Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 122 V 34



122 V 34

6. Urteil vom 24. Januar 1996 i.S. T. gegen Öffentliche Arbeitslosenkasse
Basel-Stadt und Kantonale Schiedskommission für Arbeitslosenversicherung
des Kantons Basel-Stadt Regeste

    Art. 16 Abs. 1bis AVIG, Art. 30 Abs. 1 lit. d AVIG (in der bis
31. Dezember 1995 gültig gewesenen Fassung). Zum Gegenstand der Einstellung
in der Anspruchsberechtigung bei Ablehnung einer Zwischenverdienstarbeit.

    Art. 30 AVIG (in der bis 31. Dezember 1995 gültig gewesenen
Fassung); Art. 103 Abs. 4 AVIG, Art. 114 Abs. 1 OG, Art. 103
Abs. 6 AVIG, Art. 4 Abs. 1 BV. Streitgegenstand bei Anfechtung von
Einstellungsverfügungen. Richterliche Überprüfungsbefugnis. Präzisierung
der Rechtsprechung.

Sachverhalt

    A.- Die 1955 geborene T. bezog ab 7. Juni 1993 Taggelder der
Arbeitslosenversicherung. Mit Schreiben vom 9. November 1993 wies ihr das
Kantonale Arbeitsamt Basel-Stadt eine Stelle als Kantinenangestellte beim
Service X zu. Unter der Rubrik "Anforderungen" wurde festgehalten:

    "3 Kantinenangestellte mit sehr guten D-Kenntnissen im

    Teilzeit-Angestelltenverhältnis gesucht, temporär bis 15.4.94,
Arbeitszeit:

    11.30 bis 15.30 Uhr, spätere feste Anstellung möglich."

    Nachdem T. am Freitag, den 12. November und Montag, den 15. November
1993 zwei Schnuppertage (je vier Stunden) absolviert hatte, teilte
ihr die Personalassistentin am 17. November 1993 mit, dass ihr keine
Stelle angeboten werden könne. Man habe sich für eine andere Bewerberin
entschieden.

    Mit Verfügung vom 14. Januar 1994 stellte die Öffentliche
Arbeitslosenkasse Basel-Stadt T. wegen selbstverschuldeter
Arbeitslosigkeit für die Dauer von 25 Tagen (ab 2. November 1993) in der
Anspruchsberechtigung ein. Sie habe durch ihre "unmotivierte Arbeitsweise
(...) die Festanstellung verscherzt".

    B.- Beschwerdeweise beantragte T. die Aufhebung der
Einstellungsverfügung "wegen falscher bzw. unzutreffender Begründung". Sie
verwies namentlich darauf, dass die betreffende Stelle lediglich befristet
und bloss stundenweise zu besetzen war ohne eine verbindliche Zusage für
eine spätere feste Anstellung.

    Die Kantonale Schiedskommission für Arbeitslosenversicherung des
Kantons Basel-Stadt führte eine Hauptverhandlung durch, an welcher die
Versicherte, ein Vertreter der Kasse sowie die Personalassistentin des
Service X teilnahmen. Sie hiess die Beschwerde teilweise gut und stellte
die Versicherte wegen Nichtannahme einer ihr zugewiesenen zumutbaren
Arbeit für 20 Tage ab 2. November 1993 in der Anspruchsberechtigung ein
(Entscheid vom 19. Mai 1994).

    C.- T. führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde und beantragt die Aufhebung
der Einstellung in der Anspruchsberechtigung, eventuell Rückweisung der
Sache an die kantonale Schiedskommission zur Neubeurteilung.

    Die Arbeitslosenkasse trägt auf Abweisung der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde an; das Bundesamt für Industrie, Gewerbe
und Arbeit (BIGA) lässt sich nicht vernehmen.

    D.- Am 24. Januar 1996 hat das Eidg. Versicherungsgericht eine
parteiöffentliche Beratung durchgeführt.

