Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 122 V 249



122 V 249

36. Urteil vom 10. Juli 1996 i.S. A. gegen Amt für Wirtschaft und Arbeit
des Kantons Solothurn und Versicherungsgericht des Kantons Solothurn
Regeste

    Art. 8 Abs. 1 lit. e, Art. 9 Abs. 3, Art. 13 Abs. 1, Art. 16 Abs. 1bis,
Art. 23 Abs. 4, Art. 24 Abs. 1 AVIG, Art. 11 Abs. 1 und 4 AVIV. Rz. 54 des
Kreisschreibens des BIGA über die Arbeitslosenentschädigung (KS-ALE; in
der ab 1. Januar 1992 gültigen Fassung), wonach bei der Ermittlung der
Beitragszeit bei Erzielung eines Zwischenverdienstes nur die einzelnen
Tage, an welchen der Versicherte effektiv zum Einsatz gelangte, und nicht
die gesamte Dauer der beitragspflichtigen Arbeitnehmerbeschäftigung zu
berücksichtigen sind, ist gesetzeswidrig.

Sachverhalt

    A.- Die 1942 geborene A. hatte sich ein erstes Mal am 23.  Juli 1992
bei der Arbeitslosenversicherung zum Taggeldbezug gemeldet, wodurch
eine zweijährige Rahmenfrist für die Leistungsberechtigung eröffnet
worden war. Den Taggeldanspruch in einer zweiten, ab 23. Juli 1994
laufenden Rahmenfrist für den Leistungsbezug lehnte das Amt für Wirtschaft
und Arbeit des Kantons Solothurn mit Verfügung vom 12. August 1994 ab,
weil die Versicherte die hiefür erforderliche Mindestbeitragszeit von
6 Monaten in der zurückliegenden zweijährigen Beitragsrahmenfrist nicht
erfülle; sie weise eine beitragspflichtige Beschäftigung während insgesamt
lediglich 120,4 Kalendertagen oder 4 Monaten und 0,4 Kalendertagen aus.

    B.- Die hiegegen erhobene Beschwerde wies das Versicherungsgericht
des Kantons Solothurn mit Entscheid vom 16. November 1994 ab.

    C.- A. führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Begehren um
Zusprechung von Arbeitslosenentschädigung ab 23. Juli 1994.

    Das kantonale Amt verweist auf seinen im vorinstanzlichen Verfahren
vertretenen Standpunkt, an welchem es festhält. Das Bundesamt für
Industrie, Gewerbe und Arbeit (BIGA) hat sich nicht vernehmen lassen.

Auszug aus den Erwägungen:

       Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Streitig und zu prüfen ist, ob die für die Anspruchsberechtigung
der Beschwerdeführerin erforderliche Mindestbeitragszeit von 6 Monaten
innerhalb der ab 23. Juli 1992 bis 22. Juli 1994 dauernden Rahmenfrist
für die Beitragszeit als erfüllt gelten kann. Diese Frage beurteilt sich
nach Massgabe der Rechtssätze, die im Zeitraum, für welchen Leistungen
geltend gemacht werden, Gültigkeit hatten, mithin nach den damals in
Kraft stehenden Bestimmungen des Arbeitslosenversicherungsgesetzes (AVIG)
und der Arbeitslosenversicherungsverordnung (AVIV).

Erwägung 2

    2.- a) Nach Art. 9 AVIG gelten für den Leistungsbezug und für
die Beitragszeit zweijährige Rahmenfristen (Abs. 1); die Rahmenfrist
für den Leistungsbezug beginnt mit dem ersten Tag, für den sämtliche
Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind (Abs. 2), diejenige für die
Beitragszeit zwei Jahre vor diesem Tag (Abs. 3); ist die Rahmenfrist für
den Leistungsbezug abgelaufen und beansprucht der Versicherte wieder
Arbeitslosenentschädigung, so gelten erneut zweijährige Rahmenfristen
für den Leistungsbezug und die Beitragszeit (Abs. 4).

