Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 121 I 230



121 I 230

32. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 29.
September 1995 i.S. Ärztekollegium Klinik Liebfrauenhof und Mitbeteiligte
gegen Regierungsrat des Kantons Zug (staatsrechtliche Beschwerde) Regeste

    Legalitätsprinzip. Abgabe eines Honoraranteils aus privatärztlicher
Tätigkeit von Belegärzten.

    Nach der Praxis zu Art. 4 BV besteht im Verfahren der Rechtsetzung
kein Anspruch auf rechtliches Gehör; selbst wenn ein solcher Anspruch
anzuerkennen wäre, könnten dafür nicht unbesehen die Grundsätze übernommen
werden, die beim Erlass von Verfügungen gelten (E. 2).

    Die Honorarabgabe nach § 8 des zugerischen Spitalgesetzes ist
eine kostenunabhängige Abgabe, die nicht dem Kostendeckungsprinzip
unterliegt. Die formell-gesetzliche Grundlage, welche die Festsetzung
der Höhe innerhalb des Maximums von 40% an den Regierungsrat delegiert,
ist genügend bestimmt (E. 3).

Sachverhalt

    A.- Das zugerische Gesetz über das Spitalwesen vom 20.
Februar 1975 (Spitalgesetz, SpG) legt in seinem 2. Abschnitt (§§ 4-15)
Subventionsbedingungen für die Spitäler fest. Gemäss § 8 des Gesetzes haben
die Ärzte für die Ausübung einer privaten Tätigkeit in den subventionierten
Krankenanstalten und die Benützung der Infrastruktur einen Teil der
dabei erzielten Honorare abzuliefern. Die Höhe der Abgabe wird vom
Regierungsrat linear festgelegt und darf 40% nicht übersteigen. Mit
Beschluss vom 6. Dezember 1993 setzte der Regierungsrat die Abgabe
neu auf 35% (vorher 30%) fest. Gegen diesen Beschluss erhoben das
Ärztekollegium der Klinik Liebfrauenhof sowie drei an Zuger Spitälern
wirkende Belegärzte staatsrechtliche Beschwerde mit dem Antrag, der
Beschluss des Regierungsrates sei aufzuheben.

    Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab

Auszug aus den Erwägungen:

                   aus folgenden Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- a) Die Beschwerdeführer rügen eine Verletzung des Anspruchs auf
rechtliches Gehör. Dieser Anspruch ist nach ständiger Praxis formeller
Natur; ist die Rüge begründet, so ist der angefochtene Entscheid aufzuheben
(BGE 119 Ia 136 E. 2b S. 138 mit Hinweisen), und eine Prüfung der weiteren
Vorbringen erübrigt sich. Die Rüge ist daher vorweg zu beurteilen.

    b) Der Umfang des Anspruchs auf rechtliches Gehör wird zunächst durch
die kantonalen Verfahrensvorschriften umschrieben. Unabhängig davon greifen
die unmittelbar aus Art. 4 BV folgenden Verfahrensregeln zur Sicherung
des rechtlichen Gehörs Platz, die dem Bürger in allen Streitsachen
ein bestimmtes Mindestmass an Verteidigungsrechten gewährleisten. Der
Beschwerdeführer macht keine Verletzung kantonaler Verfahrensvorschriften
geltend. Daher ist einzig, und zwar mit freier Kognition, zu prüfen,
ob die unmittelbar aus Art. 4 BV folgenden Regeln missachtet wurden (BGE
120 Ia 220 E. 3a S. 223; 119 Ia 136 E. 2c S. 138; 118 Ia 17 E. 1b S. 18
mit Hinweisen).

