Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 122 I 18



122 I 18

5. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
vom 19. März 1996 i.S. G. gegen Kanton Zürich und Kantonsrat des
Eidgenössischen Standes Zürich (staatsrechtliche Beschwerde) Regeste

    Art. 4 und 58 BV, Art. 2 ÜbBest. BV, Art. 5 Ziff. 4 EMRK; Zürcher
Gesetzesänderungen betreffend fürsorgerische Freiheitsentziehung;
abstrakte Normenkontrolle.

    § 5a der Zürcher Zivilprozessordnung (ZPO), wonach der Richter am
Ort der Anstalt zur Behandlung eines Gesuchs um gerichtliche Beurteilung
der fürsorgerischen Freiheitsentziehung zuständig ist, verletzt Art. 2
ÜbBest. BV, Art. 58 BV und Art. 4 BV nicht (E. 2b/aa-cc).

    Es verstösst nicht gegen Bundesrecht, wenn nach dem kantonalen Recht
die Berufung auch gegen einen den Freiheitsentzug aufhebenden Entscheid
des Einzelrichters zulässig ist (E. 2c/aa).

    Die Vorschrift von § 203e Abs. 2 Ziff. 4 ZPO, die den Kreis der
Verfahrensbeteiligten gegenüber dem Bundesrecht einschränkt, verletzt
Art. 2 ÜbBest. BV (E. 2c/bb).

    Die zürcherische Regelung des Berufungsverfahrens ist mit Art. 397f
Abs. 1 ZGB und Art. 5 Ziff. 4 EMRK vereinbar (E. 2d).

Sachverhalt

    A.- Die Stimmberechtigten des Kantons Zürich nahmen in der
Volksabstimmung vom 12. März 1995 die Vorlage über die Gesetzesänderungen
betreffend die fürsorgerische Freiheitsentziehung an. Der Kantonsrat
erwahrte das Abstimmungsergebnis am 8. Mai 1995. Dieser Beschluss
wurde im kantonalen Amtsblatt vom 19. Mai 1995 veröffentlicht. Am
7. Juni 1995 setzte der Regierungsrat des Kantons Zürich die erwähnten
Gesetzesänderungen auf den 1. Januar 1996 in Kraft.

    G. erhob gegen die Gesetzesänderungen betreffend die fürsorgerische
Freiheitsentziehung staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung der
Art. 4 BV, 58 BV, 2 ÜbBest. BV, 5 Ziff. 4 EMRK und 6 Ziff. 1 EMRK. Das
Bundesgericht heisst die Beschwerde teilweise gut und hebt § 203e Abs. 2
Ziff. 4 der zürcherischen Zivilprozessordnung auf. Im übrigen weist es
die Beschwerde ab.

Auszug aus den Erwägungen:

                     Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- Mit den beanstandeten Vorschriften hat der Kanton Zürich das
Verfahren betreffend die fürsorgerische Freiheitsentziehung, welches
bisher in einer Verordnung festgelegt war, auf Gesetzesstufe geregelt. Die
hiefür erforderlichen Änderungen betrafen drei kantonale Gesetze, nämlich
das Gerichtsverfassungsgesetz vom 13. Juni 1976 (GVG), das Gesetz über
den Zivilprozess vom 13. Juni 1976 (ZPO) und das Einführungsgesetz zum
Schweizerischen Zivilgesetzbuch vom 2. April 1911 (EG zum ZGB). Der
Beschwerdeführer hält die neue kantonale Verfahrensregelung in
verschiedener Hinsicht für verfassungs- und konventionswidrig.

    a) Bei der Prüfung der Verfassungsmässigkeit eines kantonalen Erlasses
im Rahmen der abstrakten Normenkontrolle ist nach der Rechtsprechung des
Bundesgerichts massgebend, ob der betreffenden Norm nach anerkannten
Auslegungsregeln ein Sinn beigemessen werden kann, der sie mit den
angerufenen Verfassungsgarantien vereinbar erscheinen lässt. Gleich
verhält es sich, wenn mit der Beschwerde Garantien der Europäischen
Menschenrechtskonvention angerufen werden. Das Bundesgericht hebt
eine kantonale Norm nur auf, wenn sie sich jeder verfassungs- und
konventionskonformen Auslegung entzieht, nicht jedoch, wenn sie einer
solchen in vertretbarer Weise zugänglich ist (BGE 119 Ia 321 E. 4; 118
Ia 64 E. 2c, je mit Hinweisen). Ob ein kantonaler Erlass mit Verfassung
und Konvention vereinbar ist, prüft das Bundesgericht frei (BGE 119 Ia
321 E. 4 mit Hinweisen).

    b) Nach der früheren zürcherischen Ordnung behandelte die
Psychiatrische Gerichtskommission als einzige kantonale Instanz Gesuche
um gerichtliche Beurteilung der fürsorgerischen Freiheitsentziehung. Mit
den Gesetzesänderungen wurde dieses System aufgegeben und ein zweistufiges
richterliches Verfahren eingeführt: Der Einzelrichter am Bezirksgericht
entscheidet als erste Instanz, und sein Entscheid kann mit der Berufung
an das Obergericht weitergezogen werden (§ 22a GVG und § 259 Ziff. 2
ZPO). Hinsichtlich der örtlichen Zuständigkeit der ersten Instanz bestimmt
§ 5a ZPO, dass der Richter am Ort der Anstalt und bei ausserkantonalen
Anstalten der Richter am Sitz der einweisenden Behörde oder am Wohnsitz
der betroffenen Person zur Behandlung eines Gesuchs um gerichtliche
Beurteilung der fürsorgerischen Freiheitsentziehung zuständig ist.
Der Beschwerdeführer wendet ein, diese Regelung verletze Art. 397b ZGB
und damit den Vorrang des Bundesrechts (Art. 2 ÜbBest. BV). Ausserdem
verstosse sie gegen die Garantie des verfassungs- und konventionsmässigen
Richters nach Art. 58 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK sowie gegen den
Grundsatz der Gleichbehandlung im Sinne von Art. 4 BV.

