Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 122 V 19



122 V 19

4. Auszug aus dem Urteil vom 31. Januar 1996 i.S. S. gegen Amt für AHV
und IV des Kantons Thurgau, Ausgleichskasse, und AHV/IV-Rekurskommission
des Kantons Thurgau Regeste

    Art. 27 Abs. 1 ELV: Rückerstattung. Bei der Neuberechnung der
Ergänzungsleistung zur Ermittlung des Rückerstattungsbetrages ist von den
Verhältnissen auszugehen, wie sie im Rückerstattungszeitraum tatsächlich
bestanden haben. Namentlich sind alle anspruchsrelevanten, das anrechenbare
Einkommen erhöhenden und vermindernden Tatsachenänderungen (Art. 25 ELV)
zu berücksichtigen. Eine Nachzahlung von Ergänzungsleistungen ist jedoch
ausgeschlossen (vgl. Rz. 7034 WEL).

Sachverhalt

    A.- Die 1912 geborene S. meldete sich im Juni 1990 zum Bezug von
Ergänzungsleistungen (EL) zu ihrer einfachen AHV-Altersrente an. Im
Anmeldeformular gab sie u.a. an, im Pflegeheim X zu wohnen und Eigentümerin
einer Liegenschaft zu sein. Mit Verfügung vom 13. November 1990 sprach ihr
die Ausgleichskasse des Kantons Thurgau ab 1. Mai 1990 eine monatliche
Ergänzungsleistung von Fr. 460.-- zu, welche später auf Fr. 382.--
(ab Januar 1992) und Fr. 284.-- (ab Januar 1993) angepasst wurde.

    Im Dezember 1992 teilte S. der Ausgleichskasse mit, dass sie sich
im Altersheim Y aufhalte. Die näheren Abklärungen zeigten, dass sie
bereits im August 1990 von der Pflege- auf die Altersabteilung im Alters-
und Pflegeheim X übergetreten und Ende September 1992 ins Alters- und
Pflegeheim Y umgezogen war. In der Folge sistierte die Ausgleichskasse
die EL-Auszahlung ab Februar 1993 und nahm eine Neuberechnung der
Ergänzungsleistung auf Grundlage der jeweiligen Heimtaxen vor. Dabei ergab
sich, dass von August 1990 bis Mai 1993 kein EL-Anspruch bestanden hatte.
Daraufhin verpflichtete die Ausgleichskasse S. zur Rückerstattung der im
Zeitraum August 1990 bis Januar 1993 ausgerichteten Ergänzungsleistungen
von insgesamt Fr. 13'388.--; gleichzeitig sprach sie ihr ab 1. Juni 1993
eine monatliche Ergänzungsleistung von Fr. 123.-- zu (Verfügungen vom
11. Juni 1993).

    B.- Beschwerdeweise liess S. die Aufhebung der
Rückerstattungsverfügung, die Zusprechung einer monatlichen
Ergänzungsleistung von Fr. 1'159.-- ab 1. Juni 1993, eventuell die
Rückweisung der Sache an die Ausgleichskasse beantragen. Es wurde geltend
gemacht, bei der EL-Neuberechnung seien neben den Heimwechseln auch andere
Veränderungen zu berücksichtigen, wie die Verminderung der Sparguthaben,
die Kosten der seit Februar 1992 täglich benötigten Insulin-Spritzen
sowie die unentgeltliche Veräusserung ihrer Liegenschaft in H. an ihren
Sohn im November 1990. Im übrigen sei die EL-Ansprecherin nicht in der
Lage, den zurückgeforderten Betrag zu bezahlen, weshalb "zuhanden der
Ausgleichskasse ein Erlassgesuch" gestellt werde.

    Die AHV/IV-Rekurskommission des Kantons Thurgau wies die Beschwerde
ab und die Sache zur "Neubeurteilung des per November 1990 vollzogenen
Vermögensverzichts" an die Ausgleichskasse zurück (Entscheid vom
25. Oktober 1993).

