Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 123 II 499



123 II 499

51. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom
28. Mai 1997 i.S. S. und D. gegen Ortsbürgergemeinde Reinach, Regierungsrat
sowie Verwaltungsgericht des Kantons Aargau (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste

    Waldrecht, Bau- und Planungsrecht; Baubewilligung für einen
Forstwerkhof im Wald.

    Zulässigkeit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde (E. 1a).

    Forstliche Bauten und Anlagen entsprechen der im Wald geltenden
Nutzungsordnung nur, wenn sie für die zweckmässige Bewirtschaftung des
Waldes am vorgesehenen Standort notwendig und nicht überdimensioniert
sind und ausserdem keine überwiegenden öffentlichen Interessen gegen ihre
Errichtung vorliegen (E. 2).

    Betriebliche Voraussetzungen für einen Forstwerkhof im Wald (E. 3a).

    Gesichtspunkte, die in der Interessenabwägung zu beachten sind (E. 3b).

Sachverhalt

    Der Gemeinderat Reinach erteilte am 11. April 1994
der Ortsbürgergemeinde Reinach die Baubewilligung für einen
Forstwerkhof auf einer am Rand des Sonnenbergwalds in Reinach gelegenen
Waldparzelle. Gleichzeitig wies er eine gegen das Bauvorhaben gerichtete
Einsprache der Nachbarn S. und D. ab. Zuvor hatte die kantonale
Baugesuchszentrale, nach Durchführung eines Vernehmlassungsverfahrens
bei den interessierten Verwaltungsstellen, dem Vorhaben zugestimmt.

    S. und D. gelangten mit einer Verwaltungsbeschwerde gegen die
Bewilligung an den Regierungsrat des Kantons Aargau. Das Rechtsmittel
blieb ohne Erfolg. Am 17. Oktober 1995 wies das Verwaltungsgericht des
Kantons Aargau die gegen den regierungsrätlichen Entscheid gerichtete
Beschwerde von S. und D. nach Durchführung eines Augenscheins ab.

    S. und D. führen gegen dieses Verwaltungsgerichtsurteil vom 17. Oktober
1995 Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht. Sie beantragen,
die Baubewilligung sei wegen Verletzung von Bundesrecht zu verweigern
und das angefochtene Urteil sei aufzuheben; eventuell sei die Sache zur
Neubeurteilung gemäss Art. 24 des Bundesgesetzes über die Raumplanung
vom 22. Juni 1979 (RPG; SR 700) zurückzuweisen.

    Das Bundesgericht ersuchte das Bundesamt für Umwelt, Wald und
Landschaft (BUWAL) um einen Amtsbericht, den das Amt am 25. Oktober
1996 einreichte. Am 6. Dezember 1996 führte eine Delegation des
Bundesgerichts in Anwesenheit der Parteien und unter Beizug eines Experten
eine Instruktionsverhandlung mit Augenschein durch. Dabei erhielten die
Parteien Gelegenheit, sich zum Amtsbericht des BUWAL zu äussern.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- a) Umstritten ist eine Baubewilligung für ein Werkhofgebäude im
Wald. Die Zulässigkeit eines solchen Gebäudes richtet sich einerseits
nach dem Bau- und Planungsrecht und andererseits nach dem Waldrecht.
Nach den materiell anwendbaren waldrechtlichen Bestimmungen ist die
forstliche Natur für Bauten und Anlagen dann zu bejahen, wenn sie den
Zwecken des Waldes dienen und für seine Bewirtschaftung notwendig sind
(vgl. Art. 2 Abs. 2 lit. b, Art. 11 und 16 des Waldgesetzes vom 4. Oktober
1991 [WaG; SR 921.0] und Art. 4 und 14 der Waldverordnung vom 30. November
1992 [WaV; SR 921.01] sowie allfälliges kantonales Ausführungsrecht;
vgl. BGE 122 II 274 E. 1a; STEFAN M. JAISSLE, Der dynamische Waldbegriff
und die Raumplanung, S. 117 f. und 279). Die ebenfalls anwendbaren
Vorschriften des Raumplanungsgesetzes des Bundes (namentlich Art. 22
und 24 RPG) stehen zu den waldrechtlichen Bestimmungen in einem derart
engen Sachzusammenhang, dass die Baubewilligung für eine Baute im Wald
gemäss der in Art. 46 WaG enthaltenen Verfahrensbestimmung im Rahmen
der Verwaltungsgerichtsbeschwerde (Art. 97 ff. OG i.V.m. Art. 5 VwVG)
zu beurteilen ist. Dies gilt ungeachtet des Umstands, ob in formeller
Hinsicht eine Bewilligung im Sinne von Art. 22 RPG oder eine auf Art. 24
RPG gestützte Ausnahmebewilligung zur Diskussion steht, soweit die
Zulässigkeit einer Baute im wesentlichen von den im Waldrecht enthaltenen
Kriterien abhängt.

