Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 123 III 328



123 III 328

50. Auszug aus dem Urteil der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer vom 14.
August 1997 i.S. E. W. (Beschwerde) Regeste

    Art. 20a Abs. 2 Ziff. 2 SchKG.

    Untersuchungsgrundsatz, Mitwirkungspflicht.

Sachverhalt

    Mit Beschwerde bei der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer
des Bundesgerichts verlangte E. W. die Aufhebung des Zuschlags einer
Liegenschaft, die zuvor im Gesamteigentum von ihr und dem Ersteigerer H. W.
gestanden hatte. Die Beschwerde, mit welcher insbesondere eine Verletzung
des in Art. 20a Abs. 2 Ziff. 2 SchKG verankerten Untersuchungsgrundsatzes
gerügt wurde, wurde abgewiesen.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- Die Beschwerdeführerin, die im kantonalen Verfahren eine Reihe
von Gründen angeführt hat, um den Zuschlag des Grundstücks anzufechten
(Art. 132a SchKG, in der Fassung vom 16. Dezember 1994, in Kraft
seit 1. Januar 1997), beschränkt sich vor der Schuldbetreibungs- und
Konkurskammer des Bundesgerichts auf die Rüge, Art. 20a Abs. 2 Ziff. 2
SchKG (in der Fassung vom 16. Dezember 1994, in Kraft seit 1. Januar 1997)
sei verletzt worden. Nach ihrer Auffassung ist im kantonalen Verfahren
dem in der zuletzt genannten Bestimmung verankerten Untersuchungsgrundsatz
nicht nachgelebt worden, weil von ihr angerufene Zeugen nicht einvernommen
worden seien, um über die Beschimpfungen auszusagen, mit denen sie vom
künftigen Ersteigerer beim Versuch, das Grundstück vor der Steigerung zu
besichtigen, bedacht worden seien.

Erwägung 3

    3.- Gemäss Art. 20a Abs. 2 Ziff. 2 SchKG stellt die Aufsichtsbehörde
den Sachverhalt von Amtes wegen fest. Sie kann die Parteien zur Mitwirkung
anhalten und braucht auf deren Begehren nicht einzutreten, wenn sie die
notwendige und zumutbare Mitwirkung verweigern.

    Die Bestimmung hält den Untersuchungsgrundsatz fest und entspricht im
übrigen inhaltlich den Art. 12 und 13 VwVG (BBl 1991 III, S. 36). Das kann
aber nicht bedeuten, dass die Aufsichtsbehörden über Schuldbetreibung
und Konkurs in jedem Fall so umfangreiche Nachforschungen anstellen,
wie es im Verwaltungsverfahren von der Sache her erforderlich sein mag
(vgl. BGE 119 V 208 E. 5b, c: Anspruch des Versicherten auf Teilnahme
am Gespräch mit dem Sachverständigen; BGE 111 Ib 323 E. 4: Einholung
eines zweiten Berichtes durch die Zollbehörden zwecks Prüfung des
Ursprungs von Waren; BGE 110 V 109 E. 3-5, 199 E. 2-4: Streichung von
Arzneimitteln aus der Spezialitätenliste; BGE 99 Ib 104 E. 4: Anerkennung
einer Treuhandgesellschaft als bankengesetzliche Revisionsstelle). Wo
zur Feststellung des Sachverhalts eine Beweiserhebung unumgänglich
ist, sollen zwar auch die Aufsichtsbehörden über Schuldbetreibung und
Konkurs zu den prozessüblichen Beweismitteln - insbesondere Urkunden,
Zeugen und Sachverständige - greifen; aber ihre Erhebungen sollen sich in
vernünftigem Rahmen bewegen und nicht ausser acht lassen, dass sich das
Zwangsverwertungsverfahren (in welchem materiellrechtliche Fragen nicht
mehr zur Diskussion stehen) speditiv abzuwickeln hat.

    Die am Zwangsverwertungsverfahren Beteiligten trifft anderseits eine
Mitwirkungspflicht dahingehend, dass sie die Aufsichtsbehörden bei der
Ermittlung des Sachverhalts nach bestem Wissen und Gewissen zu unterstützen
haben. Es kann von ihnen - nicht anders als im Verwaltungsverfahren
- erwartet werden, dass sie sich entsprechend den Umständen äussern;
tun sie dies nicht, so haben die Aufsichtsbehörden nicht nach Tatsachen
zu forschen, die nicht aktenkundig sind (Häfelin/Müller, Grundriss des
Allgemeinen Verwaltungsrechts, 2. Auflage Zürich 1993, Rz. 1332).