Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 122 II 315



122 II 315

41. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom
15. März 1996 i.S. B. gegen Gesundheits- und Fürsorgedirektion und
Verwaltungsgericht des Kantons Bern (Verwaltungsgerichtsbeschwerde) Regeste

    Opferhilfegesetz (OHG), Beratung nach Art. 3 OHG.

    Die Verweigerung von Leistungen nach Art. 3 OHG unterliegt der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde (E. 1).

    In örtlicher Hinsicht setzt die Anwendung von Art. 3 OHG grundsätzlich
voraus, dass die Hilfe in der Schweiz benötigt wird; bejaht bei
juristischer Hilfe an im Ausland wohnhafte Angehörige (Art. 2 Abs. 2 OHG)
zur Durchsetzung von Ansprüchen gegen schweizerische Versicherungen des
Opfers, das seinen Wohnsitz in der Schweiz hatte (E. 2a).

    Die Annahme der Opfereigenschaft als Voraussetzung für die
Inanspruchnahme der Beratung und Hilfen nach Art. 3 OHG erfordert nicht,
dass die Tatbestandsmässigkeit und Rechtswidrigkeit einer Straftat bereits
erstellt sind; es genügt, wenn dies in Frage kommt (E. 3d).

    Die Leistungen nach Art. 3 OHG können nicht wegen möglichen
Selbstverschuldens des Opfers verweigert werden (E. 4b).

    Die Übernahme weiterer Kosten gemäss Art. 3 Abs. 4 Satz 2 OHG hängt
davon ab, ob sie nach den persönlichen Verhältnissen des Opfers bzw. seiner
Angehörigen "angezeigt" ist; daraus folgt eine über die reine Notwendigkeit
hinausgehende, grosszügigere Betrachtungsweise (E. 4c).

Sachverhalt

    A.- A. war Staatsangehöriger des ehemaligen Jugoslawien und wohnte
in Bern. Bei einem Verkehrsunfall auf einer deutschen Autobahn erlitt er
1992 schwere Verletzungen, denen er 1993 erlag. Er hinterliess seine im
ehemaligen Jugoslawien lebende Ehefrau Sh. B. und das Kind L. B.

    Der Rechtsvertreter von Sh. und L. B. ersuchte das Fürsorgeamt der
Gesundheits- und Fürsorgedirektion des Kantons Bern um Kostengutsprache
im Sinne des Opferhilfegesetzes zur Wahrung der Rechte gegenüber der
Unfallversicherung, welche ihre Leistungen gekürzt hatte. Das Fürsorgeamt
wies dieses Gesuch ab und führte zur Begründung aus, A. habe den Unfall
durch seine gefährliche Fahrweise selbst verursacht und könne daher nicht
als Opfer einer Straftat bezeichnet werden.

    Eine Beschwerde an die Gesundheits- und Fürsorgedirektion blieb
erfolglos. Das Verwaltungsgericht des Kantons Bern bestätigte den
abschlägigen Bescheid. Es erwog, A. treffe ein derart überwiegendes
Verschulden am Unfall, dass er als Täter, nicht als Opfer anzusehen sei;
er erscheine nicht im Sinne von Art. 2 Abs. 1 OHG in unmittelbarer Weise
zufolge des Fehlverhaltens eines Dritten beeinträchtigt. Selbst wenn
man ihn als Opfer nach dem Opferhilfegesetz ansehen wollte, sei sein
Mitverschulden jedenfalls im Rahmen der persönlichen Verhältnisse zu
berücksichtigen und seien daher die weiteren Kosten im Sinne von Art. 3
Abs. 4 Satz 2 OHG zu verweigern.

    Gegen dieses Urteil des Verwaltungsgerichts haben Sh. und L. B. beim
Bundesgericht staatsrechtliche Beschwerde erhoben. Das Bundesgericht
behandelt die Eingabe als Verwaltungsgerichtsbeschwerde und heisst
sie unter Rückweisung der Angelegenheit an die Vorinstanz zu neuer
Entscheidung gut.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- Die Beschwerdeführerinnen haben ausdrücklich staatsrechtliche
Beschwerde erhoben. Vorerst ist zu prüfen, mit welchem Rechtsmittel
der angefochtene Entscheid beim Bundesgericht angefochten werden kann
(vgl. BGE 119 Ia 285 E. 1 S. 288).