    Im übrigen ist gemäss Art. 34 Abs. 1 RPG
die Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht bei
Bewilligungen im Sinne von Art. 24 RPG ohnehin zulässig. Da der
Anwendungsbereich von Art. 24 Abs. 1 RPG zudem von der Beurteilung
der Zonenkonformität im Sinne von Art. 22 Abs. 2 lit. a RPG abhängt,
kann mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde auch gerügt werden, eine Baute
oder Anlage sei in Verletzung der Vorschriften über die Zulässigkeit von
Bauten und Anlagen im Wald bewilligt worden (vgl. BGE 118 Ib 335 E. 1a
mit zahlreichen Hinweisen). Wegen des oben erwähnten Sachzusammenhangs
zwischen dem Waldrecht und dem Bau- und Planungsrecht ist aber auch
in bezug auf forstliche Bauten und Anlagen, die gestützt auf Art. 22
RPG bewilligt werden, nicht nur die Frage, ob die Baute oder Anlage
mit der im Wald geltenden Nutzungsordnung vereinbar ist, im Rahmen der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde zu beurteilen, sondern es sind auch die
weiteren bau- und forstrechtlichen Fragen, die sich im Zusammenhang
mit der forstlichen Baute oder Anlage stellen, im Verfahren der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde zu prüfen.

    b) Im vorliegenden Fall ist ein kantonal letztinstanzlicher Entscheid
umstritten, welcher sich auf das Waldrecht des Bundes sowie auf Bau- und
Planungsrecht stützt. Es sind keine Ausschlussgründe nach Art. 99 ff. OG
erfüllt. Die Beschwerdeführer sind Eigentümer von in Sichtdistanz zum
Bauvorhaben liegenden Grundstücken. Als vor Vorinstanz unterlegene Parteien
sind sie zur Beschwerdeführung nach Art. 103 lit. a OG legitimiert. Auf
die rechtzeitig und formrichtig eingereichte Verwaltungsgerichtsbeschwerde
ist daher einzutreten.

Erwägung 2

    2.- Gemäss Art. 4 lit. a WaV, dessen gesetzliche Grundlage sich neben
den Art. 4 und 12 WaG auch in Art. 2 Abs. 2 lit. b WaG befindet, können
forstliche Bauten und Anlagen im Wald ohne Rodungsbewilligung errichtet
werden. Dessen ungeachtet ist dafür eine raumplanerische Bewilligung
gemäss Art. 22 RPG erforderlich (vgl. HANS-PETER JENNI, Vor lauter Bäumen
den Wald doch noch sehen: Ein Wegweiser durch die neue Waldgesetzgebung,
Schriftenreihe Umwelt Nr. 210 (Hrsg. BUWAL), Bern 1993, S. 10 ff.; sowie
die Hinweise bei STEFAN M. JAISSLE, aaO, S. 278). Vor der Erteilung der
baupolizeilichen Bewilligung für eine forstliche Baute oder Anlage ist
die zuständige kantonale Forstbehörde anzuhören (Art. 14 Abs. 1 WaV), was
vorliegend bei der Vorbereitung des Zustimmungsentscheids der kantonalen
Baugesuchszentrale geschehen ist.

