Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 123 I 31



123 I 31

5. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 14.
Februar 1997 i.S. W. gegen Bezirksgericht (Haftrichterin) Zürich
(staatsrechtliche Beschwerde) Regeste

    Art. 4 BV, persönliche Freiheit, Art. 5 Ziff. 4 EMRK.
Haftprüfung. Begründungspflicht, Fluchtgefahr, Sperrfrist.

    Der Anspruch auf rechtliches Gehör wird nicht verletzt, wenn die
Haftrichterin auf die Haftgründe genügend darlegende Stellungnahme der
Untersuchungsbehörde verweist, statt ihren Entscheid mit einer eigenen
Begründung zu versehen (E. 2).

    Fluchtgefahr besteht auch dann, wenn sich der Angeschuldigte in ein
Land begeben will, das die Auslieferung an die Schweiz bewilligen oder
selbst ein Strafverfahren durchführen würde (E. 3).

    Recht auf Haftüberprüfung zumindest "in vernünftigen" Abständen:
Welche Abstände als "vernünftig" anzusehen sind, richtet sich nach den
Verhältnissen des Einzelfalles und den Besonderheiten der anwendbaren
Prozessvorschriften; eine Sperrfrist von einem Monat verstösst
grundsätzlich nicht gegen Art. 5 Ziff. 4 EMRK, wohl aber hier eine
solche von zwei Monaten, die lediglich mit der Stellung von drei
Haftentlassungsgesuchen innerhalb eines Monats begründet wird (E. 4).

Sachverhalt

    A.- W. befindet sich aufgrund einer Verfügung der Haftrichterin am
Bezirksgericht Zürich seit dem 18. Dezember 1996 in Untersuchungshaft. Am
16. Januar 1997 reichte er ein Haftentlassungsgesuch ein. Die Haftrichterin
am Bezirksgericht Zürich erliess am 21. Januar 1997 folgende Verfügung:

    "1. Das Haftentlassungsgesuch vom 16. Januar 1997 wird abgewiesen.

    2. Die Haft dauert fort bis 19. März 1997.

    3. Dem Angeschuldigten wird die Auflage erteilt, bis zum 19. März 1997
   kein neues Gesuch um Aufhebung der Haft zu stellen, widrigenfalls
   nicht darauf eingetreten wird.

    4. ... (Mitteilung)

    5. Dieser Entscheid ist endgültig."

    Die Strafverfolgungsbehörden des Kantons Zürich verdächtigen
W. dringend des Betruges. Sie nehmen ausserdem Kollusionsgefahr und
Fluchtgefahr an.

    B.- Mit staatsrechtlicher Beschwerde vom 27. Januar 1997 stellt
W. folgende Anträge:

    "1. Es sei das Bezirksgericht Zürich anzuweisen, den Beschwerdeführer
   sofort auf freien Fuss zu setzen.

    Eventuell:

    2. Es seien Ziff. 2 und 3 der Verfügung des Haftrichters vom 21.1.1997
   (Haftanordnung bis 19.3. 1997/kein weiteres Gesuch bis dahin)
   aufzuheben und

    3. Es sei den zürcherischen Behörden eine kurze Frist zur Vornahme der
   allenfalls noch erforderlichen Untersuchungshandlungen anzusetzen,
   mit der

    Androhung, dass im Säumnisfall der Beschwerdeführer aus der Haft zu
   entlassen sei."

    Die Bezirksanwaltschaft Zürich und die Haftrichterin des
Bezirksgerichts Zürich verzichten auf Vernehmlassung.

