Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 122 V 256



122 V 256

37. Urteil vom 17. Mai 1996 i.S. Öffentliche Arbeitslosenkasse des Kantons
Solothurn gegen B. und Versicherungsgericht des Kantons Solothurn Regeste

    Art. 8 Abs. 1 lit. e,Art. 9 Abs. 3, Art. 13 Abs. 1 AVIG, Art.
11 Abs. 1 und 2 AVIV.

    - Eine Aufrundung der als Beitragszeit anrechenbaren Kalendertage auf
die gesetzliche Mindestbeitragszeit fällt auch dann nicht in Betracht,
wenn diese nur um den Bruchteil eines Tages nicht erreicht wird.

    - Umrechnung von Beschäftigungstagen in Kalendertage. Ermittlung
des Umrechnungsfaktors.

Sachverhalt

    A.- Der 1938 geborene B. arbeitete ab 1. Mai 1988 bis 30.  Juni
1992 als Konstrukteur in der Firma X. Anschliessend war er in seinem
neueröffneten Konstruktionsbüro als Selbständigerwerbender tätig.

    Am 14. Dezember 1993 meldete sich B. bei der Arbeitslosenversicherung
zum Leistungsbezug an und machte für die Zeit ab 1. Januar 1994 Taggelder
geltend. Montag, den 3. Januar 1994, unterzog er sich erstmals der
Stempelkontrolle. Die Öffentliche Arbeitslosenkasse des Kantons Solothurn
setzte deshalb den Beginn der Rahmenfrist für die Beitragszeit auf den
3. Januar 1992 fest und lehnte in der Folge das Leistungsbegehren mit
Verfügung vom 3. März 1994 mangels Erfüllung der gesetzlich vorgesehenen
Mindestbeitragszeit ab.

    B.- Beschwerdeweise beantragte B. die Aufhebung der Ablehnungsverfügung
vom 3. März 1994 und die Anerkennung seiner Anspruchsberechtigung. -
Das Versicherungsgericht des Kantons Solothurn stellte fest, der
Leistungsansprecher erfülle die erforderliche sechsmonatige Beitragszeit
innerhalb der ab 3. Januar 1992 bis 2. Januar 1994 dauernden zweijährigen
Rahmenfrist nur unter der Voraussetzung, dass der Monat Januar 1992
als voller Beitragsmonat angerechnet werden könne; bei "wörtlicher
Gesetzesauslegung" hingegen weise er eine Beitragszeit von lediglich
5 Monaten und 29,4 Tagen aus, was für die Anspruchsberechtigung nicht
genüge; angesichts der damit bloss "knapp verfehlten" Beitragszeit führe
die wörtliche Interpretation aber zu einem unbefriedigenden Ergebnis. Vor
diesem Hintergrund erwog das Gericht, der Versicherte habe für den
Januar 1992 gleichviel Beiträge geleistet wie die anderen Arbeitnehmer
der Firma X, welche am 1. und 2. Januar 1992 ebenfalls nicht gearbeitet
hatten; es wäre deshalb "stossend und würde dem Gerechtigkeitsempfinden
zuwiderlaufen", wollte man den Monat Januar 1992 nicht als vollen
Beitragsmonat anerkennen; das sonst "stossende" Ergebnis erlaube und
gebiete es geradezu, ausnahmsweise vom Gesetzeswortlaut abzuweichen.
Dementsprechend berücksichtigte das kantonale Gericht den Monat Januar
1992 voll als Beitragsmonat und hiess die Beschwerde mit Entscheid vom
17. August 1994 in dem Sinne gut, dass es die angefochtene Verfügung
vom 3. März 1994 aufhob und die Sache zur Prüfung der weiteren
Anspruchsvoraussetzungen an die Verwaltung zurückwies.

    C.- Die Arbeitslosenkasse erhebt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit
dem Begehren um Aufhebung des kantonalen Entscheids.