    b) Eine der Voraussetzungen für den Anspruch auf
Arbeitslosenentschädigung besteht darin, dass der Versicherte die
Beitragszeit erfüllt hat oder von der Erfüllung der Beitragszeit
befreit ist (Art. 8 Abs. 1 lit. e in Verbindung mit Art. 13 und 14
AVIG). Die Beitragszeit erfüllt hat laut Art. 13 AVIG, wer innerhalb der
massgebenden Rahmenfrist (Art. 9 Abs. 3) während mindestens 6 Monaten
eine beitragspflichtige Beschäftigung ausgeübt hat (Abs. 1). Was eine
beitragspflichtige Beschäftigung ist, ergibt sich aus Art. 2 Abs. 1 lit. a
AVIG. Danach ist für die Arbeitslosenversicherung beitragspflichtig, wer
nach AHVG obligatorisch versichert und für Einkommen aus unselbständiger
Tätigkeit beitragspflichtig ist. Wer also als Arbeitnehmer in der
zweijährigen Rahmenfrist für den Nachweis der beitragspflichtigen
Beschäftigung während mindestens 6 Monaten massgebenden Lohn im Sinne
von Art. 5 Abs. 2 AHVG bezieht, erfüllt die erwähnte gesetzliche
Anspruchsvoraussetzung (BGE 119 V 158 Erw. 3a mit Hinweisen; vgl. auch
BGE 113 V 352; ARV 1988 Nr. 8 S. 88 Erw. 3a).

    c) Gemäss Art. 11 AVIV zählt als Beitragsmonat jeder volle
Kalendermonat, in dem der Versicherte beitragspflichtig ist (Abs. 1);
Beitragszeiten, die nicht einen vollen Kalendermonat umfassen, werden
zusammengezählt, wobei je 30 Kalendertage als ein Beitragsmonat gelten
(Abs. 2); die Beitragszeit von Teilzeitbeschäftigten wird nach den gleichen
Regeln ermittelt wie bei Arbeitnehmern mit Vollzeitbeschäftigung (Abs. 4
Satz 1); übt der Versicherte gleichzeitig mehrere Teilzeitbeschäftigungen
aus, so wird die Beitragszeit nur einmal gezählt (Abs. 4 Satz 2).

    Für die Ermittlung der Beitragsdauer sind die Kalendertage massgebend
und nicht etwa die Tage, an welchen der Leistungsansprecher tatsächlich
einer beitragspflichtigen Beschäftigung nachging. Die Beschäftigungstage,
wozu auch solche zählen, an denen der Versicherte unter Umständen nur
kurz, z.B. eine Stunde, gearbeitet hat, müssen deshalb mit dem Faktor
1,4 in Kalendertage umgerechnet werden (ARV 1992 Nr. 1 S. 70; GERHARDS,
Kommentar zum Arbeitslosenversicherungsgesetz, Band I, S. 170 f., N. 9
ff. zu Art. 13 AVIG; vgl. auch Rz. 52 f. des Kreisschreibens des BIGA
über die Arbeitslosenentschädigung [KS-ALE; gültig ab 1. Januar 1992]
sowie nicht veröffentlichtes Urteil B. vom 20. Oktober 1993, wonach eine
Teilzeitbeschäftigung mit Bezug auf die Erfüllung der Minimalbeitragszeit
einer Vollzeitbeschäftigung gleichgestellt ist).

Erwägung 3

    3.- a) Während der vom 23. Juli 1992 bis 22. Juli 1994 dauernden
zweijährigen Rahmenfrist für den Beitragsnachweis, welche identisch
ist mit der ersten zweijährigen Rahmenfrist für den Leistungsbezug,
war die Beschwerdeführerin jeweils vorübergehend bei drei verschiedenen
Arbeitgebern, nämlich der Institution X, der Drogerie Y und dem Verlag
Z beschäftigt. Was die Drogerie Y anbelangt, liegt ein ab 1. Januar
1994 auf unbestimmte Zeit abgeschlossener Arbeitsvertrag vor, in welchem
eine Teilzeitbeschäftigung von wöchentlich 30% von 42 Stunden vorgesehen
ist. Dieses Arbeitsverhältnis löste die Drogerie Y am 19. Mai 1994 auf den
30. Juni 1994 auf. Bei dieser Aktenlage ist an sich, nach den in Erw. 2
dargelegten Rechtsgrundlagen, insbesondere der zu Art. 11 Abs. 1 und 4
AVIV ergangenen Rechtsprechung, das Erfordernis der beitragspflichtigen
Arbeitnehmerbeschäftigung während mindestens 6 Monaten eindeutig erfüllt.