    Die Frage der Übereinstimmung von im Wald geplanten Bauten und
Anlagen mit der waldrechtlichen Nutzungsordnung weist gewisse Parallelen
zur Frage der Zonenkonformität landwirtschaftlicher Bauten und Anlagen
in der Landwirtschaftszone auf (Art. 16 und Art. 22 Abs. 2 lit. a RPG;
BGE 118 Ib 335 E. 2b S. 340). Der im Waldareal geltenden Nutzungsordnung
können forstliche Bauten und Anlagen demnach nur entsprechen, wenn
sie für die zweckmässige Bewirtschaftung des Waldes am vorgesehenen
Standort notwendig und nicht überdimensioniert sind und ausserdem keine
überwiegenden öffentlichen Interessen gegen ihre Errichtung vorliegen.

Erwägung 3

    3.- Bei der Beurteilung der Nutzungsordnungskonformität einer
forstlichen Baute ist insbesondere zu prüfen, welche Form der
Bewirtschaftung nach der waldrechtlichen Planung (Art. 20 Abs. 2 WaG;
Art. 18 WaV) angestrebt wird, da je nach der im Vordergrund stehenden
Funktion und Nutzweise unterschiedliche Bedürfnisse für die forstliche
Baute anzuerkennen sind. Ausgehend von der nach der forstlichen Planung
vorgesehenen und der bislang praktizierten Bewirtschaftungsweise sowie
der Grösse und dem Ertrag des zu bewirtschaftenden Waldes können der
Bedarf für die Verwirklichung eines Vorhabens sowie dessen Standort und
Dimensionierung beurteilt werden (vgl. PETER M. KELLER, Rechtliche
Aspekte der neuen Waldgesetzgebung, in AJP 1993 S. 144 ff., S. 149;
BUWAL/Eidg. Forstdirektion, Kreisschreiben Nr. 12 vom 3. Dezember 1993
"Verbesserungen Bewirtschaftungsbedingungen", S. 3).

    a) Zunächst ist die betriebliche Notwendigkeit des umstrittenen
Werkhofs zu prüfen.

    aa) Im regierungsrätlichen Beschwerdeverfahren legte die Abteilung
Wald des kantonalen Finanzdepartements dar, die Forstverwaltung Reinach
bewirtschafte den Wald der Ortsbürgergemeinden Reinach, Birrwil und
Leimbach im Umfang von insgesamt 231 ha. Ferner betreue sie 145 ha
Privatwald. "Mittelfristig" bestehe auch noch "die Möglichkeit eines
Zusammenschlusses mit einem weiteren Forstrevier". Der Standort der
geplanten Baute sei unter verschiedenen Gesichtspunkten günstig und
entspreche den forstbetrieblichen Bedürfnissen des Forstreviers.

    Aus der Stellungnahme der Forstverwaltung der Gemeinde Reinach im
regierungsrätlichen Beschwerdeverfahren geht hervor, dass die betroffenen
Gemeinden seit langem über Wirtschaftspläne mit der Festlegung der jährlich
zu schlagenden Holzmenge verfügen. Aufgrund dieser Stellungnahme hat
das Verwaltungsgericht ermittelt, dass die Holzernte auf der gesamten
Waldfläche im Durchschnitt der Jahre 1989 bis 1993 bei knapp 4'500 m3
pro Jahr liege.

    bb) Anlässlich der bundesgerichtlichen Instruktionsverhandlung haben
die Vertreter von Gemeinde und Kanton bestätigt, dass eine forstliche
Planung im Sinne von Art. 20 Abs. 2 WaG bzw. Art. 18 WaV für den
Forstbetrieb Reinach sowie die angrenzenden Betriebe nicht vorliegt. Sie
erklärten, dass ihnen ein Zusammenschluss des Forstbetriebes Reinach mit
dem benachbarten Revier Menziken sinnvoll erscheine, räumten indessen ein,
dass eine solche Zusammenlegung im heutigen Zeitpunkt aus politischen
Gründen unwahrscheinlich sei. Im weiteren wiesen sie darauf hin, dass der
Forstbetrieb in den Rechnungsjahren 1988/89 bis 1995/96 einen Jahresertrag
von durchschnittlich 4'745 m3 erzielt habe.