    B. und das Bundesamt für Industrie, Gewerbe und Arbeit (BIGA)
verzichten auf eine Stellungnahme.

Auszug aus den Erwägungen:

       Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Streitig und zu prüfen ist, ob die für die Anspruchsberechtigung
des Beschwerdegegners erforderliche Mindestbeitragszeit als erfüllt
gelten kann. Diese Frage beurteilt sich nach Massgabe der Rechtssätze,
die im Zeitraum, für welchen Leistungen geltend gemacht werden,
Gültigkeit hatten, mithin nach den damals in Kraft stehenden
Bestimmungen des Arbeitslosenversicherungsgesetzes (AVIG) und der
Arbeitslosenversicherungsverordnung (AVIV).

Erwägung 2

    2.- Zwei wesentliche Voraussetzungen für den Anspruch auf
Arbeitslosenentschädigung bestehen gemäss Art. 8 Abs. 1 AVIG darin, dass
der Versicherte die Beitragszeit erfüllt hat oder von der Erfüllung der
Beitragszeit befreit ist (lit. e) und dass er die Kontrollvorschriften
erfüllt (lit. g).

    a) Aufgrund von Art. 9 AVIG gelten für den Leistungsbezug wie
auch für die Beitragszeit je zweijährige Rahmenfristen (Abs. 1). Die
Rahmenfrist für den Leistungsbezug beginnt am ersten Tag, für den
sämtliche Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind (Abs. 2), diejenige für
die Beitragszeit zwei Jahre vor diesem Tag (Abs. 3).

    Die Beitragszeit im Sinne von Art. 8 Abs. 1 lit. e AVIG erfüllt hat
gemäss Art. 13 Abs. 1 AVIG, wer innerhalb der Rahmenfrist nach Art. 9
Abs. 3 AVIG während mindestens sechs Monaten eine beitragspflichtige
Beschäftigung ausgeübt hat. Bei der Ermittlung der Beitragszeit zu
beachten ist Art. 11 AVIV. Nach dessen Absatz 1 zählt als Beitragsmonat
jeder volle Kalendermonat, in dem der Versicherte beitragspflichtig
ist. Absatz 2 dieser Bestimmung sieht vor, dass Beitragszeiten, die
nicht einen vollen Kalendermonat umfassen, zusammengezählt werden (Satz
1), wobei je dreissig Kalendertage als ein Beitragsmonat gelten (Satz
2). Da für die Ermittlung der Beitragszeit somit nicht die Beitragstage
- d.h. die Tage, an welchen der Arbeitslose eine beitragspflichtige
Beschäftigung ausgeübt hat -, sondern die Kalendertage massgebend sind,
müssen erstere in Kalendertage umgerechnet werden, wozu praxisgemäss ein
Umrechnungsfaktor von 1,4 verwendet wird (ARV 1992 Nr. 1 S. 70 Erw. 3;
GERHARDS, Kommentar zum Arbeitslosenversicherungsgesetz, Band I, S. 170
f., N. 9 ff. zu Art. 13 AVIG; vgl. auch Rz. 52 f. des Kreisschreibens
des BIGA über die Arbeitslosenentschädigung).

    b) Unter dem Randtitel "Pflichten der Versicherten und
Kontrollvorschriften" schreibt Art. 17 Abs. 2 AVIG vor, dass sich
der Arbeitslose am ersten Tag, für den er Arbeitslosenentschädigung
beansprucht, persönlich beim Arbeitsamt seines Wohnortes zur
Arbeitsvermittlung zu melden und von da an die Kontrollvorschriften des
Bundesrates zu befolgen hat.

