Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 122 IV 71



122 IV 71

13. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 15. Februar 1996 i.S. X.
gegen Z. und Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste

    Art. 270 Abs. 1 BStP, Art. 8 Abs. 1 lit. c OHG. Legitimation zur
eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde.

    Der angeblich durch eine strafbare Handlung Betroffene kann ungeachtet
der in Art. 270 Abs. 1 BStP und Art. 8 Abs. 1 lit. c OHG genannten
Voraussetzungen mit eidgenössischer Nichtigkeitsbeschwerde geltend machen,
er sei im kantonalen Verfahren zu Unrecht nicht als Opfer im Sinne des
OHG mit den sich daraus ergebenden Rechten behandelt worden (E. 2).

    Art. 2 Abs. 1 OHG. Begriff des Opfers; unmittelbare Beeinträchtigung
der körperlichen Integrität durch eine Straftat.

    Der angeblich bei einem Verkehrsunfall Verletzte ist in bezug
auf die vom andern Verkehrsteilnehmer allenfalls begangene Straftat
der fahrlässigen Körperverletzung Opfer im Sinne des OHG, nicht aber
hinsichtlich der vom andern begangenen Straftaten der Verletzung von
Verkehrsregeln und des Fahrens in angetrunkenem Zustand (E. 3).

    Anklagegrundsatz. Opfereigenschaft und Opferrechte (Art. 2 und 8 OHG).

    Der Anklagegrundsatz wird durch das OHG nicht beschränkt. Für den
Richter ist daher auch hinsichtlich der Frage, ob jemand Rechte gemäss
OHG geltend machen kann, der Anklagesachverhalt massgeblich. Das OHG
verpflichtet den Richter nicht, im Falle einer etwa in bezug auf die
Tatfolgen (möglicherweise) unvollständigen Anklage die Sache zur Ergänzung
der Untersuchung an die Untersuchungsbehörden zurückzuweisen (E. 4).

Sachverhalt

    A.- Am 8. Oktober 1993 geriet Z. am Steuer ihres Personenwagens in
Bülach teilweise über die Sicherheitslinie auf die Gegenfahrbahn, wo sie
mit dem korrekt entgegenkommenden Personenwagen von X. zusammenstiess. An
beiden Fahrzeugen entstand erheblicher Sachschaden. Z. wies eine
Blutalkoholkonzentration von mindestens 2,02 Gewichtspromillen auf. Die
herbeigerufene Polizei, die in der Nacht des Unfallereignisses auch
X. zum Unfallhergang kurz befragte, rapportierte gegen Z. wegen Fahrens in
angetrunkenem Zustand sowie wegen mehrerer Verkehrsregelverletzungen. Die
Bezirksanwaltschaft Bülach erhob am 9. Februar 1994 gegen Z. Anklage wegen
Fahrens in angetrunkenem Zustand und einfacher Verletzung verschiedener
Verkehrsregeln.

    Der Einzelrichter in Strafsachen des Bezirkes Bülach verurteilte
Z. am 28. April 1994 wegen Fahrens in angetrunkenem Zustand und einfacher
Verletzung von Verkehrsregeln zu 42 Tagen Gefängnis, bedingt vollziehbar
bei einer Probezeit von zwei Jahren, und zu 400 Franken Busse.

    Das schriftlich begründete Urteil wurde am 7. Juli 1994 der
Verurteilten und der Bezirksanwaltschaft Bülach zugestellt.

    Mit Schreiben vom 4. Juli 1994 teilte Rechtsanwalt W. der
Bezirksanwaltschaft Bülach mit, dass er von X. betreffend das
Unfallereignis vom 8. Oktober 1993 mit der Interessenwahrung
betraut worden sei und für diese die Mitwirkungsrechte gemäss dem
Opferhilfegesetz wahrzunehmen gedenke, weshalb er um Zustellung der Akten
zur Einsichtnahme ersuche. X. sei seit ihrer polizeilichen Kurzeinvernahme
in der Nacht des Unfallereignisses nie mehr einvernommen worden und habe
von den Behörden nichts mehr gehört. Sie habe anlässlich der Kollision
ein schweres HWS-Schleudertrauma erlitten und sei bis heute zu 100%
arbeitsunfähig. Sie wolle ihre Zivilansprüche gegen die Unfallverursacherin
Z. auch adhäsionsweise im Strafverfahren geltend machen. Am 11. Juli 1994
trafen die Akten samt dem Urteil des Einzelrichters vom 28. April 1994
bei Rechtsanwalt W. ein.