    Das Bundesgericht heisst die Beschwerde teilweise gut.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- a) Der Beschwerdeführer rügt in seiner Beschwerdeschrift an
mehreren Stellen, die angefochtene Verfügung sei ungenügend begründet,
weshalb sein Anspruch auf Gewährung des rechtlichen Gehörs verletzt
worden sei.

    b) Die Verfügung des Haftrichters enthält keine Darstellung des
Tatverdachts und im Zusammenhang mit der Kollusionsgefahr keinen Hinweis
darauf, welche Untersuchungsmassnahmen noch getroffen werden müssen;
der blosse Hinweis, weitere Geschädigte müssten noch überprüft werden,
genügt für sich allein nicht, um die Annahme der Kollusionsgefahr zu
begründen. Der Haftrichter verweist aber unter anderem auf den Antrag
der Bezirksanwaltschaft auf Ablehnung des Haftentlassungsgesuches und
Fortsetzung der Untersuchungshaft vom 17. Januar 1997.

    c) Das rechtliche Gehör als persönlichkeitsbezogenes Mitwirkungsrecht
verlangt, dass die Behörde die Vorbringen des vom Entscheid in seiner
Rechtsstellung Betroffenen auch tatsächlich hört, sorgfältig und
ernsthaft prüft und in der Entscheidfindung berücksichtigt. Daraus
folgt die grundsätzliche Pflicht der Behörden, ihren Entscheid zu
begründen. Die Begründung eines Entscheids muss so abgefasst sein,
dass der Betroffene ihn gegebenenfalls sachgerecht anfechten kann (BGE
112 Ia 109 E. b, mit Hinweisen; vgl. auch BGE 114 Ia 242 E. 2d). Das
Bundesgericht entschied mehrmals, die aus Art. 4 BV abgeleitete
Pflicht zur Gewährung des rechtlichen Gehörs verleihe den Parteien
keinen Anspruch auf eine ausführliche schriftliche Urteilsbegründung.
So sei es grundsätzlich zulässig, dass das angefochtene Urteil auf die
Begründung des erstinstanzlichen Urteils verweise. Die Parteien könnten
ein Urteil sachgerecht anfechten, wenn sie die Urteilsmotive wenigstens
im vorinstanzlichen Urteil nachlesen könnten. Ein blosser Hinweis auf
"die Akten" im zweitinstanzlichen Urteil genüge jedoch in keinem Fall
als Begründung und verletze Art. 4 BV (BGE 111 Ia 4 E. 4a mit Hinweisen;
103 Ia 409 E. 3a; 98 Ia 464 E. 5a).

    d) Die Bezirksanwaltschaft begründete in ihrem Antrag auf
Fortsetzung der Untersuchungshaft vom 17. Januar 1997 den dringenden
Tatverdacht zusammengefasst damit, der Beschwerdeführer habe in deutschen
Tageszeitungen Kreditinteressenten gesucht, die interessierten Personen
in Zürich unter einem falschen Namen getroffen und sie in stundenweise
gemieteten Büroräumen in Zürich zusammen mit X. veranlasst, Honorare
und Kautionen in unbestimmter, sicher aber Fr. 60'000.-- übersteigender
Höhe zu bezahlen. Zwei der geschädigten Personen seien bisher den
Strafverfolgungsbehörden bekannt (Y. und P.), der Beschwerdeführer
habe aber mit Sicherheit gegenüber weiteren Personen entsprechend
gehandelt, was von einer Zeugin beobachtet worden sei und aus Unterlagen
des Beschwerdeführers hervorgehe. Die Kollusionsgefahr ergebe sich
daraus, dass der Beschwerdeführer nach einer Freilassung mit seinem
mutmasslichen Mittäter X. und den zum Teil noch unbekannten Geschädigten
Kontakt aufnehmen könnte. Fluchtgefahr müsse angenommen werden, weil der
Beschwerdeführer nach einer Freilassung zu seiner Familie nach Deutschland
ausreisen wolle.

    Diese Ausführungen genügen in formeller Hinsicht als Begründung
dafür, den Beschwerdeführer vorläufig nicht aus der Untersuchungshaft zu
entlassen. Der Beschwerdeführer konnte die Verfügung des Haftrichters
sachgerecht anfechten, was er mit der vorliegenden staatsrechtlichen
Beschwerde auch getan hat. Seine Rüge, der Haftrichter habe die
Begründungspflicht verletzt und ihm damit das rechtliche Gehör verweigert,
erweist sich als unbegründet.

