Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 123 III 24



123 III 24

4. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 2. Oktober 1996
i.S. Bank X. gegen Roland B. und Guido C. (Berufung) Regeste

    Art. 645 OR; Haftung für vor der Eintragung der Aktiengesellschaft
in deren Namen eingegangene Verpflichtungen bei formbedürftigen Verträgen.

    Aus einem für die zukünftige Gesellschaft abgeschlossenen
Bürgschaftsvertrag haften die für sie Handelnden nur, wenn die für sie
persönlich vorgeschriebene Vertragsform erfüllt ist.

Sachverhalt

    Ernst A., Roland B. und Guido C. beabsichtigten im Jahre 1988,
unter der Firma S. Holding AG eine Beteiligungsgesellschaft zu gründen,
in welche die bestehenden Betriebsgesellschaften H. AG und D. AG hätten
eingebracht werden sollen. Die Bank X. erklärte sich bereit, den beiden
Betriebsgesellschaften Kredite zu gewähren unter der Bedingung, dass die
in Gründung begriffene Beteiligungsgesellschaft dafür bürge.

    Am 7. und 8. Dezember 1988 unterzeichneten Ernst A. und
Guido C. für die künftige S. Holding AG zwei einfach schriftliche
Solidarbürgschaftsverpflichtungen zu Gunsten der Bank X. über maximal Fr.
800'000.-- und Fr. 540'000.-- für Kreditforderungen gegenüber der H. AG
und der D. AG. Die S. Holding AG wurde in der Folge nicht gegründet.

    Im Jahre 1990 wurde über die H. AG und die D. AG der Konkurs
eröffnet. Die Bank X. wandte sich darauf gegen Roland B. und Guido C.,
von welchen sie den aus der Kreditgewährung erlittenen Verlust ersetzt
haben wollte. Diese bestritten eine Haftung.

    Am 7. August 1992 erhob die Bank X. Klage gegen Roland B. und
Guido C. mit dem Rechtsbegehren, die Beklagten solidarisch zur Zahlung
von Fr. 704'558.15, DM 424'629.-- und ÖSch 1'391'423.-- nebst Zins zu
verpflichten. Das Kantonsgericht des Kantons Zug wies die Klage mit Urteil
vom 25. August 1994 ab.

    Das Obergericht des Kantons Zug wies am 24. Oktober 1995 eine Berufung
der Klägerin in Bestätigung des kantonsgerichtlichen Urteils ab. Es stützte
seinen Entscheid auf die Hauptbegründung, eine im Namen der künftigen
Gesellschaft abgegebene Bürgschaftsverpflichtung binde die Handelnden
gemäss Art. 645 Abs. 1 OR bloss, wenn sie der für natürliche Personen
erforderlichen Form genüge, was im beurteilten Fall mangels öffentlicher
Beurkundung der Bürgschaftsverträge nicht zutreffe. Zusätzlich verneinte es
eine Haftung von Roland B. mit der Begründung, dieser habe vom Abschluss
der Bürgschaftsverträge keine Kenntnis gehabt und sei demgemäss nicht
Handelnder im Sinne der genannten Bestimmung.

    Die Klägerin hat das Urteil des Obergerichts mit Berufung angefochten,
die vom Bundesgericht abgewiesen wird.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- Nach Art. 645 Abs. 1 OR, welcher in der jüngsten Aktienrechtsreform
keine Änderung erfahren hat, haften die Handelnden persönlich und
solidarisch für Verbindlichkeiten, die sie im Namen der Gesellschaft vor
deren Eintragung in das Handelsregister begründet haben. Untersteht die
rechtsgeschäftliche Verpflichtung unterschiedlichen Formerfordernissen,
je nachdem sie von natürlichen oder juristischen Personen eingegangen
wird, wie dies bei der Bürgschaft der Fall ist (Art. 493 Abs. 1 und 2 OR),
stellt sich die Frage, ob die Haftung der Handelnden nach Art. 645 Abs.
1 OR auch dann greift, wenn zwar die für juristische, nicht aber die für
natürliche Personen vorgeschriebene Erklärungsform gewahrt ist.