    Zu dieser Zahl ist anzumerken, dass sie den Ertrag von Gemeinde-
und Privatwäldern bezeichnet. In den Privatwäldern ist indessen nicht
der Forstbetrieb Reinach für die Bewirtschaftung verantwortlich. Vielmehr
ziehen die privaten Waldbesitzer den Forstbetrieb nur teilweise und für
ausgewählte Arbeiten, vorab beratender Art, bei. Der im erwähnten Zeitraum
in den eigentlichen Gemeindewäldern - auf die vorliegend abzustellen ist -
erzielte Hiebsatz liegt bei durchschnittlich 3'226,5 m3 pro Jahr.

    cc) Der vom Bundesgericht beigezogene Experte wies an der
Instruktionsverhandlung darauf hin, dass für die Beurteilung des
betriebswirtschaftlichen Nutzens bzw. der betriebswirtschaftlichen
Notwendigkeit eines Forstwerkhofes im allgemeinen eine Betriebskalkulation
mit Überlegungen zur längerfristigen Ertrags- und Aufwandentwicklung
erforderlich sei. Im vorliegenden Fall könne indessen trotz Fehlens
entsprechender Unterlagen praktisch ausgeschlossen werden, dass ein
Forstwerkhof betriebswirtschaftlich sinnvoll sei: Der in den letzten
Jahren erzielte Hiebsatz sei wesentlich auf unvorhergesehene grössere
Zwangsnutzungen wegen Windfalls zurückzuführen und entspreche nicht dem
nachhaltigen Ertrag. Der Ertrag, der in den Gemeindewäldern von Reinach,
Birrwil und Leimbach bei nachhaltiger Bewirtschaftungsweise längerfristig
erzielt werden könne, liege bei rund 2'100 m3/Jahr. Selbst wenn angenommen
werde, der Ertrag liege etwas höher, z.B. bei 2'600 m3/Jahr, so wäre es
nicht möglich, den Forstwerkhof wirtschaftlich zu betreiben.

    Diese Äusserungen wurden vom Vertreter des BUWAL
bestätigt. Grundsätzlich sei hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit von
Forstwerkhöfen eine Gesamtbetrachtung angezeigt, in welche unter anderem
die Grösse des Reviers, mit besonderem Gewicht aber das längerfristig
nutzbare Holzvolumen einzubeziehen sei. In seinem Amtsbericht hält das
BUWAL fest, dass aufgrund der Erfahrung ein jährlicher Hiebsatz von 4'800
bis 5'000 m3 und mehr sollte erzielt werden können, damit ein eigener
Werkhof wirtschaftlich betrieben werden könne.