Erwägung 3

    3.- a) Bei staatsrechtlichen Beschwerden, die gestützt auf das
verfassungsmässige Recht der persönlichen Freiheit wegen der Ablehnung
eines Haftentlassungsgesuches erhoben werden, prüft das Bundesgericht im
Hinblick auf die Schwere des Eingriffes die Auslegung und Anwendung des
entsprechenden kantonalen Rechts frei. Soweit jedoch reine Verfahrensfragen
zu beurteilen sind, greift das Bundesgericht nur bei Willkür ein (BGE
117 Ia 74 E. 1; 115 Ia 297 E. 1b, je mit Hinweisen).

    b) Gemäss § 58 Abs. 1 des kantonalen Gesetzes vom 4. Mai
1919 betreffend den Strafprozess (Strafprozessordnung; StPO) darf
Untersuchungshaft nur angeordnet werden, wenn der Angeschuldigte eines
Verbrechens oder Vergehens dringend verdächtigt wird und ausserdem aufgrund
bestimmter Anhaltspunkte ernsthaft befürchtet werden muss, er werde sich
der Strafverfolgung oder der zu erwartenden Strafe durch Flucht entziehen
(Ziff. 1), Spuren oder Beweismittel beseitigen, Dritte zu falschen Aussagen
zu verleiten suchen oder die Abklärung des Sachverhaltes auf andere Weise
gefährden (Ziff. 2), oder nachdem er bereits zahlreiche Verbrechen oder
erhebliche Vergehen verübt hat, erneut solche Straftaten begehen (Ziff. 3).

    c) Die in § 58 Abs. 1 Ziff. 2 StPO erwähnte Kollusion bedeutet, dass
sich der Beschuldigte mit Zeugen, Auskunftspersonen, Sachverständigen oder
Mitbeschuldigten ins Einvernehmen setzt oder sie zu wahrheitswidrigen
Aussagen veranlasst. Die Untersuchungshaft wegen Kollusionsgefahr soll
verhindern, dass ein Angeschuldigter die Freiheit oder einen Urlaub dazu
missbrauchen würde, die wahrheitsgetreue Abklärung des Sachverhaltes zu
vereiteln oder zu gefährden. Jedoch genügt nach der Rechtsprechung des
Bundesgerichtes die theoretische Möglichkeit, dass der Angeschuldigte in
Freiheit kolludieren könnte, nicht, um die Fortsetzung der Haft oder die
Nichtgewährung von Urlauben unter diesem Titel zu rechtfertigen. Es müssen
vielmehr konkrete Indizien für eine solche Gefahr sprechen (BGE 117 Ia 257
E. 4b, 4c, mit Hinweisen auf unveröffentlichte Urteile des Bundesgerichts).

    Der Beschwerdeführer hält der Darstellung der Bezirksanwaltschaft
zunächst entgegen, nach X. werde weder von den schweizerischen noch von den
deutschen Strafverfolgungsbehörden gefahndet. Den deutschen Behörden sei
sein Aufenthaltsort bekannt. Der Beschwerdeführer unterlässt es jedoch, für
seine Behauptung irgendeinen Beweis oder Beleg zu nennen. Die Behauptung
des Beschwerdeführers erfüllt deshalb die Anforderungen an die Begründung
einer staatsrechtlichen Beschwerde gemäss Art. 90 Abs. 1 lit. b OG nicht,
weshalb insoweit nicht darauf einzutreten ist.

    Der Beschwerdeführer verweist zutreffend auf den Umstand, dass
ausser Y. und P. keine weiteren Geschädigten bekannt sind. Wie die
Bezirksanwaltschaft ausführt, steht aber fest, dass der Beschwerdeführer
gegen mehrere weitere Personen in der gleichen Weise vorgegangen ist wie
gegen Y. und P.. In der Strafuntersuchung wird es in der nächsten Zeit
darum gehen, die weiteren geschädigten Personen zu ermitteln. Unter diesen
Umständen muss mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit angenommen werden,
d.h. es bestehen konkrete Indizien dafür, dass der Beschwerdeführer, würde
er jetzt freigelassen, mit einzelnen oder mit allen bisher unbekannten
Geschädigten in Kontakt treten und sie davon abhalten könnte, sich
gegenüber den Behörden als Geschädigte zu bekennen. Zumindest in dieser
Hinsicht besteht weiterhin Kollusionsgefahr, und die entsprechende Rüge
erweist sich als unbegründet, soweit sie zulässig ist.

    d) Die kantonalen Behörden nehmen ausser Kollusionsgefahr auch
Fluchtgefahr an. Der Beschwerdeführer erklärt selbst in seiner
Beschwerdeschrift, er wolle nach einer Freilassung sofort nach
Deutschland zurückkehren, um seine in Not geratene Familie nach Kräften
zu unterstützen.

