Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 123 II 464



123 II 464

48. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 12. September 1997
i.S. I. gegen Verwaltungsrekurskommission des Kantons St. Gallen
(Verwaltungsgerichtsbeschwerde) Regeste

    Art. 16 Abs. 2 SVG und Art. 22 Abs. 1 SVG; Art. 30 Abs. 4 VZV;
Warnungsentzug nach Auslandtat ohne Aberkennung des schweizerischen
Führerausweises durch ausländische Behörden.

    Nach Verkehrsregelverletzungen im Ausland hat die Wohnsitzbehörde
zu prüfen, ob gegenüber dem Fehlbaren eine Massnahme zu ergreifen ist
(Bestätigung der Rechtsprechung; E. 2), und zwar auch dann, wenn der
Auslandstaat auf eine Aberkennung des schweizerischen Führerausweises
verzichtet hat (E. 3).

Sachverhalt

    I. fuhr am 15. Mai 1995 auf der Autobahn A 81 in D-Nufringen bei
einer signalisierten Höchstgeschwindigkeit von 120 km/h mit 153 km/h.

    Das Regierungspräsidium Karlsruhe büsste ihn mit Bussgeldbescheid
vom 7. August 1995 wegen Überschreitens der signalisierten
Höchstgeschwindigkeit auf der Autobahn mit DM 150.-; gleichzeitig wurde
das Verhalten als Ordnungswidrigkeit im Verkehrszentralregister mit drei
Punkten bewertet.

    Aufgrund desselben Vorfalls entzog das Strassenverkehrs- und
Schiffahrtsamt des Kantons St. Gallen I. am 13. November 1995 den
Führerausweis wegen Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit
für die Dauer von einem Monat.

    Einen Rekurs des Betroffenen wies die Verwaltungsrekurskommission
des Kantons St. Gallen am 13. Januar 1997 ab.

    I. führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde und beantragt, die Entscheide
der Rekurskommission und des Strassenverkehrsamtes seien aufzuheben.

    Das Bundesgericht hat die Verwaltungsgerichtsbeschwerde abgewiesen

Auszug aus den Erwägungen:

                   aus folgenden Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- Nach konstanter Rechtsprechung kann auch eine im Ausland
begangene Verletzung von Verkehrsregeln zum Entzug des Führerausweises
führen (BGE 102 Ib 59; 108 Ib 69; 109 Ib 304). Der Beschwerdeführer macht
geltend, dies könne allenfalls für einen Sicherungsentzug zutreffen; ein
Warnungsentzug sei jedoch unzulässig, weil Art. 30 Abs. 4 VZV (SR 741.51)
als einer Vorschrift auf Verordnungsstufe die gesetzliche Grundlage fehle.

    a) Während die frühere Rechtsprechung den Warnungsentzug vorwiegend
als eine der strafrechtlichen Sanktion ähnliche, aber dennoch von ihr
unabhängige Verwaltungsmassnahme mit präventivem und erzieherischem
Charakter beurteilt hatte (BGE 116 Ib 146 E. 2a), bejaht die neuere
Rechtsprechung neben diesem Massnahmencharakter den Strafcharakter und
damit die Anwendbarkeit der Verfahrensgarantien von Art. 6 Ziff. 1 EMRK
(BGE 121 II 22 E. 3 und 4, 219 E. 2a). Diese Tatsache vermag aber an der
Rechtsprechung, wonach eine im Ausland begangene Verkehrsregelverletzung
zum Entzug des Führerausweises in der Schweiz führen kann, nichts zu
ändern. Das Bundesgericht hatte die vom Beschwerdeführer aufgeworfenen
Fragen in BGE 108 Ib 69 E. 2 und 109 Ib 304 E. 1 und 2 nämlich auch
unter dem Aspekt des Strafcharakters des Ausweisentzugs geprüft und die
heute vom Beschwerdeführer vertretene Auffassung abgelehnt. Nach geltendem
Recht ist ein Führerausweisentzug im Strafverfahren nicht möglich, sondern
nur im Administrativverfahren. Umgekehrt können in diesem Verfahren die
üblichen Strafsanktionen Gefängnis, Haft oder Busse nicht ausgesprochen
werden. Allerdings müssen die aufgrund der bestehenden Doppelspurigkeit
ausgesprochenen Sanktionen in ihrer Gesamtheitschuldangemessen sein und
dürfen nicht zu einer verkappten Doppelbestrafung führen.