    dd) Die Frage, ob ein Forstwerkhof betrieblich notwendig sei,
ist nicht aufgrund eines einzelnen Kriteriums, sondern aufgrund einer
Gesamtbetrachtung zu beurteilen. Immerhin dürfte die langfristig erzielbare
Holzschlagmenge dabei eine Schlüsselgrösse sein. Es ist angesichts
der im vorliegenden Verfahren gewonnenen Erkenntnisse angezeigt, die
Holzschlagmenge für die Beurteilung der Nutzungsordnungskonformität
von Forstwerkhöfen im Wald auf mindestens 4'800-5'000 m3 pro Jahr
festzusetzen. Die Bezeichnung dieses Mindestmasses im Rahmen der
Rechtsprechung zur waldrechtlichen Zulässigkeit solcher Projekte
rechtfertigt sich nicht nur im Hinblick auf einen rechtsgleichen
Gesetzesvollzug, sondern schafft auch Übereinstimmung mit der Praxis der
Bundesbehörden bei der Beurteilung der Subventionswürdigkeit. Gemäss
Art. 35 Abs. 2 lit. d WaG kann der Bund finanzielle Leistungen an
Waldbewirtschaftungsmassnahmen u.a. davon abhängig machen, dass diese
wirtschaftlich durchgeführt werden. In ihrer Subventionspraxis gehen
die Bundesbehörden davon aus, dass ein Forstwerkhof unterhalb einer zu
bewirtschaftenden Waldfläche von 600-700 ha bzw. bei einem jährlichen
Hiebsatz von unter 4'800-7'000 m3 pro Jahr nicht wirtschaftlich betrieben
werden kann. Es wäre nicht verständlich und widerspräche dem Anliegen
einer koordinierten und widerspruchsfreien Gesetzesanwendung, wenn die
Nutzungsordnungskonformität von der Waldbewirtschaftung dienenden Bauten im
Wald bejaht würde, obwohl ihre Wirtschaftlichkeit gemäss den entsprechenden
Richtlinien der zuständigen Bundesbehörde nicht ausgewiesen ist.

    ee) Die vorstehenden Darlegungen zeigen, dass die Beschwerdegegner
einen objektiven Bedarf für den umstrittenen Werkhof nicht nachweisen
können. Weder liegt eine entsprechende Betriebskalkulation vor, noch ist
aufgrund der Betriebsgrösse sowie der längerfristig erzielbaren Holzerträge
nach der Erfahrung ein solcher Bedarf ausgewiesen. Auf die Möglichkeit
eines Zusammenschlusses mit dem benachbarten Forstrevier kann auch nicht
abgestellt werden, da unsicher ist, ob dieser Zusammenschluss überhaupt
je zustande kommt, und er jedenfalls frühestens in einigen Jahren zu
erwarten ist.

    Fehlt es mithin am Nachweis, dass der Werkhof für die zweckmässige
Bewirtschaftung des Waldes am vorgesehenen Standort betrieblich
notwendig ist, so ist eine wesentliche Voraussetzung zur Bejahung der
Nutzungsordnungskonformität des Werkhofprojekts im Waldareal zu verneinen.

    b) aa) Selbst wenn aber vorliegend ein objektives betriebliches
Bedürfnis für den Forstwerkhof vorläge, so wäre nach der Rechtsprechung
des Bundesgerichts zusätzlich zu prüfen, ob gegen seine Errichtung
am vorgesehenen Standort keine überwiegenden Interessen sprechen
(BGE 118 Ib 335 E. 2b S. 340). Das Verwaltungsgericht lehnt dies
im angefochtenen Entscheid unter Hinweis auf ein in den Aargauischen
Gerichts- und Verwaltungsentscheiden (AGVE) 1994, S. 388 ff. publiziertes
Urteil ab. Dies im wesentlichen mit dem Argument, es handle sich bei
der Interessenabwägung um eine aus Art. 24 Abs. 1 lit. b RPG abgeleitete
Forderung, die bei nutzungsordnungskonformen Bauten nicht mehr erforderlich
sei und für welche sogar eine gesetzliche Grundlage fehle. Es könne nicht
richtig sein, dass der Grobstandort einer nach den Kriterien von Art. 22
Abs. 2 und 3 RPG nutzungsordnungskonformen Baute über eine allgemeine
Interessenabwägung wieder in Frage gestellt werde.

