Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 122 II 126



122 II 126

16. Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 16. April 1996
i.S. Pero Zecevic gegen Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement
(Verwaltungsgerichtsbeschwerde) Regeste

    Art. 28 Abs. 1 lit. a und b BVO; Umwandlung der Saison- in eine
Jahresbewilligung; übergangsrechtliche Wirkungen der Änderung der
Begrenzungsverordnung vom 19. Oktober 1994.

    Auch wenn die zeitlichen Voraussetzungen für eine Umwandlung der
Saisonbewilligung nach Art. 28 Abs. 1 lit. a BVO per 31. Dezember 1994
nur knapp verfehlt werden, können sie nicht als erfüllt gelten (E. 3).

    Die Neuregelung bewirkt bei den vom Umwandlungsstopp betroffenen
Ausländern nicht generell einen Härtefall; ein solcher kann aber dann
vorliegen, wenn der Überhang ins Jahr 1995 nur ganz kurz ausfällt;
Voraussetzungen im vorliegenden Fall bejaht (E. 4c).

Sachverhalt

    A.- Der 1959 geborene Pero Zecevic, früher Staatsangehöriger
von Jugoslawien, heute von Bosnien-Herzegowina, war 1982 und
1983 als Saisonnier sowie 1988 bis 1990 als Kurzaufenthalter in
der Schweiz erwerbstätig. Seit 1991 arbeitete er regelmässig als
Saisonnier. Zwischen Oktober 1994 und Januar 1995 beantragte er mehrmals
bei der Fremdenkontrolle des Kantons Wallis die Umwandlung der Saison-
in eine Jahresbewilligung. Die Fremdenkontrolle leitete das Gesuch am
14. Februar 1995 an das Bundesamt für Ausländerfragen weiter zum Entscheid
über die Ausnahme von den Höchstzahlen der Verordnung vom 6. Oktober 1986
über die Begrenzung der Zahl der Ausländer (Begrenzungsverordnung, BVO;
SR 823.21) gemäss Art. 13 lit. h in Verbindung mit Art. 28 BVO. Am 8. März
1995 lehnte das Bundesamt das Gesuch ab und verweigerte die Ausnahme von
den Höchstzahlen.

    Dagegen führte Pero Zecevic Beschwerde beim Eidgenössischen Justiz- und
Polizeidepartement. Dieses wies die Beschwerde am 28. September 1995 ab.

    Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde vom 27. Oktober 1995 an das
Bundesgericht beantragt Pero Zecevic, der Entscheid des Departements
sei aufzuheben und er sei in Anwendung von Art. 13 lit. h BVO in
Verbindung mit Art. 28 Abs. 1 lit. a oder b BVO von den Höchstzahlen
der Begrenzungsverordnung auszunehmen. Er macht geltend, es sei
zu berücksichtigen, dass er die erforderliche Anwesenheitsdauer nur
äusserst knapp verfehle; jedenfalls liege ein schwerwiegender persönlicher
Härtefall vor.

    In seiner Vernehmlassung vom 15. Dezember 1995 schliesst das
Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement auf Abweisung der Beschwerde.

    Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- (siehe Urteil des Bundesgerichts vom 16. April 1996  i.S.  Ajvazi,
BGE 122 II 116 ff.)

Erwägung 2

    2.- (siehe Urteil des Bundesgerichts vom 16. April 1996  i.S.  Ajvazi,
BGE 122 II 116 ff.)

Erwägung 3

    3.- Der Beschwerdeführer war in den letzten Jahren während der
folgenden Zeitabschnitte als Saisonnier in der Schweiz tätig: 1991:
30. Januar bis 30. Oktober 9 Monate 1992: 31. Januar bis
30. Oktober 9 Monate 1993: 6. April bis 31. Dezember 8
Monate 26 Tage 1994: 1. Januar bis 5. Januar
        15. April         bis 31. Dezember    8 Monate 22 Tage
1995: 1. Januar bis 14. Januar 14 Tage

    Vor Bundesgericht ist nicht strittig, dass pro Jahr bzw. Saison
höchstens neun Monate angerechnet werden können (vgl. Art. 16 Abs. 1 in
Verbindung mit Art. 28 Abs. 1 lit. a BVO sowie Art. 18 Abs. 2 lit. c
ANAG); soweit der Beschwerdeführer während eines Jahres länger in der
Schweiz anwesend war, ist dies daher nicht massgeblich.

