Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 122 IV 303



122 IV 303

47. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 26. September
1996 i.S. Kriminalkommission des Kantons Appenzell I.Rh. gegen X.
(Nichtigkeitsbeschwerde) Regeste

    Art. 18 Abs. 3 und Art. 117 StGB; fahrlässige Tötung, Sorgfaltspflicht
des Lehrers auf einer Bergwanderung.

    Pflichten des Primarlehrers einer sechsten Klasse auf einem teilweise
schneebedeckten Bergwanderweg in felsdurchsetztem Gelände; besonders im
Hinblick auf das Traversieren eines abschüssigen Schneefeldes.

Sachverhalt

    A.- X. ist Primarlehrer in Wädenswil. Mit seiner sechsten Klasse
beabsichtigte er, im Mai 1992 ein Klassenlager in Schwende (Appenzell
I.Rh.) durchzuführen. Am 19. Mai, dem ersten Lagertag, fuhren er, seine
rund zwanzig Schüler und eine erwachsene Begleitperson mit der Bahn auf
den Hohen Kasten. Von dort aus begaben sie sich auf den geologischen
Wanderweg und wanderten zur Staubern, wo sie das Mittagessen aus dem
Rucksack einnahmen. Danach setzten sie um ca. 13.00 Uhr die Bergtour
auf dem Wanderweg in Richtung Furgglen fort. Die Begleitperson ging etwa
in der Mitte und X. am Schluss der Schulklasse. Wenige Meter nach dem
Restaurant Staubern mussten sie zunächst ein kleineres, dann ein grösseres
und schliesslich nochmals ein kleines Schneefeld überqueren. Auf dem
dritten Schneefeld rutschte der ungefähr an der siebenten Stelle gehende
Schüler V. aus. Er überschlug sich und stürzte weiter unten über eine
Felswand. Dabei zog er sich tödliche Verletzungen zu.

    B.- Gegen X. wurde eine Strafuntersuchung wegen fahrlässiger Tötung
eingeleitet. Nach durchgeführter Untersuchung und Überweisung der Sache an
das Gericht entschied das Bezirksgericht Appenzell I.Rh. an seiner Sitzung
vom 5. Dezember 1994, X. werde von Schuld und Strafe freigesprochen.

    Gegen dieses Urteil erhoben die Kriminalkommission des Kantons
Appenzell I.Rh. und die Erben des verunfallten Schülers Berufung.

    Am 5. September 1995 bestätigte das Kantonsgericht Appenzell I.Rh. den
Freispruch der ersten Instanz.

    C.- Die Kriminalkommission des Kantons Appenzell I.Rh. führt
eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde und beantragt, das Urteil des
Kantonsgerichts sei aufzuheben und dieses anzuweisen, den Angeschuldigten
wegen fahrlässiger Tötung schuldig zu sprechen.

    Die Vorinstanz hat auf Gegenbemerkungen verzichtet. X. beantragt,
auf die Beschwerde sei nicht einzutreten; eventualiter sei sie abzuweisen,
soweit darauf eingetreten werden könne.

Auszug aus den Erwägungen:

            Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- (Eintretensfrage).

Erwägung 2

    2.- a) Die Vorinstanz stellte in grundsätzlicher Hinsicht fest,
die Pflicht eines Lagerleiters zur Vermeidung von Gefahren müsse auf ein
vernünftiges Mass beschränkt werden, wenn die mit dem Lager angestrebte
Erziehung der Lagerteilnehmer zur Eigenständigkeit und Selbstverantwortung
nicht zum vornherein verunmöglicht werden solle. Der Lagerleiter habe
seine Sorgfaltspflicht erfüllt, wenn er die Tour sorgfältig vorbereite
und die Teilnehmer richtig instruiere.