    Diese Kontrollvorschriften finden sich in den Art. 18 bis 27
AVIV. Nach Art. 19 Abs. 4 AVIV macht das Arbeitsamt den Versicherten
bei der Anmeldung zum Taggeldbezug auf seine Pflichten gemäss Art. 17
AVIG aufmerksam. Art. 21 Abs. 1 AVIV verpflichtet den Versicherten,
sich entsprechend der Anordnung des Kantons, mindestens aber zweimal
wöchentlich, zur Arbeitsvermittlung sowie zur Überprüfung seiner
Arbeitslosigkeit und Vermittlungsfähigkeit beim Arbeitsamt persönlich
zu melden.

Erwägung 3

    3.- a) Der Beschwerdegegner konnte sich wegen der 1994 auf das
Wochenende fallenden ersten zwei Tage des Jahres erstmals am 3. Januar 1994
der Stempelkontrolle unterziehen. Die Arbeitslosenkasse setzte deshalb den
Beginn der Rahmenfrist für den Leistungsbezug auf den 3. Januar 1994 und
für die Beitragszeit dementsprechend auf den 3. Januar 1992 fest. Wie auch
die Vorinstanz richtig erkannte, entspricht dieses Vorgehen der Regelung
in Art. 9 Abs. 2 und 3 AVIG und lässt sich demnach grundsätzlich nicht
beanstanden. Da die in die Rahmenfrist fallende Beitragszeit im Januar 1992
somit nicht im Sinne von Art. 11 Abs. 1 AVIV einen vollen Kalendermonat
umfasst, ermittelte die Verwaltung ausgehend von den ab 3. bis 31. Januar
1992 kalendermässig ausgewiesenen 21 Beschäftigungstagen unter Anwendung
des Umrechnungsfaktors 1,4 (vgl. Erw. 2a) für den Januar 1992 insgesamt
29,4 anrechenbare Kalendertage. Zusammen mit den ab Februar 1992 bis
zur Ende Juni 1992 erfolgten Auflösung des Arbeitsverhältnisses in der
Firma X voll anrechenbaren fünf Beitragsmonaten ergab sich somit eine
Beitragszeit von 5 Monaten und 29,4 Tagen, was mangels Erfüllung der in
Art. 13 Abs. 1 AVIG verlangten sechsmonatigen Beitragszeit zur Verneinung
der Anspruchsberechtigung durch die Verwaltung führte.

    b) Da die erforderliche Beitragszeit vorliegend nur um einen
Bruchteil eines Tages nicht erreicht wird, wirkt sich die damit als
Konsequenz verbundene gänzliche Verneinung der Anspruchsberechtigung für
den Beschwerdegegner zweifellos hart aus. Dies umso mehr, als es ihm
am 1. und 2. Januar 1994 wegen der an Wochenenden resp. an Feiertagen
geschlossenen Schalter gar nicht möglich war, früher zur Stempelkontrolle
zu erscheinen und dadurch die Rahmenfrist für die Beitragszeit um einen
oder zwei Tage vorzuverschieben, was für die Erfüllung der Beitragszeit
bereits genügt hätte. Dass die Vorinstanz unter diesen Umständen nach
einem den besonderen Verhältnissen des konkreten Grenzfalles Rechnung
tragenden und für den Leistungsansprecher vorteilhafteren Lösungsweg
suchte, mag an sich verständlich erscheinen.