Auszug aus den Erwägungen:

      Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Streitig und zu prüfen ist die Einstellung der Beschwerdeführerin
in der Anspruchsberechtigung auf Arbeitslosentaggelder für die
Dauer von 20 Tagen ab 2. November 1993. Diese Frage beurteilt
sich aufgrund der bei Verwirklichung des einstellungsrechtlich
relevanten Sachverhaltes geltenden Rechtssätze (BGE 118 V 110 Erw. 3
mit Hinweis), somit nach den in diesem Zeitpunkt gültig gewesenen
Bestimmungen des Arbeitslosenversicherungsgesetzes (AVIG) und der
Arbeitslosenversicherungsverordnung (AVIV).

Erwägung 2

    2.- a) Im verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren sind
grundsätzlich nur Rechtsverhältnisse zu überprüfen und zu beurteilen,
zu denen die zuständige Verwaltungsbehörde vorgängig verbindlich -
in Form einer Verfügung - Stellung genommen hat. Insoweit bestimmt die
Verfügung den beschwerdeweise weiterziehbaren Anfechtungsgegenstand. Davon
zu unterscheiden ist der Streitgegenstand, worunter das Rechtsverhältnis
verstanden wird, welches - im Rahmen des durch die Verfügung bestimmten
Anfechtungsgegenstandes - den aufgrund der Beschwerdebegehren effektiv
angefochtenen Verfügungsgegenstand bildet (BGE 119 Ib 36 Erw. 1b, 118 V
313 Erw. 3b, je mit Hinweisen).

    Nach der Rechtsprechung des Eidg. Versicherungsgerichts kann das
verwaltungsgerichtliche Verfahren aus prozessökonomischen Gründen auf
eine ausserhalb des Anfechtungsgegenstandes, d.h. ausserhalb des durch
die Verfügung bestimmten Rechtsverhältnisses liegende spruchreife Frage
ausgedehnt werden, wenn diese mit dem bisherigen Streitgegenstand derart
eng zusammenhängt, dass von einer Tatbestandsgesamtheit gesprochen werden
kann, und wenn sich die Verwaltung zu dieser Streitfrage mindestens in
Form einer Prozesserklärung geäussert hat (BGE 110 V 51 Erw. 3b in fine
mit Hinweis; ARV 1985 Nr. 23 S. 177 Erw. 5b).

    b) Im Rahmen der Rechtsanwendung von Amtes wegen hat der
Sozialversicherungsrichter auf den festgestellten Sachverhalt jenen
Rechtssatz anzuwenden, den er als den zutreffenden ansieht, und ihm auch
die Auslegung zu geben, von der er überzeugt ist (BGE 110 V 20 Erw. 1, 52
f. Erw. 4a; vgl. BGE 116 V 26 f. Erw. 3c; ZAK 1988 S. 615 Erw. 2a). Der
Richter hat sich nicht darauf zu beschränken, den Streitgegenstand
bloss im Hinblick auf die von den Parteien aufgeworfenen Rechtsfragen zu
überprüfen (GYGI, Bundesverwaltungsrechtspflege, 2. Aufl., S. 212). Er
kann eine Beschwerde gutheissen oder abweisen aus anderen Gründen
als vom Beschwerdeführer vorgetragen oder von der Vorinstanz erwogen
(Art. 114 Abs. 1 am Ende in Verbindung mit Art. 132 OG; BGE 119 V 28
Erw. 1b mit Hinweisen, 442 Erw. 1a). Das Prinzip der Rechtsanwendung von
Amtes wegen gilt namentlich auch im kantonalen Beschwerdeverfahren im
Bereich der Arbeitslosenversicherung (Art. 103 Abs. 4 zweiter Satz AVIG;
unveröffentlichtes Urteil P. vom 23. Juni 1989).

