Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 123 III 16



123 III 16

3. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 15. Januar 1997
i.S. Erben E. gegen M. (Berufung) Regeste

    Art. 107 OR. Wahlrecht des Gläubigers bei Verzug des Schuldners.

    Verzug des Verkäufers nach rechtskräftiger Verurteilung des Käufers
zur Bezahlung des Kaufpreises: Steht der Klage des Käufers die Einrede
der abgeurteilten Sache entgegen (E. 2)?

    Bedeutung der Wahlmöglichkeiten des Gläubigers bei Verzug des
Schuldners. Auslegung der Wahlerklärung. Unwiderruflichkeit der
getroffenen Wahl (E. 4).

Sachverhalt

    A.- Am 27. Januar 1990 schloss Dr.med. M. mit den Erben des
verstorbenen Dr.med. E. einen Kaufvertrag über dessen gynäkologische
Praxis, wobei im Kaufpreis von Fr. 70'000.-- insbesondere sämtliche
Krankengeschichten der Patientinnen enthalten sein sollten. In der
Folge weigerte sich M., diesen Betrag zu bezahlen; er stellte sich auf
den Standpunkt, dass die Goodwillentschädigung zu hoch sei, weil die
Karteiunterlagen grösstenteils unleserlich und zudem mit unverständlichen
Aufzeichnungen versehen seien, wie er bei einer Durchsicht eines Teils
der Unterlagen am 28. Januar 1990 festgestellt habe.

    Im März 1991 klagten die Erben E. beim Appellationshof des
Kantons Bern ihre Kaufpreisforderung sowie eine Forderung aus von
ihnen anstelle von M. bezahlten Mietzinsen für die Praxisräumlichkeiten
ein. Der Appellationshof verpflichtete M. mit Urteil vom 7. Juli 1992,
den Erben E. Fr. 70'000.-- sowie Fr. 6'464.-- zu bezahlen, beides
nebst Zins. Auf Berufung bestätigte das Bundesgericht dieses Urteil,
wobei es in seinem Entscheid vom 20. April 1993 in Übereinstimmung
mit der Vorinstanz insbesondere den Einwand verwarf, der sämtliche
Krankengeschichten der Patientinnen umfassende Kaufvertrag der Parteien
weise einen widerrechtlichen Inhalt auf und sei daher gemäss Art. 20
Abs. 1 OR nichtig (BGE 119 II 222 ff.).

    Im Anschluss an diesen Bundesgerichtsentscheid ergaben sich weitere
Meinungsverschiedenheiten über die Vertragserfüllung. M. erhob Anspruch
auf alle Unterlagen über die Patientinnen. Die Erben E. vertraten
demgegenüber die Ansicht, nur die Namen und die Adressen seien
geschuldet. Nach längerem Hin und Her verzichtete M. mit Schreiben vom
26. November 1993 auf die Leistung der Verkäufer und behielt sich die
Geltendmachung von Schadenersatz vor. Die Erben E. setzten in der Folge
den vom Bundesgericht zugesprochenen Betrag in Betreibung. Nachdem
sie definitive Rechtsöffnung erlangt hatten, bezahlte ihnen M. mit
Vergütungsaufträgen vom 21. April 1994 und vom 7. Juni 1994 den Betrag von
Fr. 85'913.--. M. verlangte daraufhin erneut die bedingungslose Herausgabe
aller Patientinnenunterlagen. Die Erben E. lehnten dies wiederum ab.
Mit Schreiben vom 17. Juni 1994 erklärte der Kläger deshalb den Rücktritt
vom Vertrag und stellte die Rückforderung des Geleisteten sowie die
Geltendmachung von Schadenersatz in der Höhe der angefallenen Prozess-
und Parteikosten in Aussicht.

    B.- Am 13. April 1995 klagte M. beim Appellationshof des Kantons Bern
gegen die Erben E. auf Rückzahlung des Betrages von Fr. 85'913.-- und auf
Schadenersatz in der Höhe von Fr. 4'898.--. Mit Urteil vom 13. März 1996
schützte der Appellationshof diese Begehren.

