Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 123 II 359



123 II 359

39. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
vom 19. August 1997 i.S. Contex AG gegen Gemeinde Brügg,
Regierungsstatthalter von Nidau und Verwaltungsgericht des Kantons Bern
(Verwaltungsgerichtsbeschwerde) Regeste

    Art. 97 ff. OG und Art. 108 OG; Verwaltungsgerichtsbeschwerde.

    Anfechtbarkeit von Verfügungen, die in Anwendung bundesrechtlicher
und kantonalrechtlicher Vorschriften des Abfallrechtes ergangen sind,
mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde (E. 1).

    Anforderungen an die Begründung einer Verwaltungsgerichtsbeschwerde,
wenn sie die Funktion der staatsrechtlichen Beschwerde übernimmt (Art. 108
Abs. 2 und 3 OG; E. 6b/bb). Art. 7 Abs. 6 USG und Abs. 6bis USG sowie
Art. 30 ff. USG; Abfallrecht.

    Inkrafttreten geänderter Bestimmungen des Umweltschutzgesetzes während
des bundesgerichtlichen Verfahrens (E. 3).

    Begriff des Abfalles (subjektiver Abfallbegriff; Art. 7 Abs. 6 und
Abs. 6bis USG; E. 4).

    Verfügt eine Gemeinde über das Entsorgungsmonopol, kann sie
die Beseitigung privater Kleidersammelcontainer anordnen; Frage der
Erlaubnisfähigkeit privater Entsorgungstätigkeit (E. 5, 6a und 6b/aa).

Sachverhalt

    Die Contex AG ist eine im Bereiche des Textil- und Schuh-Recycling
tätige Unternehmung. Zu diesem Zweck unterhält sie in zahlreichen
Gemeinden nach eigenen Angaben über 1'500 Textil- und Schuhsammelstellen
(Container). Die gesammelten Kleider und Schuhe werden mit der Eisenbahn
ins europäische Ausland verbracht und in Werken sortiert; von dort wird die
Ware nach Osteuropa und Übersee verkauft. Nach den Angaben der Contex AG
können durchschnittlich 40% der Textilien angesichts ihres guten Zustandes
direkt weiterverkauft werden; rund 25% werden zu Reinigungstextilien und
weitere 30% zu Pullovern, Wolldecken, Isolationsmaterial usw. verarbeitet;
5% der gesammelten Kleider wird als Abfall entsorgt. Von den Schuhen
werden 10% als Abfall entsorgt, während der Rest direkt weiterverkauft
werden kann.

    Ein Sammelcontainer für Kleider und Schuhe steht mit Zustimmung der
Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) auf dem Bahnhofareal in der Gemeinde
Brügg.

    Am 28. November 1995 erliess die Strassen-, Verkehrs- und
Entsorgungskommission von Brügg eine Verfügung, wonach der ohne
umweltschutzrechtliche Bewilligung aufgestellte Container innert einer
bestimmten Frist zu entfernen sei. Auf Einsprache hin bestätigte der
Gemeinderat Brügg diese Anordnung. Gegen diesen Entscheid beschwerte
sich die Contex AG beim Regierungsstatthalter von Nidau, der das
Rechtsmittel guthiess. Seiner Auffassung nach handelt es sich bei den
gesammelten Textilien und Schuhen nicht um Abfall. Dementsprechend sei die
kantonale bzw. kommunale Abfallgesetzgebung, nach welcher den Gemeinden
im Abfallwesen hoheitliche Aufgaben zukämen, nicht anwendbar.

    Die Gemeinde Brügg erhob gegen den Entscheid des Regierungsstatthalters
Beschwerde an das Verwaltungsgericht des Kantons Bern. Dieses hiess am 13.
Januar 1997 die Beschwerde gut.

    Die Contex AG ficht das Urteil des Verwaltungsgerichtes mit
Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht an. Das Bundesgericht
weist die Beschwerde ab

