Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 122 II 265



122 II 265

37. Auszug aus dem Teilurteil der I. öffentlichrechtlichen
Abteilung vom 8. Juli 1996 i.S. Stadt Zürich gegen Schweizerische
Bundesbahnen, Kreisdirektion III, und Eidgenössisches Verkehrs- und
Energiewirtschaftsdepartement (Verwaltungsgerichtsbeschwerde) Regeste

    Eisenbahnrechtliches Anstandsverfahren gemäss Art. 40 Abs. 1
lit. a Eisenbahngesetz; bundesrechtliches Plangenehmigungs- oder
kantonalrechtliches Baubewilligungsverfahren für Bahnhof-Läden?

    Auslegung von Art. 18 und 18a EBG, Zusammenfassung der Rechtsprechung
(E. 3).

    Wird ein Ladenzentrum von erheblicher Grösse in eine Bahnhofanlage
eingebaut, so ist dieses nach Art. 18 EBG ebenfalls im eisenbahnrechtlichen
Plangenehmigungsverfahren zu bewilligen, wenn es im Vergleich mit dem
Gesamtbauwerk flächen- und volumenmässig von untergeordneter Bedeutung
und baulich und funktionell völlig in dieses einbezogen ist (E. 4-6).

Sachverhalt

    A.- Das eisenbahnrechtliche Plangenehmigungsverfahren für die
Zürcher S-Bahn im Innenstadtbereich und für den Um- und Ausbau des
Hauptbahnhofes Zürich fand in verschiedenen Etappen statt. Nach der
generellen Plangenehmigung für die Neubaustrecke Bahnhof Museumstrasse -
Stadelhofen - Dietlikon durch das Bundesamt für Verkehr (BAV) im November
1983 wurde das Vorlageverfahren aufgeteilt. Mit Verfügung vom 1. Oktober
1985 genehmigte das BAV zunächst die oberirdisch in Erscheinung tretenden
Anlageteile im Bereich Museumstrasse. Am 26. März 1986 stimmte das Amt dem
Projekt für den Um- und Ausbau des Aufnahmegebäudes des Hauptbahnhofes
sowie dem Innenausbau des Bahnhofes Museumstrasse zu. Die Genehmigung
des letzten Projektteils - betreffend die architektonische Gestaltung
der Fassaden und des Bauvolumens des Nordwesttraktes - erfolgte am
28. September 1987.

    Während die Plangenehmigungsverfügung des BAV vom 26. März 1986
unangefochten blieb, erhob neben anderen die Stadt Zürich gegen
die Verfügung vom 28. September 1987 Beschwerde und nahm gleich
wie im Enteignungsverfahren - von dem noch die Rede sein wird - den
Standpunkt ein, dass die sog. erweiterten kommerziellen Nutzungen des
Hauptbahnhofes Zürich bzw. des Bahnhofes Museumstrasse nicht Gegenstand
des eidgenössischen Genehmigungsverfahrens sein könnten, sondern
einer kommunalen baurechtlichen Bewilligung bedürften; die angefochtene
Plangenehmigungsverfügung müsse deshalb mit einem entsprechenden Vorbehalt
versehen werden. Diese Beschwerde wurde zunächst vom Eidgenössischen
Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartement (EVED) und hierauf vom
Bundesgericht abgewiesen mit der Begründung, dass die Frage, wer die
kommerziellen Nutzungen bzw. die diesen dienenden Ladenbauten zu bewilligen
habe, in der angefochtenen Verfügung nicht beurteilt worden sei und nicht
habe beurteilt werden müssen (1A.220/1990, teilweise publ. in BGE 117
Ib 111).