    Gegen das Urteil des Einzelrichters erhob Rechtsanwalt W. im
Namen von X. Berufung unter anderem mit den Anträgen, der Entscheid
sei aufzuheben, die Sache sei an die Vorinstanz zurückzuweisen und die
Anklage sei nachträglich nicht zuzulassen bzw. an die Untersuchungsbehörde
zurückzuweisen zwecks Ergänzung der Untersuchung unter anderem wegen
fahrlässiger schwerer Körperverletzung im Sinne von Art. 125 StGB,
eventuell wegen eventualvorsätzlicher schwerer Körperverletzung im Sinne
von Art. 122 StGB.

    Mit Beschluss vom 19. August 1994 trat das Obergericht des Kantons
Zürich auf die Berufung nicht ein.

    X. führt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, der
Entscheid des Obergerichts sei aufzuheben und die Vorinstanz anzuweisen,
auf die Berufung gegen das Urteil des Einzelrichters einzutreten.

    Das Obergericht hält in seinem Mitteilungsschreiben im Sinne einer
Vernehmlassung fest, dass es X. nach wie vor unbenommen sei, ein Verfahren
wegen fahrlässiger schwerer Körperverletzung zu veranlassen, falls die
neu - d.h. erst Monate nach dem erstinstanzlichen Urteil - behaupteten
Verletzungen auf den fraglichen Verkehrsunfall zurückzuführen seien.

    Das Kassationsgericht des Kantons Zürich wies die von X. erhobene
kantonale Nichtigkeitsbeschwerde am 20. Oktober 1995 ab, soweit es
darauf eintrat.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- a) Die Vorinstanz trat auf die Berufung nicht ein, da die
Beschwerdeführerin in bezug auf die in der Anklage gegen Z. einzig
eingeklagten und nach dem Anklageprinzip daher allein zu beurteilenden
Straftaten - Fahren in angetrunkenem Zustand ... und einfache Verletzung
von Verkehrsregeln ... - weder Geschädigte im Sinne der zürcherischen
Strafprozessordnung noch Opfer im Sinne des Opferhilfegesetzes und daher
weder gestützt auf § 395 Abs. 1 Ziff. 2 StPO/ZH noch aufgrund von Art. 8
Abs. 1 lit. c OHG (SR 312.5) zur Berufung legitimiert sei. Nach den
Ausführungen im angefochtenen Entscheid schützen Art. 90 Ziff. 1 und
Art. 91 Abs. 1 SVG (SR 741.01) das individuelle Rechtsgut Leib und Leben
bloss mittelbar und wäre die Beschwerdeführerin nur dann als Geschädigte
bzw. als Opfer zu behandeln, wenn auch eine Straftat gegen Leib und Leben
Gegenstand der Anklage bildete.

    Die Vorinstanz hielt im Sinne einer Eventualerwägung fest, dass
eine Rückweisung an die erste Instanz gemäss § 427 StPO/ZH nur dann
erfolgen könnte, wenn diese sich mit einem Anklagepunkt oder mit der
Schuldfrage nicht befasst hätte. Dies sei jedoch nicht der Fall; eine
Körperverletzung werde Z. in der Anklage nicht vorgeworfen... Eine
wohl auch im Berufungsverfahren grundsätzlich mögliche Ergänzung oder
Änderung der Anklage könne gemäss § 182 Abs. 3 StPO/ZH als Ausnahme vom
Anklagegrundsatz nach der Praxis nur in engem Rahmen erfolgen, etwa dann,
wenn ein aufgrund der Untersuchungsakten bewiesener strafbarer Sachverhalt
nicht oder nur unvollständig in die Anklage aufgenommen worden sei. Das
treffe hier aber nicht zu...