Erwägung 2

    2.- Die Beantwortung der Frage hängt von der rechtlichen Konstruktion
der Alternativverpflichtung, insbesondere der Rechtsnatur der Haftung der
für die Gesellschaft Handelnden ab. Geht man davon aus, die Handelnden
begründeten vorerst eine Eigenverpflichtung, einigten sich mit dem
Vertragspartner aber darauf, dass diese Verpflichtung mit allfälliger
Übernahme durch die Gesellschaft entfalle, hat die Verpflichtungserklärung
der für natürliche Personen geltenden Form zu entsprechen und bindet sie
nur diejenigen Handelnden, in deren Namen sie formgenüglich abgegeben
wird. Geht man demgegenüber davon aus, die Handelnden verpflichteten
rechtsgeschäftlich bloss die (künftige) Gesellschaft und hätten als
gesetzliche Garanten dafür einzustehen, dass diese den eingegangen
Verpflichtungen nachkomme, genügt die für juristische Personen geltende
Verpflichtungsform.

    a) Das Gesetz muss in erster Linie aus sich selbst heraus, das heisst
nach Wortlaut, Sinn und Zweck und den ihm zugrundeliegenden Wertungen
auf der Basis einer teleologischen Verständnismethode ausgelegt
werden. Auszurichten ist die Auslegung auf die ratio legis, die zu
ermitteln dem Gericht allerdings nicht nach seinen eigenen, subjektiven
Wertvorstellungen, sondern nach den Vorgaben des Gesetzgebers aufgegeben
ist. Zwar ist die Auslegung des Gesetzes nicht entscheidend historisch
zu orientieren, im Grundsatz aber dennoch auf die Regelungsabsicht des
Gesetzgebers und die damit erkennbar getroffenen Wertentscheidungen
auszurichten, da sich die Zweckbezogenheit des rechtsstaatlichen
Normverständnisses nicht aus sich selbst begründen lässt, sondern aus
den Absichten des Gesetzgebers abzuleiten ist, die es mit Hilfe der
herkömmlichen Auslegungselemente zu ermitteln gilt. Dabei befolgt das
Bundesgericht einen pragmatischen Methodenpluralismus und lehnt namentlich
ab, die einzelnen Auslegungselemente einer hierarchischen Prioritätsordnung
zu unterstellen (BGE 121 III 219 E. 1d/aa S. 224 f.).

    b) Nach Art. 645 Abs. 1 OR haften die Handelnden persönlich
und solidarisch, was begrifflich auf eine Garantenstellung hinweist
(französischer Wortlaut: ..."entraînent la responsabilité"; italienischer
Wortlaut:... "sono responsabili"...). Abs. 2 der Bestimmung dagegen spricht
von der Übernahme von Verpflichtungen durch die zu gründende Gesellschaft
(..."ont été assumées"...; ..."le assume"...), was nach dem Wortlaut einen
Schuldnerwechsel von den Handelnden auf die Gesellschaft indiziert. Der
Wortlaut der Norm lässt somit beide Varianten der hier interessierenden
Bedeutungsalternative zu.

    c) Art. 645 Abs. 1 OR bezweckt, einerseits ein Handeln der noch nicht
zur Entstehung gelangten Aktiengesellschaft möglichst einzuschränken
und anderseits - vordringlich (FORSTMOSER, Berner Kommentar, N. 33 zu
Art. 838 OR) - den Vertragspartner zu schützen, der sich mit den in
ihrem Namen Handelnden einlässt. Aus diesem Schutzzweck folgt, dass
zu den persönlich Haftenden ausser den unmittelbar am Vertragsschluss
beteiligten Personen auch jene zu rechnen sind, mit deren Wissen und
Willen das Geschäft namens der Gesellschaft abgeschlossen wird, dass
die Haftung aus Art. 645 Abs. 1 OR somit die direkt wie die indirekt
Handelnden erfasst. Ihr untersteht folgerichtig jede Person, die als
intellektuelle Urheberin von Rechtshandlungen anzusehen ist, welche für
die zu gründende Gesellschaft vorgenommen werden (BGE 63 II 295 E. 2a;
76 II 164 ff.; 83 II 291 E. 2). Eine Formfrage, wie sie hier zu beurteilen
ist, stellte sich in den zitierten Fällen nicht.