    Somit kommt der Beschwerdeführer in den vier letzten
aufeinanderfolgenden Jahren von Januar 1991 bis Januar 1995 auf
insgesamt 36 Monate; im Januar 1995 war er aber als Angehöriger von
Bosnien-Herzegowina nach dem neuen Art. 28 Abs. 1 BVO von der Umwandlung
der Saisonbewilligung ausgeschlossen. Bis zum 31. Dezember 1994, an dem
für ihn eine Umwandlung gemäss Art. 28 Abs. 1 lit. a BVO in der alten
Fassung letztmals möglich war, erreichte der Beschwerdeführer lediglich
35 Monate und 18 Tage; in jenem Zeitpunkt erfüllte er somit die für eine
Umwandlung erforderlichen zeitlichen Voraussetzungen nicht. Zwar verfehlt
er die notwendige Anwesenheitsdauer nur um zwölf Tage, bei Berücksichtigung
der praxisgemäss gewährten Toleranzfrist von sieben Tagen (vgl. dazu das
Urteil des Bundesgerichts vom 7. Dezember 1990 i.S. P., in ZBl 92/1991,
S. 310, E. 2a) sogar lediglich um fünf Tage; dies ändert aber nichts daran,
dass die Umwandlungsvoraussetzungen nach Art. 28 Abs. 1 lit. a BVO nicht
gegeben sind.

Erwägung 4

    4.- a) und b): (siehe BGE 122 II 124 ff.)

    c) Der Beschwerdeführer hielt sich schon in früheren Jahren
mehrfach in der Schweiz auf und ist mit den hiesigen Verhältnissen
vertraut. Allerdings erfüllt er die Voraussetzungen der Praxis nicht,
um als sogenannter Langzeit-Saisonnier gelten zu können; dafür müsste er
ordnungsgemässe Saisonaufenthalte von insgesamt mindestens 90 Monaten
während zwölf aufeinanderfolgenden Saisons vorweisen (Ziff. 346.24 der
Weisungen des Bundesamts für Ausländerfragen zur Ausländergesetzgebung;
unveröffentlichtes Urteil des Bundesgerichts vom 25. November 1994
i.S. V.). Sodann können nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung
Kurzaufenthalte in der Schweiz, die nicht zur Saisontätigkeit, sondern in
anderem Zusammenhang bewilligt wurden, nicht auf die gemäss Art. 28 Abs. 1
lit. a BVO erforderliche Anwesenheitsdauer angerechnet werden, auch wenn
sie ordnungsgemäss sind (unveröffentlichte Urteile vom 8. Dezember 1995
i.S. A. und vom 21. Dezember 1995 i.S. K.); insofern vermögen sie auch
nicht für sich allein einen Härtefall zu begründen. Das alles schliesst
aber nicht aus, die bisherigen Aufenthalte und die damit verbundene
Integration in die Gesamtbeurteilung des Einzelfalles einzubeziehen.

    Seit 1991 war der Beschwerdeführer offensichtlich bemüht, die
Voraussetzungen für die Umwandlung gemäss Art. 28 Abs. 1 lit. a BVO
zu erfüllen. Obwohl die Neuordnung seit geraumer Zeit zur Diskussion
stand, konnte der Beschwerdeführer noch nicht detailliert Kenntnis
vom Umwandlungsstopp haben, als er am 15. April 1994 seine letzte
Saison antrat. Den Ausschlag gibt jedoch, dass er die erforderliche
Anwesenheitsdauer als Saisonnier Ende 1994 nur äusserst knapp - um zwölf
Tage, unter Berücksichtigung der Toleranzfrist der Praxis sogar nur um
fünf Tage - verfehlt und die laufende Saison noch abgeschlossen hat. Wäre
die Änderung der Begrenzungsverordnung nur wenige Tage später in Kraft
getreten, hätte er die Umwandlungsvoraussetzungen erfüllt. Unter diesen
Umständen liegt darin eine besondere Härte, dass er durch die Verweigerung
der Umwandlung endgültig um die entsprechende Möglichkeit gebracht wird;
das erweist sich im Vergleich mit solchen Saisonniers, die Ende 1994 noch
umwandeln konnten und sich allenfalls sogar weniger oft und insgesamt
weniger lang in der Schweiz aufhielten als er selber, als ausserordentlich
weitreichend und auch aus objektiver Sicht äusserst hart.

    Eine Gesamtwürdigung der konkreten Umstände ergibt, dass beim
Beschwerdeführer Ende 1994 ein schwerwiegender persönlicher Härtefall im
Sinne von Art. 28 Abs. 1 lit. b BVO gegeben war. Die Vorinstanzen haben
somit die Ausnahme von den Höchstzahlen gemäss Art. 13 lit. h BVO zu
Unrecht verweigert und dadurch Bundesrecht verletzt.