    b) Der Grundsatz ne bis in idem gilt zunächst als materielles
eidgenössisches Strafrecht und besagt, dass niemand wegen der gleichen Tat
zweimal verfolgt werden darf (BGE 120 IV 10 E. 2b; 116 IV 262 E. 3a). Er
leitet sich sodann aus Art. 4 BV her und besagt entsprechend, dass eine
nach kantonalem Recht vorgenommene rechtskräftige Beurteilung in einem
Kanton einer erneuten Beurteilung in einem andern Kanton entgegensteht
(BGE 116 IV 262 E. 3a). Schliesslich folgt er auch aus Art. 4 Ziff. 1
des Protokolls Nr. 7 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte
und Grundfreiheiten (SR 0.101.07) sowie Art. 14 Abs. 7 des UNO-Paktes
II (SR 0.103.2) und verbietet, den rechtskräftig Verurteilten oder
Freigesprochenen in einem Strafverfahren desselben Staats erneut vor
Gericht zu stellen oder zu bestrafen; er gilt somit nicht im Verhältnis
mehrerer Staaten zueinander (VILLIGER, Handbuch der Europäischen
Menschenrechtskonvention [EMRK], Zürich 1993, N. 664). Folglich findet
der Grundsatz im vorliegenden Zusammenhang keine Anwendung, weil die
Sache in die Zuständigkeit zweier verschiedener Staaten fällt.

    c) Das Bundesgericht begründete diese Rechtsfolge des ausländischen
Strafurteils auch damit, dass nur eine zusätzliche parallele Massnahme im
Wohnsitzkanton die beabsichtigte Warnungswirkung in vollem Umfang erzielen
könne, weil nur so die Verkehrssicherheit in der Schweiz hinreichend
gewährleistet werden kann (BGE 109 Ib 304 E. 2). Die ausländische Behörde
aberkennt nämlich den schweizerischen Führerausweis bloss im Umfang
ihrer territorialen Zuständigkeit. Analog stellt es einen unzulässigen
Eingriff in ausländische Hoheitsrechte dar, ohne internationalrechtliche
Grundlage dem Inhaber eines aberkannten Führerausweises zu verwehren,
mit dem ausländischen Ausweis im Ausland zu fahren (BGE 121 II 447 E. 3a
und c). Allein der Wohnsitzstaat kann die folgerichtige Konsequenz der
ausländischen Ausweisaberkennung in seinem Hoheitsgebiet ziehen.

    Nach schweizerischem Recht kann der Führerausweis, eine
Polizeibewilligung, grundsätzlich nur von der Behörde des Wohnsitzkantons
entzogen werden (Art. 22 Abs. 1 SVG [SR 741.01]). Entsprechend hat der
für den Ausweisentzug zuständige Kanton bei Aberkennung schweizerischer
Führerausweise durch ausländische Behörden gemäss Art. 30 Abs. 4 VZV zu
prüfen, ob eine Massnahme gegenüber dem Fehlbaren zu ergreifen ist. Bejaht
die schweizerische Behörde die Notwendigkeit einer Massnahme, führt die
Berücksichtigung des ausländischen Urteils bezüglich eines schweizerischen
Führerausweises somit nicht zu einer erneuten Verurteilung, sondern zum
tatsächlichen Vollzug der Massnahme beim sich in der Schweiz aufhaltenden
fehlbaren Lenker nach den Kriterien des schweizerischen Rechts und
damit bloss zu einer territorialen Ausdehnung der im Ausland angeordneten
Massnahme. Diese Praxis stützt sich auf Art. 16 und 22 Abs. 1 SVG, während
die angefochtene Verordnungsbestimmung von Art. 30 Abs. 4 VZV lediglich
die Praxis aufnahm. Sie entspricht im übrigen Art. 3 des (vorliegend
nicht anwendbaren) Europäischen Übereinkommens über die internationalen
Wirkungen des Entzuges des Führerausweises für Motorfahrzeuge vom
3. Juni 1976, in Kraft getreten für die Schweiz am 28. April 1983 (vgl.
Botschaft betreffend die Genehmigung von zwei Übereinkommen des Europarats
vom 17. August 1977, BBl 1977 II 1523, 1531, 1539, sowie SCHAFFHAUSER,
Grundriss des schweizerischen Strassenverkehrsrechts, Band III, Bern 1995,
N. 2011, 2018).