    Der Beschwerdegegner habe die in Frage stehende Wanderung neun Jahre
zuvor bereits einmal mit einer sechsten Klasse aus Wädenswil unternommen
und sich dabei vorgängig bei der Bergstation erkundigt, ob der Wanderweg
für Sechstklässler geeignet sei. Man habe ihm damals gesagt, mit gutem
Schuhwerk sei dies sicher möglich, und seither habe er die Tour in
jedem Klassenlager auf dem Programm gehabt. Im Prospekt der Luftseilbahn
Brülisau-Hoher Kasten stehe, dass der Bergwanderweg für Schulexkursionen
geschaffen worden sei und bei minimalen touristischen Anforderungen ein
Maximum an verblüffenden Panoramen anbiete. Aufgrund dieser Angaben habe
sich der Beschwerdegegner mit einer erwachsenen Begleitperson für die
ca. 20 Schüler begnügen können.

    Bei einer Klassenbesprechung seien die Eltern der Schüler über das
Wanderlager informiert worden, und der Beschwerdegegner habe durch
den Hinweis darauf, es seien Wanderschuhe nötig, auf die Art der
Touren hingewiesen. Allenfalls wären die sizilianischen Eltern von
V. verpflichtet gewesen, sich insbesondere nach dem Schwierigkeitsgrad
der Wanderungen zu erkundigen und darauf hinzuweisen, dass ihr relativ
korpulenter Sohn noch nie eine solche Wanderung unternommen hatte und
völlig bergungewohnt war. Im übrigen habe auch dieser nie erkennen lassen,
dass er nicht schwindelfrei sei. Mit den erwähnten Informationen habe
der Beschwerdegegner das Lager im Vorfeld genügend vorbereitet.

    Der Beschwerdegegner hat - nach den Ausführungen im angefochtenen
Entscheid - "auf der Tour noch nie Schneefelder überqueren müssen"
und "darin mit der Klasse keine Erfahrungen" gehabt. Selber habe er
diesbezügliche Erfahrungen, und Schwierigkeiten hätten sich dabei nicht
ergeben. Er habe vom Lagerhaus aus einen grossen Teil des Höhenwegs
überblickt, so dass er sich nicht veranlasst gesehen habe, über den
Zustand des Weges und allfällige Schneefelder Erkundigungen einzuholen,
zumal der Wanderung eine lange Trockenperiode vorausgegangen sei. Am
Morgen vor Beginn der Tour habe er erfahren, dass das Wildkirchli wegen
Schnees gesperrt sei, und daraus geschlossen, "dass dies auch für andere
gesperrte Wege gelte". Da es auf der Tour keine derartigen Sperren gegeben
habe, habe er angenommen, dass alles in Ordnung sei. Gesamthaft gesehen
habe er ohne weitere Abklärungen davon ausgehen können, der geologische
Wanderweg sei normal begehbar.

    Vor dem Abmarsch habe der Beschwerdegegner den Schülern die Weisung
erteilt, es müsse immer einer hinter dem anderen gehen, es dürfe keiner
überholen und es müsse auf dem Weg geblieben und bei Unsicherheit gewartet
werden. Diese einmalige Anweisung am Anfang der Tour habe ausgereicht,
da den Schülern das von ihnen geforderte Verhalten schon von anderen
gemeinsamen Exkursionen und vom letztjährigen Klassenlager her bekannt
gewesen sei. Spezielle Instruktionen über das Verhalten auf Schneefeldern
habe der Beschwerdegegner keine gegeben. In diesem Zusammenhang sei zu
betonen, "dass solche Lager nicht zuletzt dazu dienen, Eigenständigkeit
und Selbstverantwortung der Schüler zu fördern".

    Kurz nach dem Kastensattel habe der Beschwerdegegner bei der
Überquerung eines ersten, vorgespurten Schneefeldes gesehen, dass die
Schneeverhältnisse gut gewesen seien und der Schnee gehaftet habe und
nicht gerutscht sei, und auch bei den weiteren Schneefeldern habe er
festgestellt, dass sie nicht gefroren gewesen seien. Damit habe er die
Schneeverhältnisse ausreichend geprüft.