Auszug aus den Erwägungen:

                   aus folgenden Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- a) aa) Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist zulässig gegen
Verfügungen, die sich auf öffentliches Recht des Bundes stützen
oder hätten stützen sollen (Art. 5 VwVG in Verbindung mit Art. 97
OG), sofern diese von einer in Art. 98 OG genannten Vorinstanz
erlassen worden sind und keiner der in Art. 99 ff. OG oder in der
Spezialgesetzgebung vorgesehenen Ausschlussgründe greift. Sodann
unterliegen der Verwaltungsgerichtsbeschwerde gemischtrechtliche
Verfügungen bzw. (auch) auf unselbständiges kantonales Ausführungsrecht
zum Bundesrecht gestützte Anordnungen sowie auf übrigem kantonalem Recht
beruhende Anordnungen, die einen hinreichend engen Sachzusammenhang mit
der im Rahmen der Verwaltungsgerichtsbeschwerde zu beurteilenden Frage
des Bundesverwaltungsrechts aufweisen. Soweit dem angefochtenen Entscheid
selbständiges kantonales Recht ohne den genannten Sachzusammenhang zum
Bundesrecht zugrunde liegt, steht die staatsrechtliche Beschwerde zur
Verfügung (BGE 121 II 72 E. 1b).

    bb) Das Urteil des Verwaltungsgerichtes erging zur Frage, ob
die Beschwerdeführerin im Rahmen des Umweltschutzrechtes des Bundes
sowie des dazugehörigen Ausführungsrechtes des Kantons Bern und der
Gemeinde Brügg befugt ist, einen Textil- und Schuh-Sammelcontainer
zu betreiben; nicht Gegenstand des Verfahrens ist die Frage der
baurechtlichen Bewilligungspflicht des Containers. Die Antwort auf
die gestellte Frage hängt davon ab, ob es sich bei den gesammelten
Textilien und Schuhen um Abfall im Sinne des Bundesgesetzes über den
Umweltschutz vom 7. Oktober 1983 (Umweltschutzgesetz, USG; SR 814.01)
und der Technischen Verordnung über Abfälle vom 10. Dezember 1990
(TVA; SR 814.015) handelt. Soweit es um die Befugnisse der Gemeinden
im Bereiche der Entsorgung des (Siedlungs-)Abfalles geht, steht die
Anwendung des Berner Gesetzes über die Abfälle vom 7. Dezember 1986
(Abfallgesetz, AbfG) und des Abfallreglementes mit Gebührentarif der
Einwohnergemeinde Brügg vom 29. November 1991 (Abfallreglement, AbfR) zur
Diskussion. Diese Erlasse stellen Ausführungsrecht zum Umweltschutzgesetz
dar; ihre Anwendung ist entsprechend der zitierten Praxis im Rahmen der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde zu prüfen.

    cc) Eine der in Art. 99-101 OG erwähnten Ausnahmen kommt
hier nicht zum Zuge. Namentlich geht es nicht um eine Bau- oder
Betriebsbewilligung im Sinne von Art. 99 Abs. 1 lit. e OG; diese
Bestimmung betrifft das technische Funktionieren einer Anlage und nicht
deren umweltschutzrechtlichen Auswirkungen (BGE 121 II 156).

    b) Als Verfügungsadressatin ist die Beschwerdeführerin durch
die angefochtene Verfügung beschwert und sie hat ein schutzwürdiges
Interesse an deren Aufhebung (Art. 103 lit. a OG). Auch die übrigen
Sachurteilsvoraussetzungen sind erfüllt.

    c) Auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist aber insoweit
nicht einzutreten, als die Beschwerdeführerin die gerichtliche
Feststellung verlangt, die gesammelten Textilien und Schuhe stellten
keinen Abfall im Sinne der Umweltschutzgesetzgebung dar. Die Frage der
Abfalleigenschaft ist im Rahmen des Hauptantrages zu prüfen, der auf
Aufhebung der angefochtenen Verfügung lautet. Die Beschwerdeführerin
hat in dieser verfahrensrechtlichen Konstellation kein schutzwürdiges
Interesse an der selbständigen gerichtlichen Beurteilung des genannten
Feststellungsbegehrens (vgl. Art. 25 Abs. 2 VwVG; BGE 121 V 311 E. 4;
THOMAS MERKLI/ARTHUR AESCHLIMANN/RUTH HERZOG, Kommentar zum Gesetz über die
Verwaltungsrechtspflege im Kanton Bern, Bern 1997, N. 19 ff. insb. N. 21
zu Art. 49 VRPG).

Erwägung 3

    3.- Was unter Abfall zu verstehen ist, wird in Art. 7 Abs. 6 USG
(ursprüngliche Fassung) definiert. Er lautet:
       "Abfälle sind bewegliche Sachen, deren sich der Besitzer entledigen
   will oder deren Verwertung, Unschädlichmachung oder Beseitigung im
   öffentlichen Interesse geboten ist".