    Das Bundesgericht hat in der nicht publizierten Erwägung 3b von
BGE 118 Ib 335 - allerdings unter dem Stichwort "Zonenkonformität"
- ausgeführt, die Forderung, Forstwerkhöfe gehörten grundsätzlich in
die Bauzone, möge in bezug auf viele Gemeinden berechtigt sein. In Sils
i.E./Segl sei sie angesichts der konkreten ortsplanerischen Gegebenheiten
allerdings unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat diese Erwägung im
angefochtenen Entscheid als Randbemerkung eingestuft. Ebenso wie eine als
landwirtschaftlich qualifizierte Baute in der Landwirtschaftszone (als
Grobstandort) Anspruch auf eine Bewilligung habe, ohne dass geprüft werden
müsse, ob sie allenfalls auch in einer Bauzone erstellt werden könne,
seien Forstbauten im Waldareal zu bewilligen, selbst wenn das Projekt
in der Bauzone ebenfalls möglich wäre. Eine ausdrückliche Vorschrift
des Inhalts, dass für die Erstellung einer Forstbaute primär Standorte
ausserhalb des Waldareals zu prüfen seien, würden weder das eidgenössische
noch das kantonale Recht kennen. Auszunehmen seien lediglich Fälle, in
welchen sich der gewählte Grobstandort im Waldgebiet aus raumplanerischen
oder betriebswirtschaftlichen Gründen als ausgesprochen unzweckmässig
oder unvernünftig erweise.

    Die Kritik des Verwaltungsgerichts gibt Anlass, die Erwägungen des
Bundesgerichts in BGE 118 Ib 335 zu ergänzen und zu präzisieren.

    bb) Das Waldareal ist, wie auch Landwirtschaftszonen nach Art. 16
RPG und Schutzzonen nach Art. 17 RPG, Nichtbaugebiet. Gemäss Art. 18
Abs. 3 RPG untersteht der Wald einer besonderen bundesrechtlichen
Nutzungsordnung. Diese ist darauf ausgerichtet, die verschiedenen
Waldfunktionen zu fördern. Weil es sich beim Wald um Nichtbaugebiet im
Sinne des Raumplanungsgesetzes handelt, besteht darin grundsätzlich kein
Anspruch auf die Bewilligung von Bauten, sofern nicht besondere Gründe
für eine Lage im Wald sprechen. Daher gehört zur Prüfung der Zulässigkeit
einer Baute im Wald auch die Prüfung der Frage, ob sich das Vorhaben nicht
ebenso gut in der Bauzone verwirklichen liesse; ob mithin das öffentliche
Interesse an der Trennung von Siedlungs- und Nichtsiedlungsgebiet im
konkreten Fall aus besonderen Gründen trotz des forstlichen Charakters
des Bauvorhabens überwiege. Diese Interessenabwägung kommt nicht einer
Interessenabwägung gemäss Art. 24 Abs. 1 lit. b RPG gleich; namentlich
können einem der Nutzungsordnung entsprechenden Vorhaben im Wald
(oder in der Landwirtschaftszone) keine allfälligen privaten Interessen
entgegengehalten werden (PETER HEER, Die raumplanerische Erfassung von
Bauten und Anlagen im Nichtbaugebiet, Zürich 1996, S. 33).

    Eine im Wald geplante forstliche Baute ist zudem auf Konflikte mit
anderen entgegenstehenden öffentlichen Interessen zu überprüfen. Wie
das Verwaltungsgericht grundsätzlich zutreffend erwogen hat, ist
diese Prüfung und Abwägung sowohl mit Blick auf die verschiedenen vom
Waldgesetz verfolgten Zwecke bzw. die verschiedenen Waldfunktionen als
auch im Lichte der übrigen einschlägigen Bundesgesetzgebung wie Natur-
und Heimatschutzgesetz (SR 451), Gewässerschutzgesetz (GSchG; SR 814.20)
usw. vorzunehmen. Dabei geht es indessen nicht nur darum, nicht weiter
auslegungsbedürftige Normen anzuwenden (z.B. die Verletzung eines
Gewässerschutzareals im Sinne vom Art. 21 GSchG zu vermeiden), sondern
in erster Linie um ein Abwägen sich möglicherweise widersprechender
öffentlicher Interessen.