    c) Liegt, wie im vorliegenden Fall, eine verfügte Einstellung in
der Anspruchsberechtigung auf Arbeitslosentaggelder im Streit, prüft
die kantonale Beschwerdeinstanz frei, insbesondere ohne Bindung an
die rechtliche Qualifikation des dem Versicherten in der angefochtenen
Verfügung vorgeworfenen Verhaltens, ob und gegebenenfalls welcher der in
Art. 30 Abs. 1 AVIG und Art. 44 AVIV normierten Einstellungstatbestände
erfüllt ist. Dabei hat sie bei ihrem Entscheid die aus dem Anspruch auf
rechtliches Gehör abgeleiteten Verfahrensrechte der Parteien zu beachten,
was je nach konkreter Verfahrenslage oder materiellrechtlichen Auswirkungen
gebieten kann, die Parteien noch besonders anzuhören (BGE 119 Ia 261
Erw. 6a, 119 V 211 Erw. 3b, je mit Hinweisen). Zusätzliche Schranken
sind zu beachten, wenn der Richter, sei es von sich aus aufgrund von
Anhaltspunkten in den Akten, sei es wegen eines von der Verwaltung
nachträglich (zum Beispiel in der Vernehmlassung) erwähnten Grundes
(sog. "Nachschieben" von Einstellungsgründen), im Vergleich zur verfügten
Einstellung von einem anderen Sachverhalt ausgehen will, der unter einen
anderen Einstellungsgrund zu subsumieren ist oder im Rahmen des gleichen
Einstellungstatbestandes einen sachverhaltlich neuen Verschuldensvorwurf
begründet. Dies ist nur zulässig, wenn die Voraussetzungen für eine
Ausdehnung des Verfahrens über den Anfechtungsgegenstand gegeben sind und
das rechtliche Gehör gewahrt wird (vgl. BGE 116 V 185 Erw. 1a in fine,
115 Ia 96 Erw. 1b, 114 Ia 99 Erw. 2a). Soweit den Urteilen in ARV 1992
Nr. 15 S. 143 und ARV 1989 Nr. 7 S. 94 Erw. 4c etwas anderes entnommen
werden könnte, ist daran nicht festzuhalten.

Erwägung 3

    3.- Im vorliegenden Fall hat die Arbeitslosenkasse die
Beschwerdeführerin wegen selbstverschuldeter Arbeitslosigkeit (Art. 30
Abs. 1 lit. a AVIG und Art. 44 lit. a AVIV) für die Dauer von 25 Tagen ab
2. November 1993 in der Anspruchsberechtigung auf Arbeitslosentaggelder
eingestellt. Die kantonale Schiedskommission hat die Einstellung im Umfang
von 20 Tagen geschützt, dabei jedoch den Tatbestand der Nichtannahme
einer durch das Arbeitsamt zugewiesenen zumutbaren Arbeit im Sinne von
Art. 30 Abs. 1 lit. d AVIG als erfüllt betrachtet.

    a) Der Vorinstanz ist darin beizupflichten, dass sich das
der Beschwerdeführerin vorgeworfene Verhalten nicht unter den
Einstellungstatbestand der selbstverschuldeten Arbeitslosigkeit
subsumieren lässt. Denn der Service X war mit der Versicherten lediglich
ein "Arbeitsverhältnis zur Probe" eingegangen, welches mit Ablauf der
zwei Schnuppertage endete (vgl. REHBINDER, Schweizerisches Arbeitsrecht,
12. Aufl., S. 121). Ihr Verhalten, soweit einstellungsrechtlich von
Bedeutung, kann daher nicht als kausal für die Auflösung dieses befristeten
Arbeitsverhältnisses betrachtet werden, was den Einstellungsgrund
der selbstverschuldeten Arbeitslosigkeit ausschliesst (vgl. GERHARDS,
Kommentar zum Arbeitslosenversicherungsgesetz [AVIG], Bd. I, N. 7 am
Ende zu Art. 30). Es stellt sich somit die Frage, ob durch das von der
Beschwerdeführerin gezeigte Verhalten ein anderer Einstellungstatbestand
erfüllt ist. Dabei ist aufgrund des von der Arbeitslosenkasse ermittelten
und insoweit unbestrittenen Sachverhaltes einzig der Einstellungstatbestand
des Art. 30 Abs. 1 lit. d AVIG zu prüfen.

