Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 122 III 449



122 III 449

82. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 21. November 1996 i.S.
R. AG gegen W. (Berufung) Regeste

    Art. 28 und 28a Abs. 1 Ziffer 3 ZGB; Anspruch auf Feststellung der
Widerrechtlichkeit der Persönlichkeitsverletzung durch Erwähnung der
Verurteilung zu einer längeren Zuchthausstrafe in einem Zeitungsartikel.

    Der Nachweis, dass sich eine persönlichkeitsverletzende Presseäusserung
effektiv noch oder erneut störend auswirkt, obliegt dem Kläger. Bei
schweren Eingriffen in die Persönlichkeit ist zu vermuten, dass sich
die Verletzung weiterhin störend auswirkt. Die Erwähnung einer Jahre
zurückliegenden Verurteilung zu einer Zuchthausstrafe verletzt die Ehre,
vor allem aber die Privatsphäre. Der Eingriff in diese Persönlichkeitsgüter
wiegt schwer und kann nicht mehr als das richtige Mittel zu einem
berechtigten Zweck anerkannt werden (Bestätigung der Rechtsprechung).

Sachverhalt

    In der Wochenzeitung "X" erschien am 12. Februar 1993 ein Artikel
mit dem Titel "Der Firmenplanierer geht um" und dem Untertitel "Wie die
renommierte L. AG Personalberatung zu Tode saniert wurde". Titel und
Text umrahmen eine Photographie, die mit der Legende "Bentley-Fahrer und
L.-'Firmensanierer' W." versehen ist. Durch nachstehend hervorgehobene
Äusserungen sah sich W. widerrechtlich in seiner Persönlichkeit verletzt:

    "Die Zürcher L. AG Personalberatung ist unter mysteriösen Umständen
   pleite gegangen: Am 12. Januar hat das Bezirksgericht Zürich über die
   Firma, die kurz zuvor noch Besitzer, Namen und Domizil gewechselt
   hatte, den Konkurs verhängt. In den Fall ist auch der zweifelhafte
   'Firmensanierer' W.  verwickelt: Zusammen mit den Firmenorganen muss
   er mit Zivil- und

    Strafklagen rechnen. ...

    Es macht ganz den Anschein, dass die Personalberatungsfirma verkauft
   wurde, um sie unter anderem Namen liquidieren zu können. Fast
   gleichzeitig mit dem 'Besitzerwechsel' war nämlich ein Mann auf den Plan
   getreten, der sich heute als erfolgreicher 'Firmensanierer' aufspielt,
   der vor einigen Jahren jedoch wegen verschiedener Wirtschafts- und
   Konkursdelikte zu einer längeren Zuchthausstrafe verurteilt worden war:
   W. mit seiner C. AG."

    Die näheren Umstände der zu gewärtigenden Klagen wie auch die bisherige
Geschäftstätigkeit von W. bilden den weiteren Inhalt des Zeitungsartikels.

    Auf Klage von W. stellte das kantonale Obergericht fest, die
Herausgeberin der Wochenzeitung "X" habe W. mit der Erwähnung der
Verurteilung zu einer längeren Zuchthausstrafe wegen verschiedener
Wirtschafts- und Konkursdelikte widerrechtlich in seiner Persönlichkeit
verletzt. Im übrigen wies es die Klage ab.

    Die beklagte Herausgeberin beantragt dem Bundesgericht sinngemäss,
auf die Klage mangels Feststellungsinteresses nicht einzutreten, eventuell
sie vollumfänglich abzuweisen. Mit Anschlussberufung verlangt W. die
Gutheissung seiner Feststellungsklage auch mit Bezug auf die Äusserung:
"Zusammen mit den Firmenorganen muss er mit Zivil- und Strafklagen
rechnen".

    Das Bundesgericht bestätigt das angefochtene Urteil.