    Nach Art. 64ter BV sorgen der Bund und die Kantone dafür, dass die
Opfer von Straftaten gegen Leib und Leben Hilfe erhalten; dazu gehört
eine angemessene Entschädigung, wenn die Opfer infolge der Straftat in
wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten. Das Bundesgesetz über die Hilfe
an Opfer von Straftaten (Opferhilfegesetz, OHG, SR 312.5) konkretisiert
diese Ansprüche. Nach Art. 1 Abs. 2 OHG umfasst die Hilfe (a) Beratung,
(b) Schutz des Opfers und Wahrung seiner Rechte im Strafverfahren sowie
(c) Entschädigung und Genugtuung.

    Streitig ist vorliegendenfalls der Umfang des in Art. 3 OHG näher
geregelten Anspruchs des Opfers auf Beratung bzw. auf Übernahme weiterer
Kosten. Darauf besteht bei gegebenen Voraussetzungen ein Anspruch nach
Bundesrecht. Das angefochtene Urteil, mit dem die Voraussetzungen für eine
Entrichtung von Hilfe verneint worden sind, stellt demnach eine Verfügung
im Sinne von Art. 5 VwVG i.V.m. Art. 97 OG dar. Gegen solche Hoheitsakte
steht grundsätzlich die Verwaltungsgerichtsbeschwerde offen. Das
Verwaltungsgericht hat als letzte kantonale Instanz im Sinne des Art. 98
lit. g OG entschieden. Der Ausschlussgrund des Art. 99 lit. h OG kommt
nicht zum Zuge, weil das Opferhilfegesetz einen Anspruch auf entsprechende
Hilfeleistungen einräumt. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist daher
zulässig. Die ausdrücklich als staatsrechtliche Beschwerde erhobene
Eingabe ist demnach als Verwaltungsgerichtsbeschwerde entgegenzunehmen.

    Die Beschwerdeführerinnen sind im kantonalen Verfahren mit
ihrem Gesuch um Kostengutsprache an ihren Anwalt unterlegen und
daher nach Art. 103 lit. a OG zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde
legitimiert. Die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen sind erfüllt. Auf
die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist demnach einzutreten.

Erwägung 2

    2.- a) Der Anspruch auf Beratung im Sinne von Art. 3 OHG im allgemeinen
und auf Übernahme weiterer Kosten durch die Beratungsstelle gemäss Art. 3
Abs. 4 Satz 2 OHG im speziellen ist dem blossen Gesetzeswortlaut nach
weder von Wohnsitz oder Nationalität des Opfers noch vom Begehungs- und
Erfolgsort der Straftat abhängig. Für die Anspruchsberechtigung ist vom
Sinn und Zweck der Hilfe nach Art. 3 OHG auszugehen und darauf abzustellen,
ob die Hilfe in der Schweiz benötigt wird (vgl. GOMM/STEIN/ZEHNTNER,
Kommentar zum Opferhilfegesetz, Bern 1995, N. 4 zu Art. 11). Diese
Voraussetzung ist jedenfalls dann zu bejahen, wenn, wie hier, im
Ausland wohnhafte Angehörige des Opfers im Sinne von Art. 2 Abs. 2 OHG
juristische Hilfe zur Durchsetzung ihrer Ansprüche gegen schweizerische
Versicherungen des Opfers beanspruchen, das seinen Wohnsitz in der
Schweiz hatte. Unter dem Gesichtswinkel der örtlichen Verhältnisse kann
den Beschwerdeführerinnen daher die Hilfe nach dem Opferhilfegesetz nicht
abgesprochen werden.

    b) Art. 2 Abs. 2 OHG stellt den Ehegatten und die Kinder des
Opfers in bezug auf die Beratung dem Opfer selber gleich (lit. a). Die
Beschwerdeführerinnen handeln im vorliegenden Fall in gleicher Stellung
wie der verstorbene A. In persönlicher Hinsicht können sie daher um
Beratungshilfe und Übernahme weiterer Kosten im Sinne von Art. 3 Abs. 4
OHG ersuchen.

