Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 122 IV 162



122 IV 162

24. Urteil der Anklagekammer vom 2. April 1996 i.S. Bank E. AG gegen
Staatsanwaltschaften der Kantone Zürich und Basel-Stadt Regeste

    Art. 3, 6, 346, 348 StGB. Schweizerische Gerichtsbarkeit; Bestimmung
des Gerichtsstandes für Auslandstat.

    Legitimation des Anzeigers/Geschädigten; Kognition der Anklagekammer
(E. 1).

    Die Bestimmung des Gerichtsstandes gemäss Art. 346 ff. StGB setzt
voraus, dass die schweizerische Strafgerichtsbarkeit nach den Art. 3 bis 7
StGB jedenfalls nicht offensichtlich auszuschliessen ist. Der endgültige
Entscheid über die Frage der schweizerischen Strafgerichtsbarkeit bleibt
vorbehalten und unterliegt nach Erschöpfung des kantonalen Instanzenzuges
der Nichtigkeitsbeschwerde an den Kassationshof des Bundesgerichts (E. 2).

    Erachtet sich ein Kanton als nicht zuständig, so hat er mit dem
als zuständig in Betracht fallenden Kanton einen Meinungsaustausch
durchzuführen (E. 3).

    Kommt bei einer in Frage stehenden Mitwirkung Mittäterschaft
zumindest in Frage, so ist für die Bestimmung des Gerichtsstandes von
dieser schwereren Teilnahmeform auszugehen (E. 4b).

    Die schweizerische Gerichtsbarkeit für einen Schweizer, der an einem
im Ausland verübten Betrug mitgewirkt hat und sich in der Schweiz aufhält,
bestimmt sich nach Art. 6 StGB (E. 4c); der Gerichtsstand ergibt sich in
diesem Fall aus Art. 348 StGB (E. 4d).

    Gerichtsstand bei Urkundenfälschung (E. 5).

    Kostenfolgen für die kantonale Behörde (E. 8b).

Sachverhalt

    A.- Am 2. März 1994 erstattete die (1993 aus der Fusion der W. Bank AG,
Zürich, und der Bank E. AG, Bern, hervorgegangene) Bank E. AG mit Hauptsitz
in Bern und Sitz in Zürich (und in Genf und London) als Geschädigte
bei der Bezirksanwaltschaft Zürich Strafanzeige wegen Kreditbetruges
und Urkundenfälschung gegen A., C. AG und P. Die Anzeigerin machte
geltend, sie habe durch ihre damalige englische Tochtergesellschaft
Bank L. Ltd. bzw. W. Bank Ltd. in London in den Jahren 1990 und
1991 A. und der von ihm beherrschten Firma T. Ltd. Kredite gewährt,
welche durch das durch die liechtensteinische Firma C. AG, Vaduz, als
Treuhänderin angeblich verwaltete bedeutende Vermögen von A. gesichert
waren. Die Richtigkeit des Verzeichnisses des Trustvermögens sowie dessen
Vorhandensein wurde kurz darauf anlässlich der Übernahme der Bank L. Ltd.
durch die W. Bank Ltd. durch die Organe der Firma C. AG und P., Basel,
schriftlich bestätigt. Der zunächst der Firma T. Ltd. gewährte Kredit von
GBP 1'500'000.-- wurde am 15. Mai 1991 in einen an A. persönlich gewährten
Kredit umgewandelt; er wurde nie zurückbezahlt. In der Folge stellte
sich heraus, dass die vorliegenden Bestätigungen grösstenteils falsch
und das angeblich als Sicherheit eingesetzte Vermögen nicht vorhanden
bzw. die vorhandenen Aktiven anderweitig und zum Teil mehrfach verpfändet
waren. Das in der Folge eingeleitete Konkursverfahren gegen A. wurde am 24.
April 1995 formell abgeschlossen, ohne dass einem Gläubiger Zahlungen
ausgerichtet werden konnten.