    aa) Der in Art. 2 ÜbBest. BV enthaltene Grundsatz der derogatorischen
Kraft des Bundesrechts bedeutet, dass die Kantone in Sachgebieten,
welche die Bundesgesetzgebung abschliessend geregelt hat, nicht zur
Rechtsetzung befugt sind. Wird mit staatsrechtlicher Beschwerde eine
Verletzung dieses Grundsatzes gerügt, so prüft das Bundesgericht frei,
ob die beanstandete kantonale Norm mit dem Bundesrecht vereinbar ist
(BGE 120 Ia 89 E. 2a; 117 Ia 472 E. 2a, je mit Hinweisen). Nach Art. 64
Abs. 1 und 2 BV steht dem Bund die Gesetzgebung auf dem ganzen Gebiet des
Zivilrechts zu. Die Organisation der Gerichte, das gerichtliche Verfahren
und die Rechtsprechung verbleiben, wie bis anhin, den Kantonen (Art. 64
Abs. 3 BV). Diese sind verpflichtet, die Organisation der Gerichte und das
gerichtliche Verfahren so zu regeln, dass das Bundeszivilrecht tatsächlich
durchgesetzt werden kann. Sie dürfen dabei keine Normen erlassen,
welche die Verwirklichung des Bundeszivilrechts verunmöglichen. Wenn
die Kantone dies dennoch tun, verstossen sie gegen den Grundsatz der
derogatorischen Kraft des Bundesrechts (BGE 104 Ia 105 E. 4a). Zum
gleichen Ergebnis führt die Anwendung von Art. 6 Abs. 1 ZGB. Nach dieser
Vorschrift werden die Kantone in ihren öffentlichrechtlichen Befugnissen
durch das Bundeszivilrecht nicht beschränkt. Sie verletzen jedoch den
Grundsatz des Vorranges des Bundesrechts, wenn sie dort legiferieren,
wo der Bundesgesetzgeber ein Gebiet selber abschliessend geregelt hat,
wenn die von ihnen erlassenen Bestimmungen nicht durch ein schutzwürdiges
öffentliches Interesse gedeckt sind und wenn sie dem Sinn und Geist des
Bundeszivilrechts widersprechen (BGE 120 Ia 89 E. 2b; 110 Ia 111 E. 3b;
104 Ia 105 E. 4a, je mit Hinweisen).

    Gemäss Art. 397b Abs. 1 ZGB ist für den Entscheid über eine
fürsorgerische Freiheitsentziehung eine vormundschaftliche Behörde am
Wohnsitz oder, wenn Gefahr im Verzuge liegt, eine vormundschaftliche
Behörde am Aufenthaltsort der betroffenen Person zuständig. Der
Beschwerdeführer macht geltend, im Vormundschaftsrecht gelte allgemein
der Grundsatz, dass die Behörde am Wohnsitz der betroffenen Person
zum Entscheid über vormundschaftliche Massnahmen zuständig sei. Solche
Massnahmen müssten, wenn immer möglich, dort angeordnet und aufgehoben
werden können, wo der Schutzbefohlene seinen Lebensmittelpunkt habe. Vom
Wohnsitzprinzip dürfe nur abgewichen werden, wenn das Bundesrecht dies
selber vorsehe oder wenn es dem kantonalen Gesetzgeber dazu ausdrücklich
die Befugnis einräume. In bezug auf die gerichtliche Überprüfung der
fürsorgerischen Freiheitsentziehung geniesse der kantonale Gesetzgeber
bei der Ausgestaltung der sachlichen Zuständigkeit völlige Freiheit,
bei der Regelung der örtlichen Zuständigkeit hingegen sei er an Art. 397b
ZGB gebunden. Die vom zürcherischen Gesetzgeber in § 5a ZPO vorgesehene
Überprüfung durch den Richter am Ort der Anstalt verstosse daher gegen
Bundesrecht.

    Aus den Materialien zu den Art. 397a ff. ZGB ergibt sich, dass
das Bundesrecht die materiellen Voraussetzungen einer fürsorgerischen
Freiheitsentziehung abschliessend regelt (Botschaft des Bundesrates vom 17.
August 1977, BBl 1977 III, S. 19). Hinsichtlich des Verfahrens stellt
es indes lediglich die zur Verwirklichung der materiellen Bestimmungen
unentbehrlichen Verfahrensvorschriften auf, und zwar in Art. 397e für
das gesamte Verfahren, in Art. 397f für die gerichtliche Beurteilung
(BBl 1977 III, S. 33). In diesem Bereich sind, wie in der Botschaft
des Bundesrates festgehalten wird, kantonale Ausführungsvorschriften
notwendig, und es bleibt auch Raum für ergänzende kantonale Bestimmungen
(BBl 1977 III, S. 19 f.). Die vom Beschwerdeführer beanstandete Vorschrift
von § 5a der zürcherischen ZPO regelt die örtliche Zuständigkeit zur
gerichtlichen Beurteilung einer fürsorgerischen Freiheitsentziehung. Der
Bundesgesetzgeber hat, wie gesagt, unter Vorbehalt von Art. 397f
ZGB die Ausgestaltung des gerichtlichen Verfahrens dem kantonalen
Recht überlassen. Art. 397f ZGB enthält keine Vorschrift über die
Zuständigkeit zur gerichtlichen Beurteilung, und in der bundesrätlichen
Botschaft wird erklärt, in bezug auf die Regelung der sachlichen
Zuständigkeit bestehe für die kantonale Ausführungsgesetzgebung "völlige
Freiheit" (BBl 1977 III, S. 39). Unbehelflich ist die Argumentation des
Beschwerdeführers, der kantonale Gesetzgeber sei hingegen "bei der Regelung
der örtlichen Zuständigkeit im gerichtlichen Verfahren an Art. 397b ZGB
gebunden". Diese Vorschrift regelt, wie die kantonalen Instanzen in ihren
Beschwerdeantworten mit Recht betonen, die Zuständigkeit zur Anordnung der
fürsorgerischen Freiheitsentziehung an sich, nicht aber die Zuständigkeit
zur gerichtlichen Überprüfung des Freiheitsentzugs. Der Bundesgesetzgeber
hat davon abgesehen, für die gerichtliche Beurteilung die sachliche
und örtliche Zuständigkeit festzulegen, und den Gesetzesmaterialien ist
klar zu entnehmen, dass er diesen Bereich bewusst der Regelung durch das
kantonale Recht überlassen wollte.