    c) Der Unfall ereignete sich vor Inkrafttreten des
Opferhilfegesetzes. Nach Art. 12 Abs. 1 der Verordnung über die Hilfe an
Opfer von Straftaten (Opferhilfeverordnung, OHV, SR 312.51) können alle
Opfer von Straftaten, unabhängig vom Zeitpunkt der Begehung der Straftat,
Hilfe der Beratungsstellen in Anspruch nehmen. Die Beschwerdeführerinnen
sind daher auch in zeitlicher Hinsicht berechtigt, Hilfe im Sinne von
Art. 3 Abs. 4 OHG zu beanspruchen.

    d) Im folgenden ist zu prüfen, ob A. überhaupt als Opfer im Sinne von
Art. 2 Abs. 1 OHG betrachtet werden kann und die Beschwerdeführerinnen
daher Anspruch auf Hilfe nach Art. 3 Abs. 4 OHG erheben können.

Erwägung 3

    3.- a) Die Vorinstanz verneinte die Opfereigenschaft A.'s.  Sie ging
für das Unfallgeschehen in der Nacht vom 8. Februar 1992 von folgendem
Sachverhalt aus.

    X. lenkte seinen Personenwagen auf der deutschen Autobahn
in angetrunkenem (0,52 0/00 Blutalkoholgehalt), übermüdetem und
somit fahruntüchtigem Zustand. Er kam gemäss Verkehrsunfallanzeige
"unvermittelt, grundlos und abrupt" von der rechten Fahrbahn ab und
stiess mit dem korrekt auf der linken Fahrspur zum Überholen ansetzenden
Y. zusammen. Der Wagen von X. prallte gegen die Mittelleitplanke und kam
quer in der Fahrbahnmitte zum Stillstand. Y. kam mit seinem Wagen auf dem
Seitenstreifen zum Stehen. Der darauf herannahende Z. konnte rechtzeitig
bremsen und seinen Wagen kurz vor der Unfallstelle auf dem Seitenstreifen
anhalten. Kurz darauf fuhr A. mit einer Geschwindigkeit von jedenfalls
100 km/h und ungebremst auf den offenbar unbeleuchteten Wagen von X.
auf. Beide Wagen wurden aus der Fahrbahn geschleudert, derjenige von
A. fing Feuer und brannte aus, wodurch dieser schwere Verbrennungen
erlitt. Es ist nicht bestritten, dass A. seine Geschwindigkeit den nebligen
Verhältnissen mit einer Sichtweite von ca. 150 m nicht angepasst hatte. Bei
korrektem Verhalten und angepasster Geschwindigkeit hätte er noch bremsen
und den Unfall möglicherweise vermeiden können. Er wurde denn für sein
Verhalten in Deutschland auch zu einer Geldstrafe in der Höhe von 40
Tagessätzen zu DM 60.--, insgesamt DM 2'400.--, verurteilt; weiter wurde
ihm die Fahrerlaubnis für das Gebiet der Bundesrepublik entzogen.

    Aufgrund dieses Sachverhalts stellte das Verwaltungsgericht
die Opfereigenschaft von A. in Frage. Es führte aus, zufolge des
überwiegenden, groben Selbstverschuldens A.'s sei der Kausalzusammenhang
zwischen der Verkehrsregelverletzung von X. und seiner eigenen Schädigung
unterbrochen worden. Er sei deshalb Opfer seines eigenen strafbaren
Verhaltens geworden, nicht desjenigen von X. Aus den gleichen Überlegungen
erachtete die Vorinstanz auch die von Art. 2 Abs. 1 OHG für die Annahme
der Opfereigenschaft geforderte Unmittelbarkeit der Beeinträchtigung
nicht als gegeben.