    Im Enteignungsverfahren für den Bau der S-Bahn im Innenstadtbereich
hatte die Stadt Zürich bereits im September 1983 gegen die Enteignung
für den unterirdisch zu erstellenden Bahnhof Museumstrasse, das heisst
gegen die zwangsweise Einräumung eines Servitutes "zum Betrieb eines
Bahnhofes mit sämtlichen entsprechenden Bauten und Anlagen" Einsprache
erhoben. Sie verlangte, dass die Enteignung auf die bahnbetrieblich
notwendigen Anlagen und Flächen beschränkt werde und der übrige Raum,
soweit er kommerziell genutzt werden solle, der Stadt als Eigentümerin zur
Nutzung überlassen werde. In der Folge einigten sich die Parteien darüber,
dass der städtische Grund für die Bauarbeiten vorzeitig in Anspruch
genommen werden könne und dass die Läden in den Bahnhofbauten von den SBB
zu betreiben seien. Da weitere aussergerichtliche Vergleichsverhandlungen
der Parteien erfolglos verliefen, leitete die Stadt Zürich einerseits
ein sog. Anstandsverfahren im Sinne von Art. 40 des Eisenbahngesetzes
ein und wandte sich andererseits an den Präsidenten der Eidgenössischen
Schätzungskommission, Kreis 10. Sie ersuchte diesen mit Eingabe vom
19. Dezember 1989 um die (negative) Feststellung, dass die SBB zur
vorzeitigen Ausübung der zum Betrieb eines Bahnhofes beanspruchten
Rechte insofern nicht ermächtigt seien, als damit kommerzielle Nutzungen
ermöglicht werden sollten. Der Schätzungskommissions-Präsident trat mit
Verfügung vom 2. Mai 1990 mangels Zuständigkeit auf das Gesuch der
Stadt Zürich nicht ein; gleichzeitig überwies er die Einsprache der
Enteigneten dem EVED zur Behandlung. Eine von der Stadt Zürich gegen
diesen Nichteintretensentscheid gerichtete Verwaltungsgerichtsbeschwerde
wies das Bundesgericht am 9. Juli 1990 ab (BGE 116 Ib 241). Mit Entscheid
vom 10. März 1994 wies schliesslich das EVED die enteignungsrechtliche
Einsprache der Stadt Zürich vom 30. September 1983 ab. Das Departement
stützte sich hiebei auf die Überlegungen, die das Bundesgericht in seinem
Urteil betreffend den Bahnhof Stadelhofen über die Abgrenzung von Art. 18
und 18a des Eisenbahngesetzes angestellt hatte (BGE 116 Ib 400), und
kam zum Ergebnis, dass das Enteignungsrecht für den gesamten Baukubus
des Bahnhofes Museumstrasse, eingeschlossen die Räumlichkeiten für die
Nebenbetriebe, erteilt werden müsse. Im weiteren setzte das EVED fest, dass
den SBB nicht die von ihnen verlangte Personaldienstbarkeit, sondern ein
Überbaurecht gemäss Art. 674 ZGB auf dem Enteignungswege einzuräumen sei.

    Im Anstandsverfahren gemäss Art. 40 Abs. 1 lit. a und g des
Eisenbahngesetzes beantragte die Stadt Zürich, dass über den Status der
geplanten Läden und der übrigen Einrichtungen im Hauptbahnhof sowie im
Bahnhof Museumstrasse ein anfechtbarer Entscheid gefällt werde. Weiter
seien die Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) zu verpflichten, für
sämtliche Läden und anderen Einrichtungen, welche nicht nur oder nicht
überwiegend dem Bahnbetrieb dienten, die nötigen kantonalen und kommunalen
Baubewilligungen einzuholen. Mit Verfügung vom 11. Juli 1990 bezeichnete
das BAV hierauf gewisse Geschäfte als Nebenbetriebe und aberkannte anderen
diesen Status. Zudem wurden die SBB angewiesen, gestützt auf Art. 18 des
Eisenbahngesetzes das Plangenehmigungsverfahren für die Einrichtung der
Nebenbetriebe und anderweitigen Nebennutzungen im Hauptbahnhof Zürich
einzuleiten.

    Die Verfügung des BAV vom 11. Juli 1990 wurde sowohl von der Stadt
Zürich als auch von den SBB und von verschiedenen Privaten beim EVED
angefochten. Dieses räumte mit Entscheid vom 24. November 1992 zahlreichen
weiteren Geschäften den Nebenbetriebsstatus ein und wies die Beschwerde
der Stadt Zürich ab. Gegen den Entscheid des Departements hat die Stadt
Zürich Verwaltungsgerichtsbeschwerde erhoben und unter anderem verlangt,
es sei festzustellen, dass die Ladeneinbauten im Hauptbahnhof Zürich dem
kantonalen Raumplanungsrecht unterstünden.