    Nach der dargelegten Rechtsprechung des Bundesgerichts genügt
der Umstand, dass der Bundesgesetzgeber in einem vom Bundeszivilrecht
geregelten Bereich keine abschliessende Ordnung getroffen hat, für sich
allein nicht, um die vom Kanton diesbezüglich erlassenen Vorschriften
als zulässig zu betrachten. Erforderlich ist zudem, dass die kantonalen
Bestimmungen einem schutzwürdigen öffentlichen Interesse entsprechen
und nicht gegen Sinn und Geist des Bundeszivilrechts verstossen. Auch
diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Im Kanton Zürich war früher
die Psychiatrische Gerichtskommission, die ihren Sitz in Zürich
hatte, als einzige kantonale Instanz zur Behandlung von Gesuchen
um gerichtliche Beurteilung der fürsorgerischen Freiheitsentziehung
zuständig. Dieses System hatte zur Folge, dass die Betroffenen von
den verschiedenen Anstalten jeweils für die Verhandlungen nach Zürich
geführt werden mussten, wodurch neben einem erheblichen administrativen
Aufwand und hohen Transportkosten auch Unannehmlichkeiten für die
Betroffenen entstanden, welche oft für die Transporte medikamentös
behandelt werden mussten (Beleuchtender Bericht des Regierungsrates
zur Vorlage über die Gesetzesänderungen betreffend fürsorgerische
Freiheitsentziehung, S. 3). Diese teuren und für den Betroffenen oft
umständlichen und unangenehmen Transporte entfallen, wenn entsprechend
der neuen Ordnung der Richter am Ort der Anstalt, in welcher sich der
Betroffene befindet, über Gesuche um gerichtliche Beurteilung der
fürsorgerischen Freiheitsentziehung entscheidet. Zudem besteht bei
diesem System die Möglichkeit, dass der Richter den Betroffenen in der
Anstalt persönlich anhören kann. Wie die kantonalen Instanzen in ihren
Beschwerdeantworten ausführen, wollte der zürcherische Gesetzgeber mit
der in § 5a ZPO getroffenen Regelung das Verfahren der gerichtlichen
Beurteilung einfacher und rascher gestalten. Die beanstandete kantonale
Norm zielt auf eine Verbesserung des Verfahrens ab und ist mithin durch
ein schutzwürdiges öffentliches Interesse gedeckt. Sie verstösst auch
nicht gegen Sinn und Geist des Bundeszivilrechts. Nach Art. 397f Abs. 1
ZGB entscheidet der Richter in einem "einfachen und raschen Verfahren".
Wenn der zürcherische Gesetzgeber erwog, das System der Zuständigkeit
des Richters am Ort der Anstalt vermöge diesen Anforderungen besser
gerecht zu werden als das Wohnsitzprinzip, so lässt sich das angesichts
der Vorteile des dargestellten Systems mit guten Gründen vertreten. Der
Einwand des Beschwerdeführers, der Richter am Wohnsitz des Betroffenen
könne die Situation besser beurteilen als der Richter am Ort der Anstalt,
wird vom Regierungsrat mit dem überzeugenden Hinweis darauf entkräftet,
dass vor allem im grossstädtischen Umfeld die Anonymisierung zunehme
und die erstinstanzlich zuständigen Gerichte im übrigen bezirksweise
organisiert seien, weshalb der örtliche Bezug so oder so nur sehr lose
sei. Die Rüge, § 5a ZPO verletze den Grundsatz der derogatorischen Kraft
des Bundesrechts, erweist sich nach dem Gesagten als unbegründet.

    bb) Zur Begründung des Vorwurfs, diese kantonale Norm verstosse gegen
die Garantie des verfassungsmässigen Richters, bringt der Beschwerdeführer
vor, wenn der Einzelrichter am Ort der Anstalt für die Überprüfung der
Einweisung zuständig sei, könne die einweisende Behörde mit dem Entscheid
über die geeignete Anstalt faktisch auch darüber bestimmen, welcher
Richter für die Beurteilung zuständig sei. Es bestehe die Gefahr, dass
die Behörde eine bestimmte Anstalt nicht nach dem Gesichtspunkt ihrer
Eignung auswähle, sondern weil sie erwarte, der Richter am Ort dieser
Anstalt werde den Einweisungsentscheid eher schützen als ein anderer
Richter. Durch diese "Auswahlmöglichkeit" könne der gerichtliche Entscheid
"erheblich beeinflusst oder manipuliert werden", was Art. 58 Abs. 1 BV
ausschliessen wolle. Ferner stelle sich die Frage, ob es mit der Garantie
des gesetzlichen Richters vereinbar sei, dass die betroffene Person
nicht zum voraus wisse, welchem Richter sie im Falle ihrer Einweisung
unterstehen werde.

    Art. 58 Abs. 1 BV gewährleistet den Anspruch auf einen unabhängigen
und unparteiischen Richter sowie die Einhaltung der einmal getroffenen
staatlichen Zuständigkeitsordnung. Er schreibt aber den Kantonen nicht
eine bestimmte Gerichtsorganisation oder ein bestimmtes Verfahren vor (BGE
117 Ia 190 E. 6a; 114 Ia 50 E. 3b). Aus Art. 58 Abs. 1 BV lässt sich nicht
ableiten, dass zur Überprüfung einer fürsorgerischen Freiheitsentziehung
der Richter am Wohnsitz des Betroffenen zuständig sein müsse. Sodann
genügt es unter dem Gesichtspunkt dieser Verfassungsbestimmung, dass
sich die Zuständigkeit zur Überprüfung des Freiheitsentzugs aufgrund
des § 5a ZPO im Anwendungsfall bestimmen lässt. Inwiefern die in dieser
Vorschrift getroffene Regelung den Möglichkeiten des Manipulierens Tür
und Tor öffnen soll, wird durch die blossen Mutmassungen und Behauptungen
des Beschwerdeführers nicht dargetan; es ist klar, dass die Behörden die
Anstalt im Hinblick auf die Interessen der einzuweisenden Person wählen
müssen und Spekulationen über die Art der gerichtlichen Beurteilung keine
Rolle spielen dürfen. Die angefochtene kantonale Norm verstösst weder
gegen die Garantie von Art. 58 Abs. 1 BV noch gegen den hier nicht über die
Verfassungsbestimmung hinausgehenden Anspruch gemäss Art. 6 Ziff. 1 EMRK.

    cc) Der Beschwerdeführer macht schliesslich geltend, die
Zuständigkeitsordnung von § 5a ZPO verletze den Grundsatz der
Gleichbehandlung im Sinne von Art. 4 BV. Er führt zur Begründung
aus, Personen, die in eine Anstalt an ihrem Wohnort oder in eine
ausserkantonale Anstalt eingewiesen worden seien, würden von ihrem
Wohnsitzrichter beurteilt. In allen anderen Fällen sei der Wohnsitzrichter
nicht zuständig, obwohl die Schutzbedürftigkeit, die zur Einweisung führe,
sich in nichts unterscheide. Da der Richter am Wohnort das soziale Umfeld
weit besser beurteilen könne als der Richter am Anstaltsort, lasse sich
"diese Ungleichbehandlung nicht rechtfertigen".

