Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 122 II 385



122 II 385

49. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
vom 3. Oktober 1996 i.S. A. D., Ö. D. und R. D. gegen Polizei-
und Militärdirektion und Verwaltungsgericht des Kantons Bern
(Verwaltungsgerichtsbeschwerde) Regeste

    Art. 100 lit. b Ziff. 3 und Art. 105 Abs. 2 OG, Art. 4 und Art. 17
Abs. 2 ANAG sowie Art. 8 EMRK; Verweigerung der Erteilung einer
Niederlassungsbewilligung an einen Ausländer sowie des Nachzugs seines
ausländischen Kindes aus einer früheren Beziehung.

    Zulässigkeit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde im Hinblick auf Art. 17
Abs. 2 ANAG und Art. 8 EMRK (E. 1).

    Umfang der Bindung des Bundesgerichts an die Sachverhaltsfeststellung
der Vorinstanz als richterlichen Behörde (E. 2).

    Beurteilung des Anspruchs auf Niederlassungsbewilligung des
ausländischen Ehemannes einer Niedergelassenen unter Berücksichtigung
unverschuldeter Fürsorgeabhängigkeit, des Nichtbezahlens von Schulden
sowie des Umstandes, dass der Ausländer jedenfalls weiterhin eine
Aufenthaltsbewilligung erhält (E. 3).

    Für das Kind getrennt lebender ausländischer Eltern setzt ein
Nachzugsrecht voraus, dass es zum in der Schweiz weilenden Elternteil die
vorrangige familiäre Beziehung unterhält (Bestätigung der Rechtsprechung;
E. 4).

Sachverhalt

    A.- Der türkische Staatsangehörige Ö. D. kam am 12. November 1980
als Sohn nicht verheirateter Eltern in der Türkei zur Welt und lebte
zunächst bei seiner Mutter, später bei einem Onkel und daraufhin bei seinen
Grosseltern väterlicherseits in der Türkei. 1981 reiste der Vater A. D.,
geboren 1957, in die Schweiz aus, wo er eine Schweizerin heiratete. Aus
einer Beziehung mit der gleichaltrigen gebürtigen Polin R. D., die in
der Schweiz als Flüchtling anerkannt ist, ging 1983 der zweite Sohn
E. D. hervor. 1984 wurde die erste Ehe von A. D. geschieden, worauf er
1985 in die Türkei ausreiste und dort R. D. heiratete. 1986 kehrte A. D. in
die Schweiz zurück, wo ihm eine Aufenthaltsbewilligung erteilt wurde. 1987
erhielten R. D. und 1988 E. D. je die Niederlassungsbewilligung. Von 1989
bis 1991 lebte E. D. in der Türkei bei seinem Halbbruder Ö. D. und den
Grosseltern, im übrigen weilte er bei seinen Eltern in der Schweiz.

    Am 18. August 1988 willigte die leibliche Mutter von Ö. D. in der
Türkei ein, ihren Sohn in die Schweiz ausreisen zu lassen. In der Folge
wurden 1988, 1989 und 1991 drei Gesuche um Nachzug von Ö. D. in die Schweiz
gestützt auf die Verordnung vom 6. Oktober 1986 über die Begrenzung der
Zahl der Ausländer (Begrenzungsverordnung, BVO; SR 823.21) wegen fehlender
finanzieller Mittel bzw. erheblicher Schulden der hier ansässigen Familie
abgelehnt. Ein Versuch im Jahr 1992, Ö. D. über Einladungen zu befristetem
Aufenthalt in die Schweiz zu bringen, scheiterte ebenfalls. 1993 holten
A. D. und seine Frau den Sohn Ö. D. ohne Visum und Bewilligung in die
Schweiz, wo er seither lebt.

    Am 30. August 1994 stellte A. D. das vierte Nachzugsgesuch für seinen
Sohn Ö. D.. Mit Verfügung vom 15. September 1994 wies die Fremdenpolizei
der Stadt Bern das Gesuch mit der gleichen Begründung wie in den früheren
Entscheiden erneut ab.