    C.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt S. beantragen, es sei
festzustellen, dass keine Rückerstattungspflicht bestehe; eventuell
sei die Sache zur "Ergänzung" an die Ausgleichskasse zurückzuweisen;
subeventuell sei ihr die Rückerstattung ganz oder teilweise zu erlassen.

    Die Ausgleichskasse äussert sich in ablehnendem Sinne zur
Verwaltungsgerichtsbeschwerde; das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV)
verzichtet auf eine Stellungnahme.

    D.- Auf Ersuchen hat das BSV mit Eingabe vom 24. Februar 1995
die bei der Neuberechnung der Ergänzungsleistung zur Ermittlung des
Rückforderungsbetrages anwendbare Verwaltungspraxis erläutert.

    E.- Am 31. Januar 1996 hat das Eidg. Versicherungsgericht eine
parteiöffentliche Beratung durchgeführt.

Auszug aus den Erwägungen:

      Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- (Kognition)

Erwägung 2

    2.- Streitig und zu prüfen ist die Rückerstattung der von der
Beschwerdeführerin vom 1. August 1990 bis 31. Januar 1993 bezogenen
Ergänzungsleistungen.

Erwägung 3

    3.- Gemäss Art. 47 Abs. 1 AHVG sind unrechtmässig bezogene Renten
und Hilflosenentschädigungen zurückzuerstatten; bei gutem Glauben und
gleichzeitigem Vorliegen einer grossen Härte kann von der Rückforderung
abgesehen werden. Art. 27 Abs. 1 ELV erklärt diese Ordnung für den Bereich
der Ergänzungsleistungen als sinngemäss anwendbar.

    a) Die Rückforderung nach Massgabe dieser Bestimmungen ist nur unter
den Voraussetzungen der Wiedererwägung oder prozessualen Revision der
formell rechtskräftigen Verfügung, mit welcher die betreffende Leistung
zugesprochen worden ist, zulässig (BGE 110 V 179 Erw. 2a).

    Gemäss einem allgemeinen Grundsatz des Sozialversicherungsrechts
kann die Verwaltung eine formell rechtskräftige Verfügung, welche
nicht Gegenstand materieller richterlicher Beurteilung gebildet hat,
in Wiedererwägung ziehen, wenn sie zweifellos unrichtig und ihre
Berichtigung von erheblicher Bedeutung ist (BGE 119 V 183 Erw. 3a, 477
Erw. 1). Im Rahmen der prozessualen Revision, die von der Wiedererwägung
unterschieden werden muss, ist die Verwaltung verpflichtet, auf eine
formell rechtskräftige Verfügung zurückzukommen, wenn neue Tatsachen
oder Beweismittel entdeckt werden, die geeignet sind, zu einer andern
rechtlichen Beurteilung zu führen (BGE 119 V 184 Erw. 3a, 477 Erw. 1a).

    b) Nach Art. 25 Abs. 1 lit. c ELV ist die Ergänzungsleistung zu
erhöhen, herabzusetzen oder aufzuheben bei Eintritt einer voraussichtlich
längere Zeit dauernden Verminderung oder Erhöhung des anrechenbaren
Einkommens. Massgebend sind das neue, auf ein Jahr umgerechnete dauernde
Einkommen und das bei Eintritt der Änderung vorhandene Vermögen. Macht
die Änderung weniger als 120 Franken im Jahr aus, so kann auf eine
Anpassung verzichtet werden. Die Ergänzungsleistung ist neu zu verfügen:
bei Verminderung des anrechenbaren Einkommens auf den Beginn des Monats, in
dem die Änderung gemeldet wurde, frühestens aber des Monats, in dem diese
eingetreten ist; bei Erhöhung des anrechenbaren Einkommens, spätestens
auf den Beginn des Monats, der auf die neue Verfügung folgt. Vorbehalten
bleibt Artikel 27 bei Verletzung der Meldepflicht (Art. 25 Abs. 2 lit. b
und c ELV).