    Diese Legaldefinition ist vom Bundesgesetzgeber zusammen mit weiteren
   bedeutenden Änderungen des Abfallrechtes im Umweltschutzgesetz (Art. 30
   ff.) am 21. Dezember 1995 revidiert worden. Die geänderten Vorschriften
   (AS

    1997 1155) sind am 1. Juli 1997 während der Hängigkeit des
   bundesgerichtlichen Verfahrens in Kraft getreten. Der neue Art. 7 Abs. 6

    USG hat folgenden Wortlaut:

    "Abfälle sind bewegliche Sachen, deren sich der Inhaber entledigt oder
   deren Entsorgung im öffentlichen Interesse geboten ist".

    Der vorliegende Fall ist im Lichte der neuen abfallrechtlichen
Bestimmungen
   des Umweltschutzgesetzes zu beurteilen. Diese Vorschriften sind um
   der öffentlichen Ordnung willen bzw. zur Durchsetzung der erheblichen
   öffentlichen Interessen an einem wirksameren Schutz der Umwelt, denen
   das geänderte Abfallrecht
dienen soll (Näheres in der bundesrätlichen Botschaft
   in BBl 1993 II 1484 ff.), sofort anwendbar und auch in hängigen
   Verfahren zu berücksichtigen (BGE 119 Ib 254 E. 9g, 174 E. 3). Von
   dieser Praxis ist hier - anders als bei Haftungsfällen (Urteil des
   Bundesgerichtes vom 15.

    Juni 1994, E. 2a, in: Umweltrecht in der Praxis [URP] 1994 S. 501;
BGE 101

    Ib 410 E. 3) - nicht abzuweichen.

Erwägung 4

    4.- a) Stellt eine bewegliche Sache Abfall dar, unterliegt sie dem

    Abfallregime der Umweltschutzgesetzgebung mit den sich daraus
ergebenden

    Konsequenzen. Da die vom Abfallbegriff umfassten Sachen oft

    Wirtschaftsgüter sind, führt die Anwendung des Abfallrechtes zu einem

    Eingriff in die grundsätzlich freie Verfügung über auf Märkten
handelbare

    Sachen (vgl. RICHARD BARTLSPERGER, Die Entwicklung des Abfallrechts
in den

    Grundfragen von Abfallbegriff und Abfallregime, Verwaltungsarchiv
   [VerwArch] 86/1995 S. 51 f.; JÜRGEN FLUCK, Der neue Abfallbegriff - eine

    Einkreisung, Deutsches Verwaltungsblatt [DVBl.] 1995 S. 539; ANDREAS

    TRÖSCH, Kommentar USG, N. 8 zu Art. 30). Es erstaunt daher nicht,
dass die

    Beschwerdeführerin im Vorgehen der kantonalen bzw. kommunalen
Behörden auch
   einen Verstoss gegen die Handels- und Gewerbefreiheit (Art. 31 BV)
   sieht.

    Sie vertritt die Meinung, die gesammelten Textilien und Schuhe seien
   jedenfalls so lange nicht Abfall, als diese sich in ihrem

    Verantwortungsbereich oder in dem der von ihr belieferten Sortierwerken
   befänden. Demgegenüber waren das Verwaltungsgericht und zuvor sinngemäss
   die Gemeindebehörden der Auffassung, aufgrund der allgemeinen

    Lebenserfahrung sei davon auszugehen, dass diejenigen Personen, welche

    Textilien und Schuhe in dafür bereitstehende Container geben würden,
jene
   loshaben wollten, sich ihrer also im Sinne von Art. 7 Abs. 6
   USG entledigten; dass die gesammelten Sachen ganz oder teilweise
   wiederverwertet würden, ändere an der Abfalleigenschaft nichts.

    b) Gemäss Art. 7 Abs. 6 USG stellen Abfall bewegliche Sachen dar, deren
   sich der Inhaber entledigt (vom Bundesrat in Anlehnung an die deutsche

    Lehre als "subjektiver Abfallbegriff" bezeichnet: BBl 1993 II 1488;
TRÖSCH,
   aaO, N. 7 zu Art. 30; BARTLSPERGER, aaO, S. 46 ff.) oder deren

    Entsorgung im öffentlichen Interesse geboten ist ("objektiver

    Abfallbegriff"). Unter den Verfahrensbeteiligten ist unbestritten,
dass für
   den vorliegenden Fall die erstgenannte Variante der Begriffsbestimmung
   interessiert (subjektiver Abfallbegriff). Es ist deshalb zu klären,
   ob sich die Inhaber ihrer Textilien und Schuhe "entledigen", wenn sie
   diese in die