    b) Verwaltung und ihr folgend die Vorinstanz wollen die Qualifikation
der in diesen drei Arbeitgeberfirmen, namentlich in der Drogerie Y,
ausgeübten Beschäftigungen als beitragspflichtige Arbeitnehmertätigkeiten
im von Art. 13 Abs. 1 AVIG geforderten zeitlichen Mindestumfang von
6 Monaten deswegen nicht gelten lassen, weil die Beschwerdeführerin
während dieser Kontrollperioden Lohn aus Teilzeiteinsätzen erhielt,
welcher als Zwischenverdienst behandelt wurde, weshalb sie von der
Arbeitslosenversicherung zusätzlich Differenzausgleich nach Art. 24 AVIG
bezog. Gestützt auf die Weisungen des BIGA im KS-ALE zählte die Verwaltung
die in den Zwischenverdienstformularen der Institution X und des Verlags
Z bestätigten einzelnen Arbeitstage resp. Arbeitseinsätze zusammen.
Gleich ging sie bezüglich des Arbeitsverhältnisses mit der Drogerie Y
vor, wofür sie aber, da ein dauernder Anstellungsvertrag vorlag, keine
Zwischenverdienstformulare über die je einmonatigen Kontrollperioden
beigezogen hatte. Die Verwaltung liess somit das auf volle 6 Monate
angelegte, rechtlich und tatsächlich vollzogene Arbeitsverhältnis
mit der Drogerie Y nicht als sechsmonatige Mindestbeitragszeit gelten,
sondern berücksichtigte bei der Ermittlung der Beitragszeit nur einzelne
Arbeitseinsätze zwischen 4 und 13 Tagen monatlich, multiplizierte diese
mit dem Faktor 1,4 und gelangte so zu einem Ergebnis von Kalendertagen,
welches deutlich unter den vom Gesetz geforderten 6 Monaten liegt.

    c) Verwaltung und Vorinstanz stützen sich auf die Rz. 47 ff.,
insbesondere auf Rz. 54 KS-ALE (gültig ab 1. Januar 1992). Diese
Verwaltungsweisung hält, nach Darlegung der Rechtsgrundsätze (Rz. 47-51),
zutreffend fest, dass ein Arbeitsverhältnis, welches mindestens
einen vollen Kalendermonat umfasst, als Beitragsmonat zählt; dabei
sei es unerheblich, ob eine beitragspflichtige Beschäftigung (Voll-
und Teilzeitbeschäftigung) während aller möglichen Arbeitstage oder
nur während eines oder einzelner Arbeitstage (z.B. Aushilfsstelle,
Abrufertätigkeit) ausgeübt worden ist; massgebend sei die vom Arbeitgeber
bescheinigte Dauer des Arbeitsverhältnisses bzw. der Beitragspflicht
(Rz. 52). Dieser Grundsatz gilt nach der Verwaltungspraxis auch dann,
wenn es Beitragszeiten innerhalb der Rahmenfrist für den Leistungsbezug
zu ermitteln gilt (Rz. 54). Darauf fährt das Kreisschreiben in Rz. 54 fort:

    "Eine Besonderheit ist jedoch dann zu beachten, wenn der Versicherte
   während der gleichen Beschäftigungsperiode noch Leistungen der

    Arbeitslosenversicherung beansprucht (Zwischenverdienst). In diesen
Fällen
   ist der Versicherte als Arbeitsloser zu behandeln. Es dürfen nur die

    Arbeitstage, wie sie z.B. der Arbeitgeber in der Bescheinigung über den

    Zwischenverdienst ausweist, als Beitragszeiten angerechnet werden. Die

    Kasse muss die als Beitragszeiten während der Leistungsrahmenfrist
   angerechneten Arbeitstage tel quel als Beitragszeiten auf eine parallel
   laufende Beitragsrahmenfrist übertragen. Die gegenteilige Lösung
   (Anrechnung der Zwischenverdienstzeiten gemäss Arbeitgeberbescheinigung)
   würde dem Versicherten den Nachweis einer genügenden Beitragsdauer
   zwar erleichtern, aber anderseits seinen versicherten Verdienst in
   einer neuen

    Rahmenfrist ungerechtfertigterweise herabsetzen."

    d) Nach ständiger Rechtsprechung (BGE 119 V 259 Erw. 3a, 118 V
131 Erw. 3a, 210 Erw. 4c, 117 V 284 Erw. 4c, 116 V 19 Erw. 3c, je mit
Hinweisen) sind Verwaltungsweisungen keine Rechtsnormen und daher für
den Richter - im Gegensatz zu den der Aufsichtsbehörde untergeordneten
Durchführungsstellen - nicht verbindlich. Der Richter berücksichtigt
aber die Lösung gemäss Verwaltungsweisung, wenn sie eine überzeugende
Interpretation des Gesetzes durch die Aufsichtsbehörde zum Zwecke der
rechtsgleichen Anwendung des Gesetzes darstellt.

    e) Im vorliegenden Verfahren stellt sich die Frage, ob Rz. 54 KS-ALE
(gültig ab 1. Januar 1992), auf welche sich die vorinstanzlich bestätigte
Ablehnungsverfügung stützt, als rechtmässig betrachtet werden kann.