    Am 11. Oktober 1994 ersuchte A. D. um Erteilung der
Niederlassungsbewilligung. Die Fremdenpolizei wies mit Verfügung vom 1.
November 1994 auch dieses Gesuch ab.

    A. D. führte gegen die beiden Entscheide der Fremdenpolizei
Beschwerde. Er beantragte vor der Polizei- und Militärdirektion des
Kantons Bern, es sei ihm die Niederlassungsbewilligung zu erteilen und
Ö. D. sei in diese Niederlassungsbewilligung einzubeziehen. Die Polizei-
und Militärdirektion wies die Beschwerden am 22. November 1995 ab und
verweigerte die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege.

    Dagegen erhoben A. D. und R. D. sowie
Ö. D. Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Verwaltungsgericht des Kantons
Bern. Dieses hiess die Beschwerde mit Urteil vom 21. Februar 1996 gut,
soweit es um die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege ging, wies
sie im übrigen aber ab, soweit es darauf eintrat.

    Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde vom 19. März 1996 an das
Bundesgericht beantragen A. D., Ö. D. und R. D., A. D. sei die
Niederlassungsbewilligung zu erteilen und Ö. D. in dessen Bewilligung
einzubeziehen; eventuell sei Ö. D. der Aufenthalt in der Schweiz zu
bewilligen. Weiter ersuchen sie um aufschiebende Wirkung und um Gewährung
der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung. Im wesentlichen
berufen sie sich auf Art. 17 Abs. 2 des Bundesgesetzes vom 26. März 1931
über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer (ANAG; SR 142.20) sowie auf
Art. 8 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte
und Grundfreiheiten (Europäische Menschenrechtskonvention, EMRK; SR 0.101).

    In ihren Vernehmlassungen schliessen das Verwaltungsgericht und
die Polizei- und Militärdirektion des Kantons Bern auf Abweisung der
Beschwerde. Das Bundesamt für Ausländerfragen stellt für das Eidgenössische
Justiz- und Polizeidepartement den Antrag, die Beschwerde sei im Hinblick
auf den Sohn Ö. D. gutzuheissen und die Sache an die kantonalen Behörden
zurückzuweisen zur ergänzenden Sachverhaltsabklärung; im übrigen sei die
Beschwerde abzuweisen.

    Mit Verfügung vom 22. April 1996 hat der Präsident der II.
öffentlichrechtlichen Abteilung des Bundesgerichts der Beschwerde die
aufschiebende Wirkung erteilt.

    Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es darauf eintritt.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- a) Art. 100 lit. b Ziff. 3 OG schliesst die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde aus gegen die Erteilung oder Verweigerung
von fremdenpolizeilichen Bewilligungen, auf die das Bundesrecht keinen
Anspruch einräumt.

    Gemäss Art. 4 ANAG entscheidet die zuständige Behörde, im Rahmen
der gesetzlichen Vorschriften und der Verträge mit dem Ausland,
nach freiem Ermessen über die Bewilligung von Aufenthalt und
Niederlassung. Der Ausländer hat damit grundsätzlich keinen Anspruch
auf Erteilung bzw. Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung, und die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist ausgeschlossen, soweit er sich nicht
auf eine Norm des Bundesrechts oder eines Staatsvertrags berufen kann,
die ihm einen Anspruch auf eine solche Bewilligung einräumt (BGE 122 II
1 E. 1a, 289 E. 1a; 120 Ib 257 E. 1a; je mit Hinweisen).