    Die örtliche Zuständigkeit der Strafverfolgungsbehörden des Kantons
Zürich begründete die Anzeigerin damit, dass der Erfolg der betrügerischen
Handlungen bei ihrer Rechtsvorgängerin, d.h. der W. Bank AG, in Zürich
eingetreten sei, da die W. Bank Ltd. seit 31. Dezember 1991 deren
Zweigniederlassung gewesen sei.

    Mit Verfügung vom 22. Juli 1994 stellte die Bezirksanwaltschaft Zürich
mit Genehmigung der Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich vom 26. Juli
1994 die Untersuchung ein. Die Einstellungsverfügung wird damit begründet,
dass sich die in Frage stehenden Kreditgewährungen sowie die Auszahlung der
Kredite vollumfänglich im Ausland abgespielt hätten, mithin auch allfällige
betrügerische Handlungen, die letztlich zur Gewährung der Kredite geführt
hätten, ausschliesslich im Ausland verübt worden seien. Jedenfalls seien
keinerlei mögliche betrügerische Handlungen nachgewiesen, die in Zürich
begangen worden sein könnten. Des weiteren sei zu berücksichtigen, dass
bei Auszahlung des Kredites die Geschädigte noch überhaupt keine Beziehung
zur Bank L. Ltd. gehabt habe, da diese zu jenem Zeitpunkt weder eine
Tochtergesellschaft noch eine Zweigniederlassung der Geschädigten gewesen
sei; auch nach der Übernahme der Bank L. Ltd. durch die W. Bank Ltd. sei
diese immer noch eine Gesellschaft englischen Rechts mit Sitz in London
gewesen. Sämtliche Schreiben der Firma C. AG sowie des Beschuldigten
P. bezüglich der Sicherheiten seien von Liechtenstein und Basel an die
W. Bank Ltd. nach London gesandt worden. Mangels örtlicher Zuständigkeit
der zürcherischen Strafverfolgungsbehörden sei die Untersuchung daher
definitiv einzustellen.

    Gegen diese Einstellungsverfügung richtete die Anzeigerin am 15. August
1995 einen Rekurs an die Rekurskommission der Staatsanwaltschaft des
Kantons Zürich.

    Am 17. September 1994 reichte die Bank E. AG, Zürich, unter Hinweis auf
ihren Rekurs an die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich ihre Strafanzeige
auch noch bei der Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt ein.

    Mit Beschluss vom 22. September 1994 stellte die Staatsanwaltschaft
Basel-Stadt die Untersuchung gegen die Beanzeigten ein, weil in der genau
gleichen Sache seit dem 3. März 1994 bei den Strafverfolgungsbehörden
des Kantons Zürich bereits ein Verfahren hängig sei.

    Einen gegen diesen Beschluss gerichteten Rekurs wies der Vorsitzende
der Überweisungsbehörde des Kantons Basel-Stadt am 9. März 1995 ab. Der
Entscheid ist in Rechtskraft erwachsen.

    Am 28. November 1995 wies die Rekurskommission der Staatsanwaltschaft
des Kantons Zürich den bei ihr eingereichten Rekurs der Bank E. AG
ab. In der Begründung prüfte die Staatsanwaltschaft zunächst die
Frage der schweizerischen Gerichtsbarkeit aufgrund der Art. 3 Ziff. 1
Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 StGB, welche sie verneinte; der einzig
denkbare Anknüpfungspunkt für eine in der Schweiz durchzuführende
Strafuntersuchung befinde sich im Kanton Basel-Stadt, wo der ebenfalls
beanzeigte P. domiziliert sei; es erscheine daher angezeigt, die Anzeige
mit den Beilagen zur weiteren Veranlassung der Staatsanwaltschaft des
Kantons Basel-Stadt weiterzuleiten. Der Entscheid ist rechtskräftig.