    Nach der Mittagsrast seien zwei berggewohnte Kinder voraus, der
Beschwerdegegner am Schluss und die Begleitperson irgendwo dazwischen,
aber nicht unmittelbar bei V. marschiert. Auch diese Marschordnung
sei nicht zu beanstanden. Auf die Schüler an der Spitze der Klasse
habe der Beschwerdegegner sich verlassen können, und die Schüler seien
vor dem Abmarsch auf dem Hohen Kasten dahingehend instruiert worden,
dass sie bei Schwierigkeiten halten sollten. Schon im Vorjahr sei V. in
einem Klassenlager mit dem Velo sehr oft ausgeschert, habe zu Mutproben
geneigt, indem er sich gefährliche Stellen ausgesucht habe, und deshalb vom
Beschwerdegegner und den Mitschülern immer wieder angehalten werden müssen,
sich an die Regeln zu halten. Zu dieser Frage habe der Beschwerdegegner
jedoch festgestellt,

    "dass er aufgrund des Verhaltens von V. diesen immer bei sich haben
   müsste. Aber auch V. sollte Selbstverantwortung lernen. Der Angeklagte
   hätte ihn umgekehrt sicher zu sich genommen, wenn V. Zeichen von
   Unsicherheit gezeigt hätte, wenn er gesagt hätte, er habe Angst,
   es sei ihm schwindlig".

    Die vom Beschwerdegegner erwähnte Erziehung zur Selbstverantwortung
gehöre zu den wichtigsten Aufgaben der Schule. Wäre er direkt hinter
V. gegangen, hätte er ihn im übrigen höchstens hin und wieder zur
Aufmerksamkeit ermahnen, den Sturz selber aber nicht verhindern können.

    Gemäss dem Polizeirapport sei das Schneefeld an der Unfallstelle
ungefähr 12 bis 15 m breit und unterhalb des Weges ungefähr 15 m lang
gewesen. Im griffigen Schnee habe es zunächst gute Fusstritte gehabt. Im
steilen Gelände sei der Weg zuerst ansteigend, anschliessend bei der
schmalsten und zugleich steilsten Stelle leicht abfallend gewesen,
und genau beim Übergang zwischen dem ansteigenden und dem abfallenden
Wegstück habe sich der Unfall ereignet. Es stehe fest, "dass der Weg
grundsätzlich gespurt war, dass also offensichtlich verschiedene Leute
ihn als begehbar einschätzten".

    Gesamthaft gesehen sei dem Beschwerdegegner keine
Sorgfaltspflichtverletzung vorzuwerfen.

    b) Die Beschwerdeführerin lastet dem Beschwerdegegner im wesentlichen
an, er habe die Gefahren einer nur vermeintlich harmlosen Bergtour im
Frühling, insbesondere beim Vorhandensein von abschüssigen Schneefeldern,
die den sicheren Weg überdecken, falsch eingeschätzt und deshalb die
notwendigen Schutz- und Sicherheitsmassnahmen sowie eine hinreichende
Kontrolle und Aufsicht unterlassen. Der dem Überqueren von solchen
Schneefeldern innewohnenden Gefährlichkeit müsse mit Sicherungsmassnahmen
(z.B. Einzelüberquerung, Pickel, Seil) begegnet werden. Vor einer
anspruchsvollen Route sei zudem stets sorgfältig zu prüfen, ob die
Teilnehmer über die nötige körperliche Verfassung sowie die erforderlichen
geistigen und charakterlichen Qualitäten verfügen, und gegebenenfalls
seien die notwendigen Vorkehren (z.B. Spezialaufsicht, Einzelbetreuung)
zu treffen. Angesichts tödlicher Gefahren sei ein Hinweis auf die Erziehung
zu Eigenständigkeit und Selbstverantwortung verfehlt.