    Art. 25 ELV hat die Revision der Ergänzungsleistung im Sinne
der Anpassung an geänderte tatsächliche Verhältnisse zum Gegenstand,
regelt also Veränderungen in den persönlichen und wirtschaftlichen
Verhältnissen des EL-Bezügers während des Leistungsbezuges (BGE 119 V
193 unten; vgl. U. MEYER-BLASER, Die Abänderung formell rechtskräftiger
Verwaltungsverfügungen in der Sozialversicherung, in: ZBl 95 (1994)
S. 337 ff., S. 349).

    Gemäss der in Art. 24 Satz 1 ELV statuierten Meldepflicht hat der
Anspruchsberechtigte, sein gesetzlicher Vertreter oder gegebenenfalls
die Drittperson oder die Behörde, welcher eine Ergänzungsleistung
ausbezahlt wird, der kantonalen Durchführungsstelle von jeder Änderung
der persönlichen und von jeder ins Gewicht fallenden Änderung der
wirtschaftlichen Verhältnisse unverzüglich Mitteilung zu machen.

    c) Es steht fest, dass der Beschwerdeführerin im Zeitraum August
1990 bis Januar 1993 Ergänzungsleistungen ausgerichtet wurden in der
unrichtigen Annahme, dass sie sich ständig auf der Pflegeabteilung des
Alters- und Pflegeheims X aufhalte und dort eine Tagestaxe von Fr. 128.10
zu bezahlen habe. Tatsächlich wechselte sie im August 1990 - noch vor
Erlass der Verfügung vom 13. November 1990 - auf die Altersabteilung
jenes Heimes und im September 1992 ins Alters- und Pflegeheim Y, wobei
hier wie dort wesentlich geringere Tagestaxen (zwischen Fr. 79.-- und
Fr. 94.--) anfielen. Dass tiefere Heimkosten regelmässig weniger Ausgaben
und damit geringere Ergänzungsleistungen zur Folge haben, musste auch
der Beschwerdeführerin bekannt sein, wie Ausgleichskasse und kantonale
Rekurskommission richtig festhalten.

    Für die EL-Berechnung ist sodann von Bedeutung, ob ein EL-Ansprecher
oder -Bezüger sich in einem Alters- oder einem Pflegeheim aufhält. Denn
der Kanton Thurgau behandelt im Rahmen der ihm gemäss Art. 2 Abs. 1bis
und Art. 4 Abs. 1 lit. d, e ELG zustehenden Kompetenzen Altersrentner in
Pflegeheimen oder Altersheimen zum Teil stark unterschiedlich:

    - Erhöhung der Einkommensgrenzen um einen weiteren Drittel (Art. 4
Abs. 1 lit. d ELG) bei Pflegeheiminsassen;

    - Erhöhung des Vermögensverzehrs auf einen Fünftel (Art. 4 Abs. 1
lit. e ELG) bei Pflegeheiminsassen;

    - Begrenzung der Kosten, die wegen des Heimaufenthaltes berücksichtigt
werden (Art. 2 Abs. 1bis ELG), bei (alleinstehenden) Altersheiminsassen;

    - Begrenzung der anrechenbaren persönlichen Auslagen (Art. 2
Abs. 1bis ELG) auf 15%/25% der massgebenden Einkommensgrenze bei
(alleinstehenden) Pflegeheim/Altersheiminsassen (vgl. §§ 2, 3bis und 4bis
des Gesetzes über die Ergänzungsleistungen zur Alters-, Hinterlassenen-
und Invalidenversicherung vom 25. August 1971, in der Fassung gemäss GRV
vom 8. Dezember 1986, Thurgauer Rechtsbuch IV Nr. 831.3).

    d) Nach dem Gesagten stellt die nicht rechtzeitige Meldung des
Heimwechsels im September 1992 eine Verletzung der Meldepflicht im
Sinne von Art. 24 ELV dar und kann nach Art. 25 Abs. 1 lit. b und Abs. 2
lit. c ELV eine Rückerstattung nach sich ziehen. Dagegen liegt in bezug
auf die Umplazierung im August 1990 keine Meldepflichtverletzung vor,
da sie vor der EL-Zusprechung am 13. November 1990 stattgefunden hatte
(unveröffentlichtes Urteil S.-I. vom 10. Februar 1993). Indessen
ist diese erst Ende 1992 bekanntgewordene neue Tatsache nach den
Regeln über die prozessuale Revision rückwirkend und damit allenfalls
rückerstattungsbegründend zu berücksichtigen. Die Rückerstattungspflicht
der Beschwerdeführerin ist somit grundsätzlich zu bejahen.