    d) Die Haftung der Gründer für Verpflichtungen, die sie im Namen der
künftigen Gesellschaft eingegangen sind, hat ihren rechtspolitischen
Grund darin, dass sie sich als Organe einer juristischen Person
ausgegeben haben, ohne es zu sein (GUHL/KUMMER/DRUEY, Das Schweizerische
Obligationenrecht, 8. Auflage, S. 630). Die zu gründende Gesellschaft
vermögen sie, da sie noch nicht besteht, nicht zu verpflichten (VON
GREYERZ, in: Schweizerisches Privatrecht, Band VIII/2, S. 82). Indessen
sind sie bis zur Eintragung der Aktiengesellschaft als Mitglieder
der Gründergesellschaft in einer einfachen Gesellschaft verbunden
(BGE 102 II 420 E. 2a mit Hinweisen; 104 Ib 264 E. 1; VON STEIGER,
in: Schweizerisches Privatrecht, Band VIII/1, S. 339 f.; FORSTMOSER,
Schweizerisches Aktienrecht, Band I/Lieferung 1, S. 403 Rz. 3; REMIGIUS
KÜCHLER, Die Aktiengesellschaft im Gründungsstadium, in: Lebendiges
Aktienrecht, FS Bürgi, S. 229 ff., S. 230; BÄR, Gründergesellschaft
und Vorgesellschaft zur AG, in: Recht und Wirtschaft heute, FS Kummer,
S. 77 ff.). Aus dieser gesellschaftsrechtlichen Struktur rechtfertigt
sich denn vornehmlich auch die Haftung der bloss indirekt Handelnden;
sie hat ihren Rechtsgrund letztlich in der gesetzlichen Vertretungsmacht
der direkt Handelnden nach Art. 543 Abs. 2 und 3 OR (vgl. SIEGWART,
Zürcher Kommentar, N. 14 zu Art. 645 OR; BÄR, aaO, S. 83 f.).