    c) Nach der Praxis zu Art. 4 BV besteht im Verfahren der Rechtsetzung
kein Anspruch auf rechtliches Gehör (BGE 119 Ia 141 E. 5c/aa S. 149 f;
113 Ia 97 E. 2a S. 99; 110 Ia 99 E. 4b S. 101 f.; 106 Ia 76 E. 2b S. 79;
104 Ia 65 E. 2b S. 67). Das wird damit begründet, generell-abstrakte
Regelungen berührten in der Regel den einzelnen nicht derart unmittelbar,
dass sich individuelle Anhörungen rechtfertigen würden, und bei der
Rechtsetzung ersetze die Möglichkeit einer demokratischen Mitwirkung den
individuellen Gehörsanspruch (BGE 119 Ia 141 E. 5c/aa S. 149 f.). Es
ist allerdings nicht zu verkennen, dass dem Argument der demokratischen
Mitwirkung bei Erlassen der Verordnungsstufe nur eine eingeschränkte
Bedeutung zukommen kann, und dass - wie gerade das vorliegende Beispiel
zeigt - es durchaus generell-abstrakte Erlasse geben kann, die eine
bestimmte Kategorie von Personen ganz spezifisch und anders als die
Allgemeinheit berühren. Das Bundesgericht hat sodann bei Raumplänen,
die eine Mittelstellung zwischen Erlassen und Verfügungen einnehmen,
einen differenzierten Anspruch auf rechtliches Gehör je nach Massgabe der
Betroffenheit der Adressaten angenommen (BGE 119 Ia 141 E. 5c/bb S. 150;
114 Ia 233 E. 2c S. 237 ff.; 107 Ia 271 E. 2b S. 275 f.; BLAISE KNAPP,
Précis de droit administratif, 4.A. Basel 1991, S. 304 f.; WALTER HALLER,
Das rechtliche Gehör bei der Festsetzung von Raumplänen, in: Festschrift
O.K. Kaufmann, Bern 1989, S. 367 ff.; RENÉ A. RHINOW/BEAT KRÄHENMANN,
Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung, Ergänzungsband, Basel 1990,
S. 26 f.). Ferner hat das Bundesgericht bei Allgemeinverfügungen einen
Anspruch auf rechtliches Gehör unabhängig von der Form des Hoheitsakts in
Betracht gezogen, wenn einzelne Personen wesentlich schwerwiegender als
die übrige Vielzahl der Normadressaten betroffen werden (BGE 119 Ia 141
E. 5c/d S. 149 ff.). In der Lehre wird die Beschränkung des Anspruchs auf
rechtliches Gehör auf Verfügungen kritisiert und postuliert, ungeachtet der
formalen Unterscheidung zwischen Rechtssatz und Einzelakt nach Massgabe der
Betroffenheit rechtliches Gehör zu gewähren (THOMAS COTTIER, Der Anspruch
auf rechtliches Gehör (Art. 4 BV), recht 1984 S. 1-13/122-128, 6 f.;
JÖRG PAUL MÜLLER, Die Grundrechte der schweizerischen Bundesverfassung,
2. A. Bern 1991, S. 271 f.; HANSJÖRG SEILER, Gewaltenteilung - Allgemeine
Grundlagen und schweizerische Ausgestaltung, Bern 1994, S. 352 ff., 626).

    d) Selbst wenn ein Anspruch auf rechtliches Gehör für Fälle der
vorliegenden Art auch im Rahmen der Rechtsetzung anzuerkennen wäre,
so könnten dafür nicht unbesehen die Grundsätze übernommen werden, die
beim Erlass von Verfügungen gelten. Aus der generell-abstrakten Natur
der Rechtssätze folgt, dass eine individuelle Anhörung aller spezifisch
Betroffenen von vornherein unmöglich ist. Eine Gewährung des rechtlichen
Gehörs müsste sich darin erschöpfen, die betroffenen Kreise in allgemeiner
Form anzusprechen, wie das im Rahmen von Vernehmlassungsverfahren
im Vorfeld von rechtsetzenden Erlassen im Bund wie in den Kantonen
ja auch allgemein praktiziert wird. Im übrigen wäre es den einzelnen
Betroffenen anheimgestellt, sich über Interessenorganisationen oder mit
Einzelstellungnahmen direkt an die erlassende Behörde zu wenden.

    e) Die Sanitätsdirektion hat vor dem Erlass des angefochtenen
Beschlusses die Spitalverwaltungen zur Äusserung eingeladen. In die
von diesen eingereichten Stellungnahmen sind, wie die Sanitätsdirektion
zutreffend ausführt, offensichtlich auch die Argumente und Sichtweisen
der Ärzte eingeflossen. Der Beschwerdeführer 4 hat zudem eine persönliche
Eingabe an den Präsidenten des Spitals Ennetsee-Cham gerichtet, welche
dieser der Stellungnahme des Spitals an die Sanitätsdirektion beilegte. Dem
Regierungsrat waren somit bei seinem Entscheid die wesentlichen Argumente,
welche aus der Sicht der Belegärzte gegen die vorgesehene Regelung
sprechen, bekannt. Von einer Verletzung des rechtlichen Gehörs könnte
daher selbst dann nicht gesprochen werden, wenn die Gewährung einer
Äusserungsmöglichkeit verfassungsrechtlich garantiert wäre, was nach der
bundesgerichtlichen Rechtsprechung nicht zutrifft.