    In einem Meinungsaustausch im Sinne von Art. 8 Abs. 3 des Reglementes
für das Bundesgericht vom 14. Dezember 1978 (SR 173.111.1) haben sich die
Präsidenten der I. und der II. öffentlichrechtlichen Abteilungen darauf
geeinigt, dass zunächst die I. öffentlichrechtliche Abteilung über die sich
stellende bau- und planungsrechtliche Frage entscheide und anschliessend
die II. öffentlichrechtliche Abteilung über die Anstände betreffend
den Nebenbetriebsstatus der Bahnhof-Läden und deren Öffnungszeiten
befinde. Die I. öffentlichrechtliche Abteilung weist die Beschwerde der
Stadt Zürich insoweit ab, als diese um Feststellung ersucht hat, dass die
umstrittenen Ladeneinheiten dem kantonalen Raumplanungsrecht unterstünden.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- (Parteistellung und Beschwerdelegitimation im Anstandsverfahren
gemäss Art. 40 Abs. 1 lit. a EBG).

Erwägung 2

    2.- (Abweisung der Einrede der "res iudicata").

Erwägung 3

    3.- In seinem Urteil betreffend den Bahnhof Stadelhofen vom 31. Oktober
1990 hat sich das Bundesgericht bereits eingehend mit der Frage befasst,
welches Baubewilligungsverfahren für sog. Mischbauten, die teils dem
Bahnbetrieb, teils betriebsfremden Zwecken dienen, durchgeführt werden
müsse. Es hat aufgezeigt, dass seit der Teilrevision des Eisenbahngesetzes
von 1982 nicht nur die Bauten und Anlagen, die ausschliesslich dem
Bahnbetrieb dienen, sondern auch jene, die "überwiegend" diesem
dienen, nach Art. 18 Abs. 1 des Eisenbahngesetzes (EBG, SR 742.101)
im bundesrechtlichen Plangenehmigungsverfahren zu bewilligen sind; alle
"anderen Bauten" unterstehen, wie in Art. 18a Abs. 1 EBG festgehalten wird,
auch in verfahrensmässiger Hinsicht dem kantonalen Recht. Damit sei zwar
- wie das Bundesgericht weiter dargelegt hat - für die überwiegend dem
Bahnbetrieb dienenden gemischten Bauwerke eine klare Regelung geschaffen
worden, doch sei offen geblieben, was für Bauten und Anlagen gelte,
die überwiegend bahnbetriebsfremden Zwecken gewidmet sind. Aufgrund der
Gesetzesmaterialien sei wohl anzunehmen, dass auch für gemischte Bauten
in der Regel nur ein Baubewilligungsverfahren stattfinden solle, könne
aber nicht ausgeschlossen werden, dass unter Umständen wie bisher auch
zwei Verfahren nebeneinander durchzuführen seien. Weiter ist dargelegt
worden, bei der Beurteilung, ob eine Baute überwiegend dem Bahnbetrieb
dient, stelle sich insbesondere bei Grossüberbauungen vorweg die Frage,
was als solche Baute zu betrachten sei, ob das Gesamtbauwerk überwiegend
dem Bahnbetrieb dienen müsse oder ob und unter welchen Voraussetzungen
auch einzelne Teile eines Gebäudes gesondert auf ihre Zweckbestimmung hin
untersucht werden könnten. Diese Frage - so schloss das Bundesgericht -
könne nur aufgrund der im Einzelfall gegebenen konkreten Verhältnisse
beantwortet werden (BGE 116 Ib 400 E. 5a und b).