    c) Zu beachten ist indessen, dass es überall dort, wo gesetzlich
festgelegte Limiten zu berücksichtigen sind, zwangsläufig auch zu streng
anmutenden Grenzfällen kommen kann, in welchen die geforderten Werte nur
um wenig nicht erreicht resp. verfehlt werden. Nicht anders verhält es sich
beim Erfordernis der sechsmonatigen Beitragszeit als Anspruchsvoraussetzung
für die Arbeitslosenentschädigung. Der Sinn gesetzlicher Limiten liegt
aber gerade darin, klar bestimmbare Abgrenzungen zu schaffen. Dieses
Bedürfnis besteht in allen Bereichen des Rechts und findet sich in
positivrechtlicher Ausgestaltung in vielen Gesetzen, so beispielsweise
bei Rechtsmittelfristen oder etwa dem für einen Invalidenrentenanspruch
vorausgesetzten prozentualen Erwerbsunfähigkeitsgrad (Art. 28 Abs. 1
IVG). Die mit solch präzisen Grenzen verbundenen Härten sind denn
in der Regel vom Gesetzgeber im Interesse der Rechtssicherheit und
Rechtsgleichheit auch bewusst in Kauf genommen worden (vgl. BGE 115 V 79
Erw. 4b). Es lässt sich deshalb kaum je rechtfertigen, an klar sich aus
dem Gesetz ergebenden Grenzwerten nicht strikte festzuhalten. Mit einer
lockereren Handhabung - etwa mittels Auf- oder Abrundens - liesse sich
ausser für den konkreten Einzelfall auch kaum etwas gewinnen, würde dadurch
doch einzig eine faktische Verschiebung der gesetzlichen Limite erreicht,
ohne dass damit neue Grenz- und Härtefälle vermieden werden könnten.

Erwägung 4

    4.- Unter diesem Gesichtswinkel ist im vorliegenden Fall auch die
Verneinung der Erfüllung der Beitragszeit durch die Arbeitslosenkasse resp.
die zu einem abweichenden Ergebnis führende Argumentation der Vorinstanz
einer näheren Betrachtung zu unterziehen.

    a) Unbestrittenermassen erschien der Leistungsansprecher erstmals am 3.
Januar 1994 zur Stempelkontrolle. Da somit erst an diesem Tag auch die nach
Art. 8 Abs. 1 lit. g AVIG für die Anspruchsberechtigung vorausgesetzte
Kontrollpflichterfüllung gegeben war, sind Vorinstanz und Verwaltung -
wie erwähnt - entsprechend der gesetzlichen Regelung in Art. 9 Abs. 2 AVIG
zu Recht vom 3. Januar 1994 als Stichtag für den Beginn der zweijährigen
Rahmenfrist für den Leistungsbezug ausgegangen. Folgerichtig muss dieses
Datum aber auch für die Bestimmung des Beginns der zweijährigen Rahmenfrist
für die Beitragszeit nach Art. 9 Abs. 3 AVIG gelten (vgl. GERHARDS, aaO,
S. 118, N. 15 zu Art. 9 AVIG), so dass diese auf den 3. Januar 1992 fällt.

    Es ist kein Anlass ersichtlich, welcher es rechtfertigen liesse,
den massgebenden Stichtag einzig im Hinblick auf das dadurch für
den Leistungsansprecher erreichbare günstigere Ergebnis entgegen
der dargelegten gesetzlichen Ordnung um zwei Tage auf den 1. Januar
1994 vorzuverschieben. Insbesondere lässt sich aus dem Umstand,
dass sich der Beschwerdegegner bereits am 14. Dezember 1993 bei
der Arbeitslosenversicherung zum Leistungsbezug meldete, nichts
Abweichendes ableiten, da für die Festsetzung der Rahmenfristen nach
ständiger Rechtsprechung - sofern die übrigen Anspruchsvoraussetzungen
gemäss Art. 8 Abs. 1 lit. a bis d und f AVIG gegeben sind - auf den
Zeitpunkt abzustellen ist, in welchem sich der Arbeitslose erstmals zur
Erfüllung der Kontrollpflicht auf dem Arbeitsamt meldet und sich der
Stempelkontrolle unterzieht (ARV 1990 Nr. 13 S. 81 Erw. 4b mit Hinweisen;
nicht veröffentlichtes Urteil F. vom 4. August 1993). Grundsätzlich
kann die Rahmenfrist für den Leistungsbezug denn auch nur an einem
Wochentag von Montag bis Freitag beginnen, da nur an solchen Werktagen
die Kontrollpflicht erfüllt werden kann (GERHARDS, aaO, S. 118, N. 12 zu
Art. 9 AVIG). Ebensowenig vermag dem Beschwerdegegner zu helfen, dass sich
der Beginn der Rahmenfrist dann, wenn der Beginn der Arbeitslosigkeit auf
einen entschädigungsberechtigten Feiertag fällt und sich der Arbeitslose am
nächsten möglichen Arbeitstag zur Arbeitsvermittlung meldet, nach diesem
Feiertag richtet (ARV 1990 Nr. 13 S. 81 Erw. 4b in fine; GERHARDS, aaO,
S. 118 f., N. 12 und N. 18 zu Art. 9 AVIG). Diese Regelung kann sich
im vorliegenden Fall nicht zugunsten des Beschwerdegegners auswirken,
weil der Neujahrstag im Jahre 1994 auf einen Samstag und damit nicht
auf einen Arbeitstag fiel, so dass er laut Art. 19 AVIG nicht als
entschädigungsberechtigter Feiertag gilt.