    b) Nach Art. 17 Abs. 2 zweiter Satz ANAG hat ein Ausländer,
dessen Ehegatte über die Niederlassungsbewilligung verfügt, nach einem
ordnungsgemässen und ununterbrochenen Aufenthalt von fünf Jahren Anspruch
auf die Niederlassungsbewilligung. Da im vorliegenden Fall die Ehefrau
(Beschwerdeführerin 3) im Besitz der Niederlassungsbewilligung ist und
der Ehemann (Beschwerdeführer 1) sich seit über fünf Jahren ordnungsgemäss
und ununterbrochen in der Schweiz aufhält, hat dieser einen Anspruch auf
die Niederlassungsbewilligung. Auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde
ist demnach gestützt auf Gesetzesrecht einzutreten, soweit damit die
Erteilung der Niederlassungsbewilligung an den Beschwerdeführer 1 beantragt
wird. Beide Ehegatten sind insofern beschwerdeberechtigt; legitimiert ist
aber auch der Sohn (Beschwerdeführer 2), da sein allfälliger Anspruch auf
Einbezug in die Niederlassungsbewilligung des Vaters unter anderem gerade
von der Erteilung einer Niederlassungsbewilligung an denselben abhängt
(vgl. E. 1c).

    Im Hinblick auf die Niederlassungsbewilligung des Beschwerdeführers
1 erlangt jedoch Art. 8 EMRK keine Bedeutung. Diese Bestimmung gibt auch
dann, wenn sie ein Anwesenheitsrecht in der Schweiz vermittelt (vgl. dazu
E. 1c), keinen Anspruch auf eine bestimmte Bewilligungskategorie (vgl. BGE
120 Ib 257 E. 1f; 115 Ib 1 E. 4b). Entscheidend ist einzig, dass der
Ausländer faktisch die Möglichkeit hat, sein Verhältnis zu einem hier
lebenden Familienangehörigen in angemessener Weise zu pflegen, wozu jede
Anwesenheitsberechtigung, welche dies zulässt, genügt (unveröffentlichtes
Urteil vom 23. November 1995 i.S. A.). Da der Beschwerdeführer 1 vorerst
weiterhin eine Aufenthaltsbewilligung erhält, erweist sich sein allenfalls
auf Art. 8 EMRK gestützter Anspruch auf Anwesenheit in der Schweiz zwecks
gemeinsamen Familienlebens mit seiner Frau bereits als verwirklicht.

    c) Gemäss Art. 17 Abs. 2 dritter Satz ANAG haben ledige Kinder unter 18
Jahren Anspruch auf Einbezug in die Niederlassungsbewilligung ihrer Eltern,
wenn sie mit diesen zusammen wohnen. Im vorliegenden Zusammenhang fragt
sich, ob es dafür genügt, dass der nachzugswillige Elternteil selbst erst
einen Anspruch auf Niederlassungsbewilligung hat, oder ob die Erteilung
derselben bereits vorausgesetzt ist. Wie es sich damit verhält, kann aber
dahingestellt bleiben, denn die Beschwerdeführer 1 und 2 können sich im
Hinblick auf den Nachzug des letzteren jedenfalls auf Art. 8 EMRK berufen.

    Diese Bestimmung garantiert den Schutz des Familienlebens. Gestützt
darauf ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde des um die fremdenpolizeiliche
Bewilligung ersuchenden Ausländers oder seiner hier anwesenden nahen
Verwandten zulässig, wenn diese über ein gefestigtes Anwesenheitsrecht
in der Schweiz verfügen und die familiäre Beziehung tatsächlich gelebt
wird und intakt ist (BGE 109 Ib 183; 122 II 1 E. 1e, 289 E. 1c; 120
Ib 1 E. 1d, 6 E. 1, 16 E. 3a und 257 E. 1c, mit Hinweisen). Nach der
Rechtsprechung setzt die Annahme eines gefestigten Anwesenheitsrechts
wenigstens einen festen Rechtsanspruch auf eine Aufenthaltsbewilligung
voraus (BGE 122 II 1 E. 1e; 119 Ib 91 E. 1c; vgl. auch BGE 111 Ib
161 E. 1a). Da der Beschwerdeführer 1 in diesem Sinne ein gefestigtes
Anwesenheitsrecht hat und die Beziehung zu seinem Sohn intakt ist und
gelebt wird, erweist sich die Verwaltungsgerichtsbeschwerde insofern als
zulässig. Beschwerdeberechtigt sind jedenfalls Vater und Sohn. Fraglich
ist jedoch, ob im Hinblick auf die Beziehung von Vater und Sohn auch
die Beschwerdeführerin 3 legitimiert ist oder ob eventuell ihr eigenes
Verhältnis zum Stiefsohn ebenfalls unter dem Schutz von Art. 8 EMRK steht;
das kann jedoch offenbleiben, da auf die Beschwerde ohnehin einzutreten
ist.