Erwägung 4

    4.- a) Bei der Neuberechnung der Ergänzungsleistung zur Ermittlung
des Rückerstattungsbetrages berücksichtigte die Ausgleichskasse die
Umplazierung (August 1990) und den Heimwechsel (September 1992) sowie -
ab Januar 1993 - den Verbrauch des Sparguthabens (1991/92). Dies ergab
(jährliche) Einnahmenüberschüsse von Fr. 3'759.-- (August 1990 bis Dezember
1991), Fr. 2'456.-- (Januar 1992 bis September 1992), Fr. 6'733.--
(Oktober 1992 bis Dezember 1992) und Fr. 359.-- (Januar 1993), weshalb
im fraglichen Zeitraum überhaupt kein EL-Anspruch bestanden habe.

    Die Beschwerdeführerin macht geltend, der Verbrauch des Sparguthabens
(1990: Fr. 13'225.--, 1991: Fr. 9'584.--, 1992: Fr. 18'296.--),
Krankheitskosten (Insulinspritzen, Blutzuckerbestimmungen ab Februar
1992) sowie die Liegenschaftsübertragung an ihren Sohn unter Einräumung
des Wohnrechts im November 1990 seien als das anrechenbare Einkommen
vermindernde Änderungen ebenfalls in die Neuberechnung miteinzubeziehen.

    b) Die kantonale Rekurskommission hat die Rechtsauffassung der
Ausgleichskasse, wonach bei der EL-Neuberechnung lediglich das anrechenbare
Einkommen erhöhende Änderungen rückwirkend zu berücksichtigen seien,
geschützt mit dem Hinweis auf Art. 25 Abs. 2 lit. b ELV. Da die
Beschwerdeführerin die geltend gemachten einkommensvermindernden
Umstände erstmals in der kantonalen Beschwerde vom 9. Juli 1993
gemeldet habe, könnten sie, so die Vorinstanz weiter, frühestens ab
diesem Zeitpunkt berücksichtigt werden. In diesem Sinne sei die nicht
gemeldete Liegenschaftsübertragung an den Sohn im November 1990 unter
dem Titel Vermögensverzicht nur in die EL-Neuberechnung miteinzubeziehen,
wenn und soweit dadurch das anrechenbare Einkommen erhöht worden sei.

Erwägung 5

    5.- a) Bei der Prüfung der Frage, wie der Rückforderungsbetrag zu
berechnen sei, ist davon auszugehen, dass die Ergänzungsleistungen
eine angemessene Deckung des Existenzbedarfs bedürftiger Rentner
der Alters- und Hinterlassenen- sowie der Invalidenversicherung
bezwecken (vgl. Art. 34quater Abs. 2 BV in Verbindung mit Art. 11
Abs. 1 ÜbBest. BV; BGE 108 V 241 Erw. 4c). Dabei geht es darum, die
laufenden Lebensbedürfnisse, soweit sie die gesetzlich massgebende
Einkommensgrenze übersteigen (Art. 2 Abs. 1 und Art. 5 Abs. 1 ELG),
abzudecken (EVGE 1968 S. 132 Erw. 2). Es sind deshalb, abgesehen vom
Tatbestand des Vermögensverzichts gemäss Art. 3 Abs. 1 lit. f ELG,
bei der Anspruchsberechtigung nur tatsächlich vereinnahmte Einkünfte
und vorhandene Vermögenswerte zu berücksichtigen, über die der
Leistungsansprecher ungeschmälert verfügen kann (BGE 115 V 353 Erw. 5c
mit Hinweisen; AHI 1994 S. 216 Erw. 3a). Dieser Grundsatz gilt auch
bei der in Art. 25 ELV positivrechtlich normierten Anpassung (Erhöhung,
Herabsetzung, Aufhebung) der Ergänzungsleistung an geänderte tatsächliche
Verhältnisse. Dies bedeutet insbesondere, dass der EL-Neuberechnung der
im Rahmen des Untersuchungsgrundsatzes und der dem EL-Bezüger obliegenden
Mitwirkungspflicht (BGE 119 V 211 Erw. 3b mit Hinweisen) festgestellte
Sachverhalt zugrunde zu legen ist.

