Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 123 II 145



123 II 145

19. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 26.
Februar 1997 i.S. A. gegen Polizei- und Militärdirektion des Kantons Bern
(staatsrechtliche Beschwerde) Regeste

    Art. 14 Abs. 4 ANAV, Art. 26 in Verbindung mit Art. 6 des
Flüchtlingsabkommens vom 28. Juli 1951. Kantonswechsel anerkannter
Flüchtlinge mit Niederlassungsbewilligung in der Schweiz.

    Zulässiges Rechtsmittel (E. 1).

    Besteht mit seinem Heimatstaat ein Niederlassungsvertrag, hat der
anerkannte Flüchtling mit Niederlassungsbewilligung in der Schweiz Anspruch
auf Kantonswechsel, unbesehen darum, ob er über ein gültiges heimatliches
Ausweispapier verfügt (E. 2).

    Unzulässigkeit der staatsrechtlichen Beschwerde. Mangels
Ausschöpfung des kantonalen Instanzenzuges kann die Eingabe nicht als
Verwaltungsgerichtsbeschwerde entgegengenommen werden (E. 3).

Sachverhalt

    A.- Der aus der Türkei stammende A. wurde für das Asylverfahren
dem Kanton Nidwalden zugewiesen. Am 24. Mai 1994 gewährte ihm das
Bundesamt für Flüchtlinge Asyl. Im Jahre 1995 konnten seine Frau und
die sechs Kinder ebenfalls in die Schweiz einreisen. A. verfügt über die
Niederlassungsbewilligung des Kantons Nidwalden, in welche auch fünf der
Kinder einbezogen wurden. Die Ehefrau und die älteste Tochter haben die
Aufenthaltsbewilligung. Am 21. Juni 1996 zog A. mit seiner Familie nach
X., Kanton Bern, und meldete sich dort an.

    Das Amt für Polizeiverwaltung, Abteilung Fremdenpolizei, des Kantons
Bern lehnte das Gesuch von A. um Bewilligung des Kantonswechsels
ab. Eine Beschwerde an die Polizei- und Militärdirektion blieb ohne
Erfolg. Zur Begründung führte die Polizei- und Militärdirektion aus,
Anspruch auf Kantonswechsel habe ein niedergelassener Ausländer nur,
wenn er gültige heimatliche Ausweispapiere eines Staates besitze, mit
dem ein Niederlassungsvertrag bestehe. Mit der Türkei bestehe zwar ein
solcher Staatsvertrag, A. verfüge aber nicht über gültige heimatliche
Ausweispapiere. Für Flüchtlinge bestehe insoweit keine Sondernorm,
welche sie besser stellen würde als andere Ausländer. Ein Anspruch auf
Niederlassungsbewilligung im Kanton Bern bestehe daher nicht, weshalb
über das Gesuch im freien Ermessen der Behörde zu entscheiden sei. Da
die Familie des Beschwerdeführers fürsorgeabhängig sei, rechtfertige sich
die Verweigerung der Bewilligung.

    Das Bundesgericht tritt auf die staatsrechtliche Beschwerde gegen
den Entscheid der Polizei- und Militärdirektion nicht ein

Auszug aus den Erwägungen:

                   aus folgenden Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- a) Der Beschwerdeführer hat staatsrechtliche Beschwerde
erhoben. Diese ist gegen kantonale Verfügungen wegen Verletzung
verfassungsmässiger Rechte oder wegen Verletzung von Staatsverträgen
zulässig, wenn die behauptete Rechtsverletzung nicht sonstwie durch Klage
oder Rechtsmittel beim Bundesgericht oder einer andern Bundesbehörde
gerügt werden kann (Art. 84 OG), so dass zunächst zu prüfen ist, ob die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde offensteht.

    b) Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist gemäss Art. 97 OG in
Verbindung mit Art. 5 VwVG zulässig gegen Verfügungen, die sich auf
öffentliches Recht des Bundes stützen oder hätten stützen sollen, sofern
diese von einer der in Art. 98 OG genannten Vorinstanzen erlassen worden
sind und keiner der in Art. 99 ff. OG oder in der Spezialgesetzgebung
vorgesehenen Ausschlussgründe vorliegt. Gemäss Art. 100 lit. b Ziff. 3 OG
ist auf dem Gebiete der Fremdenpolizei die Verwaltungsgerichtsbeschwerde
unzulässig gegen die Erteilung oder Verweigerung von Bewilligungen, auf
die das Bundesrecht keinen Anspruch einräumt. Die zuständigen Behörden
entscheiden über die Bewilligung von Aufenthalt und Niederlassung im
Rahmen der gesetzlichen Vorschriften und der Verträge mit dem Ausland nach
freiem Ermessen (Art. 4 ANAG). Damit steht dem Ausländer grundsätzlich kein
Anspruch auf die Erteilung der Niederlassungs- oder Aufenthaltsbewilligung
zu; die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist darum ausgeschlossen, soweit
der Ausländer sich nicht auf eine Sondernorm des Bundesrechts oder eines
Staatsvertrags berufen kann, die ihm einen Anspruch auf eine solche
Bewilligung einräumt (BGE 122 II 1 E. 1a S. 3; 120 Ib 257 E. 1a S. 259,
mit Hinweisen).