    Auf eine gestützt auf diesen Entscheid erfolgte Anfrage vom 25. Januar
1996 teilte die Staatsanwaltschaft Basel-Stadt der Bank E. AG am 31. Januar
1996 mit, in ihrem Kanton sei gegen P. keine Strafuntersuchung hängig;
das Verfahren sei mit der Anzeige 1994 in Zürich eingeleitet worden; weder
durch die Einstellungsverfügung der Bezirksanwaltschaft noch durch den
Entscheid der Staatsanwaltschaft habe ein neuer Gerichtsstand begründet
werden können.

    Mit Urteil vom 6. Oktober 1995 erachtete das Zivilgericht des
Kantons Basel-Stadt, dass die von P. abgegebene - falsche - schriftliche
Bestätigung massgebend für die Kreditgewährung an A. gewesen sei und
verurteilte P. zur Entrichtung einer - wegen Selbstverschuldens der
kreditgewährenden Bank um einen Drittel - reduzierten Schadenersatzzahlung
von GBP 1'000'000.--, nebst Zins von 9% seit 17. Mai 1991, an die Bank
E. AG.

    Mit Gesuch vom 8. Februar 1996 beantragt die Bank E. AG, entweder
die Staatsanwaltschaft Basel-Stadt oder die Staatsanwaltschaft des
Kantons Zürich zur Anhandnahme der Strafanzeige und Durchführung der
Strafuntersuchung zu verpflichten.

    Die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich erachtet sich als nicht
zuständig; aufgrund der gesamten Sachlage erscheine es als angezeigt,
das Strafverfahren in Basel durchzuführen, wo der beanzeigte Anwalt
Wohnsitz habe.

    Die Staatsanwaltschaft Basel-Stadt beantragt, die Behörden des Kantons
Zürich für die Durchführung der Strafuntersuchung zuständig zu erklären.

    Nach den Angaben im Gesuch führen die englischen Behörden seit 1993
eine Strafuntersuchung gegen A., in deren Verlauf auch P. durch die
Staatsanwaltschaft Basel-Stadt rogatorisch einvernommen worden sei.

Auszug aus den Erwägungen:

            Die Anklagekammer zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- a) Kommt - wie im vorliegenden Fall (Betrug, Urkundenfälschung) -
ein von einem Geschädigten zur Anzeige gebrachtes Offizialdelikt ernstlich
in Frage, so tritt die Anklagekammer des Bundesgerichts im Falle eines
negativen Kompetenzkonfliktes auch auf ein Gesuch des Anzeigers um
Bestimmung des Gerichtsstandes ein (vgl. BGE 78 IV 246 E. 1).

    b) Wie dem (nicht rechtskräftigen) Urteil des Zivilgerichts
des Kantons Basel-Stadt vom 6. Oktober 1995 entnommen werden kann,
hat die Gesuchstellerin in jenem Verfahren rechtsgenügend belegt,
dass sie sämtliche Aktiven und Passiven der Bank L. Ltd. bzw. der
W. Bank Ltd. übernommen hat, womit letztere eine Zweigniederlassung der
Gesuchstellerin geworden ist. Sie kann daher ohne weiteres als die durch
die angezeigten Betrugshandlungen Geschädigte bezeichnet werden und ist
damit legitimiert, an die Anklagekammer des Bundesgerichts zu gelangen.

    c) Die Anklagekammer des Bundesgerichts ist befugt, kantonale
Unzuständigkeitsentscheide, die in Verletzung der eidgenössischen
Bestimmungen über den interkantonalen Gerichtsstand ergangen sind,
aufzuheben (BGE 78 IV 246 E. 3). Der Aufhebung unterliegen auch
rechtskräftige kantonale Einstellungsentscheide; die Aufhebung muss dabei
nicht ausdrücklich verlangt werden (vgl. BGE 79 IV 51 E. 1).