    c) Der Beschwerdegegner vertritt in seiner Stellungnahme demgegenüber
die Auffassung, es könne ihm nicht als Verletzung der Sorgfaltspflicht
angelastet werden, dass er mit seiner Klasse in jenem Zeitpunkt und mit
seiner Ausbildung den Höhenweg gewandert sei. Auch die Unfallstelle habe
gar nicht besonders gefährlich ausgesehen, und nur wo eine tödliche Gefahr
als solche erkannt werde, müssten Vorsichtsmassnahmen getroffen werden. Da
schliesslich der Kausalverlauf - z.B. wegen eines nicht ausgeschlossenen
Selbstverschuldens des Verunfallten - nicht klar sei, müsse der Beurteilung
zu seinen Gunsten der für ihn günstigste Kausalverlauf zugrunde gelegt
werden.

Erwägung 3

    3.- a) Wer fahrlässig den Tod eines Menschen verursacht, wird mit
Gefängnis oder mit Busse bestraft (Art. 117 StGB). Eine fahrlässige Tat
liegt vor, wenn sie darauf zurückzuführen ist, dass der Täter die Folge
seines Verhaltens aus pflichtwidriger Unvorsichtigkeit nicht bedacht
oder darauf nicht Rücksicht genommen hat, und pflichtwidrig ist die
Unvorsichtigkeit, wenn der Täter die Vorsicht nicht beobachtet, zu der er
nach den Umständen und nach seinen persönlichen Verhältnissen verpflichtet
ist (Art. 18 Abs. 3 StGB; zum Fahrlässigkeitsdelikt allgemein vgl. BGE
122 IV 145 E. 2b; 121 IV 286 E. 3).

    Es ist unbestritten, dass der verantwortliche Leiter eines Lagers
oder einer Tour grundsätzlich verpflichtet ist, Gefahren möglichst zu
vermeiden, oder dann, wenn ein Gefahrenzustand entsteht, alles Zumutbare
zu tun, damit sich die Gefahr nicht verwirklicht. In einem Fall wie dem
vorliegenden ist zu prüfen, was ein gewissenhafter und besonnener Mensch
mit der Ausbildung und den individuellen Fähigkeiten des Angeschuldigten
in der fraglichen Situation getan oder unterlassen hätte.

    Grundsätzlich ist dabei davon auszugehen, dass Lager- und
Tourenleiter, die Kinder in die Berge führen, hohen Anforderungen an die
Sorgfaltspflichten gerecht werden müssen, weil Kinder meist noch nicht
in der Lage sind, drohende Gefahren wahrzunehmen (GREGOR BENISOWITSCH,
Die strafrechtliche Beurteilung von Bergunfällen, Zürcher Dissertation
1993, S. 176). Selbst körperlich trainierte und ausdauernde Jugendliche
reagieren in den Bergen sehr unterschiedlich, und nicht selten verlieren
sie in Notsituationen die Nerven und neigen zu Fehlreaktionen (BENISOWITSCH
aaO S. 53). Keinen Ausschlag geben darf angesichts der in den Bergen
lauernden Gefahren, ob im Einzelfall die Erziehung des Jugendlichen zur
Eigenständigkeit und Selbstverantwortung eingeschränkt wird (BENISOWITSCH
aaO S. 194). Dies ist jedenfalls dann hinzunehmen, wenn besondere Gefahren
auftauchen.

    Pflicht des Führers ist es, vor Antritt der Tour sorgfältig zu
prüfen, ob bei den gegebenen Witterungs- und Routenverhältnissen, der
körperlichen Eignung und dem technischen Können der Teilnehmer die geplante
Bergwanderung überhaupt durchgeführt werden soll. Er wird sich dabei auch
vergewissern, ob die Teilnehmer genügend ausgerüstet sind. Während einer
Bergtour oder Bergwanderung ist auf die Kondition der Teilnehmer Rücksicht
zu nehmen und das Gelände eingehend zu studieren. Treten im Verlaufe der
Tour Schwierigkeiten auf, ist in jedem Fall besondere Sorgfalt geboten
(vgl. BGE 83 IV 9 E. 1a und b sowie ANDREAS GERBER, Strafrechtliche Aspekte
von Lawinen- und Bergunfällen, Zürcher Dissertation 1979, S. 34-44).