    Die Beantwortung der Formfrage hängt in erster Linie von der
Rechtsnatur der Haftung nach Art. 645 Abs. 1 OR ab. Dabei ist heute nicht
mehr streitig, dass sie jedenfalls keinen unmittelbaren Anwendungsfall von
Art. 39 OR darstellt, weil einerseits der Kontrahent nicht in Unkenntnis
über den Vollmachtsmangel gehandelt haben muss und anderseits die Haftung
der für die Gesellschaft Handelnden nicht bloss das negative Interesse
(Art. 39 Abs. 1 OR) deckt, sondern auf Erfüllung der eingegangenen
Verpflichtung gerichtet ist (BGE 49 II 187 E. 2; 63 II 295 E. 2b). Hinzu
kommt, dass die Handelnden aus Verträgen, die sie im Namen der künftigen
Gesellschaft abgeschlossen haben, vor deren Übernahme gemäss Art. 645
Abs. 2 OR nicht nur verpflichtet, sondern grundsätzlich - unter Vorbehalt
des Rücktrittsrechts des Kontrahenten (FORSTMOSER, Schweiz. Aktienrecht,
S. 411 Rz. 35; SIEGWART, Zürcher Kommentar, N. 25 zu Art. 645 OR) -
auch berechtigt werden. Sie haben daher einerseits für die Erfüllung
des Vertrages einzustehen, gegebenenfalls durch Deckung des positiven
Interesses bei Unmöglichkeit der Erfüllung, anderseits können sie aber auch
ihrerseits die Erfüllung verlangen, mithin nicht bloss die eigene Erfüllung
gestützt auf Einreden aus dem Synallgma (insbesondere nach Art. 82 OR)
verweigern (SIEGWART, Zürcher Kommentar, N. 9 zu Art. 645 OR; FORSTMOSER,
Schweiz. Aktienrecht, S. 406 f., Rz. 16; FORSTMOSER/MEIER-HAYOZ/NOBEL,
Schweizerisches Aktienrecht, S. 170 Rz. 9; BÖCKLI, Schweizer Aktienrecht,
2. Auflage, S. 63 Rz. 99 bei Fn. 295; SCHENKER, in: Kommentar zum
Schweizerischen Privatrecht, Obligationenrecht II, N. 8 zu Art. 645 OR;
VON STEIGER, Zürcher Kommentar, N. 21 zu Art. 783 OR; FORSTMOSER, Berner
Kommentar, N. 36 und 46 zu Art. 838 OR; a.A. PASCAL TRÖSCH, Rechtsgeschäfte
für die in Gründung befindliche AG, Diss. Basel 1992, S. 64; anders die
herrschende Lehre zum deutschen Recht: BARZ, in: Grosskommentar AktG,
Anm. 25 zu § 41; MünchKomm/ECKARDT, N. 47 zu § 41 AktG). Daher ist auch
die in der Literatur vertretene Auffassung abzulehnen, Art. 645 Abs. 1 OR
stelle lediglich eine lex specialis der vollmachtlosen Stellvertretung dar,
welche sich in einer erweiterten Haftung manifestiere (vgl. VON TUHR/PETER,
Allgemeiner Teil des Schweizerischen Obligationenrechts, Band I, S. 405;
TRÖSCH, aaO, S. 68). Vollmachtlose Stellvertretung ist nur denkbar,
wo (mindestens) nach dem erweckten Rechtsschein auch echte, direkte
Stellvertretung gegeben sein könnte. Wo indessen nach dem Wissensstand
beider Vertragsparteien der angeblich Vertretene gar nicht existiert und
damit nicht rechtsfähig ist, verbietet sich - vorbehältlich der hier nicht
interessierenden Ausnahme des nasciturus nach Art. 31 Abs. 2 ZGB - die
Annahme einer Vollmacht ebenso wie deren Fiktion (vgl. VON GREYERZ, in:
Schweizerisches Privatrecht, Band VIII/2, S. 82; ZÄCH, Berner Kommentar,
N. 136 ff. zu Art. 32 OR). Vielmehr liegt die sachgerechte Lösung darin,
dass bei unbedingtem rechtsgeschäftlichem Handeln im Namen der künftigen
Aktiengesellschaft kraft gesetzlicher Fiktion (Art. 645 Abs. 1 OR)
eine rechtsgeschäftliche Bindung der Handelnden zum Vertragspartner
begründet wird, die Handelnden somit echte Parteien in dem durch sie
begründeten Rechtsverhältnis werden (BÖCKLI, aaO, S. 63 Fn. 295; SCHENKER,
in: Kommentar zum Schweizerischen Privatrecht, Obligationenrecht II,
N. 8 zu Art. 645 OR). Die Besonderheit der Rechtsbeziehung liegt dabei
darin, dass die Parteien bereits bei Abschluss des Rechtsgeschäfts eine
Übernahme der Rechte und Pflichten durch die künftige Aktiengesellschaft
mit befreiender Wirkung für die Handelnden vorsehen und damit - soweit
erforderlich - antizipiert in den Subjektswechsel einwilligen.

    Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die im Sinne von Art. 645
Abs. 1 OR Handelnden sich rechtsgeschäftlich gleichermassen verpflichten
und berechtigen, wie es der Fall wäre, wenn sie in eigenem Namen gehandelt
hätten. Sie verlieren indessen ohne weiteres ihre Rechte gegenüber dem
Kontrahenten und werden von ihren Verpflichtungen ihm gegenüber befreit,
falls die zu gründende Gesellschaft aufgrund von Art. 645 Abs. 2 OR in ihre
Rechtsstellung eintritt. Wer aus dem vorgesellschaftlichen Verhältnis
berechtigt und verpflichtet ist, entscheidet sich nach Massgabe des
effektiven Handelns oder der - in der Regel gesellschaftsrechtlichen -
Vertretungswirkung von Dritthandlungen. Gegenüber der zu gründenden
Aktiengesellschaft stehen die Handelnden nach wohl zutreffender,
hier aber nicht zu erörternden Auffassung in der Rechtsstellung eines
Geschäftsführers ohne Auftrag (FORSTMOSER, Schweiz. Aktienrecht, S. 411
Rz. 36; GUTZWILLER, Zürcher Kommentar, N. 14 zu Art. 838 OR; BÄR, aaO, S.
94; differenziert SIEGWART, Zürcher Kommentar, N. 26 zu Art. 645 OR).