Erwägung 3

    3.- Die Beschwerdeführer rügen, die gesetzliche Grundlage für die
Abgabenerhöhung sei ungenügend, die Abgabeerhöhung beruhe auf unsachlichen,
willkürlichen Motiven und verletze die Handels- und Gewerbefreiheit.

    a) § 8 SpG regelt den Kreis der Abgabepflichtigen (Ärzte), den
Gegenstand der Abgabe (Honorare für private Tätigkeit in subventionierten
Spitälern), die Bemessungsgrundlagen (Entgelt für die Ausübung einer
privaten Tätigkeit in den subventionierten Krankenanstalten und für die
Benützung der Infrastruktur derselben), die Bemessungsmethode (Linearität)
sowie die maximale Abgabenhöhe (40%). An den Regierungsrat ist einzig die
Festlegung der Abgabenhöhe innerhalb des Rahmens von 40% delegiert. Diese
Delegation an den Regierungsrat halten die Beschwerdeführer für
unzulässig. Sie anerkennen zwar die Zulässigkeit der Delegation, soweit die
Abgabe mit der Benützung der Spitalinfrastruktur begründet werde; in diesem
Fall müsse aber der Regierungsrat nachweisen, dass die Infrastrukturkosten
entsprechend gestiegen seien, um die Erhöhung rechtfertigen zu können,
was er nicht getan habe. Für eine nichttechnische Gebühr im Sinne einer
Einkommensabschöpfung sei hingegen die gesetzliche Grundlage zu unbestimmt.

    b) Das Bundesgericht hatte sich im Zusammenhang mit einer ähnlichen
Regelung im Kanton Zürich wiederholt mit Abgaben von Ärzten auf Honoraren
aus privater Tätigkeit an öffentlichen Spitälern zu befassen. In BGE 100 Ia
312 entschied es, dass eine Abgabe von 25 bzw. 30% nicht zu beanstanden sei
(aaO E. 6b S. 319 ff.). In ZBl 87/1986 265 erwog es demgegenüber, dass
eine progressiv ausgestaltete Abgabe, welche eine Einkommensbegrenzung
der Ärzte zum Ziel habe, als Steuer zu qualifizieren sei und daher eine
formell-gesetzliche Grundlage erfordere (aaO E. 5d S. 270 f.). Nachdem
der Regierungsrat des Kantons Zürich in der Folge die Abgabe linear
(in einer Höhe von 40%) ausgestaltet hatte, wurde in BGE 113 Ia 97 eine
staatsrechtliche Beschwerde, welche das Fehlen einer gesetzlichen Grundlage
beanstandete, wiederum abgewiesen, wobei mangels einer entsprechenden Rüge
die Zulässigkeit der Abgabenhöhe nicht geprüft wurde (aaO E. 5 S. 103 f.).

    c) Die genannten Fälle unterscheiden sich vom vorliegenden in
verschiedener Hinsicht: einerseits handelte es sich im Kanton Zürich um
staatlich angestellte Klinikdirektoren, so dass die Abgabe als Korrelat der
ausnahmsweisen Bewilligung, überhaupt eine private nebenamtliche Tätigkeit
ausüben zu dürfen, betrachtet werden konnte (BGE 113 Ia 97 E. 5c S. 103
f.; 100 Ia 312 E. 5/6 S. 318 ff.), während es hier nicht um angestellte
Ärzte, sondern um Belegärzte geht, die nicht in einem Dienstverhältnis zum
Staate stehen. Andererseits fehlte in Zürich eine formell-gesetzliche
Grundlage für die Abgabe, während im Kanton Zug mit § 8 SpG eine solche
besteht. Zudem geht es vorliegend nicht um eine direkt von den Ärzten
erhobene Abgabe, sondern um eine Subventionsvoraussetzung für die Spitäler;
allerdings wird im Ergebnis die Abgabe trotzdem von den Ärzten bezahlt.

