
einer kleinen Berggemeinde, weil die Milizwehrdienste auch für Einsätze
ausrücken müssten, die von Frauen im Hinblick auf deren biologische und
funktionale Ungleichheiten nicht verlangt werden dürften, wie grosse
nächtliche Wanderungen allein oder zu zweit als Föhn- oder Windwache
(ZBl 92/1991 S. 418 = BVR 1991 S. 439, E. 3). Wo aber ein differenzierter
Einsatz möglich ist, lässt sich eine geschlechtsspezifische Ausgestaltung
der Feuerwehr- und Ersatzabgabepflicht nicht rechtfertigen (ZBl 88/1987
S. 418, E. 2). Dabei kann die bisherige tatsächliche Organisation des
Feuerwehrwesens in einer Gemeinde, wenn sie darauf beruht, dass jede
dienstleistende Person an vorderster Front im Einsatz steht, nicht
bereits ausschlaggebend sein. Zu prüfen ist vielmehr, ob eine Änderung
dieser Organisationsstruktur möglich ist, welche den Einbezug der Frauen
zulässt (unveröffentlichtes Urteil des Bundesgerichts vom 3. September
1992 i.S. Einwohnergemeinde Egerkingen, E. 4b).

    d) Es erscheint fraglich, ob an der bisherigen Rechtsprechung in
allen Teilen festgehalten werden kann. Der blosse Umstand, dass eine
Feuerwehrtätigkeit bestimmte Risiken birgt, kann jedenfalls nicht zur
generellen Dispensation aller Frauen führen, würde das doch bedeuten,
dass das Leben von Frauen schutzwürdiger und wertvoller wäre als
dasjenige von Männern, was Art. 4 Abs. 2 BV widerspräche. Auch ist
körperliche Kraft nicht unbedingt geschlechtsspezifisch. Der Umstand,
dass im Durchschnitt mehr Männer als Frauen die für den Feuerwehrdienst
erforderlichen Eigenschaften besitzen, vermag im Lichte von Art. 4
Abs. 2 BV keine entscheidende Rolle zu spielen (ZBl 88/1987 S. 306
E. 4c/aa in fine). Hinzu kommt, dass notorisch in den meisten Gemeinden,
in denen eine Wehrdienstpflicht besteht, der grösste Teil der an sich
Dienstpflichtigen ihren Dienst nicht persönlich versehen, sondern durch
eine Ersatzabgabe abgelten. Da in aller Regel genügend Freiwillige zur
Verfügung stehen, wird kaum jemand zum effektiven Wehrdienst zwangsweise
herangezogen; Dienstpflichtige männlichen oder weiblichen Geschlechts,
welche die für den Feuerwehrdienst erforderlichen Eigenschaften nicht
besitzen, können sich in aller Regel ohne weiteres vom aktiven Dienst
dispensieren lassen und stattdessen die Ersatzabgabe bezahlen, was den
Frauen gleichermassen zumutbar ist wie den Männern. Mit dieser Überlegung
hat denn auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte eine auf
Männer beschränkte baden-württembergische Feuerwehrersatzabgabepflicht
als konventionswidrig beurteilt (Art. 14 EMRK [Gewährleistung der
Konventionsrechte ohne Unterschied des Geschlechts] in Verbindung mit
Art. 4 Abs. 3 lit. d EMRK [Pflichtarbeit]). Der Gerichtshof liess zwar
offen, ob eine auf Männer beschränkte Feuerwehrpflicht mit der Konvention
vereinbar wäre. Da Männer, wiewohl rechtlich verpflichtet, faktisch
nicht zum Dienst gezwungen würden, weil sich genügend Freiwillige melden,
habe die Ersatzabgabe ihre kompensatorische Bedeutung verloren und sei
zur alleinigen realen Verpflichtung geworden. Für die Bezahlung einer
solchen Abgabe lasse sich eine Ungleichbehandlung nach dem Geschlecht
aber nicht rechtfertigen (Urteil Schmidt vom 18. Juli 1994, Série A
Nr. 291-B, § 28). Diese Argumentation gilt auch für den vorliegenden
Fall, in welchem nicht die tatsächliche Leistung des Feuerwehrdienstes,
sondern einzig die Bezahlung der Ersatzabgabe in Frage steht.