    b) Der Versicherte ist in der Anspruchsberechtigung einzustellen,
wenn er die Kontrollvorschriften oder die Weisungen des Arbeitsamtes
nicht befolgt, namentlich eine ihm zugewiesene zumutbare Arbeit nicht
annimmt (Art. 30 Abs. 1 lit. d AVIG). Gemäss Rechtsprechung ist dieser
Einstellungstatbestand auch dann erfüllt, wenn der Versicherte die
Arbeit zwar nicht ausdrücklich ablehnt, es aber durch sein Verhalten in
Kauf nimmt, dass die Stelle anderweitig besetzt wird. Der arbeitslose
Versicherte hat bei den Verhandlungen mit dem künftigen Arbeitgeber klar
und eindeutig die Bereitschaft zum Vertragsabschluss zu bekunden, um die
Beendigung der Arbeitslosigkeit nicht zu gefährden (ARV 1984 Nr. 14 S. 167
sowie ARV 1982 Nr. 5 S. 43 Erw. 3a).

    Aufgrund der Akten ist davon auszugehen, dass das Verhalten der
Beschwerdeführerin während der zwei Schnuppertage, die der Abklärung ihrer
Eignung für eine der frei gewordenen Aushilfsstellen dienten, zumindest
mitursächlich für ihre Nichtanstellung war. Sie selber bestreitet denn
auch nicht ernstlich, dass sie die Stelle beim Service X erhalten hätte,
wenn sie sich ein wenig aufgeschlossener gezeigt hätte. Wie schon im
kantonalen Verfahren weist die Beschwerdeführerin jedoch darauf hin,
dass die betreffende Stelle lediglich befristet und bloss stundenweise
zu besetzen war ohne eine verbindliche Zusage für eine spätere feste
Anstellung. Damit bestreitet sie sinngemäss die - durch die Vorinstanz
ohne nähere Prüfung bejahte - Zumutbarkeit der ihr zugewiesenen Arbeit.

Erwägung 4

    4.- a) Nach Art. 16 Abs. 1 AVIG, anwendbar in der bis 31.  Dezember
1995 gültig gewesenen Fassung, ist eine Arbeit zumutbar, wenn sie den in
lit. a-d aufgezählten Anforderungen genügt und dem (ganz) Arbeitslosen
einen Lohn einbringt, der nicht geringer ist als die ihm zustehende
Arbeitslosenentschädigung (lit. e).

    Erfüllt eine Arbeit alle Bedingungen der Zumutbarkeit mit Ausnahme
derjenigen von Absatz 1 Buchstabe e, so gilt sie als zumutbar, solange
der Versicherte Kompensationsleistungen nach Art. 24 (Zwischenverdienst)
erhält (Art. 16 Abs. 1bis AVIG in der Fassung des Bundesbeschlusses über
Massnahmen in der Arbeitslosenversicherung vom 19. März 1993, in Kraft
gewesen vom 1. April 1993 bis 31. Dezember 1995).

    Als Zwischenverdienst gilt jedes Einkommen aus unselbständiger
oder selbständiger Erwerbstätigkeit, das der Arbeitslose innerhalb einer
Kontrollperiode erzielt (Art. 24 Abs. 1 AVIG). Der Versicherte hat Anspruch
auf 80 Prozent des Verdienstausfalls, solange die Höchstzahl der Taggelder
(Art. 27) nicht bezogen ist (Art. 24 Abs. 2 AVIG, gültig gewesen bis
31. Dezember 1995). Als Verdienstausfall gilt die Differenz zwischen
dem in der Kontrollperiode erzielten Zwischenverdienst, mindestens
aber dem berufs- und ortsüblichen Ansatz für die betreffende Arbeit,
und dem versicherten Verdienst. Ein Nebenverdienst (Art. 23 Abs. 3)
bleibt unberücksichtigt (Art. 24 Abs. 3 AVIG).