    d) Die Abgabe auf den Einkommen aus privatärztlicher Tätigkeit kann
verschiedene Komponenten aufweisen (vgl. ZBl 87/1986 265 E. 5 S. 268 ff.):
sie kann Entgelt für die Inanspruchnahme der Spitalinfrastruktur für
eine private Tätigkeit sein und insoweit als Benützungsgebühr betrachtet
werden. Sie kann zweitens eine Abgeltung sein für die Erlaubnis, überhaupt
im Spital arbeiten und ein privates Einkommen erzielen zu dürfen; in
diesem Sinne ist die Abgabe als Vorzugslast zu betrachten, nämlich als
Ausgleich dafür, dass dem Belegarzt ein wirtschaftlicher Sondervorteil
erwächst. Schliesslich kann die Abgabe Steuercharakter aufweisen.

    e) Nach der Rechtsprechung zum Abgaberecht muss das formelle
Gesetz mindestens den Kreis der Abgabepflichtigen, den Gegenstand und
die Bemessungsgrundlage der Abgabe selber festlegen; eine Lockerung
dieser Grundsätze ist zulässig, wenn dem Bürger die Überprüfung der
Abgabe anhand von verfassungsrechtlichen Prinzipien (Kostendeckungs- und
Äquivalenzprinzip) offensteht (BGE 120 Ia 1 E. 3c S. 3, 265 E. 2a S. 266,
je mit Hinweisen).

    Das Kostendeckungs- und das Äquivalenzprinzip haben somit
gewissermassen die Funktion eines Surrogats für eine ungenügende
gesetzliche Grundlage (PIERRE MOOR, Droit administratif, Bd. III,
Bern 1992, S. 366; LUKAS WIDMER, Das Legalitätsprinzip im Abgaberecht,
Diss. Zürich 1988, S. 56 f., 105). Ist die Einhaltung dieser Prinzipien
überprüfbar, so genügt auch eine formell-gesetzliche Grundlage, die
die sonst geltenden Mindestanforderungen nicht erfüllt. Umgekehrt ist
demnach die Überprüfung einer durch Verordnung festgelegten Abgabe auf
Einhaltung des Kostendeckungs- und des Äquivalenzprinzips entbehrlich,
soweit die formell-gesetzliche Grundlage hinreichend bestimmt ist und
sofern der Gesetzgeber im Rahmen seiner Zuständigkeit handelt und das
Gesetz nicht seinerseits verfassungswidrig ist.

    Das Kostendeckungsprinzip gilt nach der Praxis des Bundesgerichts
nicht für (vgl. auch WIDMER, aaO, S. 59 f.):

    - Regal- oder Monopolgebühren (BGE 121 II 183 E. 4 S. 187; 119 Ia
123 E. 3c S. 130; 114 Ia 8 E. 2b S. 12; 109 Ia 308 E. 5b S. 314);

    - Lenkungsabgaben (nicht veröffentlichtes Urteil des Bundesgerichts
i.S. S. vom 21. März 1986, E. 3c);

    - raumplanungsrechtliche Mehrwertabgaben (BGE 121 II 138 E. 3c,
S. 143).

    Fraglich ist seine Geltung für Benützungsgebühren (BGE 118 Ia 320 E. 4b
S. 324 f.; HÄFELIN/MÜLLER, Grundriss des Allgemeinen Verwaltungsrechts,
2. A. 1993, S. 490 f.).