    aa) Wie das Eidg. Versicherungsgericht in BGE 120 V 233 ausführte,
hat die auf den 1. Januar 1992 in Kraft getretene Revision des AVIG
ergeben, dass sämtliche Arten von Einkommenserzielung während Perioden
kontrollierter Arbeitslosigkeit nach dem ausdrücklichen Willen des
Gesetzgebers gleich zu behandeln sind (BGE 120 V 248 f. Erw. 5b). Dies
ist denn im revidierten Art. 24 Abs. 1 AVIG auch deutlich zum
Ausdruck gekommen, indem diese Bestimmung als Zwischenverdienst
ausdrücklich jedes während einer Kontrollperiode erzielte Einkommen
aus unselbständiger oder selbständiger Erwerbstätigkeit bezeichnet.
Unter diesem Gesichtswinkel der Gleichbehandlung aller während der
Zeiten kontrollierter Arbeitslosigkeit ausgeübten Teilzeittätigkeiten
wendet die Beschwerdeführerin durchaus zu Recht ein, dass sie ihre
nach Vertrag auf 30% der im Betrieb üblichen Normalarbeitszeit von 42
Stunden pro Woche beschränkte Teilzeitbeschäftigung ohne weiteres auf 5
statt wie in der Regel nur auf 2 bis 3 Tage hätte verteilen können. Diese
Argumentation überzeugt jedenfalls dann, wenn der Versicherte tatsächlich
und rechtlich ununterbrochen über mehrere Kalendermonate hinweg in
einem Teilzeitarbeitsverhältnis steht und aus diesem fest vereinbarte
beitragspflichtige Einkünfte erzielt, deren Höhe nicht davon abhängt,
wie die Arbeitseinsätze im Ablauf einer Woche angesetzt werden.

    bb) Abgesehen davon trägt Rz. 54 KS-ALE den durch den auf den 1. April
1993 in Kraft getretenen und bis 31. Dezember 1995 gültig gewesenen
dringlichen Bundesbeschluss vom 19. März 1993 über Massnahmen in der
Arbeitslosenversicherung bewirkten Rechtsänderungen nicht Rechnung. Mit
diesem Bundesbeschluss hat der Gesetzgeber den Begriff der zumutbaren
Arbeit, zu deren Annahme der Versicherte nach Art. 17 AVIG verpflichtet
ist, erweitert, indem er Art. 16 AVIG einen Abs. 1bis angefügt hat. Danach
gilt eine Arbeit, die alle Bedingungen der Zumutbarkeit mit Ausnahme
derjenigen von Abs. 1 Buchstabe e erfüllt, solange als zumutbar, als
der Versicherte Kompensationsleistungen nach Art. 24 AVIG erhält. Aus
dieser vorliegend intertemporalrechtlich ohne weiteres anwendbaren
Bestimmung ergibt sich, dass die Beschwerdeführerin verpflichtet war,
die Beschäftigung in der Drogerie Y ab 1. Januar 1994 anzunehmen, nachdem
keinerlei Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind und auch nicht behauptet
wird, dass es sich dabei um ein - ausser in der Lohnfrage - unzumutbares
Arbeitsverhältnis gehandelt hätte.