Erwägung 2

    2.- a) Die Bestimmung des Gerichtsstandes in Anwendung der Art. 346
ff. StGB setzt immer voraus, dass für die in Frage stehende Tat das
Schweizerische Strafgesetzbuch anwendbar, d.h. die schweizerische
Gerichtsbarkeit gegeben ist (BGE 108 IV 145 E. 2). Wenn dies aufgrund
der Art. 3-7 StGB der Fall ist, so muss es für diese Tat auch einen
schweizerischen Gerichtsstand geben (119 IV 113 E. 1d); erst für die
Bestimmung des letzteren kommen die Art. 346 ff. StGB über die örtliche
Zuständigkeit zur Anwendung.

    b) Verneint eine schweizerische Strafverfolgungsbehörde gestützt
auf die Art. 3-7 StGB die schweizerische Gerichtsbarkeit und erklärt
sie sich mit dieser Begründung für unzuständig, kann dieser Entscheid
nach Erschöpfung des kantonalen Instanzenzuges nur mit eidgenössischer
Nichtigkeitsbeschwerde an den Kassationshof des Bundesgerichts
weitergezogen werden (vgl. SCHWERI, Interkantonale Gerichtsstandsbestimmung
in Strafsachen, N. 45; BGE 102 IV 35 E. 2a mit Hinweis; BGE 78 IV 246
E. 3 in fine). Ein solcher Entscheid liegt im vorliegenden Fall indessen
nicht vor (vgl. E. 3a).

    c) Fehlt im Falle eines Gerichtsstandskonfliktes die schweizerische
Gerichtsbarkeit aufgrund einer vorläufigen Prüfung nicht offensichtlich
und bestimmt die Anklagekammer des Bundesgerichts im Verfahren nach
Art. 351 StGB bzw. Art. 264 BStP in der Folge einen schweizerischen
Gerichtsstand, so bleibt der endgültige Entscheid über die Frage der
schweizerischen Gerichtsbarkeit den kantonalen Behörden bzw. auf
eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde hin dem Kassationshof des
Bundesgerichts vorbehalten, denn der Entscheid der Anklagekammer ist für
die kantonalen Behörden nur hinsichtlich des Gerichtsstandes verbindlich
(vgl. BGE 91 IV 54).

Erwägung 3

    3.- a) Die Bezirksanwaltschaft des Kantons Zürich ist in ihrer
Einstellungsverfügung nach der Feststellung, dass sich allfällige
betrügerische Handlungen vollumfänglich im Ausland abgespielt hätten
und alle Schreiben der Firma C. AG und des Beschuldigten P. bezüglich
Sicherheiten von Liechtenstein und Basel aus nach London gesandt worden
seien, zum Schluss gekommen, jedenfalls begründe dies im Kanton Zürich
keinen Gerichtsstand. Sie hat damit die Frage der schweizerischen
Gerichtsbarkeit mit der Frage des Gerichtsstandes vermischt. Noch
deutlicher kommt dies im Rekursentscheid der Rekurskommission der
Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich zum Ausdruck, die die schweizerische
Gerichtsbarkeit ausdrücklich und ausschliesslich aufgrund der Art. 3
Ziff. 1 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 StGB geprüft hat. Die Rekurskommission
hat in diesem Zusammenhang ausgeführt, getäuscht werden im Sinne von
Art. 148 aStGB bzw. Art. 146 nStGB könnten im Zusammenhang mit der in Frage
stehenden Kreditgewährung nur natürliche Personen, die sich indessen nach
der Darstellung der Rekurrentin allesamt in England befunden hätten. Damit
hat sie die schweizerische Gerichtsbarkeit verneint und folgerichtig in
der Rechtsmittelbelehrung allein auf die Möglichkeit der eidgenössischen
Nichtigkeitsbeschwerde an den Kassationshof des Bundesgerichts hingewiesen.