    b) Da die Beitragszeit somit erst ab 3. Januar 1992 laufen kann,
fallen die beiden ersten Tage des Kalendermonats Januar 1992 nicht in die
für die Erfüllung der verlangten sechsmonatigen Beitragszeit zur Verfügung
stehende Rahmenfrist. Für die Ermittlung der Beitragszeit können deshalb
nur die 21 im restlichen Monat verbleibenden Beschäftigungstage anerkannt
werden, welche umgerechnet mit dem Faktor 1,4 unbestrittenermassen eine
Beitragszeit von lediglich 29,4 Kalendertagen ergeben. Dies hat die
Vorinstanz an sich richtig erkannt. Ihrer Argumentation, wonach der
Monat Januar 1992 dennoch als voller Beitragsmonat zu berücksichtigen
sei, weil der Leistungsansprecher wie die übrigen Mitarbeiter in der
Firma X auf dem gesamten Monatsgehalt Beiträge entrichtet habe, kann
nicht gefolgt werden. Die ihr zugrundeliegende Überlegung trägt dem
Umstand nicht Rechnung, dass in dem der Beitragspflicht unterliegenden
Lohn für den Januar 1992 auch die Entschädigung für zwei ausserhalb der
Rahmenfrist für die Beitragszeit liegende Tage enthalten ist, welche nach
der gesetzlichen Regelung nicht berücksichtigt werden können. Für eine
vom Wortlaut des Art. 13 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 9 Abs. 3 AVIG in
dem von der Vorinstanz erwogenen Sinne abweichende Auslegung besteht -
trotz der speziellen Situation des Beschwerdegegners - kein sachlich
begründbarer Anlass.

    c) Fragen liesse sich noch, ob - entsprechend der Anregung des
Leistungsansprechers im vorinstanzlichen Verfahren - "angebrochene Tage"
allenfalls als ganze Kalendertage gezählt werden können.

    aa) Unter der Geltung des früheren Rechts (Art. 24 Abs. 2
lit. b AlVG und Art. 13 in Verbindung mit Art. 1 AlVV) hat das
Eidg. Versicherungsgericht wiederholt entschieden, es dürfe selbst dann
nicht auf die gesetzliche Mindestzahl von (damals) 150 Arbeitstagen
aufgerundet werden, wenn diese vom Arbeitslosen nur knapp nicht erreicht
wird (ARV 1954 Nr. 23 S. 19 f., 1953 Nr. 60 S. 54; vgl. ferner
ARV 1967 Nr. 19 S. 62 und HOLZER, Kommentar zum Bundesgesetz über
die Arbeitslosenversicherung, Zürich 1954, S. 114, N. 6b zu Art. 24
AlVG). Daran ist auch unter der Herrschaft von Art. 13 Abs. 1 AVIG in
Verbindung mit Art. 11 AVIV festzuhalten. Wollte man anders entscheiden,
würde der vom Gesetzgeber verfolgte Zweck, bezüglich des Erfordernisses
einer Mindestbeitragsdauer eine klar zu handhabende Abgrenzung zu schaffen,
unterlaufen (vgl. Erw. 3c).