    Gegen diese Rechtsprechung, auf die sich das EVED in der angefochtenen
Verfügung stützt, ist von der Beschwerdeführerin nichts Grundsätzliches
eingewendet worden. Sie bringt lediglich vor, das im Hauptbahnhof
erstellte Einkaufszentrum sei derart gross, dass es nicht "mit dem
Hinweis auf das noch etwas grössere Bauwerk des gesamten Bahnhofes" dem
Anwendungsbereich des kantonalen Rechts entzogen werden dürfe. Damit wird
aber aus baurechtlicher Sicht zunächst nur - die nach der Rechtsprechung
ohnehin zu prüfende - Frage aufgeworfen, ob die den kommerziellen Nutzungen
dienenden Bauteile ihrer Grösse wegen gesondert auf ihre Zweckbestimmung
hin zu untersuchen seien oder ob der gesamte Bahnhofkomplex in die nach
Art. 18 Abs. 1 EBG erforderliche Betrachtung einzubeziehen sei.

Erwägung 4

    4.- Was die räumlichen Verhältnisse im Hauptbahnhof Zürich bzw. Bahnhof
Museumstrasse anbelangt, so sind diese dem Bundesgericht aufgrund der
Akten der verschiedenen Verfahren und der zusätzlich beigezogenen Pläne
für die Beurteilung der sich hier stellenden Probleme genügend bekannt,
ohne dass noch ein Augenschein durchgeführt werden müsste.

    Wie auch im angefochtenen Entscheid geschildert wird, ist im
Zusammenhang mit dem Bau der S-Bahn das Gebäude des Hauptbahnhofes umgebaut
und erweitert worden. Als Annexbau neu erstellt wurde insbesondere
der unterirdische S-Bahnhof Museumstrasse mit neuen Ausgängen und
Verbindungspassagen zu den bestehenden Bahnhofanlagen. Ersetzt worden ist
der bisherige Nordtrakt des Hauptbahnhofes, während der Südtrakt renoviert
werden soll und die bis zum Dach reichende Haupthalle zwischen den beiden
Trakten von allen Einbauten befreit und neu gestaltet worden ist.

    Im ausgebauten Zustand präsentiert sich der Hauptbahnhof als
weitläufiges Bauwerk mit vier Ober- und fünf Untergeschossen, wobei sich
die drei untersten Geschosse flächenmässig auf die Anlagen des S-Bahnhofes
Museumstrasse beschränken. In den beiden obersten Geschossen des Nord-
und Südtraktes befinden sich Ruheräume und Büros für den Zugsdienst sowie
das Personalrestaurant und Estrichräume. Das zweite Obergeschoss nimmt
das Bahnhofinspektorat, die Büros der Hausbewirtschaftung, Konferenzräume
sowie die Klimazentrale auf. Im ersten Obergeschoss des Nordtraktes
sind die Büros der SBB-Verkaufsdienste und der Verkaufsleitung sowie
die Kantonspolizei einquartiert, während das gleiche Stockwerk des
Südtraktes wie bis anhin vor allem den Bahnhof-Restaurants (Säle, Bar)
sowie den SBB als Büro-Räume zur Verfügung steht. Ebenerdig sind neben
den ebenfalls erweiterten Geleiseanlagen die Querhalle und die grosse
Bahnhofhalle zu finden, die als Aufenthaltsort dient und von der aus
der Reisende via Rolltreppen und Aufzüge die unteren Geschosse erreichen
kann. Im Erdgeschoss des Nordtraktes befinden sich die Schalterhalle, die
Gepäckaufbewahrung sowie Brasserie-Räume, im Südtrakt werden weiterhin das
Bahnhof-Buffet und einige wenige Läden betrieben. Im ersten Untergeschoss
ist eine Dienstleistungszone mit Schliessfächern, WC-Anlagen, Duschen,
Fundbüro, PTT-Sprechstation und Cafébar angesiedelt. Weitere Flächen werden
vom Gepäcksortierzentrum sowie vom Buffet-Keller und den übrigen für die
Buffet-Betriebe notwendigen Anlagen eingenommen. Das zweite Untergeschoss
besteht vorwiegend aus Fussgängerpassagen, welche die neue Halle über den
S-Bahn-Geleisen (Halle Museumstrasse) mit den verschiedenen Ausgängen
(Sihlquai, Platzspitz, Landesmuseum, Limmat, Bahnhofplatz usw.) sowie
mit der - der Stadt Zürich gehörenden - Ladenstadt "Shopville" und dem
SZU-Bahnhof verbinden. In diesem zweiten Untergeschoss sind auch, längs
der Passagen, in der Halle Sihlquai und im Bereich des Nordtraktes,
die umstrittenen Bahnhof-Läden eingerichtet worden. Auf der gleichen
Ebene befinden sich schliesslich die Betriebsschutzanlage und verschiedene
technische Räume (Kältezentrale, Entsorgung usw.) sowie die Anlagen für die
Anlieferung. Das dritte Untergeschoss beschränkt sich, wie schon bemerkt,
flächenmässig auf das Areal des Bahnhofes Museumstrasse und birgt neben
den für das unterirdische Werk notwendigen technischen Einrichtungen
auch eine Zivilschutzanlage und diverse Lager. Im vierten Untergeschoss
befinden sich die Geleise- und Perronanlagen der S-Bahn-Station und im
kleinräumigen fünften Untergeschoss weitere technische Einrichtungen
(Trafozentrale, Klima-Anlage S-Bahn).