    c) Sofern sich ergibt, dass sich der Beschwerdeführer auf eine
anspruchsbegründende Norm stützen kann, ist allerdings zu beachten,
dass gemäss Art. 98 lit. g OG die Verwaltungsgerichtsbeschwerde nur
gegen Entscheide letzter kantonaler Instanzen zulässig ist. Nach
Art. 74 Abs. 1 des bernischen Gesetzes vom 23. Mai 1989 über die
Verwaltungsrechtspflege (VRPG) beurteilt das Verwaltungsgericht als
letzte kantonale Instanz Beschwerden gegen Verfügungen und Entscheide,
die sich auf öffentliches Recht stützen, sofern die Streitsache nicht
unter die Ausschlussgründe gemäss Art. 75 ff. VRPG fällt. Laut Art. 77
Abs. 1 lit. g VRPG ist die Beschwerde an das Verwaltungsgericht namentlich
unzulässig gegen Verfügungen und Entscheide betreffend Bewilligungen, wenn
kein Rechtsanspruch auf deren Erteilung besteht. Diese Regelung deckt sich
für den Bereich fremdenpolizeilicher Bewilligungen mit jener von Art. 100
lit. b Ziff. 3 OG. Wenn demnach eine anspruchsbegründende Norm besteht,
wäre auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wegen fehlender kantonaler
Letztinstanzlichkeit nicht einzutreten und die Sache zuständigkeitshalber
an das Verwaltungsgericht des Kantons Bern zu überweisen. Im gegenteiligen
Fall (keine anspruchsbegründende Norm) erwiese sich der Entscheid der
Polizei- und Militärdirektion als kantonal letztinstanzlich (Art. 19
und 20 der bernischen Verordnung vom 19. Juli 1972 über Aufenthalt und
Niederlassung der Ausländer; BGE 122 I 267 E. 1c S. 270 f.), womit die
weiteren Voraussetzungen der staatsrechtlichen Beschwerde, insbesondere
hinsichtlich der Legitimation (vgl. dazu BGE 122 I 267 E. 1a und b S. 269
f., mit Hinweisen), zu prüfen wären.

Erwägung 2

    2.- a) Der Beschwerdeführer ist anerkannter Flüchtling und hat
in der Schweiz Asyl; er verfügt damit gemäss Art. 4 des Asylgesetzes
vom 5. Oktober 1979 (AsylG; SR 142.31) über das Recht auf Anwesenheit
in der Schweiz. Nach Art. 24 AsylG richtet sich die Rechtsstellung
der Flüchtlinge in der Schweiz nach dem für Ausländer geltenden Recht,
soweit nicht besondere Bestimmungen, namentlich des Asylgesetzes und des
internationalen Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der
Flüchtlinge (Flüchtlingsabkommen; SR 0.142.30), anwendbar sind. Gemäss
Art. 26 AsylG hat der Flüchtling Anspruch auf Regelung seiner Anwesenheit
im Kanton, wo er sich ordnungsgemäss aufhält. Darunter ist der Kanton
zu verstehen, dem der Flüchtling als Gesuchsteller nach seiner Einreise
zugewiesen wurde oder allenfalls ein anderer Kanton, wenn der Flüchtling
dort während des Asylverfahrens mit dessen Zustimmung eine Wohnung bezogen
und eine Arbeit aufgenommen hat (Art. 19 der Asylverordnung 1 vom 22.
Mai 1991 über Verfahrensfragen [SR 142.311]). Ein Anspruch auf Regelung
der Anwesenheit in einem anderen Kanton steht dem Flüchtling gestützt auf
Art. 26 AsylG nicht zu (BGE 116 Ib 1, wo das Bundesgericht den Anspruch auf
Kantonswechsel eines Flüchtlings mit Aufenthaltsbewilligung abgelehnt hat).