    C.- Das Bundesgericht heisst die Berufung der Beklagten teilweise
gut, hebt das Urteil des Appellationshofs auf und weist die Streitsache
zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurück.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- Wie bereits im kantonalen Verfahren erheben die Beklagten auch
vor Bundesgericht die Einrede der abgeurteilten Sache und beantragen
gestützt darauf - wenn auch bloss im Sinne eines Eventualstandpunktes -
Nichteintreten auf die Klage. Dieser Antrag ist zulässig (vgl. Art. 40
OG in Verbindung mit Art. 22 BZP; BGE 121 III 474 E. 2 S. 477). Zu
seiner Begründung führen die Beklagten an, der Streitgegenstand
des vorliegenden zweiten Prozesses sei mit jenem des ersten, mit dem
Urteil des Bundesgerichts vom 20. April 1993 abgeschlossenen Prozesses
identisch; in beiden Verfahren gehe es um den zulässigen Kaufgegenstand,
um die richtige und rechtzeitige Erfüllung durch die Verkäufer und um
die Verpflichtung des Käufers zur Bezahlung des Kaufpreises.

    a) Eine abgeurteilte Sache liegt vor, wenn der streitige Anspruch
mit einem schon rechtskräftig beurteilten identisch ist. Dies trifft zu,
falls der Anspruch dem Richter aus demselben Rechtsgrund und gestützt
auf denselben Sachverhalt erneut zur Beurteilung unterbreitet wird. In
anspruchsbezogene materielle Rechtskraft erwächst demzufolge allein das
Sachurteil. Ein solches liegt nur vor, wenn und soweit das Gericht die
Sachverhaltsvorbringen der Parteien materiellrechtlich würdigt, das heisst
den geltend gemachten Anspruch inhaltlich beurteilt. Die Rechtskraftwirkung
tritt nur soweit ein, als über den geltend gemachten Anspruch entschieden
worden ist. Zwar erwächst der Entscheid nur in jener Form in Rechtskraft,
wie er im Urteilsdispositiv zum Ausdruck kommt, doch ergibt sich dessen
Tragweite vielfach erst aus den Urteilserwägungen. Im übrigen haben
die tatsächlichen Feststellungen und die rechtlichen Erwägungen eines
Entscheids aber in einer anderen Streitsache keine bindende Wirkung. Die
materielle Rechtskraft der Entscheidung wird objektiv begrenzt durch
den Streitgegenstand. Der Begriff der Anspruchsidentität ist nicht
grammatikalisch, sondern inhaltlich zu verstehen. Er wird durch die
Rechtsbehauptungen bestimmt, die von den im abgeschlossenen Verfahren
gestellten und beurteilten Begehren erfasst werden. Der neue Anspruch ist
deshalb trotz abweichender Umschreibung vom beurteilten nicht verschieden,
wenn er in diesem bereits enthalten war, wenn im neuen Verfahren bloss das
kontradiktorische Gegenteil zur Beurteilung gestellt wird oder wenn die im
ersten Prozess beurteilte Hauptfrage für Vorfragen des zweiten Prozesses
von präjudizieller Bedeutung ist. Anderseits sind Rechtsbehauptungen trotz
gleichen Wortlauts dann nicht identisch, wenn sie nicht auf dem gleichen
Entstehungsgrund, das heisst auf denselben Tatsachen und rechtlichen
Umständen beruhen (BGE 121 III 474 E. 4a S. 477 f., mit Hinweisen).

    b) Bei einem zweiseitigen Vertrag muss, wer den andern zur Erfüllung
anhalten will, nach Art. 82 OR entweder selbst bereits erfüllt haben oder
die Erfüllung anbieten, es sei denn, er habe nach dem Inhalt oder der Natur
des Vertrages erst später zu erfüllen. Nach herrschender Lehre (WEBER,
Berner Kommentar, N. 199 zu Art. 82 OR; SCHRANER, Zürcher Kommentar,
N. 7 zu Art. 82 OR; LEU, in: Kommentar zum Schweizerischen Privatrecht,
Basel, N. 1 und 12 f. zu Art. 82 OR; VON TUHR/ESCHER, Allgemeiner Teil
des Schweizerischen Obligationenrechts, Bd. II, 3. Aufl. 1974, S. 60
f.; GAUCH/