    Ein Erlass verstösst gegen das Willkürverbot, wenn er sich nicht auf
ernsthafte sachliche Gründe stützen lässt oder sinn- und zwecklos ist. Er
verletzt das Rechtsgleichheitsgebot, wenn er rechtliche Unterscheidungen
trifft, für die ein vernünftiger Grund in den zu regelnden Verhältnissen
nicht ersichtlich ist, oder Unterscheidungen unterlässt, die sich aufgrund
der Verhältnisse aufdrängen (BGE 119 Ia 123 E. 2b; 117 Ia 97 E. 3a; 114
Ia 321 E. 3a, je mit Hinweisen). Es bestehen, wie dargelegt, ernsthafte
sachliche Gründe dafür, dass im Falle der Einweisung einer Person in eine
innerhalb des Kantons gelegene Anstalt der Richter am Anstaltsort zur
Beurteilung des fürsorgerischen Freiheitsentzugs zuständig ist. Eine solche
Ordnung ist nicht sinn- und zwecklos und hält dem Willkürverbot stand. Dass
nach § 5a ZPO in jenen Fällen, in denen die Anstalt ausserhalb des Kantons
liegt, der Richter am Wohnsitz der betroffenen Person oder am Sitz der
einweisenden Behörde zur Beurteilung der Freiheitsentziehung zuständig
ist, verletzt das Gebot der Rechtsgleichheit nicht. Die unterschiedliche
rechtliche Regelung ist deshalb gerechtfertigt, weil sich in diesen
selteneren Fällen der Betroffene nicht in einer innerhalb des Kantons
gelegenen, sondern in einer ausserkantonalen Anstalt befindet und der
Zürcher Gesetzgeber nicht befugt ist, eine ausserkantonale Behörde als
richterliche Instanz einzusetzen. Die in § 5a ZPO getroffene Ordnung
verstösst demnach nicht gegen Art. 4 BV.
   c) Gemäss § 203e Abs. 2 ZPO gelten als Verfahrensbeteiligte:

    "1. die betroffene Person;

    2. die Anstaltsleitung, sofern die Einweisung durch einen Arzt erfolgt
   ist;

    3. die Vormundschaftsbehörde, wenn sie die Einweisung verfügt hat oder
   wenn sie vormundschaftliche Massnahmen, die über die Vermögensverwaltung
   hinausgehen, angeordnet oder das Verfahren für solche Massnahmen
   eingeleitet hat;

    4. nahe Angehörige, die mit der gesuchstellenden Person im gemeinsamen

    Haushalt leben oder sich am Einweisungsverfahren wesentlich beteiligt
   haben."

    aa) Der Beschwerdeführer wendet ein, die Vorschrift von § 203e Abs. 2
Ziff. 2-4 ZPO verstosse gegen Art. 397d ZGB und missachte damit den
Vorrang des Bundesrechts. Aus den Materialien zu § 203e Abs. 2 ZPO ergebe
sich, dass die in dieser Vorschrift aufgeführten Verfahrensbeteiligten
legitimiert seien, auch gegen jene Entscheide des Einzelrichters Berufung
einzulegen, mit welchen die freiheitsentziehende Massnahme aufgehoben
worden sei (Protokoll des Zürcher Kantonsrates, S. 11577-11581). Nach
Art. 397d ZGB könne die betroffene oder eine ihr nahestehende Person gegen
den Einweisungsentscheid und gegen die Abweisung des Entlassungsgesuchs
den Richter anrufen. Wie sich aus der Botschaft des Bundesrates (BBl
1977 III, S. 36 f.) und der Rechtsprechung des Bundesgerichts (BGE 112
II 104) ergebe, entziehe sich ein Entscheid, der die fürsorgerische
Freiheitsentziehung aufhebe, der Überprüfung durch den Richter. Es sei
deshalb mit dem Bundesrecht unvereinbar, wenn nach § 203e Abs. 2 Ziff. 2-4
ZPO (in Verbindung mit § 268a und § 268b ZPO) ein kantonales Rechtsmittel
auch gegen den die Massnahme aufhebenden Entscheid des Einzelrichters
zulässig sei. Regierungsrat und Kantonsrat vertreten demgegenüber die
Auffassung, Art. 397d ZGB verbiete dem kantonalen Gesetzgeber nicht, dass
dieser im kantonalen Verfahrensrecht die Möglichkeit einräume, auch gegen
Entlassungsentscheide des Einzelrichters ein Rechtsmittel einzulegen. Sie
betonen in ihren Beschwerdeantworten, der zürcherische Gesetzgeber habe
mit der beanstandeten Regelung den Rechtsschutz ausbauen wollen.

    Nach Art. 397d ZGB kann die betroffene oder eine ihr nahestehende
Person "gegen den Entscheid" den Richter anrufen (Abs. 1), und
dieses Recht besteht auch bei Abweisung eines Entlassungsgesuches
(Abs. 2). Die Bestimmungen, welche Art. 397d ZGB vorangehen, handeln von
den Voraussetzungen der fürsorgerischen Freiheitsentziehung (Art. 397a
ZGB), von der Zuständigkeit zur Anordnung dieser Massnahme (Art. 397b
ZGB) und von der behördlichen Mitteilungspflicht bei Anordnung einer
Freiheitsentziehung (Art. 397c ZGB). Wenn Art. 397d Abs. 1 ZGB vom
"Entscheid" spricht, dessen gerichtliche Beurteilung die betroffene oder
eine ihr nahestehende Person verlangen kann, so kann damit nach der
Systematik der gesetzlichen Regelung nur der Entscheid gemeint sein,
der gemäss den vorangehenden Bestimmungen die Freiheitsentziehung
anordnet. Auch die Systematik innerhalb der Vorschrift von Art. 397d
ZGB selber führt zu diesem Schluss, denn wenn nach Abs. 2 das Recht auf
Anrufung des Richters "auch bei Abweisung eines Entlassungsgesuches"
besteht, so lässt sich daraus schliessen, dass mit dem "Entscheid"
gemäss Abs. 1 nur jener über Unterbringung oder Zurückbehaltung in
einer Anstalt gemeint sein kann. Aufgrund der Gesetzesmaterialien muss
ebenfalls angenommen werden, die gerichtliche Überprüfung sei auf
freiheitsentziehende Massnahmen beschränkt. In der bundesrätlichen
Botschaft wird festgehalten, wenn eine Person unfreiwillig in einer
Anstalt untergebracht oder zurückbehalten oder wenn ein Entlassungsgesuch
abgelehnt werde, so könne nach Art. 397d ZGB der Richter angerufen
werden (BBl 1977 III, S. 36 f.). Die im Anschluss an diese Feststellung
im Detail angeführten Fälle, in denen ein Anspruch auf gerichtliche
Beurteilung besteht, beziehen sich alle auf die Freiheitsentziehung
und nicht auf die Aufhebung einer solchen Massnahme (BBl 1977 III,
S. 37). Wie das Bundesgericht in einem Urteil vom 14. August 1984
erklärte, liegt bezüglich Art. 397d ZGB keine (echte) Lücke in dem Sinne
vor, dass das Gesetz eine Frage nicht beantwortet, die sich bei dessen
Anwendung unvermeidlicherweise stellt. Eine historisch-teleologische und
systematische Auslegung ergibt, dass der Bundesgesetzgeber bewusst nur jene
behördlichen Entscheide der richterlichen Beurteilung zugänglich machen
wollte, die eine die Freiheit entziehende oder beschränkende Massnahme zum
Gegenstand haben (BGE 112 II 104 E. 3b S. 106). Auch in der Rechtslehre
wird die Auffassung vertreten, ein Entscheid, der die fürsorgerische
Freiheitsentziehung aufhebe, sei nicht nach Art. 397d Abs. 1 ZGB anfechtbar
(SPIRIG, Zürcher Kommentar, N. 39 zu Art. 397d ZGB). Soll aber nach dem
Willen des Bundesgesetzgebers ein solcher Entscheid einer Behörde nicht
durch den Richter überprüft werden können, darf der kantonale Gesetzgeber
insoweit keine abweichenden Vorschriften erlassen. Die neue zürcherische
Ordnung lässt denn auch Begehren um gerichtliche Beurteilung im Rahmen der
fürsorgerischen Freiheitsentziehung nur bei der Einweisung, der Ablehnung
des Entlassungsgesuchs, der Zurückbehaltung oder der Rückversetzung in
die Anstalt zu (§ 22a GVG und § 117i EG zum ZGB). Das zürcherische Recht
lässt somit bei vormundschaftlichen Entlassungsentscheiden die richterliche
Überprüfung nicht zu, was mit Art. 397d ZGB ganz im Einklang ist. Soweit
der Beschwerdeführer in seiner Beschwerdeergänzung das Gegenteil behauptet,
ist seine Kritik klarerweise unbegründet.