    b) Art. 16 Abs. 1bis AVIG erweitert den Begriff und damit den Kreis
der zumutbaren Arbeiten und dient insofern dem Ziel, die Arbeitslosigkeit
zu vermindern (vgl. Art. 17 Abs. 1 AVIG). Nach dem klaren Willen des
Gesetzgebers soll die Annahme einer im Sinne dieser Bestimmung zumutbaren
Zwischenverdienstarbeit nicht mehr (vgl. BGE 114 V 345) im Belieben des
Versicherten stehen (vgl. die Protokolle der parlamentarischen Beratung
zur Änderung des AVIG vom 19. März 1993, Amtl.Bull. 1993 N. 94 f. und S
110 f.). Vielmehr ist der Versicherte verpflichtet, eine ihm zugewiesene,
lohnmässig unzumutbare Zwischenverdienstarbeit unter den Voraussetzungen
des Art. 16 Abs. 1bis AVIG anzunehmen. Die (verschuldete) Nichtannahme
einer solchen Tätigkeit stellt einen Verstoss gegen die in Art. 17
Abs. 1 AVIG statuierte Schadenminderungspflicht (BGE 114 V 347 Erw. 2b,
ARV 1990 Nr. 20 S. 133 Erw. 2a) dar und hat, wie im Falle der Ablehnung
einer im Sinne von Art. 16 Abs. 1 AVIG zumutbaren Arbeit, grundsätzlich
die Einstellung in der Anspruchsberechtigung gestützt auf Art. 30 Abs. 1
lit. d AVIG zur Folge. Da der Begriff der zumutbaren Arbeit im Sinne dieser
Bestimmung derselbe ist wie gemäss Art. 16 Abs. 1 AVIG (vgl. dazu GERHARDS,
aaO, N. 24 zu Art. 30 und N. 2 zu Art. 16), stellt sich nunmehr die von
den gesetzgebenden Organen nicht behandelte Frage, ob und allenfalls
inwiefern der Erweiterung des Begriffs der zumutbaren Arbeit durch alt
Art. 16 Abs. 1bis AVIG einstellungsrechtlich Rechnung zu tragen sei.

    c) aa) Zweck der Einstellung als versicherungsrechtlicher Sanktion
(ARV 1990 Nr. 20 S. 132) ist die angemessene Mitbeteiligung des
Versicherten am Schaden, den er durch sein pflichtwidriges Verhalten der
Arbeitslosenversicherung natürlich und adäquat kausal verursacht hat
(GERHARDS, aaO, N. 2 und 51 zu Art. 30). Dabei bemisst sich die Dauer
der Einstellung nach Massgabe des Verschuldens (Art. 30 Abs. 3 AVIG;
BGE 113 V 154, ARV 1987 Nr. 11 S. 107).