    Art. 28 AsylG sieht vor, dass der Flüchtling, dem die Schweiz Asyl
gewährt hat und der sich seit mindestens fünf Jahren ordnungsgemäss in
der Schweiz aufhält, Anspruch auf Erteilung der Niederlassungsbewilligung
hat, wenn gegen ihn kein Ausweisungsgrund vorliegt. Die unbefristete
Niederlassungsbewilligung (Art. 6 des Bundesgesetzes vom 26. März 1931 über
Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer [ANAG; SR 142.20]) gilt aber,
wie die Aufenthaltsbewilligung, nur für den Kanton, der sie ausgestellt hat
(Art. 8 Abs. 1 ANAG). Will ein Ausländer mit Niederlassungsbewilligung
den Kanton wechseln, benötigt er dazu eine neue Bewilligung, deren
Erteilung grundsätzlich im freien Ermessen (Art. 4 ANAG) der Behörde
steht (Art. 8 Abs. 1 und 3 ANAG in Verbindung mit Art. 14 Abs. 3 der
Vollziehungsverordnung vom 1. März 1949 zum Bundesgesetz über Aufenthalt
und Niederlassung der Ausländer [ANAV; SR 142.201]); einen Anspruch auf
Kantonswechsel verschafft die Niederlassungsbewilligung als solche nicht
(BGE 116 Ib 1 E. 1c S. 4; PETER KOTTUSCH, Die Niederlassungsbewilligung
nach Art. 6 ANAG, in ZBl 87/1986 S. 536). Das Asylgesetz kennt keine
besondere Bestimmung, welche für Flüchtlinge den Kantonswechsel abweichend
vom sonst für Ausländer geltenden Recht regeln würde. Dem Flüchtling steht
gemäss Art. 26 AsylG ein Anspruch auf Regelung seiner Anwesenheit, wozu
auch die Erteilung der Niederlassungsbewilligung im Sinne von Art. 28 AsylG
zählt, nur in dem Kanton zu, wo er sich ordnungsgemäss aufhält (KOTTUSCH,
aaO, S. 536). Das Recht des Flücht-lings gemäss Art. 28 AsylG auf Erteilung
der Niederlassungsbewilligung nach fünfjährigem Aufenthalt lässt sich
zudem auch deshalb nicht ausdehnend auf sämtliche Kantone beziehen,
weil sich die Rechtsstellung der Flüchtlinge vorbehältlich abweichender
Bestimmungen nach derjenigen der übrigen Ausländer richtet (Art. 24
AsylG). Art. 28 AsylG ist Sonderbestimmung lediglich hinsichtlich der
erforderlichen Aufenthaltsdauer und des damit verbundenen Rechtsanspruchs,
nicht aber im Blick auf die Anforderungen bei einem Kantonswechsel.

    b) Nach Art. 14 Abs. 4 ANAV kann bei einem Kantonswechsel die
Bewilligung im neuen Kanton dem niedergelassenen Ausländer, der heimatliche
Ausweispapiere eines Staates besitzt, mit dem ein Niederlassungsvertrag
besteht, nur verweigert werden, wenn ein Widerrufs- oder Erlöschensgrund
gemäss Art. 9 Abs. 3 und 4 ANAG besteht. Dabei fällt vor allem in
Betracht, dass gegen den Ausländer ein Ausweisungsgrund vorliegt (BGE 105
Ib 234 E. 3 S. 236). Mit der Türkei, dem Heimatstaat des Beschwerdeführers,
besteht ein derartiger Niederlassungsvertrag (Niederlassungsabkommen
vom 13. Dezember 1930 zwischen der Schweiz und der Türkischen Republik;
SR 0.142.117.632). Nach dessen Art. 1 haben die Staatsangehörigen eines
jeden der vertragsschliessenden Teile auf dem Gebiete des andern Teils,
unter Vorbehalt der dort gegenwärtig und inskünftig geltenden Gesetze und
Verordnungen, das Recht, sich frei niederzulassen und aufzuhalten sowie
zu bewegen, unbeschadet der Bestimmungen betreffend die Einwanderung. Aus
dem Staatsvertrag in Verbindung mit der Bestimmung von Art. 14 Abs. 4 ANAV
ergibt sich, dass türkische Staatsangehörige mit Niederlassungsbewilligung
grundsätzlich Anspruch auf Kantonswechsel haben.