    Auch vermeintlich harmlose Bergwanderungen bergen erhebliche
Gefahren. Gerade im Frühjahr trifft man immer wieder überraschend
auf abschüssige Schneefelder, die den sicheren Weg überdecken und auf
welchen ein Ausrutscher genügen kann, um über eine solche Schnee- oder
Firnfläche zu gleiten, was nicht selten und besonders in felsdurchsetztem
Gelände zu schweren Verletzungen oder gar zum Tod führt (BENISOWITSCH aaO
S. 24). Gerade Kinder sollten in solchem Gelände stets zu diszipliniertem
Gehen ermahnt und an exponierten Stellen sogar an ein Sicherungsseil
gebunden werden (BENISOWITSCH aaO S. 38). Gegebenenfalls ist auf das
Durchqueren solcher Stellen zu verzichten und der Rückweg anzutreten.

    b) Im Lichte dieser Erwägungen und der vorinstanzlichen Feststellungen
erweist sich der angefochtene Freispruch als bundesrechtswidrig, zumal
insbesondere bei Kindern von vornherein nicht gesagt werden kann, seine
Sorgfaltspflicht habe bereits erfüllt, wer eine Tour sorgfältig vorbereite
und die Teilnehmer richtig instruiere.

    Mit der Beschwerdeführerin ist davon auszugehen, dass der
Beschwerdegegner die Risiken einer Frühlingsbergtour generell unterschätzt
und insbesondere die hohe Gefahr verkannt hat, die entstand, als die
Kindergruppe an das abschüssige Schneefeld gelangte, welches den Weg
überdeckte. Der Weg wurde an dieser Stelle besonders gefährlich, da er
nach den Feststellungen der Vorinstanz zunächst auf dem Schnee anstieg
und dann bei der steilsten Stelle wieder abfallend wurde; genau bei
diesem aussergewöhnlich gefährlichen Übergang stürzte der Verunfallte
denn auch ab. Es lässt sich durchaus die Meinung vertreten, dass ein
Lehrer bei den vorliegend zu beurteilenden überaus steilen Verhältnissen
mit einer Schulklasse ein solches Schneefeld überhaupt nur queren darf,
wenn jedes Kind (z.B. mit einem Seil) gesichert ist. Allenfalls ist sogar
eine Umkehr in Betracht zu ziehen.

    Der Beschwerdegegner hat nach den Feststellungen im angefochtenen
Entscheid zwar am Anfang der Tour einmal Weisungen über das
Hintereinandergehen und das Verhalten bei auftauchenden Unsicherheiten
erteilt, es aber unterlassen, spezielle Instruktionen für den Fall zu
geben, dass Schneefelder - und insbesondere abschüssige - den Weg
überdecken. Diese Unterlassung war verfehlt, da die Gruppe nach den
Feststellungen im angefochtenen Entscheid an diesem ersten Lagertag noch
über keine Erfahrung mit Schneefeldern verfügte und der Beschwerdegegner
sich im übrigen, indem er am Schluss der Kolonne ging, die Möglichkeit
nahm, gegebenenfalls selber das Nötige vorzukehren. Unerheblich ist dabei,
dass zwei berggewohnte Kinder die Kolonne anführten, denn es kann zwar
sein, dass solche Kinder den auftauchenden Gefahren richtig begegnen
und - wie im vorliegenden Fall - deshalb nicht verunfallen; es ist aber
ausgeschlossen, dass sie die Verantwortung für die nachfolgenden und
allenfalls weniger erfahrenen Kinder übernehmen können, und es steht
insbesondere nicht fest, ob sie auch in bezug auf die Fähigkeiten der
anderen Kinder richtig reagieren. Im vorliegenden Fall haben die beiden
Kinder an der Spitze denn auch nicht angehalten, obwohl sie dies beim
Auftauchen von Unsicherheiten weisungsgemäss hätten tun sollen.