    d) Nicht eingetreten werden kann indessen, soweit sich die
Beschwerdeführer - zumindest sinngemäss - auch gegen die Wegweisung
des Beschwerdeführers 2 wenden bzw. deren Unverhältnismässigkeit geltend
machen, ist dagegen doch von Gesetz wegen die Verwaltungsgerichtsbeschwerde
ausgeschlossen (Art. 100 lit. b Ziff. 4 OG).

Erwägung 2

    2.- Im Fremdenpolizeirecht stellt das Bundesgericht grundsätzlich
auf die aktuellen tatsächlichen und rechtlichen Umstände ab. Eine
Ausnahme gilt jedoch, wenn eine richterliche Behörde als Vorinstanz
entschieden hat, in welchem Fall die Regelung von Art. 105 Abs. 2 OG
greift (BGE 122 II 1 E. 1b mit Hinweisen). Danach ist das Bundesgericht
an die Feststellung des Sachverhalts gebunden, wenn die richterliche
Vorinstanz diesen nicht offensichtlich unrichtig, unvollständig oder
unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen erhoben hat. Da im
vorliegenden Fall der angefochtene Entscheid durch ein Gericht erging,
gelangt Art. 105 Abs. 2 OG zur Anwendung.

Erwägung 3

    3.- a) Zunächst ist zu prüfen, ob dem Beschwerdeführer 1 eine
Niederlassungsbewilligung gestützt auf den entsprechenden Anspruch
gemäss Art. 17 Abs. 2 zweiter Satz ANAG zusteht.

    Dieser Anspruch führt nicht in jedem Fall zum Ziel. So erlischt er,
wenn der Anspruchsberechtigte gegen die öffentliche Ordnung verstossen hat
(Art. 17 Abs. 2 letzter Satz ANAG). Die Voraussetzung für ein Erlöschen
des Anspruches ist weniger streng als im Fall des ausländischen Ehegatten
eines Schweizers oder einer Schweizerin, bei dem nach Art. 7 Abs. 1
letzter Satz ANAG ein Ausweisungsgrund vorliegen muss (BGE 120 Ib 129
E. 4a). Aus dem Gesetz lassen sich sodann weitere Gründe ableiten, die
zu einem Dahinfallen des Anspruchs auf Niederlassungsbewilligung führen
können (vgl. BGE 119 Ib 81 E. 2). Immerhin muss die Verweigerung der
Bewilligungsverlängerung nach den allgemeinen Regeln des Verwaltungsrechts
verhältnismässig sein; da aber im Vergleich zur Regelung von Art. 7 ANAG
bereits geringere öffentliche Interessen für ein Erlöschen des Anspruchs
genügen, sind auch die entgegenstehenden privaten Interessen weniger
stark zu gewichten als bei einer Ausweisung (vgl. BGE 120 Ib 129 E. 4a).

    b) Der Beschwerdeführer 1 hat bereits durch den illegalen Nachzug
seines Sohnes gegen die öffentliche Ordnung verstossen. Immerhin ist zu
seinen Gunsten zu berücksichtigen, dass seit geraumer Zeit an sich ein
Anspruch auf Nachzug bestanden hat, die zuständigen Behörden dies bei
Behandlung der früheren Gesuche jedoch übersehen und darüber einzig - und
fälschlicherweise (vgl. BGE 122 II 1 E. 3c; 119 Ib 81 E. 2b) - gestützt
auf die Begrenzungsverordnung entschieden haben (vgl. BGE 122 II 1 E. 3b).