    e) Im Lichte dieser Überlegungen sind die Erwägungen des
Verwaltungsgerichts, wonach die bisherige Ungleichbehandlung von Frauen
und Männern verfassungswidrig sei, ohne weiteres zutreffend. Selbst wenn
die bisherige Praxis des Bundesgerichts zu Grunde gelegt wird, könnte
eine geschlechterungleiche Regelung allenfalls dann verfassungsrechtlich
zulässig sein, wenn schlüssig dargetan wäre, dass ein Einsatz von
Frauen in der Feuerwehr praktisch ausgeschlossen ist und auch mit
organisatorischen Massnahmen nicht bewerkstelligt werden könnte. Die
Beschwerdegegnerin bringt jedoch keine konkreten Umstände vor, die eine
Ungleichbehandlung im genannten Sinne rechtfertigen würden. Sie hat selber
auf den 1. Januar 1996 eine neue Feuerwehrverordnung in Kraft gesetzt,
welche die Feuerwehrpflicht für Frauen vorsieht. Zwar macht sie geltend,
dass die bisher bestehende Unterscheidung zwischen Leiter- und Löschzug
aufgehoben sei und demnach alle Korpsangehörigen den gleichen Dienst
zu leisten hätten. Doch versehen seither, wie sie selber vorbringt,
drei Frauen Dienst in der Feuerwehr, was belegt, dass es möglich ist,
Frauen in die Wehrdienste zu integrieren. Unter diesen Umständen ist
eine geschlechtsspezifische Regelung der Feuerwehrpflicht jedenfalls
nicht zulässig.

Erwägung 3

    3.- a) Das Verwaltungsgericht hat, wiewohl es zur nämlichen Auffassung
gelangte, den Einspracheentscheid des Gemeindevorstands Sils i.D.
nicht aufgehoben, weil es sachlich angebracht sei, den Gemeinden einen
etwas grosszügigeren Rahmen für die Anpassung verfassungswidriger Erlasse
einzuräumen.

    b) Grundsätzlich werden kantonale - und damit auch kommunale -
Gesetze, die zu Bestimmungen der Bundesverfassung in Widerspruch stehen,
mit deren Annahme ausser Kraft gesetzt (Art. 2 ÜbBest. BV). Im Bereich
von Art. 4 Abs. 2 BV hat indessen das Bundesgericht mit Hinweis auf die
Entstehungsgeschichte angenommen, dass den Kantonen für vor dem 14. Juni
1981 erlassene Normen eine gewisse Anpassungsfrist zuzubilligen sei
(ZBl 87/1986 S. 485 E. 2c); es hat daher in seinem ersten Urteil, in
dem es die auf Männer begrenzte Feuerwehrpflicht als verfassungswidrig
erklärte, erwogen, dass dem Gesetzgeber eine gewisse Zeitspanne belassen
werden müsse, um Regelungen, die mit Art. 4 Abs. 2 BV unvereinbar seien,
der neuen Verfassungsbestimmung anzupassen, dies jedenfalls dann, wenn
nicht fundamentale schutzwürdige Interessen betroffen seien (ZBl 88/1987
S. 306 E. 3b in fine, E. 5). Dabei ist hervorzuheben, dass damals eine
Ersatzabgabe für das Abgabejahr 1982 in Frage stand; bereits für diesen
Zeitraum die Gesetzgebung an die kurz zuvor geänderte Verfassungslage
anzupassen, wäre nahezu unmöglich gewesen. Vorliegend geht es jedoch um
eine Ersatzabgabe für das Jahr 1995. Eine derart lange Übergangsfrist für
die Beseitigung verfassungswidriger Ungleichbehandlungen von Frau und Mann
lässt sich nicht mehr hinnehmen (Müller, aaO, Rz. 139, mit Hinweisen). Dies
hat das Bundesgericht in anderem Zusammenhang bereits vor mehreren
Jahren festgestellt. So hat es im Hinblick auf die politischen Rechte
(Frauenstimmrecht) eine Frist von neun Jahren als zu lange bezeichnet (BGE
116 Ia 359 E. 10b S. 380), im Hinblick auf sozialversicherungsrechtliche
Regelungen (Witwerrente) eine Frist von sieben Jahren als eindeutig
zu lange (BGE 116 V 198 E. II/3b S. 215). Indem das Verwaltungsgericht
vorliegend der Beschwerdegegnerin eine Übergangsfrist von nahezu 14 Jahren
zubilligte, hat es einen verfassungswidrigen Zustand toleriert, der sich
nicht mehr mit unausweichlichen Schwierigkeiten einer Gesetzesanpassung
rechtfertigen lässt. Dass die Beschwerdegegnerin mittlerweile (auf den
1. Januar 1996) ihre Regelung an Art. 4 Abs. 2 BV angepasst hat, ändert
nichts daran, dass dies für das Abgabejahr 1995 noch nicht der Fall war
und der Beschwerdeführer durch die ihn betreffende Abgabeverfügung in
seinen verfassungsmässigen Rechten verletzt wurde.