    Was der Beschwerdeführer in der Beschwerdeschrift beanstandet,
betrifft nicht die in Art. 397d ZGB geregelte Frage, gegen welche
vormundschaftlichen Entscheide aus dem Bereich der fürsorgerischen
Freiheitsentziehung der Richter angerufen werden kann. Der Beschwerdeführer
kritisiert, dass nach der zürcherischen Ordnung in einem gerichtlichen
Verfahren, in dem der Einzelrichter die Entlassung verfügte, der Entscheid
mit Berufung beim Obergericht angefochten werden kann. Wie die kantonalen
Behörden mit Recht ausführen, sind es zwei durchaus verschiedene Fragen,
ob man gegen einen Entscheid der Vormundschaftsbehörde den Richter anrufen
kann, oder ob sich ein Entscheid des Einzelrichters mit Berufung beim
Obergericht anfechten lässt. Die zweite Frage betrifft die Zweistufigkeit
des richterlichen Überprüfungsverfahrens, und davon handelt der Art. 397d
ZGB nicht. Er bestimmt wie gesagt nur, gegen welche Entscheide der
Vormundschaftsbehörde der Richter angerufen werden kann. So besehen,
erscheint die Rüge, die zürcherische Ordnung widerspreche Art. 397d ZGB,
als unbegründet.

    Der Beschwerdeführer könnte mit seiner Rüge nur durchdringen, wenn
aus der Regel des Art. 397d ZGB, welche die Anrufung des Richters bei
Entlassungsentscheiden ausschliesst, sinngemäss der Schluss gezogen werden
müsste, die Kantone dürften gegen Entlassungsentscheide des Einzelrichters
die Berufung nicht zulassen. Es ist verständlich, dass der Beschwerdeführer
diesen Schluss zieht, doch ist diese Folgerung keineswegs zwingend. Es
ist durchaus sinnvoll, dass der eidgenössische Gesetzgeber einerseits
die allgemeine Frage, welche Entscheide der Vormundschaftsbehörde
richterlicher Anfechtung zugänglich sind, selber regelte, während er
anderseits die Frage, ob im Fall eines Entscheids des Einzelrichters
die Berufung an eine obere kantonale Instanz zulässig ist, nach dem
allgemeinen Grundsatz, dass die Ordnung des Verfahrens Sache der Kantone
ist, der kantonalen Regelung überliess. In der Botschaft des Bundesrates
wurde ausgeführt, es seien kantonale Ausführungsvorschriften über die
sachliche Zuständigkeit und das Verfahren nötig und es bleibe Raum für
ergänzende kantonale Bestimmungen; die Kantone könnten dabei bewährte
Lösungen in ihr künftiges Recht übernehmen und sie weiterentwickeln
(BBl 1977 III, S. 20). Dass der Bundesgesetzgeber selber bestimmte,
gegen welche vormundschaftlichen Entscheide der Richter angerufen
werden kann, hatte einen besonderen Grund. Soweit mit einem Entscheid
der Vormundschaftsbehörde dem Betroffenen die Freiheit entzogen wird,
muss nach Art. 5 Ziff. 4 EMRK, welche Vorschrift mit dem Beitritt
der Schweiz zur EMRK Bestandteil der schweizerischen Rechtsordnung
wurde, eine richterliche Beurteilung gewährleistet sein. Um eine dieser
internationalen Norm entsprechende Ordnung zu garantieren, empfahl es sich
dem Bundesgesetzgeber, selber zu bestimmen, in welchen Fällen richterliche
Beurteilung verlangt werden kann, und damit festzulegen, dass im Fall
des Freiheitsentzugs stets der Richter muss angerufen werden können. Die
Regel des Art. 5 Ziff. 4 EMRK war für den eidgenössischen Gesetzgeber
ein wichtiger Grund, um Klarheit darüber zu schaffen, wann gerichtliche
Beurteilung muss verlangt werden können (BBl 1977 III, S. 38). Es gibt
keine solchen Gründe, die den Bundesgesetzgeber hätten veranlassen müssen,
die Legitimation zu einer Berufung im gerichtlichen Verfahren selber
festzulegen. Es entsprach vielmehr durchaus der allgemeinen Regel, diese
ausgesprochene Verfahrensfrage dem kantonalen Gesetzgeber zur Regelung
zu überlassen. Es kann deshalb nicht gesagt werden, es widerspreche Sinn
und Geist des Art. 397d ZGB, dass nach zürcherischem Recht die Berufung
gegen Entlassungsentscheide des Einzelrichters zulässig ist. Dass die
zürcherische Ordnung mit dem Text des Art. 397d ZGB nicht in Widerspruch
steht, wurde bereits ausgeführt: Die bundesrechtliche Regel bezieht
sich einzig auf die Frage, in welchen Fällen gegen Entscheide der
Vormundschaftsbehörde der Richter angerufen werden kann, nicht auf die
Frage, welche richterlichen Entscheide mit einem Rechtsmittel an eine obere
richterliche Instanz weitergezogen werden können. Die zürcherische Ordnung
hält demnach dem Bundesrecht und damit dem Grundsatz der derogatorischen
Kraft des Bundesrechts stand. Der Beschwerdeführer hätte sich, um seine
These zu stützen, auf den Kommentar SPIRIG (N. 39 und 40 zu Art. 397d
ZGB) berufen können, wo behauptet wird, § 268a der Zürcher ZPO sei
nicht nur bundesrechts-, sondern auch EMRK-widrig. Dieser Autor scheint
auch nicht zwischen den beiden Fragen der Anrufung des Richters und der
Zulässigkeit der Berufung unterschieden zu haben, und die Behauptung, §
268a ZPO verstosse gegen die EMRK, wird nicht näher begründet und ist im
übrigen unzutreffend.