    Dazu kommt, dass der verunfallte Schüler offenbar von vornherein nicht
die nötigen körperlichen und charakterlichen Eigenschaften aufwies, die im
Gebirge bei auftauchenden Gefahren nötig sind. Er war nach den Ausführungen
der Vorinstanz völlig bergungewohnt und überdies etwas korpulent. Er
führte sich am Unfalltag sonderbar auf. Schon im Vorjahr musste er
vom Beschwerdegegner und den Mitschülern in einem Klassenlager dazu
angehalten werden, sich an die Regeln zu halten. Bei diesen charakterlichen
Auffälligkeiten und der mangelnden Reife des Verunfallten hätte der
Beschwerdegegner der Sache nicht einfach ihren Lauf lassen und den offenbar
besonders auffälligen Schüler bei der heute zu beurteilenden Tour irgendwo
in der Gruppe mitmarschieren lassen dürfen, ohne ihm ein besonderes
Augenmerk zuzuwenden. Der Beschwerdegegner hat nach den Feststellungen
der Vorinstanz ja selber gewusst, "dass er aufgrund des Verhaltens von
V. diesen immer bei sich haben müsste". Er hätte ihn dann nicht bloss,
wie die Vorinstanz anerkennt, hin und wieder zur Aufmerksamkeit ermahnen,
sondern überdies die Schwierigkeiten des offensichtlich überforderten
Schülers erkennen und entsprechend reagieren können.

    c) Was im angefochtenen Entscheid und in der Stellungnahme des
Beschwerdegegners zu dessen Gunsten vorgetragen wird, vermag nicht zu
überzeugen.

    Der Hinweis des Beschwerdegegners darauf, dass allenfalls ein
Selbstverschulden des Verunfallten vorgelegen haben könnte, dringt von
vornherein nicht durch. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts wäre
eine Durchbrechung des adäquaten Kausalzusammenhanges nur dann anzunehmen,
wenn der Verunfallte ein so aussergewöhnliches Verhalten an den Tag gelegt
hätte, dass damit nach allgemeiner Lebenserfahrung schlichtweg nicht
hätte gerechnet werden müssen. Dass diese Voraussetzung erfüllt wäre,
behauptet selbst der Beschwerdegegner nicht.

    Nach dem Gesagten ist es unerheblich, dass der Prospekt der
Luftseilbahn generell festhält, der Wanderweg sei für Schulexkursionen
geschaffen worden und stelle nur minimale touristische Anforderungen. Diese
Darstellung im Werbematerial mag für einigermassen bergerfahrene Schüler
und für eine Tour im Sommer durchaus zutreffen. Sie ändert ebenso wie
der Umstand, dass der Weg am Unfalltag nicht gesperrt gewesen ist, jedoch
nichts daran, dass es immer auf die konkreten Verhältnisse ankommt.

    Schliesslich hat der Beschwerdegegner nach den Feststellungen der
Vorinstanz bei der Überquerung anderer Schneefelder gesehen, dass die
Schneeverhältnisse - dort! - gut gewesen sind. Daraus ist nichts für ihn
herzuleiten, weil auch bei angeblich generell guten Schneeverhältnissen
nicht ausgeschlossen werden kann, dass bei einer schwierigen Traverse
Eis oder eine andere Gefahrenquelle vorhanden ist. Kein Schneefeld ist
identisch mit den anderen, und es kann nicht von der Beschaffenheit des
einen ohne weiteres auf diejenige der anderen geschlossen werden.

    d) Der Freispruch verletzt Art. 117 StGB, und die Beschwerde erweist
sich deshalb als begründet. Sie ist gutzuheissen, der angefochtene
Entscheid aufzuheben und die Sache zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz
zurückzuweisen.

Erwägung 4

    4.- (Kostenfolgen).