    Sammelcontainer der Beschwerdeführerin geben.

    aa) Das Bundesgericht hatte in seiner bisherigen Rechtsprechung
noch keinen

    Anlass, sich zum Begriff der "Entledigung" im Sinne von Art. 7
Abs. 6 USG
   näher zu äussern. In BGE 122 II 26 (E. 2) sowie im Urteil vom
   19. November

    1996 (E. 3a, in: Revue de droit administratif et de droit fiscal [RDAF]

    1997 I 137) bezeichnete das Bundesgericht Klärschlamm ohne weiteres als

    Abfall. Unverschmutzter Aushub von Erdmaterial ist gemäss BGE 120
Ib 400
   (E. 3d) und BGE 121 II 156 (nicht publizierte E. 3c) jedenfalls
   Abfall, wenn sich der Inhaber dessen entledigt, was der Fall ist,
   wenn der Aushub zum Zweck der endgültigen Beseitigung abgelagert wird
   (vgl. auch Art. 9

    Abs. 1 lit. a TVA in der Fassung gemäss AS 1996 905). In BGE 118 Ib
407 (E.

    3) wurde unter Hinweis auf Anhang 2 Code 3041 der Verordnung über den

    Verkehr mit Sonderabfällen vom 12. November 1986 (VVS; SR 814.014) mit

    Mineralölprodukten verunreinigtes Erdreich als Abfall bezeichnet. Der

    Kassationshof des Bundesgerichtes hielt schliesslich in einem nicht
   veröffentlichten Urteil vom 5. Juni 1996 (i.S. B., E. 1c) unter
   Hinweis auf ein in der bundesrätlichen Botschaft zum Umweltschutzgesetz
   erwähntes

    Beispiel (BBl 1979 III 784) fest, dauerhaft abgestellte
Schrottfahrzeuge,
   von denen keine Bestandteile mehr weiterverwendet werden könnten,
   stellten

    Abfall im Sinne von Art. 7 Abs. 6 USG dar; dass als Abfall nur
die Umwelt
   konkret gefährdende Sachen in Frage kämen, treffe hingegen nicht zu,
   da auch unverschmutzter Aushub als Abfall gelte. All diese Fälle
   dürften zudem

    Abfälle im objektiven Begriffssinne zum Gegenstand gehabt haben.

    bb) In der Literatur finden sich nur wenige Anhaltspunkte für eine
präzise

    Definition des Begriffes "Entledigen". Der Bundesrat erwähnt in der

    Botschaft zum Umweltschutzgesetz (BBl 1979 III 784) das Beispiel von

    Autowracks als Anwendungsfall für den objektiven Abfallbegriff (vgl.

    HERIBERT RAUSCH, Kommentar USG, N. 16 zu Art. 7). Hinsichtlich der

    "Entledigung einer beweglichen Sache" hält der Bundesrat dafür,
es sei dem

    Besitzer einer Sache überlassen, diese als Abfall zu behandeln
oder nicht;
   dabei spiele es keine Rolle, ob der Gegenstand wertlos sei. In der

    Botschaft zur Gesetzesrevision von 1995 wird sodann erwähnt, die in
Art. 7

    Abs. 6 USG vorgesehene redaktionelle Präzisierung stelle beim
subjektiven

    Abfallbegriff klar, dass der Entledigungswille eine bewegliche Sache
nur zu

    Abfall mache, wenn Entledigungshandlungen getätigt würden (BBl 1993 II

    1488; KLAUS A. VALLENDER/RETO MORELL, Umweltrecht, Bern 1997, S. 295;

    ANDREAS TRÖSCH, Das neue Abfallrecht, URP 1996 S. 476).

    cc) Die Technische Verordnung über Abfälle unterscheidet zwischen

    Siedlungs- und Sonderabfällen. Bei letzteren handelt es sich um die im

    Anhang 2 der Verordnung über den Verkehr mit Sonderabfällen
aufgeführten

    Abfälle (Art. 3 Abs. 2 TVA in Verbindung mit Art. 1 Abs. 2 VVS). Ihre
   umweltverträgliche Entsorgung erfordert besondere Massnahmen (Art. 30f
   Abs.