    bb) Der Beschwerdeführer macht sodann geltend, die Vorschrift von
§ 203e Abs. 2 Ziff. 4 ZPO verstosse aus einem weiteren Grund gegen
Bundesrecht. Gemäss Art. 397d ZGB komme die Legitimation im Verfahren
nach Art. 397a ff. ZGB neben der betroffenen auch jeder "nahestehenden
Person" zu, wobei dieser Begriff weit zu verstehen sei und darunter auch
jemand falle, der die betroffene Person aufgrund freundschaftlicher oder
beruflicher Beziehungen gut kenne. Die kantonale Bestimmung umschreibe
den Kreis der Verfahrensbeteiligten mit "nahen Angehörigen, die mit
der gesuchstellenden Person im gemeinsamen Haushalt leben oder sich am
Einweisungsverfahren wesentlich beteiligt haben". Da diese Umschreibung
bedeutend enger gefasst sei als der bundesrechtliche Begriff, werde mit
der kantonalen Bestimmung die Parteistellung von nahestehenden Personen
in unzulässiger und bundesrechtswidriger Weise eingeschränkt.

    Nach Art. 397d Abs. 1 ZGB steht das Recht, im Falle einer
fürsorgerischen Freiheitsentziehung den Richter anzurufen, der
betroffenen oder einer ihr nahestehenden Person zu. In den Materialien
wurde ausgeführt, der Begriff "nahestehende Person" entspreche dem
Sinne nach der in Art. 420 ZGB verwendeten Umschreibung "jedermann,
der ein Interesse hat"; diese Formulierung wäre aber unbefriedigend
gewesen, weil nach Lehre und Praxis nur derjenige ein Interesse im
Sinne des Gesetzes habe, welcher Mündelinteressen wahren wolle (BBl
1977 III, S. 37). Der Begriff der nahestehenden Personen nach Art. 397d
Abs. 1 ZGB wird in Lehre und Rechtsprechung weit ausgelegt (SPIRIG, aaO,
N. 24 u. 26 zu Art. 397d ZGB mit Hinweisen auf die Rechtsprechung; CYRIL
HEGNAUER, Zum Begriff der nahestehenden Person im Sinne von Art. 397d ZGB,
Zeitschrift für Vormundschaftswesen 39/1984, S. 26 ff.; THOMAS SEEGER,
Die fürsorgerische Freiheitsentziehung, Zeitschrift für öffentliche
Fürsorge 81/1984, S. 76; CHRISTIANA SUHR BRUNNER, Fürsorgerische
Freiheitsentziehung und Suchterkrankungen, insbesondere Drogensucht,
Diss. Zürich 1994, S. 145). Das Bundesgericht versteht darunter jene
Personen, die den Betroffenen zufolge Verwandtschaft oder Freundschaft
oder wegen ihrer Funktion oder beruflichen Tätigkeit (Arzt, Sozialhelfer,
Priester oder Pfarrer etc.) gut kennen (BGE 114 II 213 E. 3). Auch in
der Literatur wird ausgeführt, nahestehende Personen seien jene, die
wegen ihrer Beziehung zum Betroffenen eine unmittelbare Kenntnis seiner
Persönlichkeit hätten und deshalb geeignet seien, die Interessen des
Betroffenen wahrzunehmen. In diesem Sinne erscheine als nahestehende
Person neben nahen Verwandten wie Vater und Mutter auch der vertraute
Freund und die vertraute Freundin, ausserdem der Lehrer, der Pfarrer,
der Arzt, der Psychologe, der Jugendgruppenleiter oder der Sozialarbeiter,
wenn er beruflich mit der eingewiesenen Person in engen Kontakt gekommen
sei (HEGNAUER, aaO, S. 27 f.). Nach der hier angefochtenen kantonalen
Bestimmung gelten als Verfahrensbeteiligte "nahe Angehörige, die mit
der gesuchstellenden Person im gemeinsamen Haushalt leben oder sich am
Einweisungsverfahren wesentlich beteiligt haben". Die Zürcher Behörden
halten in ihren Beschwerdeantworten fest, der kantonale Gesetzgeber habe
mit dieser Umschreibung den Kreis der Verfahrensbeteiligten gegenüber der
bundesrechtlichen Vorschrift nicht beschränken wollen. Der Regierungsrat
weist darauf hin, unter dem Begriff "Angehörige" seien nach zeitgemässer
Interpretation nicht nur die Verwandten, sondern eben auch nahestehende
Personen, wie zum Beispiel der Konkubinatspartner, zu verstehen. Mit
der gewählten Formulierung solle zum Ausdruck gebracht werden, dass
zwischen der betroffenen Person und dem Dritten eine gewisse Beziehung
bestehen müsse.

    Bei der Beurteilung der Frage, ob die angefochtene kantonale Norm
einer verfassungskonformen Auslegung zugänglich ist, hat das Bundesgericht
grundsätzlich vom Wortlaut der Vorschrift auszugehen. Nach dem Wortlaut
von § 203e Abs. 2 Ziff. 4 ZPO umfasst der Kreis der Verfahrensbeteiligten
nahe Angehörige, die entweder mit dem Betroffenen im gemeinsamen Haushalt
leben oder sich am Einweisungsverfahren wesentlich beteiligt haben. In
der Sprache des eidgenössischen Rechts sind "Angehörige" einer Person
nur der Ehegatte, die Verwandten gerader Linie, die vollbürtigen und
halbbürtigen Geschwister, die Adoptiveltern und Adoptivkinder, nicht
aber Schwager und Schwägerin, Stiefeltern und Stiefkinder, Verlobte und
Konkubinatspartner (Art. 110 Ziff. 2 StGB; STEFAN TRECHSEL, Kurzkommentar
zum StGB, Zürich 1989, N. 3 zu Art. 110 StGB; vgl. auch PIERRE TERCIER,
Qui sont nos "proches"?, in Festgabe Bernhard Schnyder, Freiburg 1995,
S. 799 ff., der den Begriff der Angehörigen weniger eng auslegt). Wenn
der Regierungsrat ausführt, unter den Begriff "Angehörige" falle auch der
Konkubinatspartner und allgemein eine Drittperson, die zum Betroffenen
eine gewisse Beziehung habe, so legt er die kantonale Bestimmung gegen
ihren unmissverständlichen Wortlaut aus. Wie ausgeführt, sind nach der
bundesgerichtlichen Rechtsprechung auch Ärzte, Sozialhelfer, Priester und
Pfarrer, die den Betroffenen gut kennen, zu den nahestehenden Personen
im Sinne von Art. 397d ZGB zu rechnen. Es ist klar, dass diese nicht als
Angehörige betrachtet werden können, und das macht es besonders deutlich,
dass die Behauptung der Zürcher Behörden, die in § 203e Abs. 2 Ziff. 4
ZPO enthaltene Regel schränke den Kreis der Verfahrensbeteiligten nicht
ein, verfehlt ist. Die kantonale Vorschrift steht mit dem Bundesrecht
in klarem Widerspruch, lässt sich nicht verfassungskonform auslegen
und verstösst gegen den in Art. 2 ÜbBest. BV statuierten Grundsatz des
Vorranges des Bundesrechts. Sie ist aufzuheben und die Beschwerde in
diesem Punkt gutzuheissen.