    b) Das Opfer einer "Straftat" erhält nach Art. 2 Abs. 1 OHG Hilfe
"unabhängig davon, ob der Täter ermittelt worden ist und ob er sich
schuldhaft verhalten hat". Der Begriff der Straftat ist im Opferhilfegesetz
grundsätzlich gleich wie im Strafgesetzbuch definiert. Man versteht
darunter ein tatbestandsmässiges und rechtswidriges Verhalten; eine
schuldhafte Tatbegehung ist jedoch ausdrücklich nicht vorausgesetzt
(Botschaft des Bundesrates zum Opferhilfegesetz, BBl 1990 II S. 977;
Botschaft des Bundesrates zu Art. 64ter BV, BBl 1983 III S. 893 f.;
GOMM/STEIN/ZEHNTNER, aaO, N. 18 zu Art. 2).

    Im vorliegenden Fall steht eine fahrlässige schwere Körperverletzung
(Art. 125 Abs. 2 StGB) bzw. eine fahrlässige Tötung (Art. 117 StGB)
in Frage. Es ist im folgenden zu prüfen, ob das Verhalten X.'s in diesem
Sinne qualifiziert werden könne.

    c) Die Annahme eines fahrlässigen Erfolgsdeliktes setzt voraus, dass
der Erfolg durch sorgfaltswidriges Verhalten des Täters verursacht wird.
Sorgfaltswidrig ist die Handlungsweise dann, wenn der Täter die Gefährdung
der Rechtsgüter des Opfers hätte erkennen können und müssen. Erkennbar bzw.
voraussehbar ist die Gefahr des Erfolgseintritts für den Täter, wenn
sein Verhalten geeignet ist, nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge und den
Erfahrungen des Lebens einen Erfolg wie den eingetretenen herbeizuführen
oder mindestens zu begünstigen. Es genügt, wenn der Täter in groben Zügen
den zum Erfolg führenden Kausalverlauf als Folge seines pflichtwidrigen
Verhaltens voraussehen konnte. Die Voraussehbarkeit ist zu verneinen,
wenn ganz aussergewöhnliche Umstände hinzutreten, mit denen schlechthin
nicht gerechnet werden musste und die derart schwer wiegen, dass sie als
wahrscheinlichste und unmittelbare Ursache des Erfolges erscheinen und so
alle anderen mitverursachenden Faktoren wie das Verhalten des Täters in den
Hintergrund drängen. Damit der Eintritt des Erfolges auf das pflichtwidrige
Verhalten des Täters zurückzuführen ist, genügt es allerdings nicht,
dass er vorhersehbar war. Vielmehr stellt sich die weitere Frage, ob der
Erfolg auch vermeidbar war. Es genügt für die Zurechnung des Erfolges,
wenn das Verhalten des Täters mindestens mit einem hohen Grad der
Wahrscheinlichkeit oder mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit
die Ursache des Erfolges bildete (vgl. zum ganzen BGE 121 IV 286 E. 3
S. 289, mit weitern Hinweisen auf Rechtsprechung und Doktrin).

    Im vorliegenden Fall hat X. den Unfall durch sein
Verhalten verursacht. Es trifft ihn klarerweise der Vorwurf der
Sorgfaltswidrigkeit. Es ist im Sinne der wiedergegebenen Rechtsprechung
voraussehbar, dass das Fahren auf der Autobahn in fahruntüchtigem Zustand
und ein abruptes Abschwenken auf die Überholspur zu einem Unfall wie dem
im vorliegenden Fall zu beurteilenden führen können. Demgegenüber ist
der Umstand, dass der nachfolgende Fahrzeuglenker A. den quer auf der
Autobahn stehenden und offenbar unbeleuchteten Wagen von X. nicht bzw.
nicht rechtzeitig wahrnahm und ungebremst mit einer Geschwindigkeit
von rund 100 km/h in diesen hineinfuhr, nicht derart aussergewöhnlich,
dass damit schlechthin nicht gerechnet werden musste. Unbeleuchtete
Hindernisse sind auf Autobahnen äusserst selten. Das ebenfalls
sorgfaltswidrige Verhalten von A. erscheint unter diesen Umständen
nicht als unmittelbare Unfallursache und vermag dasjenige von X. nicht
in den Hintergrund zu drängen. Es kann demnach nicht gesagt werden,
dass der adäquate Kausalzusammenhang zwischen dem Verhalten von X. und
dem Unfalleintritt durch die Fahrweise von A. unterbrochen worden wäre.