    1 Satz 1 USG). Schon eine erste Durchsicht der in Ziffer 2 des
Anhanges 2
   zur VVS erwähnten Sonderabfälle ergibt, dass deren Entsorgung in aller

    Regel im öffentlichen Interesse geboten sein dürfte (objektiver

    Abfallbegriff; vgl. TRÖSCH, aaO, N. 75 zu Art. 30). Textilien und
Schuhe
   werden in der Liste nicht erwähnt.

    dd) Art. 3 Abs. 1 TVA zählt zu den Siedlungsabfällen die aus den
Haushalten
   stammenden Abfälle sowie andere Abfälle vergleichbarer Zusammensetzung
   (so auch Anhang 2 Ziff. 711 Abs. 2 der Luftreinhalte-Verordnung vom 16.

    Dezember 1985 [LRV; SR 814.318.142.1]). Art. 6 TVA hält die Kantone an,
   verwertbare Anteile von Siedlungsabfällen soweit möglich getrennt zu
   sammeln und zu verwerten; als ein Beispiel für Siedlungsabfälle werden

    Textilien genannt. Ihre Erwähnung in der TVA ändert freilich nichts
daran,
   dass Textilien nur Abfall darstellen, wenn sich der Inhaber ihrer

    "entledigt" hat.

    c) Der Begriff des "Entledigens" ist im Gesamtzusammenhang der
   abfallrechtlichen Vorschriften des Umweltschutzgesetzes zu bestimmen,
   worauf auch das BUWAL in seiner Vernehmlassung hinweist. Das

    Umweltschutzgesetz bezweckt, die Erzeugung von Abfällen zu vermeiden
(Art.

    30 Abs. 1 USG). Kann das nicht erreicht werden, müssen Abfälle soweit
   möglich verwertet werden (Art. 30 Abs. 2 USG). Ist deren Entsorgung
   nicht zu vermeiden, soll das umweltverträglich geschehen (Art. 30
   Abs. 3 USG).

    Vermeidungs- und Verminderungsmassnahmen kommt somit Priorität zu
(BBl 1993

    II 1484 ff., insbesondere 1485). Entsprechend diesen Zielsetzungen
hat der

    Gesetzgeber im Rahmen der 1995 beschlossenen Revision des

    Umweltschutzgesetzes den Begriff der "Entsorgung" neu definiert;
er umfasst
   die Verwertung oder Ablagerung sowie ihre Vorstufen Sammlung,
   Beförderung,

    Zwischenlagerung und Behandlung (Art. 7 Abs. 6bis USG; vgl. auch
Art. 30b-30e USG).

    aa) Bereits diese Vorschriften zeigen, dass entgegen der Auffassung der

    Beschwerdeführerin nicht erst von Abfall gesprochen werden kann, wenn
   bewegliche Sachen endgültig zum Zweck ihrer Beseitigung abgelagert
   werden.

    Das ist auch nicht die in BGE 120 Ib 400 E. 4d publizierte Meinung des

    Bundesgerichtes; es hat darin lediglich erklärt, jedenfalls Aushub, der
   endgültig abgelagert werde, stelle Abfall dar. Anders als die

    Beschwerdeführerin unter Berufung auf Art. 1 Abs. 1 USG meint, kann
es für
   die Abfalleigenschaft einer beweglichen Sache auch nicht darauf
   ankommen, ob die "Entledigung" einer beweglichen Sache Menschen,
   Tiere und Pflanzen, ihre Lebensgemeinschaften oder Lebensräume direkt
   und unmittelbar schädlichen oder lästigen Auswirkungen aussetzt (in
   diesem Sinne auch das vorstehend zitierte unveröffentlichte Urteil
   des Kassationshofes des

    Bundesgerichtes vom 5. Juni 1996 i.S. B., E. 1c). Die umweltrechtlich
   relevante Gefahr von Abfällen liegt vielmehr bereits im Vorgang ihrer
   (unkontrollierten) Entledigung. Das Abfallrecht des Umweltschutzgesetzes
   erfasst daher bereits die Entledigung einer beweglichen Sache, um im
   Sinne der Vorsorge (Art. 1 Abs. 2 USG) eine direkte und unmittelbare
   Gefährdung der Umwelt zu verhindern (vgl. BARTLSPERGER, aaO, S. 53).

    bb) Ob eine "Entledigung" vorliegt oder nicht, kann weiter auch
nicht von
   der zivilrechtlichen Definition des entsprechenden Vorganges abhängen.