    Gestützt auf den Vorbehalt der Bundesrepublik Deutschland zu Art. 6
des Europäischen Auslieferungsübereinkommens vom 13. Dezember 1957
(EAUe; SR 0.353.1, S. 14) ist die Auslieferung eines Deutschen aus der
Bundesrepublik Deutschland an einen andern Staat nach Art. 16 Abs. 2 Satz
1 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland nicht zulässig und
muss daher in jedem Fall abgelehnt werden. Gemäss Art. 6 Ziff. 2 EAUe ist
die Bundesrepublik Deutschland aber verpflichtet, die Strafsache ihren
eigenen Behörden zu unterbreiten. Voraussetzung dafür ist ein förmliches
Rechtshilfegesuch der schweizerischen Behörden.

    Nach der bisher nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlichten
Rechtsprechung des Bundesgerichts lehnt das Bundesgericht die
Lehrmeinung (s. Martin Schubarth, Die Rechte des Beschuldigten im
Untersuchungsverfahren, insbesondere bei Untersuchungshaft, Bern 1973, S.
85) ab, wonach die blosse Fluchtgefahr die Untersuchungshaft nicht zu
rechtfertigen vermag, wenn als Ziel der Flucht nur oder vor allem ein
Land in Betracht fällt, das nötigenfalls die Auslieferung bewilligen oder
selbst die Beurteilung der Sache übernehmen würde. Dem Staat, welchem
die Strafhoheit zusteht, ist es nicht zuzumuten, auf die Sicherung der
Person des Angeschuldigten zu verzichten und bei dessen Flucht den
langwierigen Weg des Auslieferungsbegehrens oder eines Ersuchens um
Übernahme der Strafverfolgung zu beschreiten. Ob in einem bestimmten
Fall Fluchtgefahr besteht, ist demnach grundsätzlich in bezug auf das in
der Schweiz geführte Strafverfahren (und allenfalls Vollzugsverfahren)
zu überprüfen (vgl. das auszugsweise in SJIR 1985 S. 285 veröffentliche
Urteil des Bundesgerichts vom 11. Dezember 1984 i.S. Kühnis, E. 2b).

    Die vom Beschwerdeführer selbst zugegebene Absicht, nach einer
Entlassung aus der Haft nach Deutschland zu reisen, genügt für die Annahme
der Fluchtgefahr, obwohl die Bundesrepublik Deutschland allenfalls selbst
ein Strafverfahren gegen den Beschwerdeführer durchführen müsste. Die
Behörden des Kantons Zürich erkannten deshalb zu Recht, es bestehe
Fluchtgefahr im Sinne von § 58 Abs. 1 Ziff. 1 StPO. Die staatsrechtliche
Beschwerde erweist sich auch in dieser Beziehung als unbegründet.

Erwägung 4

    4.- a) Der Beschwerdeführer wendet sich auch gegen die in Ziffer 3
der angefochtenen Verfügung angeordnete Sperrfrist von fast zwei Monaten,
um ein neues Gesuch um Haftentlassung zu stellen. Er beruft sich auf einen
Bericht der Europäischen Kommission für Menschenrechte in EuGRZ 15 (1988)
506 sowie auf die Recommandation No R (80) 11 des Europarates vom 27. Juni
1980 und macht geltend, eine Sperrfrist, welche 30 Tage überschreite,
verstosse gegen Art. 5 Ziff. 4 EMRK.

    b) Gemäss § 64 StPO kann der Angeschuldigte "jederzeit" ein Gesuch
um Aufhebung der Untersuchungshaft stellen. Vorbehalten wird allerdings §
66 StPO. Dieser lautet wie folgt:

    "Der Haftrichter kann bei Anordnung der Untersuchungshaft und bei

    Abweisung
   eines Gesuches um Aufhebung der Haft einen Zeitpunkt bestimmen, bis
   zu welchem kein beziehungsweise kein neues Gesuch zugelassen wird."

    c) Nach Art. 5 Ziff. 4 EMRK hat jedermann, dem seine Freiheit durch
Festnahme oder Haft entzogen wird, das Recht, ein Verfahren zu beantragen,
in dem von einem Gericht raschmöglichst über die Rechtmässigkeit der
Haft entschieden und im Falle der Widerrechtlichkeit seine Entlassung
angeordnet wird (vgl. auch die analoge Bestimmung in Art. 9 Ziff. 4
des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte
vom 16. Dezember 1966 [UNO-Pakt II; SR 0.103.2, AS 1993 750]). Ist
die Entscheidung, mit der dem Betroffenen die Freiheit entzogen wird,
von einem Verwaltungsorgan getroffen worden, kann dieser ohne weiteres
eine gerichtliche Prüfung der Rechtmässigkeit der Haft verlangen;
wenn ursprünglich der Entscheid über die Freiheitsentziehung von einem
Gericht ausgeht, kann es angesichts der Natur des in Frage stehenden
Freiheitsentzuges notwendig sein, dass die Rechtmässigkeit in vernünftigen
Abständen überprüft wird (BGE 116 Ia 60 E. 2, mit zahlreichen Hinweisen
auf die Rechtsprechung der Strassburger Instanzen).

    Der Angeschuldigte hat schon gestützt auf die persönliche Freiheit
das Recht, jederzeit oder zumindest "in vernünftigen Abständen" ein
Haftentlassungsgesuch zu stellen und nötigenfalls eine richterliche
Haftprüfung zu beantragen. Dabei muss er insbesondere das Vorliegen
ausreichender Haftgründe und die Verhältnismässigkeit der Haft überprüfen
lassen können (BGE 117 Ia 72 E. 1d, 372 E. 3a; 116 Ia 60 E. 2). Für die
Frage, welche Abstände zwischen periodischen Haftprüfungen als "vernünftig"
anzusehen sind, kommt es auf die Verhältnisse des konkreten Falles und auf
die Besonderheiten der anwendbaren Prozessvorschriften an (VELU/ERGEC,
La Convention européenne des droits de l'homme, Bruxelles 1990, S. 307,
N. 350; MANFRED NOWAK, UNO-Pakt über bürgerliche und politische Rechte und
Fakultativprotokoll - CCPR-Kommentar, Kehl etc. 1989, N 45 zu Art. 9;
vgl. auch die Recommandation No R [80] 11 des Ministerkomitees des
Europarates, Ziff. 14, die von "intervalles assez courts" spricht). Während
relativ lange Abstände angebracht und zulässig sind, wenn es sich um
die Unterbringung eines Geisteskranken handelt, dürfen diese Abstände nur
verhältnismässig kurz sein, wenn der Betroffene sich unter dem Verdacht der
Begehung einer Straftat in Untersuchungshaft befindet. Eine Sperrfrist von
einem Monat, um ein neues Gesuch um Entlassung aus der Untersuchungshaft zu
stellen, verstösst grundsätzlich nicht gegen Art. 5 Ziff. 4 EMRK (Urteile
des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte vom 15. November 1996
i.S. Silva Rocha gegen Portugal, E. 31, 32, 82/1995/588/674, und vom
25. Oktober 1989 i.S. Bezicheri gegen Italien, Serie A Nr. 164, E. 21;
Bericht der Europäischen Kommission für Menschenrechte in derselben
Sache vom 10. März 1988, E. 38, veröffentlicht auch in EuGRZ 15 [1988]
506; vgl. auch Stefan Trechsel, Liberty and Security of Person, in:
MACDONALD/MATSCHER/PETZOLD, The European System for the Protection of
Human Rights, Dordrecht etc. 1993, S. 277-344, S. 323).