    b) Die Beschwerdeführerin macht geltend, sie habe bei der von der
angetrunkenen Z. durch Überfahren der Sicherheitslinie verursachten
Kollision vom 8. Oktober 1993 ein schweres HWS-Schleudertrauma erlitten
und sei daher durch die von Z. begangenen Straftaten im Sinne von Art. 2
Abs. 1 OHG in ihrer körperlichen Integrität unmittelbar beeinträchtigt
worden. Sie sei demnach Opfer im Sinne des Opferhilfegesetzes. Daran ändere
nichts, dass gegen Z. bloss wegen Fahrens in angetrunkenem Zustand und
wegen einfacher Verletzung verschiedener Verkehrsregeln, nicht auch wegen
eines Körperverletzungsdelikts, Anklage erhoben worden sei... Massgebend
sei allein, dass das in der Anklage umschriebene tatsächliche Verhalten
von Z. - das Überfahren der Sicherheitslinie in angetrunkenem Zustand mit
Kollisionsfolge - unmittelbar zu einer Beeinträchtigung der körperlichen
Integrität der Beschwerdeführerin (HWS-Schleudertrauma) geführt habe. Da
die Beschwerdeführerin somit Opfer im Sinne des Opferhilfegesetzes
sei, stünden ihr unter anderem die in Art. 8 Abs. 1 OHG festgelegten
Rechte zu und seien die Behörden gemäss Art. 8 Abs. 2 OHG in allen
Verfahrensabschnitten verpflichtet gewesen, sie über ihre Rechte zu
informieren. Als Opfer im Sinne des Opferhilfegesetzes habe sie das Recht,
sich am Strafverfahren zu beteiligen und Rechtsmittel zu ergreifen,
und dürfe sie insbesondere auch geltend machen, dass zu Unrecht und in
Verletzung ihrer Mitwirkungsrechte die schwere Körperverletzung als solche
nicht auch zum Gegenstand der Anklage erhoben worden sei...

Erwägung 2

    2.- Gemäss Art. 270 Abs. 1 BStP steht die eidgenössische
Nichtigkeitsbeschwerde auch dem Geschädigten zu, wenn er sich bereits
vorher am Verfahren beteiligt hat und soweit sich der Entscheid
auf die Beurteilung seiner Zivilforderung auswirken kann. Diese
Legitimationsvoraussetzungen müssen nach der bundesgerichtlichen
Rechtsprechung unter anderem dann nicht erfüllt sein, wenn der Geschädigte
als Opfer im Sinne von Art. 2 OHG die Verletzung von Rechten geltend macht,
die das Opferhilfegesetz dem Opfer einräumt (BGE 120 IV 38 E. 2c, 44 E. 3b
und E. 7). Der angeblich durch eine strafbare Handlung Betroffene kann mit
eidgenössischer Nichtigkeitsbeschwerde dabei ungeachtet der in Art. 270
Abs. 1 BStP genannten Legitimationsvoraussetzungen auch geltend machen,
dass er von der Vorinstanz zu Unrecht nicht als Opfer im Sinne von Art.
2 OHG mit den sich daraus ergebenden Rechten behandelt worden sei.

    Auf die Nichtigkeitsbeschwerde ist daher einzutreten, soweit darin
geltend gemacht wird, die Vorinstanz habe erstens die Beschwerdeführerin
zu Unrecht nicht als Opfer im Sinne des OHG behandelt und sie habe
zweitens der angeblichen Missachtung der in Art. 8 Abs. 2 OHG festgelegten
Informationspflicht durch die kantonalen Behörden und der sich daraus
ergebenden angeblichen Verletzung der in Art. 8 Abs. 1 OHG statuierten
Mitwirkungsrechte zu Unrecht nicht durch Rückweisung der Sache zwecks
Prüfung einer Ergänzung der Anklage auf den Vorwurf der fahrlässigen
schweren Körperverletzung Rechnung getragen.

    Auf die Nichtigkeitsbeschwerde ist dagegen nicht einzutreten,
soweit die Beschwerdeführerin darin von einem andern Sachverhalt
als die Vorinstanz ausgeht und dieser eine unrichtige Anwendung des
kantonalen Prozessrechts vorwirft. Der Kassationshof ist im Verfahren der
eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde an die tatsächlichen Feststellungen
der letzten kantonalen Instanz gebunden, und er kann nicht prüfen, ob
diese das kantonale Prozessrecht richtig angewendet habe (Art. 269 Abs. 1,
273 Abs. 1 lit. b BStP).