    Auch verbietet Art. 5 WaG Rodungen und regelt die Ausnahmen von diesem
Grundsatz. Grundvoraussetzung für eine waldrechtliche Ausnahmebewilligung
ist, dass für die Rodung wichtige Gründe bestehen, die das Interesse an der
Walderhaltung überwiegen (Art. 5 Abs. 2 WaG). Auch wenn die Beanspruchung
von Waldboden für forstliche Bauten und Anlagen gemäss Art. 4 WaV nicht
als Rodung gilt und demnach nicht umfassend die Voraussetzungen von
Art. 5 WaG zu erfüllen hat, so ändert dies nichts daran, dass es sich
dabei um einen Eingriff in den Wald handelt, der einer ausreichenden
Rechtfertigung bedarf.

    Es besteht aus den genannten Gründen kein Anlass, von der Anforderung
abzurücken, dass gegen die Errichtung einer forstlichen Baute oder Anlage
im Wald keine überwiegenden öffentlichen Interessen sprechen dürfen.

    cc) Besondere Fragen wirft die Auffassung des Verwaltungsgerichts
auf, eine als landwirtschaftlich qualifizierte Baute habe in der
Landwirtschaftszone (als Grobstandort) Anspruch auf eine Bewilligung,
ohne dass geprüft werden müsse, ob sie allenfalls auch in einer Bauzone
erstellt werden könne.

    Landwirtschaftliche Bauten in der Landwirtschaftszone sind nach Art. 16
RPG zonenkonform, wenn sie hinsichtlich Standort und Ausgestaltung in
einer unmittelbaren funktionellen Beziehung zum Landwirtschafts- bzw.
Gartenbaubetrieb stehen und im Hinblick auf die bodenabhängige Nutzung
des Landes als unentbehrlich erscheinen. Standortgebunden im Sinne von
Art. 24 Abs. 1 lit. a RPG ist eine Baute nur, wenn sie aus technischen
oder betrieblichen Gründen oder wegen der Bodenbeschaffenheit auf einen
Standort ausserhalb der Bauzonen angewiesen ist oder wenn ein Werk aus
besonderen Gründen in Bauzonen ausgeschlossen ist. Dabei beurteilen sich
die Voraussetzungen nach objektiven Massstäben, und es kann weder auf
die subjektiven Vorstellungen und Wünsche des Einzelnen noch auf die
persönliche Zweckmässigkeit oder Bequemlichkeit ankommen. Angesichts
der Nähe der beschriebenen Voraussetzungen hat das Bundesgericht schon
mehrfach festgehalten, bei Landwirtschaftsbetrieben stimme der Begriff
der Zonenkonformität im Sinne von Art. 16 Abs. 1 RPG im wesentlichen mit
demjenigen der Standortgebundenheit gemäss Art. 24 Abs. 1 RPG überein
(BGE 122 II 160 E. 3a; 121 II 307 E. 3b; Urteil des Bundesgerichts vom
17. Juni 1994, ZBl 96/1995 S. 376 E. 5a).

    Zonenkonform in der Landwirtschaftszone bzw. standortgebunden
ausserhalb der Bauzone ist ein Neubau nach der Praxis nur soweit, als
der Gesuchsteller nicht über Bauvolumen verfügt, das er - allenfalls
durch Umbau - dem fraglichen Zweck dienstbar machen kann (Urteil des
Bundesgerichts vom 28. März 1994, ZBl 96/1995 S. 178 E. 4a). In der
Landwirtschaftszone zonenwidrig wäre ein Stall, der nach Betriebsablauf
und örtlichen Siedlungsverhältnissen ebenso gut beim Hof im Dorf
errichtet werden könnte (LEO SCHÜRMANN/PETER HÄNNI, Planungs-, Bau- und
besonderes Umweltschutzrecht, 3. Aufl., Bern 1995, S. 148). Sodann wird die
Zonenkonformität in der Landwirtschaftszone verneint, wenn die nachgesuchte
Baute das einzelbetriebliche Mass sprengt (BGE 118 Ib 335 E. 2b mit
Hinweisen; vgl. auch SCHÜRMANN/HÄNNI, aaO, S. 149, die landwirtschaftliche
"Dienstleistungsbetriebe" wie Käsereien, Grastrocknungsanlagen etc. auf
den Ausnahmeweg verweisen; in den meisten Fällen dürfte hier allerdings
die Standortgebundenheit ebenfalls zu verneinen sein).