    Wie bereits erwähnt, sind im zweiten Untergeschoss der Bahnhofbaute
Flächen von rund 7'000 m2 ausgeschieden worden, die gewerblichen Nutzungen
vorbehalten werden. Zur Zeit sind diese Flächen derart unterteilt,
dass Räume für mehr als sechzig Läden oder Dienstleistungsbetriebe
vermietet werden können. Welchen der derzeit vermieteten Läden der
Nebenbetriebsstatus im Sinne von Art. 39 EBG zuerkannt werden kann, ist
wie dargelegt noch streitig, nach den in BGE 116 Ib 400 E. 5b angestellten
Überlegungen für die hier zu prüfende Frage aber nicht ausschlaggebend.

Erwägung 5

    5.- Es ist der Beschwerdeführerin darin zuzustimmen, dass es sich bei
den hier umstrittenen kommerziellen Nutzungen um ganz andere Dimensionen
handelt als im Falle des Bahnhofes Stadelhofen, wo eine Ladenfläche
von ungefähr 1'940 m2 im Streite lag. Im Hauptbahnhof Zürich ist ein
eigentliches unterirdisches Ladenzentrum mit einer Gesamtfläche von
wie gesagt rund 7'000 m2 entstanden. Es geht aber nicht nur bei den
Ladengeschäften, sondern beim ganzen Bahnhofgebäude um völlig andere
Grössenverhältnisse. Wie oben ausführlich geschildert, ist mit dem Umbau
der bisherigen Bahnhofanlagen und der Erweiterung, vor allem durch
den S-Bahnhof Museumstrasse, ein mächtiges Bauwerk entstanden, das -
wie das EVED im enteignungsrechtlichen Einspracheentscheid vom 10. März
1994 überzeugend dargelegt hat - baulich, funktionell und betrieblich als
Einheit betrachtet werden darf. In diesem Bauwerk misst nach den Angaben
der SBB in der Beschwerdeantwort allein die Haupthalle 14'450 m2, umfasst
die Halle Landesmuseum 28'500 m2 und belegen die Dienstbereiche der SBB
insgesamt eine Fläche von 48'900 m2. Im Vergleich mit diesen Dimensionen
kommen den im Untergeschoss angesiedelten Verkaufsgeschäften sowohl
flächen- wie auch volumenmässig nur eine untergeordnete Bedeutung zu.