    "Entledigen" ist ein weiter Begriff; er kann privatrechtliche Kauf-
oder

    Schenkungsverhältnisse sowie sachenrechtliche Dereliktionen umfassen,
ohne
   dass es bei den von Art. 7 Abs. 6 USG erfassten Vorgängen im einzelnen
   auf eine bestimmte zivilrechtliche Qualifikation ankäme. Anderes
   widerspräche schon dem Wortlaut dieser Vorschrift. Nicht ausgeschlossen
   ist freilich, dass ein gewichtiges Indiz für das Vorliegen von Abfall
   besteht, wenn zum

    Beispiel bewegliche Sachen eigentumsrechtlich aufgegeben
(derelinquiert)
   werden.

    cc) Art. 7 Abs. 6 USG steht in direktem Zusammenhang mit Art. 7
Abs. 6bis

    USG betreffend die "Entsorgung". Daraus und aus dem vorstehend Gesagten
   folgt, dass "Entledigen" heisst, eine bewegliche Sache der Entsorgung,
   also der Verwertung oder Ablagerung einschliesslich der Vorstufen
   Sammlung,

    Beförderung, Zwischenlagerung und/oder Behandlung im Sinne der
Art. 7 Abs.

    6bis und Art. 30b-30e USG zuzuführen. Was das im einzelnen für alle
   denkbaren abfallrechtlich relevanten Sachverhalte bedeutet, muss hier
   nicht entschieden werden, da allein die abfallrechtliche Beurteilung von

    Textilien und Schuhen, die in speziell für ihre Sammlung
bereitgestellte

    Container abgegeben werden, zur Diskussion steht. Spezifischer

    Verwendungszweck dieser Container ist die Sammlung von Textilien und

    Schuhen, welche deren Inhaber loswerden, nicht aber mit dem üblichen

    Hauskehricht deponiert oder verbrannt (behandelt im Sinne von Art. 30c

    USG), sondern wiederverwertet wissen wollen.  Die Sachen durchlaufen
dabei
   nach den eigenen Angaben der Beschwerdeführerin die typischen

    Entsorgungsstufen der Sammlung, Beförderung, Zwischenlagerung und

    Behandlung (Art. 7 Abs. 6bis USG), bis sie wieder in den

    Wirtschaftskreislauf eingefügt werden. Bis zu diesem Zeitpunkt
stellen sie
   nach dem Gesagten Abfall im Sinne des Umweltschutzgesetzes dar. Das
   wird auch in der Literatur anerkannt, wonach bewegliche Sachen, die der
   Inhaber nicht mehr nutzen will und die er in Sammelcontainer abgibt,
   Abfall darstellen (FLUCK, aaO, S. 542). Daraus folgt, dass das

    Verwaltungsgericht Art. 7 Abs. 6 USG korrekt angewendet hat. Dabei
ist ihm
   keine unzutreffende oder unvollständige Sachverhaltsfeststellung
   vorzuwerfen. Ob sich die in Erwägung 6c seines Urteiles angestellten
   Überlegungen zum hypothetischen Willen derjenigen  Personen, welche die

    Gegenstände in die Container abgeben, in allen Teilen halten lassen,
ist
   daher nicht weiter zu prüfen.

Erwägung 5

      5.- a) Handelt es sich bei den in den Containern der
Beschwerdeführerin
   gesammelten Textilien und Schuhen um Abfälle - und zwar um
   Siedlungsabfälle (Art. 3 Abs. 1 und Art. 6 TVA) -, so obliegt deren
   Entsorgung gemäss Art.

    31b Abs. 1 USG (bzw. Art. 31 Abs. 2 USG in der ursprünglichen
Fassung) den

    Kantonen. Sie können diese Aufgabe indes an die Gemeinden delegieren,
was
   bereits nach der ursprünglichen Fassung von Art. 31 Abs. 2 Satz 2 und
   3 USG ausdrücklich zulässig war (TRÖSCH, aaO, N. 13) und heute nach
   Art. 43

    USG weiterhin gilt (vgl. BBl 1993 II 1496). Der Kanton Bern hat in
Art. 2
   und Art. 9 AbfG die Gemeinden mit der vorschriftsgemässen Entsorgung der

    Siedlungsabfälle betraut. Sie organisieren den Sammeldienst und den

    Transport zu den Entsorgungsanlagen (Art. 9 Abs. 1 Satz 1 AbfG). Damit
   stimmen Art. 1 Abs. 1 und 2 des Abfallreglementes der Gemeinde Brügg
   überein, wonach die Gemeinde auf ihrem gesamten Gebiet die Entsorgung
   der

    Abfälle aller Art überwacht und die Sammlung der Siedlungsabfälle
und deren

    Weiterleitung zur Verwertung organisiert. Die Abfallentsorgung
steht unter
   der Aufsicht des Gemeinderates, welcher die technische und
   administrative

    Leitung der Strassen-, Verkehrs- und Entsorgungskommission überträgt
(Art.