    Dieser Anspruch auf Kantonswechsel des niedergelassenen
Ausländers eines Vertragsstaates ist allerdings ausdrücklich an den
Besitz heimatlicher Ausweispapiere geknüpft (Art. 14 Abs. 4 ANAV). Ein
anerkanntes und gültiges heimatliches Ausweispapier wird für die Erteilung
von Niederlassungs- und Aufenthaltsbewilligung regelmässig verlangt;
fehlt es an einem solchen, können die Kantone Sicherheit verlangen
(vgl. Art. 5 Abs. 3 und Art. 6 Abs. 2 ANAG; vgl. dazu KOTTUSCH, aaO,
S. 517). Der Ausländer hat sich denn auch, soweit ihm dies zumutbar
ist, um Besitz oder Erhalt eines heimatlichen Ausweispapieres zu bemühen
(Art. 5 Abs. 4 ANAV). Der Wert eines gültigen und anerkannten heimatlichen
Ausweispapiers für die Schweiz besteht darin, dass es jederzeit und ohne
Hindernisse erlaubt, den Ausländer in seinen Heimatstaat zurückzuschicken,
sofern dies notwendig werden sollte (M. RUTH, Das Fremdenpolizeirecht der
Schweiz, Zürich 1934, S. 35). Gemäss Art. 9 Abs. 3 lit. d ANAG erlischt
denn auch die Niederlassungsbewilligung, welche auf Grund eines anerkannten
und gültigen heimatlichen Ausweispapiers erteilt wurde, wenn der Ausländer
aufhört, ein solches zu besitzen.

    Da der Beschwerdeführer unbestrittenermassen über kein heimatliches
Ausweispapier verfügt, verschafft ihm der Staatsvertrag mit der Türkei in
Verbindung mit Art. 14 Abs. 4 ANAV für sich genommen noch keinen Anspruch
auf Kantonswechsel.

    c) Zu berücksichtigen sind nun allerdings auch die Bestimmungen
des Flüchtlingsabkommens. Dessen Art. 26 regelt die Freizügigkeit
und bestimmt, dass jeder vertragsschliessende Staat den Flüchtlingen,
die sich rechtmässig auf seinem Gebiet aufhalten, das Recht einräumt,
ihren Aufenthaltsort zu wählen und sich frei zu bewegen, vorbehältlich
der Bestimmungen, die unter den gleichen Umständen für Ausländer im
allgemeinen gelten. Art. 26 des Flüchtlingsabkommens schreibt damit
Ausländergleichbehandlung der Flüchtlinge vor (ALBERTO ACHERMANN/CHRISTINA
HAUSAMMANN, Handbuch des Asylrechts, 2. Aufl., Bern und Stuttgart 1991,
S. 383 f.; WOLFGANG ECKERT, Begriff und Grundzüge des schweizerischen
Flüchtlingsrechts, Diss. Zürich 1977, S. 145). Das bedeutet, dass sich
die Rechtsstellung der Flüchtlinge in dem Masse nach dem allgemeinen
Ausländerrecht bestimmt, als nicht besondere flüchtlingsrechtliche
Normen eine Sonderbehandlung ausdrücklich vorschreiben (ECKERT, aaO,
S. 99/100). Auf Grundlage von Art. 26 des Flüchtlingsabkommens allein kann
der Flüchtling daher keinen Anspruch auf freie Wahl des Kantons ableiten
(BGE 116 Ib 1 E. 1c S. 4; ECKERT, aaO, S. 145; KOTTUSCH, aaO, S. 536).