    d) § 66 StPO sagt über die zulässige Höchstdauer der Sperrfrist
für neue Haftentlassungsgesuche nach zürcherischem Strafprozessrecht
nichts aus. Auch die Gründe für die Anordnung einer Sperrfrist
werden im Gesetz nicht genannt. Die neue Literatur zum zürcherischen
Strafprozessrecht hält eine Sperrfrist von einem Monat für zulässig. Eine
längere Sperrfrist sei nur ausnahmsweise bei besonderen Umständen
gerechtfertigt, nämlich dann, wenn den im Verlaufe des Verfahrens sich
wandelnden tatsächlichen Verhältnissen mit Blick auf den Tatverdacht
wie den besonderen Haftgrund auch so ausreichend Rechnung getragen
werden könne. Möglich sei dies beispielsweise nach einem glaubwürdigen,
zumindest teilweise überprüften Geständnis des Angeschuldigten, sofern die
Flucht-Kollusions- oder Wiederholungsgefahr aller Voraussicht nach auch in
Zukunft unverändert gross sei. Eine drei Monate übersteigende Sperrfrist
sei generell konventions- und verfassungswidrig (DONATSCH/SCHMID,
Kommentar zur Strafprozessordnung des Kantons Zürich, Zürich 1996, § 66
N. 8). Dem Interesse des Untersuchungsgefangenen an einer Überprüfung
der Untersuchungshaft in regelmässigen, vernünftigen Abständen steht
das Interesse der Strafverfolgungsbehörden an der Nichtzulassung
rechtsmissbräuchlicher, trölerischer oder offensichtlich unzulässiger
Gesuche entgegen. Das Interesse der Strafverfolgungsbehörden ist indessen
grundsätzlich geringer zu bewerten, denn es steht dem Haftrichter frei,
auf rechtsmissbräuchliche, trölerische oder offensichtlich unzulässige
Gesuche nicht einzutreten oder offensichtlich unbegründete Gesuche
mit bloss summarischer Begründung abzuweisen (vgl. das Urteil des
Bundesgerichts vom 8. April 1994 i.S. A., E. 3b, in EuGRZ 21 [1994] 491).

    e) Im vorliegenden Fall begründete die Haftrichterin die zweimonatige
Sperrfrist allein damit, der Beschwerdeführer habe innerhalb eines Monats
drei Gesuche um Haftentlassung gestellt und damit die Strafuntersuchung
unnötig behindert. Diese Begründung nimmt keinen Bezug auf den Stand der
Strafuntersuchung. Auch lässt sich daraus nicht entnehmen, ob die weiteren
noch erforderlichen Untersuchungshandlungen frühestens nach zwei Monaten
abgeschlossen sein werden und ob die Flucht- oder die Kollusionsgefahr
noch so lange andauern werden. Die Sperrfrist von zwei Monaten für die
Einreichung eines neuen Gesuchs um Entlassung aus der Untersuchungshaft
erweist sich unter diesen Umständen als übersetzt. Die staatsrechtliche
Beschwerde ist in dieser Hinsicht begründet. Die angefochtene Verfügung
ist deshalb soweit aufzuheben, als die Untersuchungshaft bis mindestens
am 19. März 1997 verlängert und eine Sperrfrist bis zum gleichen Datum
angeordnet wurde.

Erwägung 5

    5.- Der Beschwerdeführer beantragt schliesslich, den kantonalen
Behörden sei eine kurze Frist anzusetzen, innerhalb welcher sie die
allenfalls noch erforderlichen Untersuchungshandlungen vorzunehmen hätten;
die Fristansetzung sei mit der Androhung zu verbinden, dass im Säumnisfall
der Beschwerdeführer aus der Haft zu entlassen sei.

    Beim gegenwärtigen Stand der Untersuchung lässt sich nicht mit
Bestimmtheit feststellen, wieviel Zeit für die noch erforderlichen
Untersuchungshandlungen nötig sein wird. Weil das Bundesgericht die von der
Haftrichterin angeordnete Sperrfrist aufhebt, kann der Beschwerdeführer die
Untersuchungshaft jederzeit überprüfen lassen, gegebenenfalls auch durch
das Bundesgericht. Damit erübrigt es sich, den kantonalen Behörden eine
Frist anzusetzen, bis zu welcher sie die noch erforderlichen Untersuchungen
vornehmen müssen.