    Sodann und vor allem kann mit der Vorinstanz davon ausgegangen werden,
dass zwar unverschuldete Fürsorgeabhängigkeit allein keinen Verstoss
gegen die öffentliche Ordnung darstellt, wohl aber das Nichtbezahlen von
Schulden; dies gilt jedenfalls dann, wenn diese einen bedeutenden Umfang
erreichen. Nach der verbindlichen Feststellung des Verwaltungsgerichts
(vgl. E. 2) hatte der Beschwerdeführer 1 im Februar 1996 Schulden im
erheblichen Betrag von über Fr. 100'000.--; weiter hatte er sich nicht
bemüht, die Schulden zu stabilisieren, geschweige denn abzubauen.

    Auch wenn Fürsorgeabhängigkeit allein nicht einen Verstoss
gegen die öffentliche Ordnung begründet, lässt sie sich doch bei der
Verhältnismässigkeitsprüfung berücksichtigen. Gemäss dem angefochtenen
Entscheid hat der Beschwerdeführer 1 bis Ende 1995 rund Fr. 45'000.--
an Fürsorgegeldern bezogen und wird bis Ende 1996 vermutlich den Betrag
von Fr. 80'000.-- überschritten haben. Ob dies genügen würde, um eine
Ausweisung bzw. die Verweigerung einer Anwesenheitsbewilligung überhaupt
zu begründen, kann im vorliegenden Zusammenhang offenbleiben, erhält
doch der Beschwerdeführer 1 weiterhin eine Aufenthaltsbewilligung; eine
Entfernungsmassnahme steht also gar nicht zur Diskussion. Das persönliche
Interesse des Beschwerdeführers 1 an der Niederlassungsbewilligung liegt
letztlich einzig im Recht, seinen Sohn in die Niederlassungsbewilligung
einbeziehen zu dürfen. Aber auch das fällt nicht entscheidend ins
Gewicht, nachdem sich ein Nachzugsrecht im vorliegenden Fall - allerdings
mit gewissen Nuancen (insbesondere kein Anspruch auf Erteilung einer
Niederlassungsbewilligung an den Sohn, sondern lediglich allenfalls
einer Aufenthaltsbewilligung) - jedenfalls aus Art. 8 EMRK ergibt. Das
verbleibende Interesse überwiegt das öffentliche an der Verweigerung der
Niederlassungsbewilligung auch dann nicht, wenn die doch schon recht lange
Anwesenheit in der Schweiz von gesamthaft rund 13 Jahren - im Verlauf von
15 Jahren - mitberücksichtigt wird. Damit erweist sich die Verweigerung
der Niederlassungsbewilligung als begründet und verhältnismässig.

Erwägung 4

    4.- a) Da der Beschwerdeführer 1 keine Niederlassungsbewilligung
erhält, kann sein Sohn und Beschwerdeführer 2 auch nicht gestützt auf
Art. 17 Abs. 2 dritter Satz ANAG in diese einbezogen werden.

    b) Es fragt sich somit einzig, ob dem Beschwerdeführer 2 in Anwendung
von Art. 8 EMRK eine Aufenthaltsbewilligung zu erteilen ist. Der
Familienschutz, wie er in dieser Bestimmung gewährleistet wird, kann
zwar unter Umständen einer Entfernungsmassnahme wie einer Ausweisung -
und damit einer zwangsweisen Trennung von Angehörigen - entgegenstehen,
wenn dadurch die Fortführung des Familienlebens verunmöglicht oder stark
beeinträchtigt wird. Art. 8 EMRK vermittelt jedoch nicht ein absolutes
Recht auf Einreise und Aufenthaltsbewilligung von Familienmitgliedern (BGE
122 II 289 E. 3b), namentlich wenn ein Ausländer selbst die Entscheidung
getroffen hat, von seiner Familie getrennt in einem anderen Land zu leben
(BGE 119 Ib 81 E. 4a; 118 Ib 153 E. 2b).