    2 Abs. 1 AbfR). Jedermann wird in Art. 5 AbfR vorbehältlich hier nicht
   interessierender Ausnahmen verpflichtet, die Abfälle dem öffentlichen

    Sammel- und Beseitigungsdienst zu übergeben.

    b) Im Lichte dieser Rechtsgrundlagen erweist sich die Anordnung der

    Gemeinde, den auf dem SBB-Areal in Brügg stehenden Sammelcontainer zu
   entfernen, in Übereinstimmung mit dem Verwaltungsgericht
als
   kompetenzgemäss. Der Beschwerdeführerin kommt nach der geltenden
   gesetzlichen Ordnung keine Befugnis zu, selbständig Entsorgungsaufgaben
   zu übernehmen. Vielmehr verfügt die Gemeinde - worauf auch das BUWAL
   hinweist

    - über das Entsorgungsmonopol, welches erlaubt, ein an sich der
privaten

    Erwerbstätigkeit offen stehendes Handlungsfeld unter Ausschluss
Privater
   auszuüben (rechtliches Monopol; so bereits das Urteil des
   Bundesgerichtes vom 2. Juni 1976, E. 3, in ZBl 78/1977 S. 30; ULRICH
   HÄFELIN/GEORG MÜLLER,

    Grundriss des Allgemeinen Verwaltungsrechts, 2. Aufl., Zürich 1993,
S. 471
   f.). Soweit die Beschwerdeführerin darin eine Verletzung der Handels-
   und

    Gewerbefreiheit (Art. 31 BV) sieht, kann ihrem Rechtsmittel schon
deshalb
   kein Erfolg beschieden sein, weil sich das Entsorgungsmonopol der
   öffentlichen Hand auf das Umweltschutzgesetz des Bundes stützen lässt
   (Art.

    31b Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit Art. 43 USG; Art. 114bis Abs. 3
BV) und
   überdies Monopole die davon erfassten Tätigkeiten grundsätzlich dem

    Schutzbereich der Handels- und Gewerbefreiheit entziehen
(HÄFELIN/MÜLLER,
   aaO, S. 471; TOMAS POLEDNA, Staatliche Bewilligungen und Konzessionen,

    Bern 1994, S. 138).

Erwägung 6

      6.- Damit ist über das Schicksal der Beschwerde noch nicht
endgültig
   entschieden. Das Verwaltungsgericht hielt im angefochtenen Urteil
   fest, die

    Beschwerdeführerin habe kein Gesuch um eine (umweltrechtliche)
Bewilligung
   des Containers eingereicht, weshalb nicht darüber zu befinden sei,
   ob ein solches Gesuch zu bewilligen wäre; das Verwaltungsgericht
   bestätigte daher den Beseitigungsbefehl.

    a) Die Kritik der Beschwerdeführerin richtet sich gegen die
   vom Verwaltungsgericht angesprochene umweltrechtliche
   Bewilligungspflicht für das Sammeln von alten Kleidern und Schuhen. Sie
   macht geltend, diese

    Bewilligungspflicht habe wettbewerbsverzerrende Wirkungen, namentlich
im

    Vergleich zu der ebenfalls im Alttextilmarkt tätigen Texaid, einer

    Arbeitsgemeinschaft schweizerischer Hilfswerke. Die Texaid profitiere
   bereits davon, dass viele Gemeinden und Samaritervereine für sie Gratis-
   oder Billigarbeit verrichteten. Zudem solle die umweltrechtliche

    Bewilligungspflicht nur auf die Beschwerdeführerin Anwendung finden,
   während die Texaid bewilligungsfrei Alttextilien sammle. Darin
   liege eine

    Verletzung des verfassungsrechtlichen Gebotes der Gleichbehandlung der

    Gewerbegenossen.