    Generell lassen sich kostenabhängige und kostenunabhängige
Kausalabgaben unterscheiden (ANDREAS AUER, Sonderabgaben, Diss. Bern 1980,
S. 162; ERNST HÖHN, in Geleitwort zu KLAUS A. VALLENDER, Grundzüge des
Kausalabgabenrechts, Bern 1976, S. 10 f.; WIDMER, aaO, S. 49 ff.). Das
Kostendeckungsprinzip gilt für kostenabhängige Kausalabgaben (BGE 120 Ia
171 E. 2a S. 174), und zwar dort, wo entweder keine (genügend bestimmte)
formell-gesetzliche Grundlage besteht oder wo der Gesetzgeber ausdrücklich
oder sinngemäss zum Ausdruck gebracht hat, dass die von ihm festgelegte
Abgabe kostenabhängig sein soll. Legt der Gesetzgeber aber eine Abgabe
fest, die ihrer Natur nach nicht kostenabhängig ist oder gewolltermassen zu
einem Mehrertrag führt, so findet das Kostendeckungsprinzip keine Anwendung
(WIDMER aaO, S. 58 f.); dafür müssen die genannten Mindestanforderungen
an eine formell-gesetzliche Grundlage erfüllt sein (BGE 120 Ia 171 E. 5
S. 179; 105 Ia 134 E. 5b S. 146; MOOR, aaO, Bd. I 2. A. 1994, S. 355 f.,
Bd. III S. 366 f., 369; WIDMER, aaO, S. 50 f., 111 f.). Die Freiheit
des Gesetzgebers, bei Kausalabgaben mehr als kostendeckende Beträge
festzusetzen, findet zudem ihre Schranken am Äquivalenzprinzip und an
verfassungsmässigen Rechten wie dem Rechtsgleichheitsgebot.

    Es ist somit zu prüfen, ob die Abgabe kostenabhängig ist und
verneinendenfalls, ob die gesetzliche Grundlage genügend bestimmt ist.

    f) Nach dem Kostendeckungsprinzip sollen die Gesamteingänge an
Kausalabgaben den Gesamtaufwand für den betreffenden Verwaltungszweig
nicht oder höchstens geringfügig überschreiten (BGE 120 Ia 171 E. 2a
S. 174 mit Hinweisen; GEORG MÜLLER in Kommentar BV, Rz. 82 zu Art. 4).

    aa) Das setzt voraus, dass ein bestimmter Aufwand einer
Personengruppe zugerechnet werden kann, die die Tätigkeit des betreffenden
Verwaltungszweigs verursacht. Daran gebricht es vorliegend. Der Zweck
öffentlicher Spitäler besteht nicht primär darin, den Ärzten eine
Arbeitsmöglichkeit zu bieten, sondern darin, Patienten zu betreuen. Die
durch die öffentliche Hand (mit-)finanzierte Infrastruktur, die der
Belegarzt benützt, um seine Patienten zu betreuen, kommt sowohl dem
Arzt als auch dem Patienten zugute. Der Aufwand, der dem Spital (und
indirekt dem Kanton) aus der Betreuung der Patienten der Belegärzte
erwächst, kann zwar berechnet werden, doch ist es eine Frage der Wertung,
wieweit dieser Aufwand den Patienten oder den Ärzten anzulasten ist.
Demzufolge kann nicht festgestellt werden, wie hoch die Kosten sind,
die durch die Belegärzte verursacht werden. Das Kostendeckungsprinzip
kann insofern keine Anwendung finden und vermag somit eine gesetzliche
Grundlage nicht zu ersetzen.

    bb) Nach dem klaren Wortlaut von § 8 SpG wird die Abgabe nicht nur
für die Benützung der Infrastruktur, sondern auch für die Ausübung einer
privaten Tätigkeit in den subventionierten Krankenanstalten erhoben. Die
Ansicht der Sanitätsdirektion, wonach die Abgabe auch Elemente einer
Vorzugslast enthalte und eine gemischte Abgabe sei, trifft somit zu. Die
Spitäler werden notorisch zu einem erheblichen Teil durch staatliche
Subventionen finanziert. Indem der Belegarzt die Spitalinfrastruktur
benützen darf, um eine private Erwerbstätigkeit auszuüben, wird ihm ein
wirtschaftlicher Sondervorteil ermöglicht, den er nicht oder zumindest
nicht in diesem Umfang erzielen könnte, wenn er nicht von der staatlich
subventionierten Spitalinfrastruktur profitieren könnte. Das Einkommen der
Belegärzte ist damit teilweise indirekt subventioniert. Das rechtfertigt
es, einen bestimmten Teil davon abzuschöpfen. Insoweit hat die Abgabe
den Charakter einer Vorzugslast, doch ist sie nicht auf die (gänzliche
oder teilweise) Abgeltung eines bestimmten, zurechenbaren staatlichen
Kostenaufwandes ausgerichtet.