    In der Begründung führte die Rekurskommission dann aber im Widerspruch
zu diesem Ergebnis weiter aus, versandt worden seien die inkriminierten
Unterlagen in England, Liechtenstein und Basel; damit lägen sowohl der
Begehungs- wie auch der Erfolgsort der von der Rekurrentin behaupteten
Delikte ausserhalb des Zuständigkeitsbereiches der Zürcher Behörden. Im
Zusammenhang mit Erwägung D ging die Rekurskommission somit - trotz der
in Erwägung A grundsätzlich vorgenommenen Beschränkung auf die Art. 3
und 7 StGB - davon aus, die schweizerische Gerichtsbarkeit - und zwar
jene des Kantons Basel-Stadt - sei gegeben, nicht aber diejenige des
Kantons Zürich. In ihrer Vernehmlassung im vorliegenden Verfahren führt
sie zudem aus: "Begehungsort ist Basel, Erfolgsort Zürich"; auch daraus
ist ersichtlich, dass sie die schweizerische Gerichtsbarkeit grundsätzlich
als gegeben erachtet. Sie kam denn auch bereits in ihrem Rekursentscheid
zum Schluss, die Strafanzeige sei "zur weiteren Veranlassung" an die
Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt weiterzuleiten.

    b) Dem Advokaten P. wird in der Anzeige Urkundenfälschung sowie
wissentliches und willentliches Mitwirken an den Betrugshandlungen von
A. vorgeworfen. Bereits die Bezirksanwaltschaft des Kantons Zürich
ging in ihrer Einstellungsverfügung davon aus, dass das Schreiben
des Angeschuldigten P. von Basel aus nach London gesandt wurde. Diese
Bestätigung lag gemäss Anzeige derselben bei. Da es sich bei den zur
Anzeige gebrachten strafbaren Handlungen um Offizialdelikte handelt,
wäre die Bezirksanwaltschaft des Kantons Zürich, die sich zur
Anhandnahme dieser Strafsache als nicht zuständig erachtete, unter
diesen Umständen verpflichtet gewesen, vorerst von der Ausfällung
eines Unzuständigkeits- bzw. Einstellungsentscheides abzusehen und
zunächst mit den Behörden des offensichtlich als zuständig in Betracht
kommenden Kantons Basel-Stadt einen Meinungsaustausch über die Frage des
Gerichtsstandes durchzuführen. Die Gesuchstellerin hat dies in ihrer
bei der Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt am 17. September
1994 eingereichten Strafanzeige zu Recht auch geltend gemacht. Auch der
Vorsitzende der Überweisungsbehörde des Kantons Basel-Stadt führt in seinem
Rekursentscheid zutreffend aus, dass es hinsichtlich des Gerichtsstandes
des forum praeventionis Pflicht der Behörden des Kantons Zürich sei,
den Gerichtsstand abzuklären und mit den ihrer Meinung nach zuständigen
Stellen eines anderen Kantons in Verbindung zu treten.

Erwägung 4

    4.- a) Die Bank L. Ltd.  bzw. die W. Bank Ltd. waren nach den
vorliegenden Akten im Zeitpunkt der Täuschungshandlungen sowie der
schädigenden Kreditgewährung, d.h. in den Jahren 1990 und 1991, beide
Gesellschaften englischen Rechts mit Sitz in London. In bezug auf
den angezeigten Betrug ist mit der Staatsanwaltschaft des Kantons
Zürich daher davon auszugehen, dass der Hauptbeschuldigte A. die
betrügerischen Handlungen in London ausgeführt hat, wo auch die
schriftlichen Bestätigungen betreffend das Trust-Vermögen vorgelegt
und die verantwortlichen Personen der beiden Banken getäuscht wurden;
daran ändert nichts, dass die Rechtsvorgängerin der Gesuchstellerin,
die W. Bank AG (Zürich) bei den Übernahmen mitwirkte. Da auch die
Kreditauszahlung offenbar in London erfolgte, ist für das vorliegende
Verfahren davon auszugehen, dass auch der Erfolg der betrügerischen
Handlungen im Ausland eingetreten ist. Es ist daher zu prüfen, ob sich
die schweizerische Gerichtsbarkeit für diese Auslandstat aufgrund des
somit einzig in Frage kommenden Art. 6 StGB ergibt, da die Beschuldigten
A. und P. Schweizer sind.