    Auch wenn Art. 8 EMRK unter anderem die familiäre Beziehung
getrennt lebender Eltern zu ihren Kindern schützt, räumt die Bestimmung
grundsätzlich nicht demjenigen Elternteil ein Recht auf Nachzug eines
Kindes ein, der freiwillig ins Ausland verreist ist, ein weniger
enges Verhältnis zum Kind hat als der andere Elternteil oder sonstige
Verwandte, die für das Kind sorgen, und seine bisherigen Beziehungen
zum Kinde weiterhin pflegen kann. In solchen Fällen gibt es keinen
bedingungslosen Anspruch auf Nachzug des Kindes durch den in der Schweiz
lebenden Elternteil. Ein entsprechendes Recht setzt vielmehr voraus,
dass das Kind zum hier ansässigen Elternteil die vorrangige familiäre
Beziehung unterhält und sich der Nachzug als notwendig erweist. Dabei
kommt es zwar nicht nur auf die bisherigen Verhältnisse an, sondern es
können auch nachträglich eingetretene oder künftige Umstände wesentlich
werden. In der Regel ist dafür aber zunächst der privatrechtliche
Weg zu beschreiten, d.h. es ist die rechtlich verbindliche Zuteilung
des Sorgerechts anzustreben. Vorbehalten bleiben Fälle, in denen klare
Anhaltspunkte für neue familiäre Abhängigkeiten oder für eine wesentliche
Verlagerung der Beziehungsintensitäten bestehen (BGE 118 Ib 153 E. 2b). Die
Verweigerung einer Bewilligung lässt sich somit jedenfalls dann nicht
beanstanden, wenn die Familientrennung von den Betroffenen ursprünglich
selbst freiwillig herbeigeführt worden ist, für die Änderung der bisherigen
Verhältnisse keine überwiegenden familiären Interessen bestehen bzw. sich
ein Wechsel nicht als zwingend erweist und die Fortführung und Pflege
der bisherigen familiären Beziehungen nicht behördlich verhindert wird
(BGE 119 Ib 81 E. 4a und b; 118 Ib 153 E. 2c und d).

    c) aa) Der Beschwerdeführer 1 hat die Türkei freiwillig verlassen
und dabei die Mutter seines ersten Kindes (des Beschwerdeführers 2) mit
diesem zusammen in der Türkei zurückgelassen. Wie das Verwaltungsgericht
festgestellt hat, kümmerte er sich bis 1988 kaum um seinen Sohn. Seit
diesem Zeitpunkt, seitdem das Kind also rund acht Jahre alt war, hat er
immerhin mehrfach versucht, es in die Schweiz nachzuziehen. Seit nunmehr
rund drei Jahren, nach der illegalen Einreise im Jahre 1993, leben sie
tatsächlich auch zusammen. Im übrigen können sie aus diesem Umstand
indessen nichts zu ihren Gunsten ableiten, haben sie den entsprechenden
Zustand doch unrechtmässig herbeigeführt. Im Vordergrund haben daher die
tatsächlichen Gegebenheiten im Zeitpunkt der illegalen Einreise des Sohnes
in die Schweiz zu stehen.

    bb) Ein Nachzug des Beschwerdeführers 2 würde zu einer höheren
Belastung der Fürsorge führen, was durch die unrechtmässige Einreise
im übrigen bereits geschehen ist. Wieweit dies - angesichts einerseits
der bereits erheblichen Fürsorgeabhängigkeit der Familie, anderseits
der letztlich eher bescheidenen zusätzlichen Belastung - den Ausschlag
geben kann, ist umstritten, kann aber dahingestellt bleiben (vgl. dazu
im übrigen BGE 122 II 1 E. 3c; 119 Ib 81 E. 2d und e).