    cc) Die Abgabe ist somit als Ganzes ihrer Natur nach und auch nach der
Meinung des Gesetzgebers nicht kostenabhängig. Es ist deshalb unerheblich,
ob der staatliche Aufwand für die Spitäler zugenommen hat. Hingegen ist
zu prüfen, ob die gesetzliche Grundlage die Mindestanforderungen an die
Bestimmtheit erfüllt.

    g) Das formelle Gesetz legt Objekt (Honorare für private Tätigkeit in
subventionierten Spitälern) und Subjekt (Ärzte) der Abgabe fest. Fraglich
ist, ob die Bemessungsgrundlagen genügend bestimmt festgelegt sind oder ob
- wie die Beschwerdeführer geltend machen - das Gesetz dem Regierungsrat
einen zu grossen Ermessensspielraum gibt.

    aa) Die Anforderungen, die an die gesetzliche Grundlage gestellt
werden, sind nach der Natur der in Frage stehenden Leistung zu
differenzieren (BGE 112 Ia 39 E. 2a S. 44). So muss bei Steuern
grundsätzlich die Höhe der Abgabe im formellen Gesetz enthalten
sein (BGE 100 Ia 60 E. 2a/b S. 66 ff.). Bei Kausalabgaben, auch bei
kostenunabhängigen, kann aber dem Legalitätsprinzip Genüge getan sein,
wenn das formelle Gesetz die maximale Höhe der Abgabe im Sinne einer
Obergrenze festlegt (BGE 106 Ia 249 E. 1 S. 250; ADRIANO MARANTELLI,
Grundprobleme des schweizerischen Tourismusabgaberechts. Diss. Bern 1991,
S. 127; VALLENDER, aaO, S. 153; WIDMER, aaO, S. 99). Auf die Festlegung der
Höhe darf der Gesetzgeber sodann verzichten, wenn die vom Staat erbrachte
Leistung einen Handelswert aufweist, so dass die Bemessung der Abgabe
nach dem Äquivalenzprinzip überprüft werden kann (nicht veröffentlichtes
Urteil des Bundesgerichts i.S. B. vom 21. November 1994, E. 3c; nicht
veröffentlichtes Urteil des Bundesgerichts i.S. M. vom 13. September 1994,
E. 6e; BGE 118 Ia 320 E. 4c S. 326; MARC OLIVIER BUFFAT, Les taxes liées
à la propriété foncière, en particulier dans le canton de Vaud, Thèse
Lausanne, 1989, S. 89; HÄFELIN/MÜLLER, aaO, S. 501 Rz. 2102).

    bb) Das Äquivalenzprinzip bedeutet, dass die Abgabe nicht in einem
offensichtlichen Missverhältnis zum objektiven Wert der Leistung stehen
darf und sich in vernünftigen Grenzen bewegen muss (BGE 120 Ia 171
E. 2a S. 174; 118 Ib 349 E. 5 S. 352; 109 Ia 308 E. 5b S. 314). Dabei
besteht ein Zusammenhang zwischen der erforderlichen Bestimmtheit der
gesetzlichen Grundlage und dem Äquivalenzprinzip: je schlechter die
Abgabe auf ihre Übereinstimmung mit dem Äquivalenzprinzip überprüft
werden kann, um so strenger sind die Anforderungen an die Bestimmtheit
der formell-gesetzlichen Grundlage (vgl. HÄFELIN/MÜLLER, aaO, S. 491
Rz. 2055). An einem valablen Begrenzungskriterium fehlt es namentlich dort,
wo mangels eines Marktwertes der staatlichen Leistung das Äquivalenzprinzip
nicht wirksam greifen kann (BGE 118 Ia 320 E. 4c S. 326).

    cc) Die dem Belegarzt zustehende Möglichkeit, unter Benützung
der Spitalinfrastruktur ein privates Einkommen zu erzielen, hat einen
wirtschaftlichen Wert. Müsste der Arzt eine vergleichbare Infrastruktur
selber aufbauen und unterhalten, so wäre das für ihn ebenfalls mit Kosten
verbunden. Zwar kann dieser Wert nicht genau beziffert werden. Nach
allgemeiner Lebenserfahrung ist aber ein Infrastrukturanteil von 35%
des Umsatzes nicht offensichtlich unvernünftig hoch. Die Beschwerdeführer
machen denn auch nicht geltend, dass die Abgabe in einem Missverhältnis
zum Wert der Infrastruktur stehe.