    e) Die Handelnden haben nach Art. 645 Abs. 1 OR nur für die Erfüllung,
nicht auch für die Gültigkeit des mit einem Dritten abgeschlossenen
Rechtsgeschäfts einzustehen (SIEGWART, Zürcher Kommentar, N. 12 zu Art. 645
OR; FORSTMOSER, Schweiz. Aktienrecht, S. 407 Rz. 18; TRÖSCH, aaO, S. 60
f.). Das bedeutet nach der dargelegten Auffassung zur Rechtsstellung der
Handelnden, dass sie aus dem Rechtsgeschäft nur und insoweit verpflichtet
werden, als dieses ihnen gegenüber gültig begründet worden ist. Geht es
um Bürgschaften, werden die Handelnden als Bürgen bloss verpflichtet,
wenn die für sie geltenden Formvorschriften erfüllt sind. Bürgschaften
natürlicher Personen aber bedürfen, sofern der Haftungsbetrag - wie im
vorliegenden Fall - 2'000 Franken übersteigt, der öffentlichen Beurkundung
(Art. 493 Abs. 2 OR). Nach den Feststellungen der Vorinstanz blieb diese
Form in den beiden zur Beurteilung stehenden Verträgen unbeachtet. Damit
entfällt mangels formgenüglicher Verpflichtung eine Haftung der Beklagten.

Erwägung 3

    3.- Dieses Ergebnis rechtfertigt sich teleologisch namentlich auch
mit Blick auf die ausgeprägte Schutzfunktion der Bürgschaftsform,
welche umfassend ausgestaltet ist. Sie erfasst - im Gegensatz zum
allgemeinen Vollmachtsrecht - auch die Vollmacht zum Abschluss eines
Bürgschaftsvertrags (Art. 493 Abs. 6 OR; BGE 99 II 39 E. 1; GIOVANOLI,
Berner Kommentar, N. 47 f. zu Art. 493 OR), die Umwandlung einer einfachen
in eine Solidarbürgschaft (Art. 493 Abs. 5 OR) sowie die Nach- und
Mitbürgschaft, selbst wenn diese in der Form des nachträglichen Beitritts
erfolgt (vgl. GIOVANOLI, Berner Kommentar, N. 3 zu Art. 493 OR und N. 3
zu Art. 497 OR). Eine natürliche Person soll daher nach dem Willen des
Gesetzgebers als Bürgin (über 2'000 Franken) nur in Anspruch genommen
werden können, wenn sie sich dazu unmittelbar oder mittelbar in einer
öffentlichen Urkunde verpflichtet hat. Daraus ergibt sich auch, dass ein im
allgemeinen formfrei gültiger solidarischer Schuldbeitritt (GAUCH/SCHLUEP,
Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, 6. Auflage,
Band II, Rz. 3758) zu einem formbedürftigen Bürgschaftsverhältnis
als Mitbürgschaft der Form des Grundgeschäfts bedarf (vgl. BUCHER,
Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, 2. Auflage, S. 587)
und dass der Garantievertrag zu einer Bürgschaft seinerseits nur in der
Form der Bürgschaft gültig ist (vgl. Art. 493 Abs. 6 OR). Art. 645 Abs. 1
OR enthält dazu keine Ausnahme. Der für die zu gründende Gesellschaft
Handelnde haftet demnach auch nach den massgebenden Wertungen des Gesetzes
nur dann als Bürge, wenn er sich formgenüglich als solcher verpflichtet
hat.

    Daran ändert nichts, dass die organschaftliche Vertretungsmacht,
auf der letztlich auch Art. 645 Abs. 1 OR gründet, keiner formgebundenen
Vollmacht zur Eingehung einer Bürgschaft bedarf (GIOVANOLI, Berner
Kommentar, N. 50 zu Art. 493 OR). Als Bürgin wird diesfalls die juristische
Person und nicht das Organ verpflichtet. Soll dieses persönlich mithaften,
muss seine Verpflichtung in der gesetzlichen Form erfolgen.