    cc) Wie das Verwaltungsgericht festgestellt hat, ist der
Beschwerdeführer 2 bis zum 13. Lebensjahr in der Türkei aufgewachsen,
wobei er immerhin acht Jahre bei seiner Mutter lebte. Erst als diese
im Jahre 1988 ihre Einwilligung zu einer Ausreise ihres Sohnes in die
Schweiz gab, übersiedelte er zunächst zu einem Onkel und später zu den
Grosseltern väterlicherseits. Dass diesem Wechsel eine Verlagerung der
Beziehungsintensitäten zugrunde lag, ist genausowenig nachgewiesen wie
der Umstand, dass in der Türkei niemand mehr für den Beschwerdeführer
2 sorgen könnte. Das Verwaltungsgericht hat im Gegenteil festgestellt,
die Grosseltern seien noch relativ jung und ihre mit ärztlichem Zeugnis
dokumentierten Krankheiten liessen die Betreuung eines Knaben oder jungen
Mannes nicht als ausgeschlossen erscheinen. Auch ist nicht einzusehen,
weshalb nicht die Mutter sich erneut um ihren Sohn kümmern könnte. Im
übrigen ist fraglich, ob das Schreiben der Türkischen Botschaft vom
16. Januar 1996 den Beweis dafür erbringt, dass das Sorgerecht einzig mit
der notariell verurkundeten Zustimmung der Mutter und der Übersiedlung
in die väterliche Verwandtschaft auch zivilrechtlich auf den Vater
übergegangen ist; ein eigentliches Gerichtsurteil liegt nämlich nicht
vor. Wie es sich damit verhält, kann indessen offenbleiben.

    Grundsätzlich gilt im Verwaltungsverfahren die
Untersuchungsmaxime. Diese wird jedoch relativiert durch die
Mitwirkungspflicht der Parteien, welche namentlich insoweit greift,
als eine Partei das Verfahren durch eigenes Begehren eingeleitet hat
oder darin eigene Rechte geltend macht (vgl. dazu ULRICH HÄFELIN/GEORG
MÜLLER, Grundriss des Allgemeinen Verwaltungsrechts, 2. Aufl., Zürich
1993, Rz. 1285, S. 304; PIERRE MOOR, Droit administratif, Bd. II, Bern
1991, N. 2.2.6.3, S. 176; vgl. auch Art. 20 des bernischen Gesetzes
vom 23. Mai 1989 über die Verwaltungsrechtspflege und - für den Bund -
Art. 13 VwVG). Die Mitwirkungspflicht gilt naturgemäss gerade für solche
Tatsachen, welche eine Partei besser kennt als die Behörden und welche
diese ohne ihre Mitwirkung gar nicht oder nicht mit vernünftigem Aufwand
erheben können. Im vorliegenden Zusammenhang trifft das insbesondere
auf die von den Beschwerdeführern behaupteten persönlichen Umstände in
ihrer Heimat zu; solche Tatsachen lassen sich erfahrungsgemäss von den
schweizerischen Behörden, wenn überhaupt, so nur mit erschwertem Aufwand
abklären (unveröffentlichtes Urteil des Bundesgerichts vom 23. Februar 1996
i.S. C.). Gemessen an diesen Grundsätzen hat das Verwaltungsgericht, das
die von den Beschwerdeführern eingereichten Beweise berücksichtigt hat, den
Sachverhalt nicht offensichtlich unrichtig oder unvollständig festgestellt
(vgl. E. 2), indem es (sinngemäss) annahm, diese Beweise belegten die
Behauptungen der Beschwerdeführer nicht. Es ist damit davon auszugehen,
dass sich die Pflegebedürfnisse bzw. Beziehungsintensitäten - jedenfalls
vor der illegalen Einreise des Beschwerdeführers 2 in die Schweiz - nicht
massgeblich verlagert haben und dass für ihn in der Türkei weiterhin
angemessen gesorgt werden kann. Schliesslich machen die Beschwerdeführer
gar nicht geltend, ihre persönlichen Beziehungen, wie sie sie vor der
Einreise des Sohnes in die Schweiz gepflegt haben, würden behördlich
verhindert. Im Gegenteil haben sie im Verlauf des vorliegenden Verfahrens
selbst auf regelmässige Besuche und weitere Kontakte hingewiesen. So lebte
sogar der gemeinsame Sohn der Beschwerdeführer 1 und 3 während längerer
Zeit (d.h. rund zwei Jahren) bei seinem Halbbruder in der Türkei.

    dd) Demnach ist im vorliegenden Fall die Familientrennung von den
Betroffenen selbst freiwillig herbeigeführt worden; weder bestanden
sodann für die Änderung der bisherigen Verhältnisse überwiegende familiäre
Interessen, noch ist ersichtlich, dass ein Wechsel zunächst von der Mutter
zur väterlichen Verwandtschaft in der Türkei und danach von dieser zum
Vater zwingend war; und schliesslich wird die Fortführung und Pflege der
bisherigen familiären Beziehungen nicht behördlich verhindert. Damit hält
die Verweigerung einer Anwesenheitsbewilligung an den Beschwerdeführer
2 vor Art. 8 EMRK stand.