Auszug aus den Erwägungen:

                     Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- Das Obergericht ist davon ausgegangen, die gerichtliche
Feststellung, eine bestimmte Handlung verletze das Persönlichkeitsrecht
des Klägers, könne als Mittel zur Beseitigung einer Störung dienen. Ein
besonderes Feststellungsinteresse sei in diesen Fällen nicht erforderlich,
sondern es genüge das Interesse des Klägers an der Beseitigung der ihm
zugefügten Beeinträchtigung. Ein solches Interesse sei zu bejahen, wenn es
sich um eine Persönlichkeitsverletzung durch das Mittel der Druckerpresse
handle, weil der Fortbestand des Presseerzeugnisses die Gefahr schaffe,
dass Dritte später aufs neue von den verletzenden Äusserungen Kenntnis
erhielten (unter Hinweis auf BGE 104 II 225 E. 5a S. 234).

    a) Gemäss Art. 28a Abs. 1 Ziffer 3 ZGB kann der Kläger dem Richter
beantragen, die Widerrechtlichkeit einer Verletzung festzustellen,
wenn sich diese weiterhin störend auswirkt. Das Bundesgericht hat dazu
ausgeführt, es könne unter der Herrschaft dieser am 1. Juli 1985 in
Kraft getretenen Bestimmung nicht mehr genügen, dass der Fortbestand
der persönlichkeitsverletzenden Äusserung - in einem Zeitungsartikel
wie im zu beurteilenden Fall - einen eigenen Störungszustand darstelle,
der geeignet sei, weiterhin störende Wirkungen hervorzurufen; vielmehr
müsse sich dieser Zustand noch oder erneut störend auswirken (BGE 120
II 371 Nr. 68). Darauf beruft sich die Beklagte und macht geltend, der
Kläger habe den ihm obliegenden Nachweis des Feststellungsinteresses
nicht erbracht. Demgegenüber fordert der Kläger eine Rückkehr zur
früheren Rechtsprechung. Seine Vorbringen decken sich mit der an jenem
Entscheid geübten Kritik (VOGEL, Die Rechtsprechung des Bundesgerichts
zum Zivilprozessrecht im Jahre 1994, ZBJV 132/1996 S. 128 ff., lit. b
S. 137 f.; GEISER, Persönlichkeitsschutz: Pressezensur oder Schutz vor
Medienmacht?, SJZ 92/1996 S. 73 ff., N. 2.18 S. 78 f.).

    Das Bundesgericht hat zu diesen Einwänden bereits Stellung genommen
und unter Berücksichtigung von Gesetzeswortlaut, Materialien und Literatur
keinen stichhaltigen Grund gesehen, auf seine Auslegung zurückzukommen
(Urteil vom 22. März 1996, in: medialex 1996 S. 156 ff. E. 5, mit
Bemerkungen von BARRELET). Die erneute Prüfung der Einwände führt zu
keinem abweichenden Ergebnis. Auf das Urteil vom 22. März 1996 kann
hier vollumfänglich verwiesen werden. Lediglich zur Klarstellung ist
hervorzuheben, dass BGE 120 II 371 Nr. 68 weder die Passivlegitimation
des an einer Persönlichkeitsverletzung mitwirkenden Medienunternehmens
(dazu BGE 113 II 213 E. b S. 216 mit Hinweisen) hinterfragt noch
irgendetwas daran geändert hat, dass sich die richterliche Feststellung
der Widerrechtlichkeit einer Persönlichkeitsverletzung durch die
Veröffentlichung eines Leserbriefs oder einer Gegendarstellung in aller
Regel nicht ersetzen lässt (dazu BGE 119 II 97 E. 2a S. 99; ebensowenig
die richterlich angeordnete Urteilspublikation: BGE 104 II 1 E. 4b S. 5)
und dass der Feststellungsklage im Grundsatz Beseitigungs- und nicht
Genugtuungsfunktion zugeschrieben wird (dazu BGE 95 II 481 E. 9 S. 498;
Urteil des Bundesgerichts vom 22. März 1996, in: medialex 1996 S. 157
E. 5; ebenso der richterlich angeordneten Urteilspublikation: BGE 95 II
481 E. 10 S. 499; 118 II 369 E. 4c S. 373/374 mit Hinweisen). Dass bei
dieser Art besonderer Verurteilungsklagen das gesetzlich umschriebene
Rechtsschutzinteresse vom Kläger zu belegen ist (z.B. bei der
Unterlassungsklage: BGE 97 II 97 E. 5b S. 108; Urteil des Bundesgerichts
vom 22. März 1996, in: medialex 1996 S. 157 E. 6 mit Hinweisen) und
nachträglich entfallen kann (z.B. BGE 115 II 474 E. 4b S. 482, für die
Feststellungsklage nach Art. 9 Abs. 1 lit. c aUWG; BGE 116 II 1 Nr. 1,
den Gegendarstellungsanspruch betreffend), ist nichts Aussergewöhnliches.

