Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 122 V 265



122 V 265

38. Auszug aus dem Urteil vom 19. August 1996 i.S. Bundesamt für
Industrie, Gewerbe und Arbeit gegen P. und Kantonale Rekurskommission i.S.
Arbeitslosigkeit, Sitten Regeste

    Art. 15 Abs. 1, Art. 59 ff. AVIG. Vermittlungsfähigkeit eines
Versicherten, der während der Arbeitslosigkeit einen Kurs besucht, ohne
dass die Bedingungen von Art. 59 ff. AVIG gegeben sind.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 3

    3.- Das beschwerdeführende BIGA macht geltend, die Versicherte habe
den Kurs nach der Ablehnung seitens des Arbeitsamtes auf eigene Kosten
besucht. Angesichts der Gesamtauslagen von Fr. 2780.-- und der negativen
Bewertung durch die Arbeitsmarktbehörde sei erwiesen, dass sie bloss ein
persönliches Berufsziel, nämlich den Erhalt eines Diploms, habe erreichen
wollen. Da hiezu unabdingbarerweise der gesamte Kurs besucht werden müsse,
sei die Versicherte nicht mehr ernsthaft bereit gewesen, sich um eine
Stelle zu bemühen. Bloss verbal erklärte Vermittlungsbereitschaft genüge
dabei nicht; vielmehr müsse sich diese Bereitschaft anhand objektiver
Kriterien erkennen lassen. Wer nichts unternehme oder Dispositionen treffe,
welche der Vermittlungsbereitschaft entgegenständen, könne sich nicht
darauf berufen, er habe Arbeit suchen wollen. Das Kriterium, welches
das Eidg. Versicherungsgericht in ARV 1990 Nr. 22 S. 139 erarbeitet
habe, nämlich ob der Versicherte jederzeit bereit und in der Lage sei,
den Kurs abzubrechen, erweise sich als untauglich. Jede Kursleitung
werde attestieren, dass ein sofortiger Kursabbruch möglich sei, da ihr
schliesslich die geleisteten Kursgelder verblieben. Deshalb komme einer
entsprechenden Bestätigung kein Beweiswert zu.

Erwägung 4

    4.- Es besteht entgegen der Auffassung des BIGA kein Anlass, von
den in ARV 1990 Nr. 22 S. 139 festgehaltenen Kriterien abzugehen. Zu
unterscheiden sind der objektive und der subjektive Bereich der
Vermittlungsfähigkeit. Klarzustellen ist dabei, dass die hier zu prüfende
Vermittlungsfähigkeit gemäss Art. 15 AVIG nicht mit der Vermittelbarkeit
auf dem Arbeitsmarkt gleichgestellt werden darf (BGE 120 V 390 Erw. 4c/aa;
vgl. auch GERHARDS, Kommentar zum Arbeitslosenversicherungsgesetz,
N. 43 ff. zu Art. 59 AVIG). Zwar darf angenommen werden, diese sei
durch den Kursbesuch gesteigert worden; davon unabhängig beurteilt sich
indessen im vorliegenden Zusammenhang, ob während der Arbeitslosigkeit
die Vermittlungsfähigkeit im Sinne von Art. 15 Abs. 1 AVIG gegeben war.

    Hinsichtlich des objektiven Bereichs der Vermittlungsfähigkeit ist
festzuhalten, dass der Besuch eines ganztägigen Kurses die Annahme einer
erwerblichen Tätigkeit ausschliesst. Die Vermittlungsfähigkeit kann
daher nur bejaht werden, wenn eindeutig feststeht, dass der Versicherte
bereit und in der Lage ist, den Kurs jederzeit abzubrechen, um eine
Stelle anzutreten. Dies ist aufgrund objektiver Kriterien zu prüfen. Die
Willensäusserung des Versicherten allein genügt hiezu nicht. Vielmehr ist
eine entsprechende überprüfbare Bestätigung der Schulleitung zu verlangen,
worin auch die allfälligen finanziellen Konsequenzen eines Kursabbruchs
enthalten sein müssen.

    In subjektiver Hinsicht muss feststehen, dass der Versicherte auch
während des Kursbesuches seiner Pflicht zu persönlichen Arbeitsbemühungen
nachgekommen ist. Daher müssen an die Disponibilität und Flexibilität
der Versicherten, die freiwillig und auf eigene Kosten einen nicht
bewilligten Kurs besuchen, erhöhte Anforderungen gestellt werden. Sie
müssen ihre Arbeitsbemühungen qualitativ und quantitativ fortsetzen
und bereit sein, den Kurs unverzüglich abzubrechen, um eine angebotene
Stelle anzutreten. Eine entsprechende Willenshaltung oder die bloss verbal
erklärte Vermittlungsbereitschaft genügt nicht. Bei fehlender Aktivität und
Dispositionen, die der Annahme der Vermittlungsbereitschaft entgegenstehen,
kann sich der Versicherte nach den zutreffenden Ausführungen des BIGA nicht
darauf berufen, er habe die Vermittlung und Suche einer Arbeit gewollt.

    In diesem Sinne ist die Rechtsprechung ARV 1990 Nr. 22 S. 139 zu
präzisieren.