Erwägung 3

    3.- a) Opfer im Sinne des Opferhilfegesetzes ist jede Person, die
durch eine Straftat in ihrer körperlichen, sexuellen oder psychischen
Integrität unmittelbar beeinträchtigt worden ist (Art. 2 Abs. 1
OHG). Auch fahrlässige Straftaten mit den entsprechenden Folgen,
z.B. die fahrlässige Körperverletzung (s. BGE 120 Ia 101 E. 1b), fallen
unter den Anwendungsbereich des Gesetzes (Botschaft des Bundesrates
zum Opferhilfegesetz, BBl 1990 II 961 ff., 977, mit Hinweis auf die
Botschaft des Bundesrates zur Volksinitiative "zur Entschädigung der
Opfer von Gewaltverbrechen", BBl 1983 III 869 ff., 893 f.). Opfer im
Sinne des OHG mit allen sich daraus ergebenden Konsequenzen ist somit
beispielsweise auch, wer bei einem Strassenverkehrsunfall durch einen
andern Verkehrsteilnehmer verletzt worden ist. Der Anwendungsbereich
des OHG ist damit sehr weit (kritisch dazu insbesondere Thomas Maurer,
Das Opferhilfegesetz und die kantonalen Strafprozessordnungen, ZStrR
111/1993 S. 375 ff., 377, 386, 395). Er wird aber immerhin durch das
Erfordernis der unmittelbaren Beeinträchtigung der körperlichen, sexuellen
oder psychischen Integrität durch die Straftat etwas eingeschränkt
(CORBOZ, Les droits procéduraux découlant de la LAVI, SJ 1996 p. 53 ss,
56 ss; GOMM/STEIN/ZEHNTNER, Kommentar zum Opferhilfegesetz, Art. 2
N. 4, 12 ff.). Damit will das Gesetz gemäss den Ausführungen in der
Botschaft "Beeinträchtigungen ausschliessen, die beispielsweise auf
Ehrverletzungsdelikte, Tätlichkeiten, Diebstahl oder Betrug zurückgehen
und die lediglich mittelbare Folge der Straftat sind" (BBl 1990 II 977).
Erforderlich ist zudem, dass die Beeinträchtigung der genannten Art
tatsächlich eingetreten ist; eine blosse diesbezügliche Gefahr genügt
demnach nicht. In der Botschaft wird festgehalten, dass "Gefährdungsdelikte
in der Regel aus dem Anwendungsbereich des Gesetzes ausgeschlossen sein
dürften, beinhalten sie doch schon ihrer Definition nach keine unmittelbare
Beeinträchtigung eines Rechtsgutes" (S. 977). Der bei einem Verkehrsunfall
Verletzte ist allein in bezug auf die vom andern Verkehrsteilnehmer
allenfalls begangene Straftat der fahrlässigen Körperverletzung Opfer
im Sinne von Art. 2 Abs. 1 OHG, nicht auch hinsichtlich der vom andern
begangenen Straftaten der Verletzung von Verkehrsregeln oder des Fahrens
in angetrunkenem Zustand (siehe auch ULRICH WEDER, Das Opfer, sein Schutz
und seine Rechte im Strafverfahren, unter besonderer Berücksichtigung des
Kantons Zürich, ZStrR 113/1995 S. 39 ff., 41, 43). Die letztgenannten
Straftaten beeinträchtigen nicht im Sinne von Art. 2 Abs. 1 OHG
"unmittelbar" die körperliche Integrität.

    b) Die Vorinstanz durfte gemäss ihren Ausführungen nach dem sich
aus dem kantonalen Prozessrecht (§ 185 Abs. 1 StPO/ZH e contrario, §
182 Abs. 1 und 2 StPO/ZH) ergebenden Anklagegrundsatz ihrem Urteil nur
den in der Anklage enthaltenen Sachverhalt zugrunde legen. Nach ihren
weiteren Ausführungen sind die Voraussetzungen nicht erfüllt, unter
denen ausnahmsweise gemäss § 182 Abs. 3 StPO/ZH in Verbindung mit §
162 StPO/ZH der Entscheid auszusetzen und der Anklagebehörde Gelegenheit
zur Abänderung oder Ergänzung der Anklage zu geben ist.

    Zum Anklagesachverhalt gehört nicht allein das dem Angeklagten
zur Last gelegte Verhalten als solches, sondern auch die tatsächliche
Folge dieses Verhaltens. In der Anklage der Bezirksanwaltschaft Bülach
ist lediglich von Sachschaden an den beiden Fahrzeugen, nicht aber von
einer Verletzung der Beschwerdeführerin die Rede. Die der Anklage zugrunde
liegenden Untersuchungsakten enthalten keine Hinweise auf eine Verletzung
der Beschwerdeführerin. Die Vorinstanz musste daher nach dem kantonalen
Prozessrecht davon ausgehen, dass bei der von Z. verursachten Kollision
mit der Beschwerdeführerin lediglich Sachschaden entstanden sei.

    Bei dieser Sachlage ist die Beschwerdeführerin mangels einer
Beeinträchtigung der körperlichen, sexuellen oder psychischen Integrität
nicht Opfer im Sinne von Art. 2 Abs. 1 OHG und daher nicht gestützt
auf Art. 8 Abs. 1 lit. c OHG zur Berufung gegen den Entscheid des
Einzelrichters legitimiert.