    In Anbetracht der Einwände des Klägers stellt sich die Frage,
ob er die Bedeutung des BGE 120 II 371 Nr. 68 nicht überschätzt. Zum
einen bezieht sich der Entscheid auf einen Zeitungsartikel. Bei den der
Tagesaktualität verpflichteten Medien scheinen nun aber doch Zweifel
berechtigt, ob angesichts der heutigen Informationsflut wirklich jede
in der Öffentlichkeit verbreitete Äusserung persönlichkeitsverletzenden
Inhalts einen rechtsgefährdenden Zustand zu schaffen vermag. Dass modernste
Archivierungstechnik eine praktisch uneingeschränkte Zugänglichkeit
schaffen und daher eine differenziertere Sicht nahelegen könnte, trifft an
sich zu, hat aber wenigstens zur Zeit lediglich für vereinzelte Sammlungen
Bedeutung. Es ist auch daran zu erinnern, dass schon die Rechtsprechung
vor der Revision von 1983/85 das Feststellungsinteresse in solchen Fällen
nicht bloss mit einer Rechtsgefährdung begründet hat, weil Tages- und
Wochenzeitungen eben der Veröffentlichung der Tagesneuigkeiten dienen
und nach kurzer Zeit mangels Aktualität nicht mehr gelesen und in der
Regel auch nicht aufbewahrt, sondern als Altpapier verwendet werden;
in jenen Entscheiden ist vielmehr darauf abgestellt worden, dass die
verletzende Presseäusserung zweifellos in der Erinnerung vieler Leser
haften geblieben ist, und manche die sensationell aufgemachte Nummer
oder wenigsten den betreffenden Teil aufbewahrt haben dürften (BGE 91 II
401 E. 4c S. 411; 95 II 481 E. 9 S. 497, trotz Hinweisen auf Autoren,
denenzufolge allein die Rechtsgefährdung massgebend sein sollte; neuerdings
das Urteil des Bundesgerichts vom 19. Dezember 1994, in: SJ 117/1995
S. 669 ff. E. 3c S. 673; der Literatur folgend und daher verallgemeinernd
hingegen: BGE 104 II 225 E. 5a S. 234; 101 II 177 E. 4b S. 187/188,
keine Presseäusserung betreffend). Zum anderen ist die Begründung des
Feststellungsinteresses mit der besagten Rechtsgefährdung vorbehaltlos
nur bei Persönlichkeitsverletzungen durch Druckwerke angewendet worden
(BGE 101 II 177 E. 4b S. 187/188). Die Feststellungsklage aber ist heute
von Gesetzes wegen für alle Persönlichkeitsverletzungen vorgesehen, und das
Feststellungsinteresse sollte deshalb allgemein begründet werden können.