    b) Die gleichen Überlegungen müssen auch bei der Neuberechnung der
Ergänzungsleistung im Hinblick auf eine Rückforderung von zuviel bezogenen
Ergänzungsleistungen nach Art. 27 Abs. 1 ELV gelten.

    aa) Dem steht nicht entgegen, dass nach Art. 25 Abs. 2 lit. b ELV
die Nachzahlung von Ergänzungsleistungen ausgeschlossen ist, wenn der
EL-Bezüger Umstände, die eine voraussichtlich längere Zeit dauernde
Verminderung des anrechenbaren Einkommens im Sinne von Art. 25 Abs. 1
lit. c und Abs. 2 lit. b ELV zur Folge haben, verspätet meldet oder solche
Änderungen erst nach deren Eintritt der Verwaltung bekannt werden (BGE 119
V 193 f. Erw. 2c, d). Dieses anpassungsrechtliche Nachzahlungsverbot ist im
Rückerstattungsverfahren nach Art. 27 ELV lediglich insofern von Bedeutung,
als der Versicherte im günstigsten Fall keine Ergänzungsleistungen
rückzuerstatten hat.

    bb) Diese Auffassung stimmt sodann überein mit der Verwaltungspraxis
gemäss Rz. 7034 der Wegleitung über die Ergänzungsleistungen zur
AHV und IV [WEL] in der seit 1. Januar 1987 geltenden Fassung. Diese
Verwaltungsweisung lautet wie folgt: "Stellt sich bei der Neuberechnung
heraus, dass einzelne Berechnungsposten zugunsten des Versicherten
ausfallen, können diese in die Neuberechnung miteinbezogen werden. Eine
Nachzahlung ist jedoch zu unterlassen." Verwaltungsweisungen sind
für den Sozialversicherungsrichter zwar nicht verbindlich. Er soll
sie jedoch bei seiner Entscheidung mitberücksichtigen, sofern sie
eine dem Einzelfall angepasste und gerecht werdende Auslegung der
anwendbaren gesetzlichen Bestimmungen zulassen (BGE 119 V 259 Erw. 3a
mit Hinweisen). Dies ist hier zu bejahen. Rz. 7034 WEL stellt nicht bloss
eine Sonderregelung zur Verhinderung von Härtefällen dar, wie das BSV in
seiner Vernehmlassung ausführt. Vielmehr ermöglicht diese Praxis eine
rechtsgleiche Regelung der Rückerstattungsfrage (vgl. EVGE 1968 S. 133
oben), indem der Rückforderungsbetrag ungeachtet des Meldeverhaltens der
EL-Bezüger und unabhängig davon, dass allenfalls die Verwaltung von einer
Tatsachenänderung zufällig Kenntnis erhält, festgesetzt wird. Namentlich
wird damit eine Besserstellung derjenigen EL-Bezüger verhindert,
die, aus welchen Gründen auch immer, lediglich anspruchserhöhende
Tatsachenänderungen melden.

    cc) Im weitern ist zu berücksichtigen, dass das anrechenbare
Einkommen als für die Anspruchsberechtigung als solche wie auch für die
Höhe der Ergänzungsleistung relevante Grösse (Art. 2 Abs. 1 und Art. 5
Abs. 1 ELV) das Ergebnis einer Berechnung ist (vgl. Art. 3 ELG). Da eine
Tatsachenänderung unter Umständen mehrere Positionen in der EL-Berechnung
berührt, wie insbesondere beim Wechsel von der eigenen Wohnung in
ein Heim oder in eine Mietwohnung bei gleichzeitiger Veräusserung der
Wohnliegenschaft, steht meist erst nach Durchführung der Neuberechnung
fest, ob eine Erhöhung oder eine Verminderung des anrechenbaren Einkommens
vorliegt (unveröffentlichtes Urteil K. vom 1. April 1971). In solchen
Fällen bei der EL-Neuberechnung zur Ermittlung des Rückerstattungsbetrages
lediglich die für den EL-Bezüger ungünstigen Berechnungsfaktoren zu ändern,
wäre stossend.