    d) Diese Überlegungen zeigen, dass eine Straftat als Voraussetzung
für die Bejahung der Opfereigenschaft von A. durchaus in Frage kommt. Im
Bereiche der Beratung und der übrigen Hilfen nach Art. 3 OHG kann -
gleich wie beim Schutz und den Rechten des Opfers im Strafverfahren nach
den Art. 5 ff. OHG - für deren Inanspruchnahme nicht verlangt werden,
dass die Tatbestandsmässigkeit und die Rechtswidrigkeit einer Straftat
bereits erstellt sind. Ob diese und die weiteren Voraussetzungen einer
Straftat gegeben sind, bildet erst Gegenstand des Strafverfahrens. Soll
das Opfer seine Rechte im Strafverfahren wahrnehmen können, muss es daher
genügen, dass eine die Opferstellung begründende Straftat in Betracht
fällt (vgl. BGE 121 II 116 E. 2 S. 119 betreffend Vorschuss nach Art. 15
OHG). Die Soforthilfen müssen, damit sie ihren Zweck erfüllen können,
gewährt werden, bevor endgültig feststeht, ob ein tatbestandsmässiges und
rechtswidriges Verhalten des Täters zu bejahen ist oder nicht (vgl. BGE
122 II 211 E. 3c und d). Dabei können die Anforderungen an den Nachweis,
dass eine Straftat in Betracht fällt, je nach dem Zeitpunkt sowie der
Art und dem Umfang der beanspruchten Hilfe unterschiedlich hoch sein. Im
vorliegenden Fall sind sie auch unter diesem Gesichtspunkt ohne weiteres
erfüllt.

    e) Das Verwaltungsgericht hat die Opfereigenschaft von A. auch
mangels Vorliegens einer "unmittelbaren Beeinträchtigung" durch die
Straftat im Sinne von Art. 2 Abs. 1 OHG verneint. Es hat ausgeführt,
eigenes strafbares Verhalten und Mitverschulden könnten die Direktheit
einer strafbaren Einwirkung von dritter Seite unterbrechen und dazu führen,
der betroffenen Person die Opfereigenschaft abzusprechen.

    Nach Art. 2 Abs. 1 OHG gilt als Opfer diejenige Person, welche durch
eine Straftat in ihrer körperlichen, sexuellen oder psychischen Integrität
unmittelbar beeinträchtigt ist. In welchen Fällen die Opfereigenschaft
zu bejahen ist, ist aufgrund der gesetzgeberischen Wertentscheidung im
Einzelfall anhand der konkreten Umstände festzustellen (vgl. Botschaft
zum Opferhilfegesetz, BBl 1990 II 977; vgl. zur bisherigen Praxis BGE
120 Ia 157 E. aa S. 162 sowie 122 IV 71 E. 3a S. 76; 122 IV 79 E. 1a
S. 81; 120 Ia 101 E. 1b S. 102). Mit dem Erfordernis der "unmittelbaren"
Betroffenheit sollen namentlich Vermögensdelikte, die - anders als etwa der
Raub - jedenfalls nicht direkt mit einer Beeinträchtigung der Integrität
verbunden sind, von der Opferhilfe ausgenommen werden (vgl. Botschaft
zum Opferhilfegesetz, BBl 1990 II 977). Die Unmittelbarkeit betrifft die
Beeinträchtigung in der Integrität des möglichen Opfers selber.

    Im vorliegenden Fall erlitt A. durch den Unfall schwere Verletzungen
und ist ihnen schliesslich erlegen. Dies sind direkte Auswirkungen des
Unfallgeschehens. Es kann demnach keinem Zweifel unterliegen, dass A. im
Sinne des Opferhilfegesetzes unmittelbar in seiner körperlichen Integrität
beeinträchtigt wurde.

    f) Aufgrund dieser Erwägungen ergibt sich, dass A. als Opfer im Sinne
von Art. 2 Abs. 1 OHG zu betrachten ist. Soweit ihm das Verwaltungsgericht
diese Eigenschaft abgesprochen hat, erweist sich die vorliegende Beschwerde
als begründet.