    b) Ein erster Ansatz dazu findet sich im erwähnten Urteil
vom 22. März 1996. Das Bundesgericht hat dort zur Verneinung des
Feststellungsinteresses durch die Vorinstanz abschliessend erwogen:
"Angesichts der bekannten Tätigkeit des Klägers und seines eigenen
Auftretens in der Öffentlichkeit könnte namentlich auch nicht gesagt
werden, die behaupteten Persönlichkeitsverletzungen hätten solches
Gewicht, dass beim Durchschnittsleser ein andauernd falsches Gedankenbild
hervorgerufen worden wäre, das nach der allgemeinen Lebenserfahrung als
weiterhin störende Auswirkung der möglicherweise ungerechtfertigten
Verletzung betrachtet werden müsste, weshalb schon allein aus dieser
Überlegung die Feststellungsklage zuzulassen gewesen wäre" (in: medialex
1996 S. 157, letzter Absatz vor E. 6).

    Angeknüpft wird damit einerseits an die hiervor wiedergegebene
Rechtsprechung: Nicht auf die im Fortbestand des Presserzeugnisses liegende
Rechtsgefährdung soll es ankommen, sondern entscheidend ist das durch
die Äusserung beim Verletzten und bei den Empfängern geprägte falsche
Gedankenbild, das andauert und nur durch eine Berichtigung ausgelöscht
werden kann (MERZ, Der zivilrechtliche Schutz der Persönlichkeit gegen
Ehrverletzungen und verwandte Beeinträchtigungen durch die Druckerpresse,
SJZ 67/1971 S. 65/85 ff., S. 90); im Vordergrund steht also die
Beseitigung eines geistigen Zustands (LÜCHINGER, Der privatrechtliche
Schutz der Persönlichkeit und die Massenmedien, SJZ 70/1974 S. 321 ff.,
S. 327). Verallgemeinernd kann gesagt werden: Ein in der Vergangenheit
abgeschlossener Eingriff in die Persönlichkeit wirkt sich im Sinne von
Art. 28a Abs. 1 Ziffer 3 ZGB dann weiterhin störend aus, wenn dadurch ein
dem Verletzten nachteiliges Vorstellungsbild nicht nur geprägt worden ist,
sondern im Urteilszeitpunkt noch besteht.

    Zu berücksichtigen ist andererseits die Schwere des Eingriffs in das
betreffende Persönlichkeitsgut. Zwar steht es dem Kläger zu, für jede
Persönlichkeitsverletzung den Beweis anzutreten, dass sie sich effektiv
noch oder erneut störend auswirkt (BGE 120 II 371 E. 3 S. 373). Auf
diesen Nachweis kann der Richter jedoch bei schweren Eingriffen in
die Persönlichkeit verzichten. Dass schwere Eingriffe nachhaltiger
Erinnerungsbilder prägen als leichte und insoweit bei hinreichender
Schwere auf eine anhaltend störende Auswirkung geschlossen werden
darf, entspricht der allgemeinen Lebenserfahrung. Von Bedeutung ist das
namentlich dort, wo der Beweis der Störungswirkung regelmässig versagen
muss, weil nicht eine öffentlich erfolgte Persönlichkeitsverletzung in
Frage steht. Auszugehen ist vom Gedankenbild, das beim Durchschnittsleser
haften bleibt oder - bei einer Verletzung unter vier Augen - haften
geblieben wäre. Dieser Rückschluss von der Schwere des Eingriffs in die
Persönlichkeit auf die Störungswirkung wird dadurch erleichtert, dass die
Praxis den Eingriff in ein Persönlichkeitsgut als solchen ohnehin vor
dessen Widerrechtlichkeit prüft (BGE 108 II 241 E. 6 S. 243), dass der
Eingriff definitionsgemäss weit gefasst ist (BGE 120 II 369 E. 2 S. 371)
und dass die Konturen der geschützten Persönlichkeitsgüter dank Lehre
und Rechtsprechung genügend scharf umrissen sind. Was die Beurteilung
der Schwere angeht, kann als Richtschnur dafür die Begriffsbestimmung in
Art. 49 Abs. 1 OR dienen, wobei es freilich nur auf die objektive Seite
jener die Genugtuung rechtfertigenden "Schwere der Verletzung" ankommt;
die bezügliche Praxis ist heranzuziehen (z.B. BGE 120 II 97 E. 2 S. 98;
Urteil des Bundesgerichts vom 14. Januar 1992, in: SJ 115/1993 S. 351
E. 1 S. 352). Diese Anknüpfung entspricht zudem jenen Lehrmeinungen, die
dem gesetzlichen Feststellungsanspruch die Beseitigungsfunktion ganz oder
teilweise absprechen und in ihm eine andere Art der Genugtuung sehen (dazu
die Nachweise bei REY, Ausservertragliches Haftpflichtrecht, Zürich 1995,
S. 103 f. N. 508 ff.; vgl. auch GEISER, Die Persönlichkeitsverletzung
insbesondere durch Kunstwerke, Basel 1990, S. 236 N. 12.6 und S. 239
N. 12.11).