    d) Auch gemäss Art. 3 ff. StGB steht eine im Ausland erfolgte
Aburteilung einem zweiten Verfahren in der Schweiz nicht prinzipiell
entgegen; umsoweniger, als im Ausland kein umfassendes Fahrverbot,
und zwar gerade nicht für das Territorium der Schweiz, ausgesprochen
werden kann. An der Rechtsprechung, dass auch eine im Ausland begangene
Verletzung von Verkehrsregeln zum Entzug des Führerausweises führen kann,
ist daher festzuhalten (BGE 123 II 97 E. 2c).

Erwägung 3

    3.- Der Beschwerdeführer verweist auf den Wortlaut von Art.  30 Abs. 4
VZV, wonach der zuständige Kanton die Anordnung einer Massnahme nur
zu prüfen habe, wenn der schweizerische Führerausweis durch eine
ausländische Behörde entzogen worden sei. Diese Voraussetzung liege
bei ihm nicht vor. Im Bussgeldbescheid vom 7. August 1995 hätten die
deutschen Behörden rechtskräftig auf eine Geldstrafe von DM 150.-
erkannt und auf ein Fahrverbot ausdrücklich verzichtet. Daneben seien
in "Flensburg" drei Punkte eingetragen worden. Dies sei weder ein
Ausweisentzug noch auch nur eine Verwarnung dazu. Vielmehr werde mit
diesem Instrument anders als in der Schweiz der Sicherungsaspekt vor
ungeeigneten Motorfahrzeugführern überwacht, indem beim Erreichen von
bestimmten Punktzahlen verkehrspsychologische Untersuchungen und/oder
Schulungen einsetzen würden. Nur deren Nichtbestehen könne dann zu
Sicherungsmassnahmen wegen Ungeeignetheit führen. Der Punkteeintrag führe
also zu keinem Fahrverbot, sondern könne allenfalls zu einer speziellen
Untersuchung des Betreffenden Anlass geben.

    Gemäss Art. 30 Abs. 4 VZV hat der für den Ausweisentzug zuständige
Kanton bei Aberkennungen schweizerischer Führerausweise durch
ausländische Behörden zu prüfen, ob eine Massnahme gegenüber dem
Fehlbaren zu ergreifen ist. Fraglich ist somit, ob aufgrund der im
Wortlaut der Verordnungsbestimmung enthaltenen sachlichen Beschränkung
die Anordnung einer Massnahme in der Schweiz auch dann zulässig ist, wenn
die ausländische Behörde auf einen eigentlichen Entzug des Führerausweises
verzichtet hat.

    a) Das Gesetz muss in erster Linie aus sich selbst heraus, das heisst
nach Wortlaut, Sinn und Zweck und den ihm zugrunde liegenden Wertungen auf
der Basis einer teleologischen Verständnismethode ausgelegt werden. Die
Gesetzesauslegung hat sich vom Gedanken leiten zu lassen, dass nicht schon
der Wortlaut die Rechtsnorm darstellt, sondern erst das an Sachverhalten
verstandene und konkretisierte Gesetz. Gefordert ist die sachlich richtige
Entscheidung im normativen Gefüge, ausgerichtet auf ein befriedigendes
Ergebnis aus der ratio legis. Dabei befolgt das Bundesgericht einen
pragmatischen Methodenpluralismus und lehnt es namentlich ab, die einzelnen
Auslegungselemente einer hierarchischen Prioritätsordnung zu unterstellen
(ausführlich dazu BGE 121 III 219, insbesondere E. 1d/aa).