    Wohl hält es die Vorinstanz für möglich, dass die Beschwerdeführerin,
wie diese in ihren Eingaben vom 4. und 11. Juli 1994 erstmals geltend
machte, beim Unfall verletzt worden ist. Die Vorinstanz trifft aber
entgegen einer Bemerkung in der Nichtigkeitsbeschwerde keine diesbezügliche
tatsächliche Feststellung, wozu sie nach ihren eigenen Ausführungen
angesichts des Anklagegrundsatzes auch gar nicht befugt gewesen wäre.

Erwägung 4

    4.- a) Das Akkusationsprinzip beruht auf kantonalem Prozessrecht,
gegebenenfalls ergänzt durch Prinzipen des eidgenössischen
Verfassungsrechts. Es wird vom OHG nicht beschränkt. Für den Richter ist
deshalb für die Frage, ob jemand Rechte gemäss OHG geltend machen kann,
der Anklagesachverhalt massgeblich.

    b) Aus dem OHG ergibt sich auch nicht, dass das Gericht die
Sache zwecks Ergänzung der Untersuchung an die Untersuchungsbehörden
zurückweisen muss, wenn die Anklage in bezug auf eine für die Anwendung
des OHG relevante Frage in tatsächlicher Hinsicht (möglicherweise)
unvollständig ist. Eine solche Verpflichtung ergibt sich insbesondere
auch nicht aus Art. 8 Abs. 2 OHG.

    Gemäss Art. 8 Abs. 2 OHG informieren die Behörden das Opfer in allen
Verfahrensabschnitten über seine Rechte. Welche Folgen die Missachtung
dieser Informationspflicht hat, dürfte unter anderem auch von der Art
des Rechts abhängen, über welches das Opfer nicht informiert worden ist.

    Die Beschwerdeführerin schien unmittelbar nach dem Unfall offenbar
unverletzt. Sie machte bei ihrer Kurzbefragung durch die Polizeibeamten
keinen Personenschaden geltend, und sie zeigte auch in den folgenden
Monaten keine Körperverletzung an. Die Polizeibeamten und der Bezirksanwalt
gingen daher offenbar davon aus, dass beim Unfall lediglich Sachschaden
entstanden sei, und es bestand für sie unter diesen Umständen kein
Anlass, die Beschwerdeführerin über die in Art. 8 Abs. 1 OHG festgelegten
Rechte zu informieren. Sie haben damit ihre Informationspflicht gemäss
Art. 8 Abs. 2 OHG nicht verletzt. Diese Bestimmung statuiert bloss eine
Informationspflicht der Behörden gegenüber Opfern bzw. allenfalls gegenüber
Personen, welche behaupten, durch eine Straftat in ihrer körperlichen,
sexuellen oder psychischen Integrität unmittelbar beeinträchtigt worden zu
sein. Art. 8 Abs. 2 OHG verpflichtet die Behörden aber nicht, abzuklären,
ob etwa ein Unfallbeteiligter verletzt worden sei bzw. eine Verletzung
behaupten wolle. Diese Abklärungspflicht und ihr Umfang ergeben sich
vielmehr aus der Untersuchungsmaxime, und die Folgen einer Verletzung
dieser Pflicht bestimmen sich nach dem einschlägigen Strafprozessrecht
und allenfalls nach dem Verfassungsrecht. Im vorliegenden Verfahren der
Nichtigkeitsbeschwerde, mit der lediglich die Verletzung eidgenössischen
Rechts geltend gemacht werden kann, ist daher nicht zu prüfen, ob die
Polizeibeamten und/oder der Bezirksanwalt von Amtes wegen hätten abklären
müssen, ob die Beschwerdeführerin entgegen dem Anschein unmittelbar
nach dem Unfall in Tat und Wahrheit doch verletzt worden sei bzw. ob
sie entgegen dem durch ihr Schweigen in den folgenden Monaten erweckten
Eindruck eine allenfalls nachträglich eingetretene oder wahrgenommene
Körperverletzung bei den Strafverfolgungsbehörden anzeigen wolle, und
welche Folgen die Unterlassung der allenfalls gebotenen Abklärung habe.

    Die Nichtigkeitsbeschwerde ist daher abzuweisen, soweit darauf
eingetreten werden kann.

Erwägung 5

    5.- ("Kostenfolgen")