    c) Widerrechtlich in seiner Persönlichkeit verletze ihn, so hat
der Kläger im kantonalen Verfahren geltend gemacht, dass im besagten
Zeitungsartikel unter Namensnennung über ihn geschrieben und dass dabei
erwähnt worden sei, er müsse mit Zivil- und Strafklagen rechnen und wäre
vor einigen Jahren wegen verschiedener Wirtschafts- und Konkursdelikte
zu einer längeren Zuchthausstrafe verurteilt worden.

    In zwei Punkten steht das Feststellungsinteresse des Klägers ausser
Frage: Es ist unbestritten, dass der Hinweis auf die Verurteilung zu
einer längeren Zuchthausstrafe seine Ehre, vor allem aber sein Recht auf
Privatsphäre verletzt. Der Eingriff in diese Persönlichkeitsgüter wiegt
diskussionslos schwer (vgl. Urteil des Bundesgerichts vom 14. Juli 1992,
in: RJN 1992 S. 76 f. E. 3; BREHM, Berner Kommentar, N. 65 zu Art. 49
OR mit weiteren Beispielen). Das Obergericht ist auf die Klage in diesem
Punkt zu Recht eingetreten. Mit dem Kläger kann zwar ebensowenig verneint
werden, dass Geschäftstätigkeit und berufliche Funktion jenem Bereich
zugeordnet werden, der den Schutz vor öffentlicher Bekanntgabe verdient
(BGE 97 II 97 E. 3 S. 100; vgl. BGE 118 IV 41 E. 4 S. 45; BUCHER,
Personnes physiques et protection de la personnalité, 3.A. Basel 1995,
N. 480 S. 131). Nach den verbindlichen Feststellungen des Obergerichts
ist der Kläger jedoch selber zu Werbezwecken an die Öffentlichkeit
getreten und hat über seine beruflichen Erfolge berichtet bzw. zu
entsprechenden Berichten Hand geboten. Unter diesen Umständen kann er
jedenfalls durch die öffentliche Bekanntgabe bloss seines Namens nicht
widerrechtlich in seiner Persönlichkeit verletzt werden (vgl. BGE 107 II
1 E. 3b S. 5 mit Hinweis; TERCIER, Le nouveau droit de la personnalité,
Zürich 1984, N. 725 S. 102). Bezogen auf die eigentliche Fragestellung
versteht sich von selbst, dass sich ein Gericht nicht in Diskussionen
über das Feststellungsinteresse zu vertiefen braucht, wo ein Begehren
offensichtlich der materiellen Begründetheit entbehrt.