    d) Im weiteren bringt der Beschwerdeführer vor, die Ausgestaltung
des Berufungsverfahrens in den §§ 260 Abs. 2, 268a und 268b ZPO verstosse
gegen das Gebot des "einfachen und raschen Verfahrens" gemäss Art. 397f
Abs. 1 ZGB und Art. 5 Ziff. 4 EMRK. Das schriftliche Berufungsverfahren
stelle auch an Rechtskundige hohe Anforderungen und könne daher nicht als
"einfaches Verfahren" bezeichnet werden. Obwohl offenbar auf Replik und
Duplik verzichtet werden solle, werde häufig ein weiterer Schriftenwechsel
nötig sein, so dass das Berufungsverfahren "regelmässig wesentlich länger
als einen Monat dauern" werde und deshalb den Anforderungen an ein "rasches
Verfahren" nicht zu genügen vermöge. Da der Richter im Berufungsverfahren
zudem die Möglichkeit habe, der Berufung die aufschiebende Wirkung zu
erteilen, sei die Dauer des Berufungsverfahrens zum erstinstanzlichen
Verfahren hinzuzurechnen.

    Der fürsorgerische Freiheitsentzug nach Art. 397a ff. ZGB stellt
eine Freiheitsbeschränkung im Sinne von Art. 5 Ziff. 1 lit. e EMRK dar.
Dementsprechend hat eine von einer solchen Massnahme betroffene Person
gemäss Art. 5 Ziff. 4 EMRK das Recht, ein Verfahren zu beantragen, in
dem von einem Gericht so rasch als möglich über die Rechtmässigkeit der
Freiheitsentziehung entschieden und im Falle der Widerrechtlichkeit die
Entlassung angeordnet wird (BGE 116 Ia 60 E. 3a; 114 Ia 182 E. 3a/bb). Der
Entscheid über eine fürsorgerische Freiheitsentziehung kann nach Art. 397d
ZGB beim Richter angefochten werden. Die Verfahrensordnung wird unter
Beachtung der bundesrechtlichen Grundsätze von Art. 397e und Art. 397f ZGB
durch das kantonale Recht bestimmt. Das zürcherische Recht sieht in § 203d
ZPO für das Verfahren vor dem Einzelrichter vor, dass die betroffene Person
spätestens innerhalb von vier Arbeitstagen seit Eingang des Gesuchs durch
den Richter persönlich zu befragen und die Hauptverhandlung in der Regel
innert der gleichen Frist durchzuführen ist. Mit dieser Ausgestaltung wird
dem Gebot eines raschen und einfachen Verfahrens in hinreichender Weise
entsprochen, und der Beschwerdeführer behauptet denn auch zu Recht nicht,
das erstinstanzliche gerichtliche Verfahren vermöge den Anforderungen
von Art. 5 Ziff. 4 EMRK nicht zu genügen.

    Seine Kritik bezieht sich auf das Berufungsverfahren. Es stellt
sich die Frage, ob Art. 5 Ziff. 4 EMRK auch dann anwendbar ist, wenn
ein Gericht als zweite gerichtliche Instanz über die Rechtmässigkeit
eines fürsorgerischen Freiheitsentzugs befindet. Das Bundesgericht
hat in einem Urteil vom 5. Juli 1991 (BGE 117 Ia 193 ff.) erklärt,
die genannte Konventionsbestimmung gelte nur für Verfahren, in denen
ein Gericht als erste gerichtliche Haftprüfungsinstanz tätig sei;
auf das Haftprüfungsverfahren der zweiten gerichtlichen Instanz komme
Art. 5 Ziff. 4 EMRK nicht zur Anwendung. Die Europäische Kommission für
Menschenrechte vertrat in ihrem Bericht vom 9. September 1992 in der Sache
Navarra dieselbe Ansicht. Zur Begründung führte sie im wesentlichen aus,
Art. 5 Ziff. 4 EMRK wolle den einzelnen vor willkürlicher Inhaftierung
schützen, und dieser Zweck sei erreicht, wenn ein Gericht unverzüglich (à
bref délai) über die Rechtmässigkeit des Freiheitsentzugs befinde. Werde
dieser nach Abschluss der Prüfung durch das Gericht bestätigt, so müsse er
nach dem internen Recht des Vertragsstaates als rechtmässig und frei von
Willkür betrachtet werden, auch wenn gegen den Entscheid des Gerichts ein
Rechtsmittel zur Verfügung stehe. Wenn das Erfordernis des "unverzüglichen
Entscheids" auch für das Rechtsmittelverfahren Geltung hätte, würde dieser
Begriff in einer dem Sinn des Art. 5 Ziff. 4 EMRK nicht mehr entsprechenden
Weise ausgedehnt (Bericht der Kommission in der Sache Navarra, Serie A,
Band 273-B, Ziff. 38-48). Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte
(EGMR) ist anderer Meinung. Er hielt in der erwähnten Angelegenheit fest,
die Vertragsstaaten seien aufgrund von Art. 5 Ziff. 4 EMRK zwar nicht
gehalten, ein zweistufiges gerichtliches Verfahren für die Beurteilung der
Rechtmässigkeit der Haft einzuführen. Wenn aber in einem Vertragsstaat
ein zweistufiges System bestehe, müssten grundsätzlich den inhaftierten
Personen im Rechtsmittelverfahren dieselben Garantien eingeräumt
werden wie im Verfahren vor der ersten gerichtlichen Instanz. Zu diesen
Garantien gehöre der Anspruch auf einen unverzüglichen Entscheid. Bei der
Abklärung der Frage, ob dieses Erfordernis beachtet worden sei, müsse
beim System des zweistufigen gerichtlichen Haftprüfungsverfahrens eine
Gesamtbewertung (une "appréciation globale") vorgenommen werden (Urteil
des EGMR vom 23. November 1993 in der Sache Navarra, Serie A, Band 273-B,
Ziff. 28). Geht man von diesen Überlegungen des EGMR aus, so kann bei der
im vorliegenden Fall vorzunehmenden abstrakten Normenkontrolle nicht gesagt
werden, das hier in Frage stehende zweistufige gerichtliche Verfahren zur
Überprüfung einer fürsorgerischen Freiheitsentziehung verletze Art. 5
Ziff. 4 EMRK. Das Verfahren vor dem Einzelrichter ist, wie dargelegt,
so ausgestaltet, dass es den Anforderungen dieser Bestimmung genügt. Was
das Berufungsverfahren anbelangt, so trägt die in den §§ 268a und 268b ZPO
getroffene Ordnung dem Beschleunigungsgebot ebenfalls in genügender Weise
Rechnung. Durch die kurze Berufungsfrist, den Ausschluss von Replik und
Duplik sowie die Schriftlichkeit des Verfahrens wird sichergestellt, dass
das Verfahren in möglichst kurzer Frist durchgeführt werden kann. Dass die
Berufungsinstanz die Möglichkeit hat, dem Rechtsmittel die aufschiebende
Wirkung zu erteilen, ändert daran nichts. Im übrigen kann die Frage nach
der Zulässigkeit der Verfahrensdauer nicht abstrakt beurteilt werden;
der Entscheid hängt vielmehr von der Würdigung der konkreten Umstände
des Einzelfalles ab (BGE 117 Ia 372 E. 3a mit Hinweisen). Ferner weist
die kantonale Behörde darauf hin, gemäss § 29 Abs. 2 ZPO könne der
Richter von Amtes wegen der Partei einen Rechtsbeistand bestellen, wenn
sie offensichtlich nicht in der Lage sei, ihre Sache selbst gehörig
zu führen. Auf diese Weise wird gewährleistet, dass das rechtliche
Gehör des Betroffenen auch im Berufungsverfahren hinreichend gewahrt
ist. Nach dem Gesagten ist der Vorwurf unbegründet, die Ausgestaltung
des Berufungsverfahrens in den §§ 260 Abs. 2, 268a und 268b ZPO sei mit
dem Gebot eines einfachen und raschen Verfahrens im Sinne der Art. 397f
Abs. 1 ZGB und 5 Ziff. 4 EMRK unvereinbar.