    Dass das Gesamtbauwerk überwiegend dem Bahnbetrieb dient, wird von
der Stadt Zürich an sich nicht in Abrede gestellt. Sie bringt jedoch vor,
dass die Ladeneinheiten als selbständige Bauteile gesondert betrachtet und
behandelt werden müssten. Eine solche Sonderbehandlung fiele jedoch nur
in Betracht, wenn die Läden baulich und funktionell einen gewissen Grad
von Selbständigkeit aufwiesen, die ihnen ein eigenes, vom Gesamtbauwerk
unabhängiges baurechtliches Schicksal ermöglichen würde. Das ist jedoch
nicht der Fall. Wie in der angefochtenen Verfügung und im bereits zitierten
Einspracheentscheid des EVED - auf welche hier verwiesen werden kann -
anschaulich beschrieben wird, wird die bauliche Gestaltung des zweiten
Untergeschosses in erster Linie durch die Bedürfnisse des Bahnbetriebes
bestimmt und sind die Läden in Passagen und Hallen eingerichtet worden,
die im Zusammenhang mit dem Bau der unterirdischen S-Bahn-Station ohnehin
erstellt werden mussten. Die Ladenlokale weisen kein eigenes Mauerwerk auf,
sie sind blosse Einbauten, die ohne grossen Aufwand wieder entfernt oder
in der räumlichen Aufteilung verändert werden können. Weiter sind die
Geschäftslokale hinsichtlich der Versorgung mit elektrischer Energie,
Wasser und (klimatisierter) Luft sowie entsorgungsmässig völlig in die
Systeme der Bahnhofanlagen eingebunden. Es ist daher nicht ersichtlich,
inwiefern ihnen baulich und funktionell eine gewisse Selbständigkeit
zuerkannt werden könnte, die eine gesonderte baurechtliche Behandlung
rechtfertigen würde.

Erwägung 6

    6.- Die Stadt Zürich weist schliesslich auf Art. 22quater Abs. 1
BV hin und folgert aus dieser Verfassungsbestimmung, dass ein derart
grosses Einkaufszentrum wie das hier umstrittene dem raumplanerischen
Kompetenzbereich der kantonalen und kommunalen Behörden nicht entzogen
werden dürfe. Die Beschwerdeführerin macht indessen nicht geltend, dass
die Errichtung eines Ladenzentrums im Hauptbahnhof Zürich planerisch und
städtebaulich verfehlt sei. Sie betont vielmehr, dass die Unterstellung
der Nebenbetriebe unter das kantonale Verfahrensrecht keineswegs zu einer
Vereitelung dieser Bauten führen, sondern eine Gleichstellung gewerblicher
Nutzungen in Kanton und Gemeinde gewährleisten würde. Wie aber bereits
in BGE 116 Ib 400 E. 5 S. 407/8 dargelegt worden ist, bedeutet der
Umstand, dass eine Baute überwiegend dem Bahnbetrieb dient und daher im
eisenbahnrechtlichen Plangenehmigungsverfahren zu bewilligen ist, noch
keineswegs, dass die in dieser Baute eingerichteten Ladengeschäfte und
Dienstleistungsbetriebe einen gewerblichen Sonderstatus beanspruchen
könnten. Ob ein bahnbetriebliches Bedürfnis für die Einrichtung von
Nebenbetrieben im Sinne von Art. 39 Abs. 1 EBG bestehe, für welche
allenfalls nach Abs. 3 dieser Bestimmung besondere Öffnungszeiten gelten
sollen, ist nicht im baurechtlichen bzw. im Anstands-Verfahren gemäss
Art. 40 Abs. 1 lit. a, sondern im Verfahren nach Art. 40 Abs. 1 lit. g
EBG zu entscheiden. In diesem Verfahren ist demnach auch zu untersuchen,
ob bereits vorhandene Geschäfte als Nebenbetriebe gemäss Art. 39 Abs. 1
EBG zu qualifizieren oder zu den anderen Nebennutzungen im Sinne von
Art. 39 Abs. 4 EBG zu zählen seien und ob die Anzahl der Nebenbetriebe
überhaupt oder der Nebenbetriebe mit besonderen Öffnungszeiten zu begrenzen
sei. Diese Fragen werden, wie einleitend bemerkt, unabhängig vom Ausgang
des vorliegenden Verfahrens von der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
zu prüfen sein.

    Im übrigen darf nochmals darauf hingewiesen werden, dass die Gemeinde
im Verfahren nach Art. 18 EBG Anträge stellen und die Beachtung der
Anliegen des kantonalen und kommunalen Bau- und Planungsrechts verlangen
kann. Solche Anträge haben die zuständigen Bundesbehörden zumindest
soweit zu berücksichtigen, als ihre Anwendung die Bahnunternehmung in der
Erfüllung ihrer Aufgaben nicht unverhältnismässig einschränkt (Art. 18
Abs. 3 EBG; BGE 120 Ia 270 ff. E. 3a S. 274).