    b) Die Verordnungsbestimmung des Art. 30 Abs. 4 VZV findet ihre
gesetzliche Grundlage in Art. 16 und 22 Abs. 1 SVG (E. 2c). Die beiden
letzteren Bestimmungen verpflichten den Wohnsitzkanton unter anderem,
die Anordnung eines Warnungsentzugs zu prüfen, wenn ein Fahrzeugführer
Verkehrsregeln verletzt und dadurch den Verkehr gefährdet oder andere
belästigt hat. Solche Warnungsentzüge dienen der Besserung des Führers
und der Bekämpfung von Rückfällen (Art. 30 Abs. 2 VZV). Um dieses Ziel
erreichen zu können, darf das Tätigwerden der zuständigen schweizerischen
Behörde nicht davon abhängen, ob eine ausländische Behörde nach einer
Verkehrsregelverletzung im Ausland eine Massnahme ergriffen hat oder
nicht. Entscheidend ist vielmehr, ob der Führer angesichts seines fehlbaren
Verhaltens - sei es im Inland oder Ausland - einer Warnungsmassnahme
bedarf. Muss diese Frage im konkreten Fall bejaht werden, so würde ein
Festhalten an der - sachlich beschränkenden - Bedingung des Art. 30 Abs. 4
VZV dem Erziehungs- und Besserungsgedanken des Art. 16 SVG in Verbindung
mit Art. 30 Abs. 2 VZV diametral zuwiderlaufen, wenn die ausländische
Behörde - aus welchem Grund auch immer - auf eine Aberkennung des
schweizerischen Führerausweises verzichtet hat.

    Wie bereits festgehalten (E. 2c am Ende), sollte Art. 30 Abs. 4 VZV
lediglich die Praxis aufnehmen. Dabei wurde aber bloss der Regelfall
normiert, wonach im Anschluss an eine Aberkennung des schweizerischen
Führerausweises durch eine ausländische Behörde auch die schweizerische
einen allfälligen Führerausweisentzug zu prüfen hat; dass aber
ausnahmsweise ein Tätigwerden der Wohnsitzbehörde erforderlich sein könnte,
obwohl die ausländische Behörde auf einen Führerausweisentzug verzichtet
hatte, wurde dabei offensichtlich übersehen. Da die Bedingung des Art. 30
Abs. 4 VZV, der eine Aberkennung des schweizerischen Führerausweises
durch eine ausländische Behörde voraussetzt, somit dem Sinn und Zweck
des Warnungsentzugs im übergeordneten Gesetz zuwiderlaufen kann, muss sie
für das Tätigwerden der Wohnsitzbehörde nicht erfüllt sein. Hingegen ist
den besonderen Gegebenheiten bei Verkehrsregelverletzungen im Ausland
in bezug auf Unterschiede im Verkehrsverhalten, Untersuchungsverfahren
usw. Rechnung zu tragen (BGE 102 Ib 59 E. 3, insbesondere S. 62 f.).

    Die Wohnsitzbehörde hat somit in einem öffentlichen Verfahren
zu prüfen, ob die ausländische strafrechtliche Verurteilung den
Verfahrensgrundsätzen des schweizerischen Rechts genügt und ob auch
angesichts der besonderen Gegebenheiten bei einer Auslandtat die
Anordnung einer Administrativmassnahme in der Schweiz noch gerechtfertigt
ist. Ein solches Vorgehen genügt insbesondere auch im Hinblick auf den
Strafcharakter des Führerausweisentzugs sowohl den verfahrensrechtlichen
Anforderungen der EMRK als auch den Ansprüchen des Grundsatzes "ne bis
in idem" (E. 2).

    c) Das soeben skizzierte Vorgehen, das keine Aberkennung des
schweizerischen Führerausweises durch die ausländische Behörde
voraussetzt, ist auch deshalb gerechtfertigt, weil sich ausländische
Administrativmassnahmen stark von den schweizerischen unterscheiden
können. Die Bundesrepublik Deutschland z.B. kennt - abgesehen von den
Freiheits- und Geldstrafen - einerseits das Fahrverbot (§ 44 StGB)
und die Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 69 StGB), die vom Strafrichter
ausgesprochen werden, und anderseits die Entziehung der Fahrerlaubnis
(§ 4 StVG) inklusive Einschränkung der Fahrerlaubnis und Anordnung von
Auflagen (§ 12 und 15b StVZO), das Fahrverbot (§ 25 StVG), die Eintragung
in das Verkehrszentralregister (§ 28 StVG) und das Verwarnungsverfahren
ohne oder mit Verwarnungsgeld (§ 27 StVG), die von der Verwaltungsbehörde
verfügt werden (Jagusch/Hentschel, Strassenverkehrsrecht, 34. Auflage,
München 1997, siehe je unter den zitierten Bestimmungen).