    c) Es ist allerdings auch möglich, dass der Richter aus anderen
Gründen von der Aufhebung eines auf verfassungswidriger rechtlicher
Grundlage beruhenden Entscheides absehen kann. Die Rechtsprechung hat dies
unabhängig von der für die Anpassung der Gesetzgebung an den Grundsatz
der Gleichbehandlung der Geschlechter einzuräumenden Übergangsfrist
angenommen, wenn dadurch nicht bloss ein verhältnismässig unbedeutendes
Regelungsdefizit entstünde, sondern ein eigentlich rechtsfreier Raum
geschaffen würde, der eine komplexe Regelungsmaterie insgesamt aus
den Angeln heben (ZBl 88/1987 S. 306 E. 3b) und eine Regelungslücke
hinterlassen würde, welche der Richter aufgrund seiner beschränkten
funktionellen Eignung nicht im Rahmen fallbezogener richterlicher
Beurteilung auszufüllen vermöchte (BGE 117 V 318 E. 6 S. 325 ff.:
Notwendigkeit einer tiefgreifenden Änderung des Finanzierungssystems bei
Änderung des Rentenalters). Wo aber keine derart weitgehende Konsequenzen
mit der Nichtanwendung einer als verfassungswidrig erkannten Norm
verbunden sind und die Durchsetzung der Geschlechtergleichheit nicht
die grundlegende Neu- und Umgestaltung einer komplexen Regelungsmaterie
erfordert, bleibt der Richter gehalten, der Verfassung zum Durchbruch
zu verhelfen (BGE 116 V 198 E. II/3b S. 215 f.; BEATRICE WEBER-DÜRLER,
Grenzen des Rechtsschutzes bei der Gleichberechtigung, Festschrift
Bigler, Basel und Frankfurt a.M. 1993, S. 349 ff.). Gerade für die
Feuerwehrersatzabgabe hat das Bundesgericht bereits im zitierten Urteil
vom 10. Oktober 1986 festgehalten, dass die Natur der strittigen
Regelungsmaterie nicht dazu führen könne, von der Aufhebung der
verfassungswidrigen Veranlagungsverfügung abzusehen (ZBl 88/1987 S. 306
E. 5). Ausschlaggebend für die Abweisung der Beschwerde war damals die
dem Gesetzgeber einzuräumende Übergangsfrist, welche heute, wie dargetan,
nicht mehr in Anspruch genommen werden kann.

    d) Zu beachten ist schliesslich auch, dass aufgrund der Rechtsprechung
des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (vorne E. 2d) der
Beschwerdeführer in seinen durch die Europäische Menschenrechtskonvention
garantierten Rechten verletzt bliebe (Art. 25 EMRK), wenn das Bundesgericht
die ihm auferlegte Abgabe bestätigte. Im genannten Urteil hat denn auch
der Gerichtshof die Bundesrepublik Deutschland verpflichtet, den erhobenen
Abgabebetrag zurückzuerstatten. Auch diese Überlegung zeigt, dass es
mit der Feststellung der Verfassungswidrigkeit der vom Beschwerdeführer
erhobenen Feuerwehrersatzabgabe nicht sein Bewenden haben kann, sondern
dass diese aufzuheben ist.