    Der Anspruch auf ausländergleiche Behandlung, wie er in Art. 26
des Flüchtlingsabkommens für die Freizügigkeit statuiert ist, verlangt
nun aber, dass Besonderheiten Rechnung getragen wird, die sich aus dem
Flüchtlingsstatus ergeben. Art. 26 des Flüchtlingsabkommens garantiert
nach seinem Wortlaut die Freizügigkeit des Flüchtlings vorbehältlich
der Bestimmungen, die unter den gleichen Umständen für Ausländer im
allgemeinen gelten. Was mit dem Ausdruck "unter den gleichen Umständen"
gemeint ist, wird in Art. 6 des Flüchtlingsabkommens definiert. Danach
bedeutet dieser Ausdruck, dass eine Person alle Bedingungen zur Ausübung
eines Rechts erfüllen muss, gleich wie wenn sie nicht Flüchtling wäre,
ausgenommen die Bedingungen, die ihrer Natur nach von einem Flüchtling
nicht erfüllt werden können. Beim Erfordernis heimatlicher Ausweispapiere
für den Anspruch auf Kantonswechsel niedergelassener Ausländer aus
Vertragsstaaten handelt es sich nun aber gerade um eine Bedingung,
welche Flüchtlinge ihrer Natur nach nicht erfüllen können. Eines der
Hauptprobleme der Flüchtlinge beruht auf der Tatsache, dass sie sich
überhaupt nicht oder nicht genügend ausweisen können; diese Problematik
war denn in den zwanziger Jahren auch Ausgangspunkt der Bestrebungen
zur Verbesserung der Rechtsstellung von Flüchtlingen (JOSEPH GYÖRÖK, Die
Rechtsstellung der Flüchtlinge nach dem schweizerischen öffentlichen Recht,
Diss. Freiburg 1991, S. 93). Art. 28 des Flüchtlingsabkommens verpflichtet
daher die Staaten, den Flüchtlingen Reiseausweise auszustellen (vgl. Art. 2
Abs. 1 der Verordnung vom 9. März 1987 über Reisepapiere für schriftenlose
Ausländer; SR 143.5). Allfällig vorhandene ausländische Reisepapiere
hat der Flüchtling gemäss Art. 6 der Verordnung über Reisepapiere zu
hinterlegen. Dass Flüchtlinge das Erfordernis heimatlicher Ausweispapiere
von Art. 14 Abs. 4 ANAV nicht erfüllen können, folgt auch daraus, dass die
Beschaffung heimatlicher Reisepapiere als starkes Indiz dafür betrachtet
wird, dass sich der Flüchtling wieder unter den Schutz des Heimatstaates
stellt (ACHERMANN/HAUSAMMANN, aaO, S. 202 f.), womit er Gefahr läuft,
die Flüchtlingseigenschaft zu verlieren (Art. 1 Abschnitt C Ziff. 1 des
Flüchtlingsabkommens).

    Handelt es sich demnach beim Erfordernis heimatlicher Ausweispapiere um
ein solches, das der Natur nach von einem Flüchtling nicht erfüllt werden
kann, fällt es als Voraussetzung für den Anspruch auf Kantonswechsel
ausser Betracht. Daraus ergibt sich, dass ein aus der Türkei stammender
Flüchtling mit Niederlassungsbewilligung, unbesehen darum, ob er über
ein gültiges heimatliches Ausweispapier verfügt, gestützt auf Art. 26 in
Verbindung mit Art. 6 des Flüchtlingsabkommens, Art. 14 Abs. 4 ANAV und
Art. 1 des Staatsvertrags mit der Türkei Anspruch auf Erteilung einer
Niederlassungsbewilligung im neuen Kanton erheben kann.

Erwägung 3

    3.- Besteht ein Bewilligungsanspruch im Sinne von Art. 100 lit. b
Ziff. 3 OG, ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde das Rechtsmittel, mit dem
an das Bundesgericht gelangt werden kann. Die eingereichte staatsrechtliche
Beschwerde erweist sich aufgrund ihrer Subsidiarität als unzulässig. Sie
kann aber nicht als Verwaltungsgerichtsbeschwerde entgegengenommen werden,
weil das Verwaltungsrechtspflegegesetz des Kantons Bern bei gegebenem
Rechtsanspruch gegen den Entscheid der Polizei- und Militärdirektion die
Beschwerde an das kantonale Verwaltungsgericht vorsieht, womit sich der
angefochtene Entscheid nicht als kantonal letztinstanzlich erweist. Die
Sache ist damit zuständigkeitshalber an das Verwaltungsgericht des Kantons
Bern zu überweisen, welches materiell darüber zu entscheiden hat, ob ein
Verweigerungsgrund nach Art. 9 Abs. 3 und 4 ANAG (vgl. Art. 14 Abs. 4 ANAV)
gegeben ist, wobei vor allem die von der Polizei- und Militärdirektion
behauptete Fürsorgebedürftigkeit des Beschwerdeführers und seiner Familie
in Betracht fallen könnte (Art. 9 Abs. 3 lit. b in Verbindung mit Art. 10
Abs. 1 lit. d ANAG).

    Das Verwaltungsgericht des Kantons Bern ist zwar in einem ähnlich
gelagerten Fall, auf den sich die Polizei- und Militärdirektion im
angefochtenen Entscheid gestützt hat, zur Auffassung gelangt, ein
aus der Türkei stammender niedergelassener Flüchtling könne sich für
den Kantonswechsel mangels heimatlicher Ausweispapiere nicht auf eine
anspruchsbegründende Norm stützen. Dabei hat das Verwaltungsgericht
übersehen, dass im Lichte des Flüchtlingsabkommens dieses Erfordernis
gerade nicht verlangt werden kann. Da der vom Verwaltungsgericht zu
treffende Entscheid an das Bundesgericht weitergezogen werden kann,
ist ein Meinungsaustausch über die Zuständigkeitsfrage nicht erforderlich.