    Es lässt sich somit nicht sagen, ein in der Landwirtschaftszone
zonenkonformer Bau habe Anspruch auf die Bewilligung gemäss Art. 22
RPG, ohne dass es darauf ankomme, ob dieser Bau allenfalls auch
in einer Bauzone erstellt werden könnte. Vielmehr ist diese Frage
jeweils näher zu prüfen. Zur Bejahung der Standortgebundenheit genügt
es immerhin, bei aller im Hinblick auf die Trennung von Siedlungs- und
Nichtsiedlungsgebiet gebotenen Strenge, dass gewichtige Gründe vorliegen,
"die den beanspruchten Standort gegenüber Standorten innerhalb der Bauzone
als erheblich vorteilhafter erscheinen lassen; nicht gefordert ist der
(kaum zu erbringende) Nachweis, dass es sich um den einzig möglichen
Ort handle" (SCHÜRMANN/HÄNNI, aaO, S. 172 f. betreffend die Prüfung der
Standortgebundenheit nach Art. 24 Abs. 1 RPG).

    dd) Bei im Waldareal geplanten forstlichen Bauten und Anlagen ist
im Rahmen der Interessenabwägung in analoger Weise zu prüfen, ob das
Vorhaben nicht ebenso gut in der Bauzone errichtet werden könnte, bzw. ob
die Errichtung im Wald gegenüber der Errichtung in der Bauzone erheblich
vorteilhafter erscheint. Die Gründe, die zu einem solchen Ergebnis führen
können, können betrieblicher wie finanzieller Natur sein.

    Wie sich am Augenschein gezeigt hat, sind es vorwiegend finanzielle
Überlegungen, welche zur Wahl des Standorts im Wald geführt haben. Es
ist in derartigen Fällen jedoch zumindest nachzuweisen, dass ein an sich
möglicher Standort in der Bauzone aus zwingenden betriebswirtschaftlichen
Erwägungen nicht in Frage kommt, während ein Standort im Wald die
Realisierung des entsprechenden Vorhabens ermöglichen würde.

    Eine solche Praxis trägt dem Anliegen der Freihaltung des Waldareals
von darin nicht zwingend erforderlichen Bauten Rechnung, ohne deswegen
Art. 2 Abs. 2 lit. b WaG sowie die Art. 4 und 14 Abs. 1 WaV ihres Sinnes
zu entleeren und die Möglichkeit, im Wald forstwirtschaftliche Bauten
und Anlagen zu errichten, unverhältnismässig einzuschränken.

    ee) Wie diese Interessenabwägung vorliegend auszufallen hätte,
kann offenbleiben, da das Projekt im Waldareal bereits mangels
betriebswirtschaftlicher Notwendigkeit nicht bewilligt werden kann
(s. vorne E. 3a).

Erwägung 4

    4.- Zusammenfassend ist festzuhalten, dass bei der Beurteilung der
Nutzungsordnungskonformität von im Wald vorgesehenen forstlichen Bauten und
Anlagen sowohl der Zweck als auch die betriebs- und forstwirtschaftliche
Notwendigkeit im einzelnen zu prüfen und zudem eine Interessenabwägung
vorzunehmen ist. Dabei ist zu untersuchen, ob ausreichende Gründe für
einen Standort im Waldareal sprechen und ob dieser Standort gegenüber
einem Standort innerhalb der Bauzone als wesentlich vorteilhafter
erscheint. Ausserdem hat die Interessenabwägung die Wahrung der von der
Standortwahl innerhalb des Waldes betroffenen öffentlichen Interessen
sicherzustellen.

    5. - Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist aus den dargelegten
Erwägungen gutzuheissen und der angefochtene Entscheid aufzuheben. Das
Baugesuch der Ortsbürgergemeinde Reinach vom 1. Dezember 1993 wird
abgewiesen.