    SCHLUEP, Schweizerisches Obligationenrecht Allgemeiner Teil,
6. Aufl. 1995, Bd. II, N. 2229) und Rechtsprechung (Urteil des
Bundesgerichts vom 8. Oktober 1985, publiziert in SJ 1986, S. 382;
vgl. auch BGE 111 II 463 E. 3 S. 466; ebenso bereits 76 II 298 E. 3
S. 299; 79 II 277 E. 2 S. 279) gibt diese Bestimmung dem Schuldner
eine aufschiebende Einrede mit der Wirkung, dass er die geforderte
Leistung bis zur Erbringung oder Anbietung der Gegenleistung
zurückhalten darf. Der Gläubiger kann sich demnach damit begnügen,
auf vorbehaltlose Leistung zu klagen; es obliegt dem Schuldner, die
Einrede zu erheben (BGE 111 II 463 E. 3 S. 466). Wird die Einrede
nicht erhoben, bildet somit die Gegenleistung nicht Streitgegenstand
und wird im Urteil auch dann nicht rechtskräftig über sie entschieden,
wenn sie nach dem Vertrag in Vorleistung oder Zug um Zug zu erbringen
ist (vgl. SJ 1986, S. 382). Erhebt der Schuldner dagegen die Einrede,
zwingt er den Gläubiger zur Beweisführung über die Erfüllung oder das
gehörige Angebot der Gegenleistung (WEBER, aaO, N. 216 zu Art. 82 OR;
SCHRANER, aaO, N. 198 zu Art. 82 OR; LEU, aaO, N. 13 zu Art. 82 OR;
VON TUHR/ESCHER, aaO, S. 64). Insofern wird diesfalls die Gegenleistung
zum Streitgegenstand. Das Gericht hat die Gegenleistung dabei jedoch nur
insoweit inhaltlich zu beurteilen, als der Nachweis ihrer Erfüllung oder
ihres Angebots Voraussetzung für die Gutheissung der Klage des Gläubigers
ist. Das Urteil steht daher einem neuen Prozess über die Gegenleistung
nur entgegen, soweit darin deren tatsächliche Erfüllung als bewiesen oder
das Angebot der Erfüllung als vertragskonform erkannt wird.

    c) Im vorliegenden Fall hatte der Kläger im Vorprozess als Schuldner
mindestens sinngemäss die Einrede aus Art. 82 OR erhoben und gerügt, die
von den Beklagten angebotenen Unterlagen seien mangelhaft gewesen. Die
Einrede wurde mit der Begründung verworfen, dass dem Beklagten
eine allfällige Unleserlichkeit der Krankengeschichten schon beim
Vertragsschluss bekannt gewesen und dass ihm nach den Feststellungen
der Vorinstanz für die Entzifferung überdies Hilfe zugesagt worden
sei. Es wurde somit entschieden, dass das Angebot der Beklagten,
den Vertrag ihrerseits zu erfüllen, vertragsgemäss war. Dagegen
wurde im Urteil vom 20. April 1993 nicht festgestellt, die Beklagten
hätten ihre Leistung tatsächlich erbracht und den Vertrag ihrerseits
erfüllt. Wie der Appellationshof zutreffend festhält, bildete die
eigentliche Vertragsabwicklung insoweit nicht Gegenstand des damaligen
Verfahrens. Wenn der Kläger daher behauptet, die Beklagten hätten ihre -
vor dem Urteil vom 20. April 1993 gehörig angebotene - Leistung nach dem
Urteil dennoch verweigert, nachdem er Erfüllung verlangt habe, so stützt
er seine Klage auf eine neue Tatsache. Die Vorinstanz hat die Einrede
der abgeurteilten Sache zu Recht verworfen.