    Unter diesen Umständen stellt sich die Frage der Zumutbarkeit einer
Ausreise der Familienangehörigen in die Türkei an sich nicht (vgl. BGE
119 Ib 81 E. 4b S. 91 am Ende). Immerhin kann, da die Beschwerdeführer
eine entsprechende Rüge erheben, ergänzend festgehalten werden, dass
die Beschwerdeführer 1 und 2 beide längere Zeit in der Türkei gelebt
haben; es ist daher nicht einzusehen, weshalb ihnen eine Ausreise
dorthin unzumutbar sein sollte. Anders mag es sich bei der Stiefmutter
(der Beschwerdeführerin 3) sowie beim Halbbruder verhalten. Der zweite
hat zwar ebenfalls schon längere Zeit in der Türkei gelebt, die erste
hingegen - was das Verwaltungsgericht offensichtlich falsch festgestellt
hat - nicht. Die Frage der Zumutbarkeit einer allfälligen Ausreise in
das Heimatland eines späteren ausländischen Ehegatten mag sich wohl im
Zusammenhang mit der Verweigerung einer Anwesenheitsbewilligung an diesen
selbst (vgl. BGE 122 II 1 E. 2 und 3d) oder allenfalls an gemeinsame
Kinder stellen; es bedeutet aber nicht auch, dass einem ausländischen
Kind des Ehegatten, das nicht aus der gemeinsamen Ehe hervorgegangen ist,
eine Anwesenheitsbewilligung erteilt werden muss, weil es dem Ausländer
allenfalls unzumutbar sein könnte, in das Heimatland seines Stiefkindes
auszureisen. Das gilt im vorliegenden Fall um so mehr, als kein zwingender
Grund ersichtlich ist, weshalb das Kind überhaupt von seiner leiblichen
Mutter getrennt wurde, ausser es sei bereits damals eine bessere Zukunft
in der Schweiz beabsichtigt worden.

    d) Zu diesem Ergebnis hält das Verwaltungsgericht im angefochtenen
Entscheid fest, es vermöge nicht zu befriedigen, dass die Verweigerung
einer Bewilligung vor allem den heute noch nicht sechzehnjährigen
Beschwerdeführer 2 treffe. Seit zweieinhalb (heute: rund drei) Jahren lebe
er nunmehr in der Schweiz, lege ein gutes Schulzeugnis vor und dürfte
hier besser integriert sein als sein Vater. Das ändert allerdings
nichts daran, dass der Kanton Bern rechtlich nicht verpflichtet
ist, ihm eine Anwesenheitsbewilligung zu erteilen. Nur das hat das
Bundesgericht im vorliegenden Verfahren zu prüfen. Es hat sich daher
auch nicht zu anderen Rechtsinstituten zu äussern. Im übrigen haben die
Beschwerdeführer die heutige Lage durch den illegalen Nachzug des Kindes
(des Beschwerdeführers 2) selber mitverursacht. Schliesslich weist das
Bundesamt für Ausländerfragen zwar darauf hin, dass nach dessen Weisungen
Entfernungsmassnahmen gegenüber Kindern, die noch der Obhut bedürfen,
ausser Betracht fielen, wenn nicht gleichzeitig auch Entfernungsmassnahmen
gegen die Eltern ergriffen werden können. Was dies im vorliegenden
Fall bedeutet, hat das Bundesgericht aber nicht zu beurteilen, da die
Wegweisung seiner Überprüfung entzogen ist (vgl. E. 1d). Das schliesst
immerhin nicht aus, die bernischen Behörden im Hinblick auf den Vollzug
der verfügten Wegweisung auf die Problematik aufmerksam zu machen.