    bb) Daran ändert nichts, dass nach früherem Recht genügend
überprüfbare Arbeitsstunden auszuweisen waren, die jeweils in volle
Arbeitstage umgewandelt wurden, während es im neuen Recht primär auf die
formale Dauer des Arbeitsverhältnisses ankommt und nicht mehr darauf,
dass die geleisteten Arbeitsstunden tatsächlich volle Arbeitstage
ergeben (GERHARDS, aaO, S. 169, N. 3 und 4 zu Art. 13 AVIG). Indem
nach Art. 13 Abs. 1 AVIG in Verbindung mit Art. 11 AVIV auf den
Beitragsmonat abzustellen ist, wird auch Teilzeitbeschäftigten, die nur
während sehr weniger Stunden im Kalendermonat einer beitragspflichtigen
Beschäftigung nachgehen, ermöglicht, die in Art. 8 Abs. 1 lit. e AVIG
vorausgesetzte Erfüllung der Beitragszeit zu erreichen, da auch ein bloss
stundenweiser Einsatz uneingeschränkt als ganzer Beitragstag im Sinne von
Art. 11 Abs. 2 AVIV zu berücksichtigen ist (GERHARDS, aaO, S. 169 f.,
N. 5 und 11 zu Art. 13 AVIG). Diese gegenüber dem früheren Recht zum
Vorteil Teilarbeitsloser gelockerte Anforderung an die Anerkennung von
Beitrags- resp. Beschäftigungstagen ist von der zur Diskussion stehenden
Aufrundung von Bruchteilen anrechenbarer Kalendertage indessen klar zu
unterscheiden. Letztere betrifft lediglich das Ergebnis der Umrechnung
mit dem Faktor 1,4 (Erw. 2a). Eine Aufrundung dieser rein rechnerisch
ermittelten Grösse lässt sich weder mit dem Gesetzeswortlaut noch
mit dem gesetzgeberischen Willen oder dem Sinn und Zweck der die
Mindestbeitragsdauer betreffenden Normen begründen.

Erwägung 5

    5.- Obschon somit weder die Argumentation des kantonalen Gerichts
noch die Anregung des heutigen Beschwerdegegners im vorinstanzlichen
Verfahren zu einem von der Betrachtungsweise der Verwaltung abweichenden
Ergebnis führt, kann es im vorliegenden Fall nicht bei der Verneinung der
Erfüllung der für den Leistungsanspruch erforderlichen Mindestbeitragszeit
sein Bewenden haben.