Erwägung 3

    3.- Nach den Feststellungen der Vorinstanz hat der Kläger nach dem
Urteil vom 20. April 1993 mehrmals die bedingungslose Herausgabe aller
Patientinnenunterlagen verlangt, was die Beklagten jedoch in dieser
Form verweigert haben. Die Beklagten führen in ihrer Berufung selbst
aus, dass sie bis zum Zeitpunkt des Urteils des Appellationshofs vom
7. Juli 1992 dem Kläger "die Kaufsache in ihrer Gesamtheit" angeboten
hatten. Nach dem Urteil des Bundesgerichts vom 20. April 1993 bildeten
Vertragsgegenstand die über die Patientinnen bestehenden schriftlichen
Unterlagen (Namen, Adressen, Krankengeschichten, Operationsberichte),
wobei sämtliche schriftlichen Unterlagen bezüglich der Patientinnen mit
der Praxisübernahme in den Gewahrsam des Beklagten übergehen sollten. Wie
die Vorinstanz zutreffend darlegt, ist unter diesen Umständen die Ansicht
der Beklagten nicht nachvollziehbar, sie hätten mit einer nachträglichen
Einschränkung ihrer Leistung auf die Übergabe bloss der Namen und Adressen
der Patientinnen weiterhin vertragskonforme Erfüllung angeboten. Aus der
Rechtsschrift der Beklagten ist im übrigen nicht ersichtlich, welche
Bundesrechtsnormen die Vorinstanz verletzt haben sollte, wenn sie den
Leistungsgegenstand der Beklagten im Sinne der Urteile des Appellationshofs
vom 7. Juni 1992 und des Bundesgerichts vom 20. April 1993 verstand.

Erwägung 4

    4.- Befindet sich ein Schuldner bei zweiseitigen Verträgen im Verzug,
ist der Gläubiger berechtigt, ihm eine angemessene Frist zur nachträglichen
Erfüllung anzusetzen oder durch die zuständige Behörde ansetzen zu
lassen (Art. 107 Abs. 1 OR). Wird auch bis zum Ablauf dieser Frist nicht
erfüllt, hat der Gläubiger die Wahl, entweder immer noch Erfüllung -
sowie Verspätungsschaden - zu verlangen oder, wenn er es unverzüglich
erklärt, auf die nachträgliche Leistung zu verzichten. Verzichtet er auf
nachträgliche Leistung, kann er entweder Schadenersatz wegen Nichterfüllung
verlangen oder vom Vertrag zurücktreten (Art. 107 Abs. 2 OR).

    a) Die Vorinstanz bejaht den Schuldnerverzug der Beklagten. Sie hält
in diesem Zusammenhang fest, dass Verzug bei der Gegenleistung auch
nach dem rechtskräftigen Urteil über die Preiszahlung eintreten kann,
was die Beklagten zu Recht nicht als bundesrechtswidrig rügen. Die
Beklagten bestreiten zwar den Zeitpunkt der Fälligkeit ihrer Leistung,
stellen aber nicht in Abrede, dass die Leistung jedenfalls seit dem
rechtskräftigen Urteil über die Zahlungspflicht des Klägers längst fällig
war. Den Ausführungen der Beklagten ist im übrigen nicht zu entnehmen,
ob und inwiefern sie die Voraussetzungen des Schuldnerverzugs bestreiten
wollen. Zwar trifft zu, dass der Kläger rechtskräftig zur Zahlung
verurteilt war, sich seinerseits daher nicht mehr auf eine allfällige
vertragliche Vorleistungspflicht der Beklagten berufen konnte und dass die
Beklagten ihre Forderung auf dem Betreibungsweg vollstrecken konnten und
auch vollstreckt haben. Mit ihrer Ansicht, dass sie vor der vollständigen
Bezahlung des Preises durch den Kläger am 20. Juni 1994 mit ihrer eigenen
Leistung gar nicht in Verzug hätten geraten können, verkennen die Beklagten
jedoch, dass der Kläger, als er von ihnen Erfüllung forderte, nach den
Feststellungen im angefochtenen Urteil jeweils seine eigene Leistung
angeboten hat und dass in Art. 82 OR das gehörige Angebot der Erfüllung
gleichgestellt wird. Dass der Kläger die Beklagten im Sinne von Art. 102
Abs. 1 OR zur Erfüllung gemahnt hat, ist im übrigen nicht bestritten. Die
Beklagten leiten denn auch aus ihrer Behauptung, der Schuldnerverzug habe
frühestens nach vollständiger Bezahlung ihrer eigenen Forderung eintreten
können, rechtlich nichts ab, sondern stellen sich im Gegenteil auf den
Standpunkt, der Kläger habe die Wahlmöglichkeiten des Art. 107 Abs. 2 OR
schon am 26. November 1993 und nicht erst im Juni 1994 ausgeübt.