    dd) Schliesslich ist zu beachten, dass die nicht oder nicht
rechtzeitige Meldung einer das anrechenbare Einkommen - im Ergebnis -
vermindernden und damit ergänzungsleistungserhöhenden Tatsachenänderung die
Nichtausschöpfung des EL-Anspruchs bedeutet, somit nicht eine Auszahlung
von unrechtmässigen, zu hohen Ergänzungsleistungen bewirkt. Es würde dem
Grundsatz der Rückerstattungspflicht als einer an das Recht gebundenen
versicherungsmässigen Sanktion ohne pönalen Charakter (BGE 118 V 220
unten), die lediglich verhindern will, dass der Versicherte von der
Versicherung mehr erhält, als dem Gesetz entspricht (EVGE 1968 S. 144
Erw. 2f), widersprechen, wenn der EL-Bezüger im Rückforderungsprozess nicht
Tatsachenänderungen zu seinen Gunsten "einredeweise" geltend machen könnte.

    c) Zusammenfassend ist festzustellen, dass im Sinne der
Verwaltungspraxis gemäss Rz. 7034 WEL bei der Neuberechnung der
Ergänzungsleistung zur Ermittlung des Rückerstattungsbetrages
alle anspruchsrelevanten, das anrechenbare Einkommen erhöhenden und
vermindernden Tatsachenänderungen zu berücksichtigen sind. Eine Nachzahlung
ist jedoch ausgeschlossen.

Erwägung 6

    6.- Die von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Änderungen
im Rückerstattungszeitraum August 1990 bis Januar 1993: Verbrauch des
Sparguthabens, Krankheitskosten (Insulinspritzen, Blutzuckerbestimmungen
ab Februar 1992), Liegenschaftsübertragung an ihren Sohn unter Einräumung
des Wohnrechts im November 1990, sind, soweit ausgewiesen, bei der
EL-Neuberechnung mitzuberücksichtigen. Namentlich sind die Krankheitskosten
nach Art. 3 Abs. 4 lit. e ELG abziehbar. Denn Insulin-Injektionen
und Blutzuckerbestimmung sind wissenschaftlich anerkannte Massnahmen
im Sinne von Art. 5 lit. a ELKV in Verbindung mit Art. 19 Abs. 2 ELV
und Art. 3 Abs. 4bis ELG. Dabei sind alle im Rückerstattungszeitraum
angefallenen Kosten zu berücksichtigen. Dass nach Art. 2 lit. a
ELKV die Kosten abziehbar sind, wenn der Abzug innert 15 Monaten nach
Rechnungsstellung geltend gemacht wird, ist im Rückerstattungsprozess ohne
Belang (vgl. Erw. 5c). Im übrigen wird die Ausgleichskasse, an welche die
Sache zur Neufestsetzung des Rückforderungsbetrages zurückgewiesen wird,
zu beachten haben, dass sie bisher unter dem Titel "Mietwert der eigenen
Wohnung" einen (jährlichen) Betrag von Fr. 2'700.-- zum anrechenbaren
Einkommen gezählt hat. Gemäss Art. 12 ELV in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1
lit. b ELG gilt jedoch lediglich der (nach steuerlichen Grundsätzen
bemessene) Mietwert einer vom Eigentümer oder Nutzniesser bewohnten
Wohnung als anrechenbares Einkommen aus unbeweglichem Vermögen. Die
Beschwerdeführerin lebt jedoch erwiesenermassen seit 25. Mai 1990 dauernd
in einem Heim.