    a) Nachdem eine Anfrage der Vorinstanz bei der Firma X ergeben hat,
dass in ihrem Betrieb am 2. Januar 1992 nicht gearbeitet wurde, kann davon
ausgegangen werden, dass der Beschwerdegegner im Januar 1992 an sämtlichen
in diesem Monat möglichen Beschäftigungstagen eine beitragspflichtige
Tätigkeit ausgeübt hat. Werden diese 21 Tage mit dem - von keiner Seite
in Frage gestellten - Faktor 1,4 (Erw. 2a) in Kalendertage umgerechnet,
ergeben sich zwar - wie sowohl die beschwerdeführende Arbeitslosenkasse
als auch das kantonale Gericht zutreffend festgestellt haben - statt der
erforderlichen 30 tatsächlich nur 29,4 als Beitragszeit anrechenbare
Tage. Zu beachten ist nun allerdings, dass die Umrechnung mit dem
praxisgemäss angewandten und von der Rechtsprechung wiederholt auch
unbeanstandet gelassenen Faktor 1,4 nicht zu einem exakten und deshalb
zumindest in Grenzfällen wie dem vorliegenden auch nicht zu einem
ohne weiteres richtigen Ergebnis führt. Grundlage für die Ermittlung
dieses Faktors bildet nämlich die Umrechnung von 5 wöchentlichen
Beitragstagen in 7 Kalenderwochentage (7:5 = 1,4), weshalb dessen
Anwendung auch nur so lange ein präzises Resultat vermittelt, als es die
pro Woche anrechenbaren Kalendertage zu bestimmen gilt. Gerade dies
ist indessen bei der Umrechnung von Beschäftigungstagen in die nach
Massgabe von Art. 11 Abs. 2 AVIV anrechenbaren Kalendertage nicht der
Fall, geht es hier doch um die Ermittlung der im Zeitraum eines Monats
erfüllten Beitragszeit. Da die einzelnen Monate anders als eine keine
arbeitsfreien Tage aufweisende Normalarbeitswoche nicht gleich viele
mögliche Beschäftigungstage aufweisen, müsste an sich der massgebende
Umrechnungsfaktor für jeden Monat gesondert ermittelt werden, indem die
nach Art. 11 Abs. 2 AVIV für die Anerkennung eines vollen Beitragsmonats
erforderlichen 30 (fiktiven) Kalendertage durch die jeweils effektiv
möglichen Beschäftigungstage geteilt werden. Bei konstanter Umrechnung
mit dem Faktor 1,4 wäre die Erreichung der für die Berücksichtigung
als voller Beitragsmonat erforderlichen 30 Kalendertage in zahlreichen
Monaten trotz Arbeitseinsätzen an sämtlichen möglichen Beschäftigungstagen
ausgeschlossen, weil sie - etwa wegen arbeitsfreien Feiertagen - nur
eine reduzierte Anzahl möglicher Beschäftigungstage aufweisen. Sicher
trifft es zu, dass die Berechnung von für jeden Monat unterschiedlichen
Umrechnungsfaktoren mit einem unverhältnismässigen und kaum zu
rechtfertigenden Aufwand verbunden wäre. Aus Gründen der Praktikabilität
sowie zwecks Ermöglichung einer rationell geführten Verwaltung lässt sich
die grundsätzliche Anwendung des Faktors 1,4 denn auch nicht beanstanden,
führt dies in der Regel doch zumindest im Ergebnis ohne weiteres zu einem
zuverlässigen Resultat, an welchem sich auch mittels genauer errechneter
Umrechnungsfaktoren nichts ändern würde. Wird indessen die für einen vollen
Beitragsmonat erforderliche Beitragszeit von 30 Kalendertagen - wie im
vorliegenden Fall - nur ganz knapp verfehlt, bleibt eine rechtskonforme
Behandlung des Versicherten nur gewährleistet, wenn die Verwaltung vor
Erlass einer die Erfüllung der Mindestbeitragszeit verneinenden Verfügung
die Umrechnung von Beschäftigungstagen in Kalendertage mittels des für
die jeweils in Frage stehenden Monate präzis, d.h. durch Division von 30
Kalendertagen durch die effektiv möglichen Beschäftigungstage eruierten
Umrechnungsfaktors überprüft.

    b) Da der Beschwerdegegner im Januar 1992 mit 21 möglichen
Beschäftigungstagen (Erw. 5a) auch an 21 Tagen eine beitragspflichtige
Beschäftigung ausübte, sind die Voraussetzungen für die Anerkennung eines
vollen Beitragsmonats im Sinne von Art. 11 Abs. 2 AVIV automatisch erfüllt.
Dies zeigt die Multiplikation des im Sinne der vorstehenden Ausführungen
genau ermittelten Umrechnungsfaktors (30 [fiktive] Kalendertage :
21 mögliche Beschäftigungstage = 1,42857... [genau: 1 3/7]) mit den 21
effektiven Beschäftigungstagen (somit 30 : 21 x 21 = 30) ohne weiteres. Im
Ergebnis erweist sich der kantonale Entscheid vom 17. August 1994 demnach
als rechtmässig, was zur Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde führt.