    b) Entscheidet sich der Gläubiger mit dem Verzicht auf die
nachträgliche Leistung für Schadenersatz aus Nichterfüllung, so hat
der Schuldner ihm den Wert der Leistung zu ersetzen, auf die der
Gläubiger verzichtet hat, während dieser grundsätzlich zur Erbringung
seiner eigenen Leistung verpflichtet bleibt (VON TUHR/ESCHER, aaO,
S. 154 f.; GAUCH/SCHLUEP, aaO, N. 3052 ff.; BUCHER, Schweizerisches
Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, 2. Aufl. Zürich 1988, S. 379
f.). Der Gläubiger hat Anspruch auf Ersatz des sogenannten positiven oder
Erfüllungs-Interesses; er ist vermögensmässig so zu stellen, wie wenn
der Vertrag ordnungsgemäss erfüllt worden wäre (WIEGAND, in: Kommentar
zum Schweizerischen Privatrecht, Basel, N. 17 zu Art. 107 OR; vgl. auch
BGE 120 II 296 E. 3b S. 299). Der Vertragsrücktritt begründet dagegen ein
Rückabwicklungs- oder Liquidationsverhältnis, in dessen Rahmen bereits
erbrachte Leistungen in natura oder wertmässig zurückzuerstatten sind
(BGE 111 II 157), so dass die Parteien nach Möglichkeit vermögensmässig
so gestellt werden, wie wenn sie den Vertrag nie geschlossen hätten.

    Umstritten ist, ob der Gläubiger mit der Verzichtserklärung
gleichzeitig seine Entscheidung zugunsten des Schadenersatzes
wegen Nichterfüllung oder des Vertragsrücktritts bekanntgeben muss
(GAUCH/SCHLUEP, aaO N. 3050 f.; WIEGAND, aaO, N. 15 zu Art. 107 OR). Fest
steht hingegen, dass die einmal getroffene Wahl als Ausübung eines
Gestaltungsrechts ebenso unwiderruflich ist wie der Verzicht auf die
Leistung (VON TUHR/ESCHER, aaO, S. 153 f.; BUCHER, aaO, S. 373). Für die
Auslegung der Wahlerklärung ist der Vertrauensgrundsatz massgebend, sofern
nicht festgestellt ist, dass die Parteien sie übereinstimmend im einen oder
im anderen Sinne gemeint und verstanden haben. Die Erklärung ist daher so
auszulegen, wie sie der Schuldner nach den gesamten Umständen in guten
Treuen verstehen durfte und musste (WIEGAND, aaO, N. 15 zu Art. 107 OR;
BUCHER, aaO, S. 373 f.; vgl. auch BGE 76 II 300 E. 3 S. 306; 54 II 308
S. 313).