    Im Vergleich zu den schweizerischen Administrativmassnahmen fällt
vor allem auf, dass das Fahrverbot gemäss § 44 StGB und § 25 StVG, das
grundsätzlich dem schweizerischen Warnungsentzug entspricht, lediglich
für die Dauer von einem bis höchstens drei Monaten verfügt werden kann,
und dass die Entziehung der Fahrerlaubnis gemäss § 69 StGB und § 4 StVG
im Vergleich zum schweizerischen Sicherungsentzug viel eher angeordnet
wird. Wer etwa ein Fahrzeug in angetrunkenem Zustand führt oder grob
verkehrswidrig und rücksichtslos Verkehrsregeln verletzt und dadurch
Leib oder Leben eines anderen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert
gefährdet (§ 69 Abs. 2 i.V.m. § 315 c Ziff. 1 und 2 StGB), ist in der
Regel als fahrungeeignet anzusehen; das bedeutet, dass der Richter von
der Entziehung nur dann absehen darf, wenn die Tat "Ausnahmecharakter"
hat, also besondere Umstände objektiver oder subjektiver Art gegeben sind,
welche die mangelnde Eignung ausschliessen (HORN, Systematischer Kommentar
zum Strafgesetzbuch, 6. Auflage, § 69 N. 17; vgl. auch JAGUSCH/HENTSCHEL,
aaO, StVG § 4 N. 4 und 8).

    Weiter fällt auf, dass der Sicherungsmassnahme der Entziehung der
Fahrerlaubnis (HORN, aaO, § 69 N. 2; JAGUSCH/HENTSCHEL, aaO, StVZO § 15b
N. 1b), wenn sie aufgrund des Punktesystems von der Verwaltungsbehörde
angeordnet wird, eine Verwarnung vorgeschaltet ist: Ergeben sich
neun Punkte, so ist der Betroffene schriftlich zu verwarnen. Er ist
eindringlich zu künftigem verkehrsgerechten Verhalten zu ermahnen und
darauf hinzuweisen, dass er bei weiteren Verkehrszuwiderhandlungen mit
einer Überprüfung seiner Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen rechnen
müsse, die zu einer Entziehung der Fahrerlaubnis führen kann (StVZO §
15b N. 1d Ziff. 1). Dieses Punktesystem mit Verwarnung stellt somit,
selbst wenn es schliesslich zur Anordnung der Sicherungsmassnahme der
Entziehung oder Einschränkung der Fahrerlaubnis führt, zumindest faktisch
eine Warnmassnahme dar.

    Schon diese kurze Darstellung der Unterschiede zwischen den
deutschen und schweizerischen Administrativmassnahmen macht deutlich,
dass ausländische Systeme gegenüber dem schweizerischen in ihrer
Ausgestaltung sehr unterschiedlich sein können. Da das Verhängen von
Sanktionen, die dem schweizerischen Recht fremd sind, nicht möglich ist,
kommt beim Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen nur die Anordnung
von Administrativmassnahmen nach den Kriterien des schweizerischen Rechts
in Frage. Auch von daher ist es nicht sinnvoll, am Erfordernis einer
Aberkennung des schweizerischen Führerausweises durch die ausländische
Behörde gemäss Art. 30 Abs. 4 VZV festzuhalten, damit die Wohnsitzbehörde
nach einer Verkehrsregelverletzung im Ausland tätig werden kann.

    Den Kriterien des schweizerischen Rechts wird mit der Verfügung eines
Minimalentzugs von einem Monat Dauer Rechnung getragen, und zwar selbst
unter Berücksichtigung der Besonderheit der Auslandtat und dem Umstand,
dass die in Frage stehende massive Überschreitung der signalisierten
Höchstgeschwindigkeit von den deutschen Behörden als weniger schwerwiegend
gewertet worden sein dürfte; nach der zutreffenden Auffassung jener
Behörde, die den Ausweis erteilt hat, handelt es sich nicht mehr um einen
leichten Fall, weshalb aus verkehrserzieherischen Zwecken Anlass besteht
zu mehr als bloss der Erteilung einer Verwarnung.