    Bedeutsam ist, dass der Bundesgesetzgeber die Pflicht zur Annahme
einer lohnmässig unzumutbaren Arbeit nach Art. 16 Abs. 1bis AVIG bei
Erhalt von Kompensationsleistungen im Sinne des revidierten Art. 24
AVIG auch in bezug auf die Entwicklung des versicherten Verdienstes
berücksichtigte. So fügte er mit dem erwähnten dringlichen Bundesbeschluss
dem Art. 23 AVIG einen neuen Abs. 4 an, gemäss welchem in Fällen, in
denen die Verdienstberechnung auf einem Zwischenverdienst nach Art. 24
AVIG beruht, den der Versicherte in der Beitragsrahmenfrist von Art. 9
Abs. 3 AVIG erzielt hat, die ergänzende Arbeitslosenentschädigung für
die Ermittlung des versicherten Verdienstes mitberücksichtigt wird,
wie wenn darauf Beiträge zu entrichten wären. Nationalrat Allenspach
führte dazu in der vorberatenden nationalrätlichen Kommission für
Soziale Sicherheit und Gesundheit (SGK) aus, es gehe darum, dass eine
Arbeit auch zumutbar sein soll, wenn eine schlechter entlöhnte Arbeit
im Vergleich zur Arbeitslosenentschädigung angeboten wird; die Differenz
zwischen einem solchen Zwischenverdienst und der Arbeitslosenentschädigung
werde von der Arbeitslosenversicherung ausgeglichen, verbunden mit einem
gewissen Bonus; der Arbeitslose könne sich demnach nicht mehr weigern,
einen solchen Zwischenverdienst anzunehmen; weiter habe er eine Klausel
eingebaut, um zu verhindern, dass bei Erzielung eines Zwischenverdienstes
in der nachfolgenden Periode die Arbeitslosentaggelder neu auf dem
tieferen Zwischenverdienst ausgerechnet werden können (Sitzungsprotokoll
vom 11. Februar 1993, S. 39 unten in Verbindung mit Anhang 9a). In der
vorberatenden Kommission des Ständerates wurde dieser Zusammenhang klar
erkannt. So erklärte BIGA-Direktor Nordmann, wenn ein Zwischenverdienst,
der nur dank der Zwischenverdienstabrechnung zumutbar sei, als zumutbar
erklärt werde, wenn also jemand schon gleichsam dazu gezwungen werde, dann
sei es sinnvoll, diese Phase später auch entsprechend zu berücksichtigen,
und zwar im ganzen Betrag und nicht nur mit dem wenigen, das er verdient
hat (Sitzungsprotokoll der vorberatenden ständerätlichen Kommission für
soziale Sicherheit und Gesundheit vom 22. Februar 1993, S. 52). Dem
stimmten Nationalrat (Sten.Bull. N 1993 158 2. Spalte unten f.) und
Ständerat zu (Sten.Bull. S 1993 118 1. Spalte unten). Ständerätin Josy
Meier hielt dabei fest, sie spreche zu Art. 23 Abs. 4 und Art. 24 Abs. 5
gemeinsam; in Art. 16 sei ein Konzept über die Zumutbarkeit der Arbeit
und den Zwischenverdienst verabschiedet worden; hier gehe es nur noch
um dessen Vollzug; dies sei in der Kommission des Ständerates und im
Nationalrat so akzeptiert worden; wolle man den Beschlüssen bei Art. 16
nicht widersprechen, müssten jetzt diese beiden Artikel ebenfalls
angenommen werden (Sten.Bull. S 1993 118 1. Spalte unten).

    Aufgrund dieser Materialien, welche in dem seit 1. April 1993
geltenden Gesetzestext ihren Niederschlag gefunden haben, ist einwandfrei
erstellt, dass genau jenes Motiv gemäss Rz. 54 KS-ALE, welches für
die Berücksichtigung bloss der einzelnen Einsatztage, an welchen auch
effektiv gearbeitet wurde, und nicht der gesamten Zeiten arbeitsvertraglich
vereinbarter beitragspflichtiger Zwischenverdienstbeschäftigungen sprach
- nämlich die Gefahr, dass sich in der nachfolgenden Rahmenfrist der
versicherte Verdienst wegen des Zwischenverdienstes ungerechtfertigterweise
vermindern könnte - beseitigt worden ist. Damit aber ist kein Grund
ersichtlich, beim Nachweis der beitragspflichtigen Mindestbeschäftigung
von 6 Monaten nach Art. 13 Abs. 1 AVIG im Falle von Zwischenverdienst nur
die einzelnen Tage, an welchen tatsächlich gearbeitet wurde, und nicht
die gesamte Dauer der beitragspflichtigen Arbeitnehmerbeschäftigungen zu
berücksichtigen. Insofern erweist sich Rz. 54 KS-ALE als gesetzeswidrig,
und zwar auch unter dem seit 1. Januar 1996 geltenden Recht, soweit
Art. 23 rev. Abs. 4 AVIG inhaltlich im hier wesentlichen Kerngehalt
beibehalten wurde.

Erwägung 4

    4.- Die Beschwerdeführerin ging vom 1. Januar bis 30. Juni 1994 in
der Drogerie Y ununterbrochen einer beitragspflichtigen Beschäftigung
nach, welche ihr Einkünfte von monatlich Fr. 1'100.-- bis Fr. 1'200.--
einbrachte. Nach dem Gesagten ist damit das in Art. 13 Abs. 1 AVIG
aufgestellte Erfordernis einer Mindestbeitragszeit von 6 Monaten
erfüllt. Die Beschwerdeführerin ist demnach berechtigt, für die Zeit
ab 23. Juli 1994 Arbeitslosenentschädigung zu beziehen, sofern auch die
übrigen Anspruchsvoraussetzungen gegeben sind.