    b) aa) Im Baurecht gilt, dass im Hinblick auf den Abbruch bzw. die

    Beseitigung von Bauten, welche ohne Bewilligung erstellt worden sind,
   zunächst deren materielle Rechtmässigkeit geprüft werden muss; unter
   gewissen Umständen kann nach der Praxis überdies von einer Beseitigung
   abgesehen werden, wenn sich die Baute auch nachträglich als nicht
   bewilligungsfähig herausstellt (vgl. grundlegend BGE 102 Ib 64 E. 4;
   zuletzt BGE 123 II 248 E. 3a/bb; siehe auch BGE 108 Ia 216 E. 4). Ob
   diese

    Grundsätze auch gelten für einen Sachverhalt, wie er hier vorliegt,
   bedürfte näherer Prüfung. Die Beschwerdeführerin kritisiert freilich
   den verwaltungsgerichtlichen Entscheid insoweit nicht; deshalb
   erübrigen sich

    Weiterungen dazu. Überdies hat das Verwaltungsgericht lediglich
beiläufig
   auf eine allenfalls mögliche Bewilligung (bzw. Konzession) der

    Sammeltätigkeit hingewiesen. Die Bewilligungsfähigkeit war nicht
Gegenstand
   des vorinstanzlichen Verfahrens. Sie kann mithin vor Bundesgericht nicht
   zur Diskussion stehen. Anders entscheiden hiesse den Streitgegenstand im

    Verlaufe des Beschwerdeweges erweitern, was grundsätzlich unzulässig
ist
   (FRITZ GYGI, Bundesverwaltungsrechtspflege, 2. Aufl., Bern 1983, S. 45;

    MERKLI/AESCHLIMANN/HERZOG, aaO, N. 13 zu Art. 25 und N. 6 f. zu Art. 72

    VRPG). Die Beschwerdeführerin hat bisher kein Bewilligungsverfahren
(bzw.

    Konzessionierungsverfahren) eingeleitet und damit die Gemeinde
ersucht, sie
   ohne Wettbewerbsverzerrung gleich wie die Mitkonkurrenten zu behandeln.

    Erst in einem solchen Verfahren oder auf Einwendung hin im Zusammenhang
mit
   einer ohne Erlaubnis erfolgten Sammeltätigkeit Dritter wäre die
   Frage der

    Gleichbehandlung der Gewerbegenossen (Art. 31 BV) näher zu prüfen.

    bb) Weiteres kommt hinzu: Ob und - wenn ja - unter welchen
Voraussetzungen

    Gemeinden in Durchbrechung ihres Entsorgungsmonopoles Dritten erlauben
   dürfen, Siedlungsabfälle zu entsorgen, hängt vom kantonalen Recht ab
   (Art.

    43 USG). Seine Anwendung kann bei einem Sachzusammenhang wie im
   vorliegenden Fall zwar im Rahmen der Verwaltungsgerichtsbeschwerde
   geprüft werden (vorstehende E. 1a/aa), wobei sich die Kognition des
   Bundesgerichtes nach den für die staatsrechtliche Beschwerde geltenden
   Grundsätzen richtet.

    In bezug auf die Begründung der entsprechenden Verfassungsrügen
gelten aber
   nicht die Anforderungen von Art. 90 Abs. 1 lit. b OG, sondern jene
   von Art.

    108 Abs. 2 und 3 OG. Zu beachten bleibt, dass eine Nachfrist im
Sinne von

    Art. 108 Abs. 3 OG nur anzusetzen ist, wenn die Angaben in der
Beschwerde
   unklar, d.h. mehrdeutig sind. Die Nachfrist kann nicht dazu dienen, eine
   inhaltlich ungenügende Rechtsschrift zu ergänzen (BGE 118 Ib 134 E. 2).

    Demnach besteht auch unter diesem Blickwinkel im vorliegenden Fall
für das

    Bundesgericht kein Anlass, sich ohne entsprechende Rügen mit dem
kantonalen

    Recht näher zu befassen. Der blosse Hinweis der Beschwerdeführerin
auf den

    Grundsatz der Gleichbehandlung der Gewerbegenossen, ohne sich im
einzelnen
   mit der sich aus der kantonalen Abfallgesetzgebung ergebenden Rechtslage
   auseinanderzusetzen (vgl. zum Beispiel Art. 9 Abs. 1 Satz 2 AbfG),
   genügt den formellen Anforderungen an eine Verwaltungsgerichtsbeschwerde
   im Lichte

    von Art. 108 Abs. 2 OG nicht.