    b)  P. wird in der Anzeige eine Mitwirkung an den durch den
Beschuldigten A. in London verübten Betrügen vorgeworfen, und zwar
soll diese Mitwirkung bereits 1987 im Zusammenhang mit der "Errichtung
der Treuhänderschaft" oder sogar früher eingesetzt haben; auch soll er
u.a. für das Zustandekommen der ebenfalls unwahren Erklärung der Firma
C. AG massgeblich verantwortlich gewesen sein; verschiedene Zahlungen
der Firma C. AG an den Beschuldigten A. seien erst nach Zustimmung des
Beschuldigten P. ausgeführt worden. Unter diesen Umständen kommt es
zumindest in Frage, dass die mutmassliche Teilnahme des Beschuldigten
P. an der betrügerischen Krediterlangung des Beschuldigten A. als
Mittäterschaft zu qualifizieren ist, weshalb für die Beurteilung des
vorliegenden Falles von dieser (vertretbaren) schwereren Teilnahmeform
auszugehen ist (vgl. SCHWERI, aaO, N. 221). Dabei ist festzuhalten,
dass sich für einen Teil dieser vorgeworfenen Handlungen zumindest im
vorliegenden Verfahren nicht bestimmen lässt, wo sie ausgeführt wurden.

    c) Einfacher Betrug ist mit Freiheitsstrafe im Höchstmass von
mehr als einem Jahr bedroht. Da das schweizerische Recht (d.h. Art. 35
Abs. 1 lit. a IRSG) für dieses Delikt somit die Auslieferung zulässt und
sich der Beschuldigte P. in der Schweiz befindet, ist die schweizerische
Gerichtsbarkeit für diesen aufgrund von Art. 6 StGB gegeben, ohne dass dazu
ein Übernahmebegehren des ausländischen Tatortstaates erforderlich wäre
(BGE 119 IV 113 E. 1e und 2a). Wenn Art. 6 die Anwesenheit des Täters
in der Schweiz verlangt, so wollte der Gesetzgeber dadurch u.a. parallele
Strafverfahren am ausländischen Begehungsort und in der Schweiz verhindern
(vgl. SCHWERI, aaO, N. 48). Dass letzteres der Fall wäre, wird nicht
behauptet; im übrigen ergeben sich auch aus den vorliegenden Akten keine
Anhaltspunkte dafür, dass in England (auch) gegen den Beschuldigten P. eine
Strafuntersuchung geführt wird. Als Schweizer hat dieser für eine im
Ausland verübte Tat im übrigen ohnehin stets Anspruch auf (Neu-)Beurteilung
durch ein schweizerisches Gericht (vgl. BGE 108 IV 81 E. 1b und c).

    Nicht in Frage kommt hingegen die schweizerische Gerichtsbarkeit
im Sinne von Art. 6 StGB für den Beschuldigten A., der unbekannten
Aufenthaltes ist; es ergeben sich jedenfalls aus den Akten keine
Anhaltspunkte dafür, dass dieser einen Wohnsitz in der Schweiz hat oder
sich hier aufhält.

    d) Ist somit für die dem Beschuldigten P. vorgeworfene Mitwirkung
an den in Frage stehenden Betrugshandlungen des Hauptbeschuldigten
A. die schweizerische Gerichtsbarkeit nach dem Gesagten jedenfalls nicht
auszuschliessen, so muss für diese in der Schweiz auch die Strafverfolgung
eingeleitet werden können. Aus diesem Grund schreibt Art. 348 StGB einen
schweizerischen Gerichtsstand auch für Fälle vor, in denen die strafbare
Handlung im Ausland verübt worden ist (vgl. BGE 82 IV 65 E. 3).

    Gesetzlicher Gerichtsstand ist in diesem Fall gemäss Art. 348 StGB
der Kanton Basel-Stadt, wo der Beschuldigte gemäss Anzeige wohnt.