Erwägung 4

    4.- a) Das Verwaltungsgericht hat das Ersuchen um Übernahme weiterer
Kosten im Sinne von Art. 3 Abs. 4 Satz 2 OHG aus weiteren Gründen
abgewiesen. Es führt im angefochtenen Entscheid aus, weitere Kosten könnten
nach dem Gesetzestext nur übernommen werden, soweit dies aufgrund der
persönlichen Verhältnisse des Opfers bzw. der nahen Verwandten angezeigt
sei. Analog zu Art. 13 Abs. 2 OHG, wonach Entschädigungen herabgesetzt
werden, wenn das Opfer den Schaden wesentlich mitverschuldet hat, sei im
vorliegenden Fall unter dem Gesichtswinkel der persönlichen Verhältnisse
das Selbstverschulden von A. zu berücksichtigen. Ferner dürfe der Umstand
nicht ausser acht gelassen werden, dass den Beschwerdeführerinnen ein
Beistand bestellt worden sei und diese mittlerweile doch erhebliche
Zahlungen erhalten haben dürften, so dass ihnen gewisse Eigenleistungen
zumutbar seien.

    b) Mit dem Opferhilfegesetz soll den Opfern von Straftaten wirksame
Hilfe geleistet und ihre Rechtsstellung verbessert werden (Art. 1 Abs. 1
OHG). Die in Art. 3 OHG vorgesehene Beratung und weitere Hilfe ist
einerseits unter anderem als Soforthilfe konzipiert und muss daher sofort
erfolgen, um wirksam zu sein. Anderseits soll die Rechtsstellung der
Opfer dadurch verbessert werden, dass diese über die ihnen zustehenden
Ansprüche informiert und ihnen die nötige Hilfe zu deren Durchsetzung
gewährt werden. So wie für die Beanspruchung von Hilfen nach Art. 3
OHG nicht endgültig feststehen muss, ob ein tatbestandsmässiges und
rechtswidriges Verhalten des Täters zu bejahen ist oder nicht (E. 3d
oben), können diese auch nicht wegen möglichen Selbstverschuldens des
Opfers verweigert werden. Ob wegen Selbstverschuldens eine Kürzung oder
Verweigerung von Versicherungsleistungen oder von Entschädigung und
Genugtuung nach Art. 11 ff. OHG (dazu näher BGE 121 II 369 E. 4 S. 374)
gerechtfertigt ist, ist in den entsprechenden Verfahren zu klären. Um
ihre Rechte gerade auch in dieser bedeutsamen Frage wirksam wahren zu
können, haben die Opfer und ihre Angehörigen Anspruch auf die nötigen
Hilfen gemäss Art. 3 OHG, weshalb ihnen diese - ausser der Aufwand dafür
erscheine offensichtlich nutzlos (BGE 121 II 209 E. 3b S. 212 f.), wovon
hier nicht die Rede ist - nicht wegen Selbstverschuldens im voraus verwehrt
werden darf. Auch insoweit erweist sich die Beschwerde als begründet.

    c) Bei der Frage nach dem Umfang der Übernahme von weiteren Kosten
nach Art. 3 Abs. 4 Satz 2 OHG ist zu beachten, dass solche nur insoweit zu
übernehmen sind, als sie aufgrund der persönlichen Verhältnisse angezeigt
sind. Es sind die persönlichen Verhältnisse des Opfers bzw. diejenigen
der nahen Verwandten (Art. 2 Abs. 2 OHG) zu berücksichtigen, wenn - wie
im vorliegenden Fall - das Opfer verstorben ist (vgl. GOMM/STEIN/ZEHNTNER,
aaO, N. 62 zu Art. 3).