    Das Obergericht hat daran gezweifelt, ob die nach seiner Auffassung
geringfügigen Verdachtsmomente, die sich indirekt aus der Äusserung
ergäben, der Kläger müsse mit Zivil- und Strafklagen rechnen,
überhaupt persönlichkeitsverletzender Natur seien. Im Grundsatz kann
dies nicht verneint werden; fraglich scheint hingegen in der Tat die
Widerrechtlichkeit (vgl. RIKLIN, Schweizerisches Presserecht, Bern
1996, § 7 N. 17). Der zu bejahende Eingriff in die Ehre, der in diesem
Zusammenhang allein interessiert, darf weder leicht genommen noch als
nur geringfügig betrachtet werden, erreicht aber nicht jenes Gewicht,
das erforderlich wäre, um beim Durchschnittsleser eine anhaltend falsche
Vorstellung über die Ehrenhaftigkeit des Klägers hervorzurufen. Er selber
weist denn auch darauf hin, dass derartige Ankündigungen in der Presse
nicht gerade selten sind und, was hier freilich beigefügt werden muss,
der Informationsflut entsprechend deshalb auch rasch wieder der Erinnerung
entschwinden. Sodann ist zu berücksichtigen, dass dieser Eindruck von
jenem, der durch den Hinweis auf die längere Zuchthausstrafe nachhaltig
geprägt worden ist, überdeckt bzw. zurückgedrängt wird. In der Erinnerung
haften bleibt der schwerere Eingriff. Das Feststellungsinteresse ist in
diesem Punkt zu verneinen.

Erwägung 3

    3.- Nach Auffassung des Obergerichts ist der Hinweis auf
die Verurteilung des Klägers zu einer längeren Zuchthausstrafe
widerrechtlich. Die Beklagte wendet dagegen zur Hauptsache ihren
Informationsauftrag als Wirtschaftszeitung ein. Der Kläger schliesst sich
der obergerichtlichen Begründung an.

    a) Das Obergericht hat die Erwähnung der zurückliegenden
Zuchthausstrafe in einem Zeitungsartikel als ehrverletzend bezeichnet;
wo es um Wirtschafts- und Konkursdelikte geht und der Betroffene sich
als Unternehmenssanierer betätigt, ist unbestreitbar die Geschäftsehre
betroffen (TERCIER, aaO, N. 480 S. 70; zum zivilrechtlichen Ehrbegriff:
BGE 111 II 209 E. 2 S. 210 mit Hinweisen). Das Obergericht ist davon
ausgegangen, es sei wahr, dass der Kläger am 15. Dezember 1982 verurteilt
worden sei und seine Zuchthausstrafe wegen der genannten Delikte vom
2. August 1983 bis zum 19. März 1985 verbüsst habe. Mit Recht hat
es sodann dafürgehalten, die Wahrheit allein vermöge die Verbreitung
persönlichkeitsverletzender Äusserungen nicht stets zu rechtfertigen. Das
ist sicher dann nicht der Fall, wenn die Veröffentlichung wahrer
Begebenheiten das Ansehen einer Person in unzulässiger Weise herabsetzt,
wenn die Form der Darstellung unnötig verletzt oder die Würdigung des
mitgeteilten Sachverhalts nicht mehr vertretbar ist. Die Wahrheit versagt
als alleiniger Massstab für die Beurteilung der Widerrechtlichkeit
jedoch vor allem dann, wenn die offenbarten Tatsachen der Geheim- oder
Privatsphäre angehören. Der Eingriff in dieses Rechtsgut rückt in den
Vordergrund, und das Bedürfnis der Öffentlichkeit nach Information
vermag ihn nur in einem eng begrenzten Umfang zu rechtfertigen, der
von der Beziehung des einzelnen zur Öffentlichkeit abhängt (LÜCHINGER,
aaO, S. 325 mit weiteren Nachweisen). Eine verbüsste Zuchthausstrafe
ist der Privatsphäre zuzuordnen (MERZ, a.a.O, S. 87; SCHÜRMANN/NOBEL,
Medienrecht, 2.A. Bern 1993, S. 235/236).