    bb) Für die Beurteilung der Frage, inwiefern der
Arbeitslosenversicherung ein Schaden entsteht, wenn der Versicherte
eine ihm zugewiesene zumutbare Arbeit ablehnt, ist von Bedeutung,
welche versicherungsrechtlichen Folgen ein pflichtgemässes Verhalten
zeitigte. Mit der Aufnahme einer zumutbaren Arbeit gemäss Art. 16
Abs. 1 AVIG ist die Arbeitslosigkeit beendet, und der Anspruch auf
Arbeitslosentaggelder besteht nicht mehr (GERHARDS, aaO, N. 3 zu Art.
16). Demgegenüber gilt der Versicherte bei Annahme und Ausübung einer
zumutbaren Zwischenverdienstarbeit gemäss Art. 16 Abs. 1bis AVIG weiterhin
- insoweit systemwidrig (vgl. BGE 114 V 348 f. Erw. 2d) - als arbeitslos,
da er im Rahmen von Art. 24 AVIG Anspruch auf Ausgleich der Differenz
zwischen dem versicherten Verdienst und dem Zwischenverdienst hat
(Abs. 3). Daraus ergibt sich, dass der Arbeitslosenversicherung durch
die pflichtwidrige Ablehnung einer zumutbaren Arbeit ein verschieden
hoher Schaden entsteht, je nachdem, ob es sich - bei im übrigen gleichen
Umständen - um eine zumutbare Tätigkeit im Sinne von Art. 16 Abs. 1 oder
Abs. 1bis AVIG handelt. Dem ist bei der Bemessung des vom Versicherten
zu tragenden Anteils an diesem Schaden dadurch Rechnung zu tragen, dass
der Versicherte bei Ablehnung einer durch das Arbeitsamt zugewiesenen
zumutbaren Zwischenverdienstarbeit gemäss Art. 16 Abs. 1bis AVIG in
der Anspruchsberechtigung nur soweit eingestellt werden kann, als der
Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung den Anspruch auf Differenzausgleich
übersteigt. Gegenstand der Einstellung ist der betragliche Unterschied
der beiden Taggelder. Bei der Bemessung der Einstellungsdauer ist der
gleiche Verschuldensmassstab (Art. 30 Abs. 3 AVIG in Verbindung mit Art. 45
AVIV) anzulegen wie im Falle der Ablehnung einer nach Art. 16 Abs. 1 AVIG
zumutbaren Arbeit. Diese Betrachtungsweise ist einstellungsrechtlich die
zwangsläufige Folge davon, dass nach Art. 16 Abs. 1bis AVIG die Pflicht
zur Annahme auch einer lohnmässig unzumutbaren Arbeit nur besteht, wenn,
soweit und solange der Versicherte Anspruch auf Differenzausgleich (Art. 24
AVIG) hat. Soweit im übrigen gemäss Art. 30 AVIG der Versicherte in der
Anspruchsberechtigung einzustellen ist, schliesst diese Formulierung
eine Differenzierung in bezug auf den Umfang des Taggeldanspruches nach
Massgabe des Verdienstes, den der Versicherte verschuldeterweise nicht
realisiert hat, nicht aus.

    d) Im Hinblick auf die am 1. Januar 1996 in Kraft getretene zweite
Teilrevision des AVIG vom 23. Juni 1995 bleibt zu erwähnen, dass der
Begriff der zumutbaren Arbeit insofern eine Änderung erfahren hat, als
nach dem neuen Art. 16 Abs. 1 AVIG nunmehr grundsätzlich jede Arbeit
als zumutbar gilt (Botschaft des Bundesrates zur zweiten Teilrevision
des AVIG vom 29. November 1993, Separatausgabe S. 18; Amtl.Bull. 1994
S 235). Unzumutbar und somit von der Annahmepflicht ausgenommen ist
eine Arbeit lediglich in den in Abs. 2 dieser Bestimmung abschliessend
aufgezählten Fällen. Nach Art. 16 Abs. 2 lit. i AVIG ist insbesondere
eine Arbeit unzumutbar, die dem Versicherten einen Lohn einbringt,
der geringer ist als 70 Prozent des versicherten Verdienstes, es sei
denn, der Versicherte erhalte Kompensationsleistungen nach Artikel 24
(Zwischenverdienst). Ob unter neuem Recht die streitige Frage gleich zu
entscheiden wäre, braucht hier nicht weiter geprüft zu werden (vgl. Erw. 1
hievor).