Erwägung 5

    5.- Die durch  P. erstellte Bestätigung war dazu bestimmt, eine
Garantie für die angeblich durch den Beschuldigten A. treuhänderisch
auf die Firma C. AG übertragenen Sicherheiten abzugeben, und soll durch
den Beschuldigten P. als "Protektor" dieses Trusts unterzeichnet worden
sein. Eine Urkundenfälschung kommt in diesem Zusammenhang jedenfalls
zumindest in Frage. Da die fragliche Bestätigung als Ausstellungsort
Basel angibt, ist davon auszugehen, dass sie auch dort geschrieben und
unterzeichnet wurde. Soweit dem Beschuldigten P. im Zusammenhang mit
dem durch A. angeblich begangenen Kreditbetrug eine Urkundenfälschung
vorgeworfen wird, so wurde diese offensichtlich in Basel ausgeführt. Die
schweizerische Gerichtsbarkeit ergibt sich damit aus Art. 3 Ziff. 1
StGB. Auch in bezug auf dieses Delikt ist der gesetzliche Gerichtsstand
gemäss Art. 346 Abs. 1 StGB somit Basel-Stadt.

Erwägung 6

    6.- a) Nach dem Gesagten kommt in bezug auf den Beschuldigten
P. eine in Basel ausgeführte Urkundenfälschung bzw. Mittäterschaft
an den Betrugshandlungen bzw. Urkundenfälschungen des Beschuldigten
A. bzw. der Organe der Firma C. AG zumindest in Frage, was genügt, um
für die Bestimmung des Gerichtsstandes davon auszugehen.

    b) Irgendwelche im Kanton Zürich erfolgte Ausführungshandlungen
ergeben sich nicht aus den der Anklagekammer zur Verfügung stehenden
Akten. Als schweizerischer gesetzlicher Gerichtsstand kommt daher nur
der Kanton Basel-Stadt in Frage.

Erwägung 7

    7.- Nachdem wie oben ausgeführt davon auszugehen ist, dass der
Erfolg der beanzeigten Betrugshandlungen im Ausland eingetreten ist und
die weiteren Beschuldigten nicht Schweizer sind, ist nicht ersichtlich,
inwiefern für die verantwortlichen bzw. handelnden Organe der Firma C. AG -
offenbar alles Ausländer - die schweizerische Gerichtsbarkeit gegeben wäre.

Erwägung 8

    8.- a) Aus diesen Gründen ist das Gesuch nur teilweise gutzuheissen,
d.h. soweit es den Beschuldigten P. betrifft.

    b) Damit erübrigt es sich, den zu Unrecht getroffenen Entscheid
der Rekurskommission der Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich formell
aufzuheben. Da die Rekurskommission indessen angesichts der von ihr
selber erkannten Möglichkeit der Zuständigkeit der Behörden des Kantons
Basel-Stadt den bei ihr eingereichten Rekurs nicht hätte abweisen dürfen,
sondern diesen hätte gutheissen und die Sache zur Durchführung eines
Meinungsaustausches an die Bezirksanwaltschaft zurückweisen müssen,
hat sie das vorliegende Verfahren unnötigerweise verursacht und daher
die Gesuchstellerin für das bundesgerichtliche Verfahren zu entschädigen.

Entscheid:

             Demnach erkennt die Anklagekammer:

    1. Das Gesuch wird teilweise gutgeheissen.

    2. Der Rekursentscheid des Vorsitzenden der Überweisungsbehörde
des Kantons Basel-Stadt vom 9. März 1995 sowie der Beschluss der
Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt vom 22. September 1994 werden
aufgehoben.

    3. Die Behörden des Kantons Basel-Stadt werden berechtigt und
verpflichtet erklärt, die dem Angeschuldigten P. gemäss Anzeige der
Geschädigten vom 2. März 1994 zur Last gelegten strafbaren Handlungen
zu verfolgen und zu beurteilen.