    b) Auf der einen Seite steht der Informationsauftrag der Beklagten,
zu dem es gehört, über ökonomische Zusammenhänge und dabei in Anbetracht
der Wirtschaftslage über das Wirken von Unternehmenssanierern zu
berichten (vgl. BGE 109 II 353 E. 3 S. 358 mit Hinweis). Sodann hat
der Kläger - wie bereits erwähnt (E. 2c hiervor) - selber das Interesse
der Öffentlichkeit an seiner geschäftlichen Tätigkeit geweckt, was
eine Berichterstattung darüber nicht von vornherein als unrechtmässig
erscheinen lässt. Schliesslich kann nicht als abwegig gelten, dass auch
am Vorleben des Klägers ein gewisses öffentliches Interesse bestanden
hat, ist er doch in einem Bereich tätig gewesen, der eine erhöhte
Vertrauenswürdigkeit voraussetzte; verglichen mit bewilligungspflichtigen
Berufen (z.B. Treuhänder, Wirtschaftsanwalt usw.) dürften auch wenig
Zweifel daran bestehen, dass der Kläger angesichts seiner Vorstrafen
wohl kaum je eine Zulassung erhalten hätte. Insgesamt erlaubt das von der
Presse in Anspruch genommene Wächteramt, die Leserschaft vor fragwürdigem
Geschäftsgebaren zu warnen. Stark ins Gewicht fällt auf der anderen
Seite, dass die zu beurteilende Presseäusserung geeignet ist, das mit
dem Strafvollzug verknüpfte Ziel der Resozialisierung zu vereiteln und zu
verhindern, dass das dem normalen Lauf der Dinge entsprechende Vergessen
eintreten kann (BGE 109 II 353 E. 3 S. 356; zum "Recht auf Vergessen":
BGE 111 II 209 E. c S. 213 f.). Aufgrund der zeitlichen Distanz von
rund zehn Jahren lässt sich unter diesem Blickwinkel ein überwiegendes
Informationsinteresse nur noch schwer begründen (vgl. BUCHER, aaO,
N. 545 S. 145 f.; RIKLIN, aaO, § 7 N. 58 ff.); vertreten wird gar, dass
die Veröffentlichung einer gelöschten Vorstrafe stets unrechtmässig sei
(der Hinweis bei RIKLIN, aaO, § 7 N. 18).

    c) Anlass, in die - auf Ermessen beruhende (BGE 95 II 481 vor
E. 8 S. 494; TERCIER, aaO, N. 609-614 S. 87 f. und N. 712 S. 100) -
obergerichtliche Würdigung einzugreifen, besteht für das Bundesgericht
nicht. Zwar trifft zu, dass der Kläger mit seiner Geschäftstätigkeit,
teilweise auch gewollt, Schlagzeilen gemacht hat und als anschauliches
Beispiel zum Thema "Unternehmenssanierung" vorübergehend in den Brennpunkt
des öffentlichen Interesses gelangt ist. Einen Einbruch in seine
Privatsphäre von der hier zu beurteilenden Art erlaubt das jedoch nicht;
der Kläger ist weder eine eigentlich berühmte Person geworden, noch hat er
ein öffentliches Amt ausgeübt (BGE 97 II 97 E. b S. 105; vgl. MERZ, aaO,
S. 88; TERCIER, aaO, N. 506 S. 73). Zu beachten ist ferner, dass trotz
der Berechtigung der Beklagten, über das Thema "Unternehmenssanierung"
zu berichten und dabei namentlich vor dem Kläger zu warnen, nicht
notgedrungen in dessen Privatsphäre hätte eingegriffen werden müssen
(MERZ, aaO, S. 89). In ihrem Artikel hat die Beklagte selber gezeigt,
dass sich durch die bisherige Geschäftstätigkeit des Klägers hinreichend
belegen lässt (z.B. Boutiqueketten "B." und "M."), weshalb von einer
Beanspruchung seiner Dienste abgesehen werden sollte. Der zusätzliche
Hinweis auf von ihm verbüsste Zuchthausstrafen verletzt unter diesen
Umständen den Grundsatz der Verhältnismässigkeit und kann deshalb nicht
mehr als das richtige Mittel zu einem berechtigten Zweck anerkannt werden
(LÜCHINGER, a.a.O, S. 326).