Erwägung 5

    5.- a) Die der Beschwerdeführerin zugewiesene Teilzeitarbeit
als Kantinenangestellte war lohnmässig nicht zumutbar. Denn diese
Tätigkeit hätte ihr einen Bruttolohn in der Grössenordnung von
Fr. 75.--/Tag (an den zwei Schnuppertagen verdiente sie je Fr. 72.80
[4 x Fr. 18.20]) eingebracht. Dieser Betrag liegt deutlich unter der
in ihrem Fall massgebenden minimalen Brutto-Arbeitslosenentschädigung
von Fr. 97.--/Tag (0,7 x Fr. 2'993.--/21,7 Tage [Art. 22 Abs. 1 und 1bis
AVIG, Art. 40a AVIV]; vgl. BGE 114 V 347 Erw. 2b mit Hinweisen). Dagegen
erfüllt nach Lage der Akten diese Arbeit die übrigen Kriterien der
Zumutbarkeit (Art. 16 Abs. 1 lit. a-d AVIG). Sodann steht fest, dass die
Beschwerdeführerin ihren Taggeldanspruch - 250 Taggelder ab 7. Juni 1993
(Beginn der Rahmenfrist für den Leistungsbezug) - im frühest möglichen
Anstellungszeitpunkt (12. November 1993) erst gut zur Hälfte ausgeschöpft
hatte. Sie war daher aufgrund von Art. 17 Abs. 3 in Verbindung mit
Art. 16 Abs. 1bis AVIG zur Annahme der offenen Stelle beim Service X
verpflichtet. Die Ablehnung dieser Beschäftigung hat die Einstellung
in der Anspruchsberechtigung zur Folge (Art. 30 Abs. 1 lit. d AVIG),
dies jedoch masslich nur soweit die Arbeitslosenentschädigung den ihr
bei Annahme der zugewiesenen Stelle nach Massgabe von Art. 24 Abs. 2 und
3 AVIG zustehenden Differenzausgleich übersteigt (Erw. 4c/bb). Hätte
die Beschwerdeführerin die Stelle angenommen, wäre ihr ein Anspruch
auf Differenzausgleich in Höhe von Fr. 50.40 verblieben (versicherter
Verdienst von Fr. 138.-- im Tag [Fr. 2'993.--: 21.7], abzüglich Fr. 75.--,
ausmachend einen Verdienstausfall von Fr. 63.--, davon 80%), wodurch sich
ihr Taggeld von Fr. 97.-- auf Fr. 50.40 vermindert hätte. Lediglich im
Umfang dieser Differenz kann unter den Gesichtspunkten der Kausalität
und Verhältnismässigkeit (vgl. BGE 111 V 320 Erw. 4, 108 V 252 Erw. 3a;
ARV 1987 Nr. 11 S. 110 Erw. 3, Nr. 1 S. 39 Erw. 3) von einer schuldhaft
verursachten verlängerten Arbeitslosigkeit gesprochen werden (ARV 1990
Nr. 20 S. 134 Erw. 2b; vgl. auch ZAK 1990 S. 291). Folglich ist die
Beschwerdeführerin auf der Differenz von Fr. 97.-- abzüglich Fr. 50.40
einzustellen (Fr. 46.60), und zwar an so viel Tagen, wie es ihrem
Verschulden entspricht.

    b) Wie in Erw. 3b dargelegt, hat es grundsätzlich die
Beschwerdeführerin selber zu vertreten, dass es nicht zu einer
Festanstellung kam. Die kantonale Schiedskommission hat ihr Verschulden
als mittelschwer bis schwer eingestuft und die Dauer der Einstellung auf
20 Tage (Art. 45 Abs. 2 AVIV) festgesetzt. Dies ist nach Lage der Akten
und in Berücksichtigung der Vorbringen der Beschwerdeführerin im Rahmen
der Ermessensprüfung nicht zu beanstanden (Art. 132 OG; vgl. BGE 114 V
316 Erw. 5a mit Hinweisen).

Entscheid:

       Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

    In teilweiser Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde werden der
kantonale Entscheid vom 19. Mai 1994 und die Einstellungsverfügung vom 14.
Januar 1994 aufgehoben und die Sache an die Öffentliche Arbeitslosenkasse
Basel-Stadt zurückgewiesen, damit sie im Sinne der Erwägungen über die
Einstellung in der Anspruchsberechtigung neu verfüge.