    aa) Unter dem Aspekt der "persönlichen Verhältnisse" fällt die
Bedürfnislage des Ansprechers als Ganzes in Betracht. Im Rahmen der
Anspruchsvoraussetzungen ist u.a. auf die finanzielle Situation des
Ansprechers abzustellen. Soweit es um die Übernahme von Kosten zur
Rechtsverfolgung geht, ist indes nicht auf die blosse Notwendigkeit
einer finanziellen Hilfe im Sinne des Notbedarfs abzustellen (vgl.
GOMM/STEIN/ZEHNTNER, aaO, N. 59 zu Art. 3). Die Zumutbarkeit von
Eigenleistungen ohne wesentliche Einbussen der Lebenshaltung muss belegbar
sein. Schliesslich darf unter diesem Gesichtswinkel berücksichtigt werden,
ob und inwiefern das Opfer bzw. die Angehörigen die Rechte selber wahren
können.

    bb) Leistungen sollen nach Massgabe dessen erbracht werden,
was für das Opfer "angezeigt" ist. Sie betreffen nach dem Wortlaut
des Opferhilfegesetzes Arzt-, Anwalts- und Verfahrenskosten. Aus dem
Begriff "angezeigt" folgt ebenfalls eine über die reine Notwendigkeit
hinausgehende, grosszügigere Betrachtungsweise sowohl in bezug auf die
Anspruchsvoraussetzungen wie auch bezüglich des Umfangs. Soweit die
Hilfeleistung Anwalts- und Verfahrenskosten betrifft, unterscheidet sie
sich vom verfassungsrechtlichen Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege:
Sie ist - soweit sie sich auf Anwaltskosten bezieht - gegenüber der
unentgeltlichen Rechtspflege subsidiärer Natur, kann also auch entrichtet
werden, wenn diese verweigert wird (BGE 121 II 209 E. b S. 212). Ein
weiterer Vergleich kann zur sog. gebotenen Verteidigung gezogen werden;
im Falle einer Einstellung oder eines Freispruchs können entsprechend
der konkret anwendbaren Strafprozessordnung vom Staat Kosten übernommen
werden, wenn der Betroffene aufgrund der gesamten Umstände Anlass hatte,
einen Rechtsvertreter beizuziehen (vgl. BGE 110 Ia 156 E. b S. 159). In
bezug auf das Ausmass einer Entschädigung für Verfahrenskosten und
Rechtsverbeiständung hat das Bundesgericht festgehalten, dass die
Hilfeleistung verweigert werden könne, wenn die zu unternehmenden
rechtlichen Schritte zum vornherein zum Scheitern verurteilt und damit
aussichtslos erscheinen (BGE 121 II 209 E. 3b S. 212 f.).

Erwägung 5

    5.- Aufgrund der vorstehenden Erwägungen hält das angefochtene Urteil
des Verwaltungsgerichts vor dem Bundesrecht nicht stand. Es ist daher in
Gutheissung der Beschwerde aufzuheben. Das Verwaltungsgericht - oder die
zuständige Verwaltungsstelle - wird das Gesuch der Beschwerdeführerinnen
um Übernahme von weiteren Kosten im Sinne von Art. 3 Abs. 4 Satz 2
OHG unter Beachtung der vorstehenden Erwägungen neu beurteilen müssen.
Dabei ist davon auszugehen, dass A. als Opfer im Sinne von Art. 2 Abs. 1
OHG zu betrachten ist. Die Beschwerdeführerinnen sind, wie bereits
das Verwaltungsgericht ausgeführt hat, nicht in der Lage, ihre Rechte
selber wahrzunehmen. Es ist ihnen zwar ein Beistand bestellt worden;
die Beistandschaft hat indessen nicht verhindern können, dass von der
obligatorischen Unfallversicherung vorerst eine Kürzung vorgenommen worden
ist, welche erst durch die anwaltliche Intervention wieder hat rückgängig
gemacht werden können. Die weitern Fragen der Haftpflichtversicherung
und der Pensionskassenansprüche sind ebenfalls nicht leicht zu
behandeln. Weiter wird im einzelnen abzuklären sein, welche Leistungen
die Beschwerdeführerinnen von der Unfallversicherung erhalten haben und
ob und allenfalls in welchem Ausmass ihnen Eigenleistungen zuzumuten sind.