    dd) Hinzu kommt, dass der Belegarzt nicht wie zum Beispiel ein
Grundeigentümer, von dem eine Mehrwertabgabe erhoben wird (vgl. dazu
z.B. BGE 105 Ia 134 E. 5c S. 146 f., wo das Bundesgericht entschieden hat,
dass ein gesetzlicher Spielraum von 40-60% für eine raumplanungsrechtliche
Mehrwertabgabe zu weit sei), einseitig hoheitlich verpflichtet wird,
die Abgabe zu bezahlen. Vielmehr ist er freiwillig als Belegarzt
tätig. Rechtlich erhebt der Staat nicht eine hoheitliche Abgabe, sondern
er bietet (indirekt, über die Subventionierung der Spitäler) den Ärzten an,
zu bestimmten Konditionen im öffentlichen Spital private Patienten betreuen
zu dürfen. Findet der Arzt die offerierten Konditionen wirtschaftlich
nicht mehr interessant, so steht es ihm frei, nicht mehr im Spital tätig
zu sein. Sollte die Abgabe so hoch sein, dass die Belegtätigkeit für die
Ärzte generell nicht mehr lohnend ist und deshalb so viele Ärzte darauf
verzichten, dass der Spitalbetrieb nicht mehr sichergestellt werden kann,
wird sich der Kanton automatisch veranlasst sehen, die Abgaben wieder zu
senken, wenn er nicht auf andere Art (zum Beispiel mit angestellten Ärzten)
das Spital kostengünstiger betreiben kann. Soweit besteht in einem gewissen
Sinne ein Marktmechanismus, der die Abgabenhöhe nach marktwirtschaftlichen
Prinzipien reguliert. Das macht es zulässig, im Gesetz einen gewissen
Ermessensspielraum festzulegen, damit der Regierungsrat auf Änderungen in
der Marktsituation reagieren kann. Zwar können Erhöhungen des Abgabesatzes
die beruflichen Dispositionen der einzelnen Belegärzte beeinträchtigen,
doch steht der Arzt damit nicht anders da als viele andere selbständige
Unternehmer, die auf Änderungen der Marktverhältnisse ebenfalls mit
entsprechenden unternehmerischen Umdispositionen reagieren müssen.

    ee) Insgesamt erscheint daher die dem Regierungsrat eingeräumte
Ermessensspanne nicht als unzulässig. Die Beschwerdeführer behaupten
selber nicht, die im Gesetz genannte Maximalhöhe von 40% oder die vom
Regierungsrat festgelegte Höhe von 35% verstosse als solche gegen das
Äquivalenzprinzip. Solange der Regierungsrat in dem ihm vom Gesetz
zulässigerweise eingeräumten Rahmen verbleibt, ist die Erhöhung der
Abgabe deshalb auch dann nicht unzulässig, wenn sie mit dem Ziel der
Einkommensbegrenzung motiviert sein sollte. Daher bleibt unerheblich, ob
überhaupt das Einkommen der Ärzte gestiegen ist und ob ein allfälliger
Anstieg mit oder ohne Zutun des Staates erfolgt ist. Ebenso ist
unerheblich, ob in anderen Kantonen die Abgaben höher oder niedriger sind,
da die Kantone in dieser Frage autonom sind.

    h) Die Tätigkeit des Arztes untersteht grundsätzlich der Handels-
und Gewerbefreiheit. Diese gibt jedoch keinen Anspruch auf staatliche
Subventionen und auch nicht darauf, an staatlich subventionierten
Spitälern eine private Erwerbstätigkeit ausüben zu dürfen. Wenn der
Staat seine Subventionen an die Spitäler an die Voraussetzung knüpft,
dass diese ihrerseits Belegärzte nur unter gewissen Voraussetzungen
zulassen, verletzt er daher nicht die Handels- und Gewerbefreiheit,
abgesehen davon, dass mit § 8 SpG die für eine Einschränkung derselben
erforderliche formell-gesetzliche Grundlage vorhanden wäre.

    i) Die staatsrechtliche Beschwerde erweist sich daher als unbegründet
und ist abzuweisen.