    c) Nach den Feststellungen der Vorinstanz hat der Kläger in seinem
Schreiben vom 26. November 1993 erklärt, dass er gestützt auf Art. 107
Abs. 2 OR auf die Gegenleistung verzichte und sich die Geltendmachung
des aus der Nichterfüllung entstandenen Schadens vorbehalte. Der
Appellationshof hat diese Erklärung dahin ausgelegt, dass sich der Kläger
für Schadenersatz wegen Nichterfüllung des Vertrages entschieden hat. Diese
Auslegung ist bundesrechtlich nicht zu beanstanden. Im angefochtenen Urteil
werden keine Umstände angeführt, die nahelegen würden, die Erklärung
entgegen ihrem klarem Wortlaut als Vertragsrücktritt aufzufassen. Aus
den Feststellungen der Vorinstanz zu den zum Teil widersprüchlichen
Standpunkten, welche die Parteien in der Zeit nach der Erklärung vom
26. November 1993 eingenommen haben, ergibt sich zwar, dass sie sich über
deren Bedeutung möglicherweise nicht restlos im Klaren waren. Dass die
Parteien die Erklärung tatsächlich übereinstimmend als Vertragsrücktritt
aufgefasst hätten, hat der Appellationshof aber jedenfalls nicht
festgestellt. Bei dieser Sachlage kann ihm keine Verletzung von
Bundesrecht vorgeworfen werden, wenn er die Erklärung so ausgelegt hat,
wie sie die Beklagten mangels anderer Anhaltspunkte aufgrund des klaren
Wortlauts nach Treu und Glauben verstehen durften und mussten.

    In seinen weiteren Erwägungen nimmt der Appellationshof an, der Kläger
habe nach der auf dem Betreibungsweg erzwungenen Bezahlung seiner eigenen
Leistung auf die erklärte Wahl insofern zurückkommen können, als er,
statt Schadenersatz aus der Nichterfüllung des Vertrages zu verlangen,
vom Vertrag habe zurücktreten können. In diesem Zusammenhang verweist
die Vorinstanz auf eine Lehrmeinung, die den Gläubiger, soweit sein
Schadenersatzanspruch an der Exkulpation des Schuldners scheitert (Art. 97
Abs. 1 und Art. 103 Abs. 2 OR), wieder in sein Wahlrecht einsetzen,
ihm also erneut die Möglichkeit des Vertragsrücktritts gewähren will
(GAUCH/SCHLUEP, aaO, N. 3024 ff.). Der Fall, dass der Schuldner sich
exkulpieren und auf diese Weise der Schadenersatzpflicht entgehen
kann, ist jedoch mit dem vorliegend zu beurteilenden Sachverhalt nicht
vergleichbar. Bei Exkulpation des Schuldners entfällt oder reduziert sich
dessen Leistungspflicht aus Gründen, auf die der Gläubiger keinen Einfluss
hat; es mag deshalb als unbillig erscheinen, vom Gläubiger dennoch die
volle Erbringung seiner eigenen Vertragsleistung zu verlangen. Dagegen
berührt es die Leistungspflicht des Schuldners nicht, wenn - wie im
vorliegenden Fall - die Leistung des Gläubigers auf dem Betreibungsweg
erzwungen wird. Weshalb der Umstand, dass der Kläger seine Leistung auf
Betreibung hin hat erbringen müssen, ein Rückkommen auf die getroffene
Wahl erlauben soll, ist daher nicht einzusehen. Die Vorinstanz hat die
bindende Wirkung der einmal erklärten Wahl verkannt, wenn sie deren
Widerruf zugelassen hat. Insoweit ist die Berufung begründet.

    d) Der Appellationshof hat die Beklagten gemäss Art. 109 OR zur
Rückleistung und zu Schadenersatz aus dem Dahinfallen des Vertrages
verpflichtet und damit den Ersatzanspruch des Klägers so berechnet,
als wäre er vom Vertrag zurückgetreten. Der Erklärung des Klägers vom
26. November 1993 entsprechend hätte sie den Schadenersatzanspruch nach
dessen Erfüllungsinteresse bemessen müssen, wobei dem Kläger oblag,
die Elemente seines Schadens nachzuweisen (Art. 42 Abs. 1 in Verbindung
mit Art. 99 Abs. 3 OR; BGE 120 II 296 E. 3b S. 299). Die Feststellungen
der Vorinstanz erlauben nicht, den Ersatzanspruch des Klägers auf dieser
Grundlage zu berechnen. Das angefochtene Urteil ist deshalb aufzuheben
und die Streitsache gestützt auf Art. 64 Abs. 1 OG an die Vorinstanz
zurückzuweisen.