    e) Gemäss § 203f ZPO kann das Gericht der gesuchstellenden Partei
eine Prozessentschädigung aus der Gerichtskasse zusprechen, wenn
das Gesuch gutgeheissen wird. Der Beschwerdeführer ist der Ansicht,
diese Vorschrift verstosse gegen Art. 4 BV. Er führt aus, in der
Beratung des Kantonsrates sei der Vorschlag der Kommissionsmehrheit
unterlegen, die der gesuchstellenden Partei im Falle des Obsiegens eine
obligatorische Prozessentschädigung habe zusprechen wollen. Die in § 203f
ZPO vorgesehene fakultative Zusprechung gehe auf einen Minderheitsantrag
eines Kantonsrats zurück, der damit begründet worden sei, es sei nicht
nötig, dass jemand diese Entschädigung erhalte, der ihrer gar nicht
bedürfe. Die Regelung, wonach das Gericht der obsiegenden Partei eine
Prozessentschädigung nicht zwingend zusprechen müsse, verletze den
Grundsatz der Gleichbehandlung. Durch die Kann-Vorschrift entstehe eine
erhebliche Rechtsunsicherheit, da offen sei, nach welchen Kriterien der
Richter sein Ermessen ausüben wolle. Es gehe nicht an, betroffenen Personen
in günstigen wirtschaftlichen Verhältnissen die Prozessentschädigung zu
verwehren; massgebend sei einzig, ob im Zusammenhang mit dem Verfahren
tatsächlich ein Schaden entstanden sei.

    Der Regierungsrat hält in der Beschwerdeantwort fest, das Gericht
müsse einen gewissen Spielraum haben, um über die Ausrichtung einer
Prozessentschädigung zu entscheiden. Von einer Entschädigung könne
dann abgesehen werden, wenn der Partei kein Schaden erwachsen sei. Es
treffe zu, dass hierbei die wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei
keine Rolle spielen dürften. Im weiteren weist der Regierungsrat darauf
hin, der Beschwerdeführer könne aus dem Votum des Kantonsrates, der den
Minderheitsantrag gestellt habe, nichts zu seinen Gunsten ableiten. Es
könne auch nicht gesagt werden, dass durch die in § 203f ZPO vorgesehene
Regelung eine erhebliche und bedenkliche Rechtsunsicherheit entstehe, denn
der Richter müsse sein Ermessen nach sachlichen Kriterien ausüben. Dieser
Erwägung ist beizupflichten. Eine Ordnung, welche der obsiegenden Partei
keinen absoluten Anspruch auf eine Prozessentschädigung einräumt,
verstösst als solche weder gegen das Willkürverbot noch gegen die
Rechtsgleichheit. Der Richter ist bei der Anwendung der Vorschrift von §
203f ZPO gehalten, im Einzelfall zu prüfen, ob und in welchem Umfang die
obsiegende Partei zu entschädigen ist, und er hat das ihm dabei zustehende
Ermessen in sachlich vertretbarer Weise auszuüben. Die kantonale Norm
ist einer verfassungskonformen Auslegung ohne weiteres zugänglich.

    f) Nach § 117e Abs. 3 EG zum ZGB ist bei Versetzung einer durch
die Vormundschaftsbehörde eingewiesenen Person in eine andere Anstalt
die zuständige Behörde zu benachrichtigen. Der Beschwerdeführer macht
geltend, diese Vorschrift verstosse gegen Art. 397a ZGB und somit gegen
den Vorrang des Bundesrechts, da für die Versetzung in eine andere
Anstalt das Verfahren gemäss Art. 397a ff. ZGB nicht beachtet werde. Es
genüge nicht, dass eine Versetzung formlos erfolge und die zuständige
Vormundschaftsbehörde über die Versetzung lediglich benachrichtigt werde.

    Der fürsorgerische Freiheitsentzug als solcher erfolgt mit der
Einweisung in eine Anstalt. Diese Massnahme hat nach den Regeln gemäss
Art. 397a ff. ZGB zu erfolgen. Bei der Versetzung in eine andere
Anstalt geht es indessen nicht mehr um die Einweisung als solche; der
Freiheitsentzug ist vielmehr bereits erfolgt, und es geht nur mehr
um die Art und Weise seiner Durchführung. Deshalb muss das formelle
Verfahren grundsätzlich nicht eingehalten werden. Im übrigen weist die
kantonale Behörde mit Grund darauf hin, dass der Vormundschaftsbehörde
die Versetzung mitgeteilt werde und die betroffene Person jederzeit eine
gerichtliche Überprüfung verlangen könne. Dem Schutz des Betroffenen wird
so in genügender Weise Rechnung getragen. Die in § 117e Abs. 3 EG zum
ZGB getroffene Regelung steht mithin nicht in Widerspruch zu Art. 397a ZGB.