Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 121 II 147



121 II 147

24. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
vom 4. April 1995 i.S. G. GmbH gegen Eidgenössische Bankenkommission
(Verwaltungsgerichtsbeschwerde) Regeste

    Art. 22 Abs. 1 und Art. 23bis Abs. 2 BankG, Art. 1 BankV, Art. 819
OR, Art. 33 Abs. 2 VwVG; Anordnung einer ausserordentlichen Revision
zur Abklärung, ob eine Gesellschaft unter die Bankengesetzgebung fällt;
Pflicht zur Bevorschussung der Kosten.

    Die Eidgenössische Bankenkommission ist gestützt auf Art. 23bis Abs. 2
BankG befugt, im Unterstellungsverfahren eine ausserordentliche Revision
anzuordnen und hierfür einen Kostenvorschuss zu erheben, wenn objektive
Anhaltspunkte dafür bestehen, dass eine bewilligungspflichtige Tätigkeit
ausgeübt werden könnte (E. 3 u. 4).

Sachverhalt

    A.- Die G. GmbH verfügt über ein Stammkapital von Fr.  260'000.--
und bezweckt nach den Statuten "den Bau, den Betrieb und den Verkauf
von Motel-Immobilien sowie den Handel mit solchen Objekten und
mit Grundstücken, überdies die Durchführung von Treuhandgeschäften
jeglicher Art, die damit zusammenhängen, Baurenovationen und -sanierungen,
Versicherungsvermittlungen, Fahrzeugleasing und treuhänderische Verwaltung
von Kundengeldern".

    Nachdem sie auf dem deutschen Markt mit Anleihensobligationen
aufgetreten war, forderte sie das Sekretariat der Eidgenössischen
Bankenkommission auf, genaue und ausführliche Angaben über ihre
Geschäftstätigkeit zu machen und ihr (unter anderem) die letzte
Jahresrechnung mit einem Revisorenbericht einzureichen. Da die gelieferten
Unterlagen einen Entscheid über die Frage der Unterstellung unter das
Bankengesetz nicht zuliessen und die G. GmbH sich einer Überprüfung ihres
Jahresabschlusses durch eine bankengesetzliche Revisionsstelle widersetzte,
verfügte die Bankenkommission am 26. Januar 1995 eine ausserordentliche
Revision, bezeichnete die hierfür zuständige Stelle und verpflichtete
die G. GmbH, einen Kostenvorschuss von Fr. 20'000.-- zu leisten.

    Die G. GmbH hat hiergegen Verwaltungsgerichtsbeschwerde eingereicht,
die das Bundesgericht abweist.

Auszug aus den Erwägungen:

                     Aus den Erwägungen:

Erwägung 3

    3.- a) Der Eidgenössischen Bankenkommission ist die Aufsicht
über das Bankwesen und die Anlagefonds zur selbständigen Erledigung
übertragen (Art. 23 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 8. November 1934 über
die Banken und Sparkassen, Bankengesetz, BankG; SR 952.0). Sie trifft
die zum Vollzug des Gesetzes notwendigen Verfügungen und überwacht die
Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften (Art. 23bis Abs. 1 BankG). Zu
ihrem Aufsichtsbereich gehört auch die Abklärung der Unterstellungs- und
der Bewilligungspflicht einer Unternehmung (Art. 1 und Art. 3 BankG). Sie
besitzt hierfür weitreichende Kompetenzen (vgl. Art. 23bis ff. BankG);
so kann sie etwa nach Art. 1 der Verordnung vom 17. Mai 1972 über die
Banken und Sparkassen (BankV; SR 952.02) von Unternehmungen, die nach
Handelsregistereintragung, Geschäftstätigkeit oder Geschäftswerbung dem
Gesetz unterstehen könnten, alle Unterlagen und Aufschlüsse verlangen, die
sie benötigt, um zu beurteilen, ob eine bewilligungspflichtige Tätigkeit
vorliegt. Welche Auskünfte und Unterlagen dies im einzelnen sind, ist
weitgehend ihrem technischen Ermessen anheimgestellt; das Bundesgericht
greift in dieses nur bei eigentlichen Ermessensfehlern ein (vgl. BGE 116
Ib 193 E. 2d S. 197, 108 Ib 196 E. 2a S. 200; PETER NOBEL, Auskunftsrechte
und "technisches Ermessen" der Eidgenössischen Bankenkommission [EBK], in:
recht 1985 S. 55). Bei der Auswahl der Massnahme hat die Bankenkommission
stets dem Hauptzweck der Bankengesetzgebung, dem Schutz der Gläubiger,
Rechnung zu tragen (BGE 116 Ib 193 E. 2d S. 197). Das Bundesgericht
legt im Zweifelsfall die Auskunftspflicht gemäss Art. 23bis Abs. 2
BankG weit aus, da der präventive Beizug von genügenden Informationen im
öffentlichen Interesse die frühzeitige Erkennung von Gesetzesverletzungen
und sonstigen Missständen ermöglicht (BGE 108 Ib 196 E. 2a S. 200). Da
die Bankenkommission allgemein über die "Einhaltung der gesetzlichen
Vorschriften" zu wachen hat, ist die ihr übertragene "Aufsicht über das
Bankwesen" nicht auf Banken und diesen gleichgestellte Unternehmungen
beschränkt. Soweit ihre Aufsichtspflicht reicht, hat sie die Befugnis,
generell die im Gesetz vorgesehenen Mittel zur Durchsetzung ihrer Aufsicht
auch gegenüber nicht unterstellten Instituten einzusetzen (BGE 116 Ib 193
E. 3 S. 198; vgl. auch BODMER/KLEINER/LUTZ, Kommentar zum schweizerischen
Bankengesetz, Rz. 3 zu Art. 1).

    b) aa) Als Bank gelten nach Art. 2a lit. a BankV (in der Fassung
vom 23. August 1989) Unternehmungen, die hauptsächlich im Finanzbereich
tätig sind und sich insbesondere "öffentlich zur Annahme fremder Gelder
empfehlen, um damit auf eigene Rechnung eine unbestimmte Zahl von
Personen oder Unternehmen, mit denen sie keine wirtschaftliche Einheit
bilden, auf irgendwelche Art zu finanzieren". Öffentlich zur Annahme
fremder Gelder empfiehlt sich, wer in irgendeiner Form, insbesondere in
Inseraten, Prospekten, Rundschreiben oder elektronischen Medien, beim
Publikum um Gelder wirbt oder dauernd von mehr als 20 Publikumsgläubigern
Gelder entgegennimmt (Art. 3 Abs. 1 BankV in der Fassung vom 23. August
1989). Nach der Revision der Bankenverordnung vom 12. Dezember 1994 (in
Kraft seit dem 1. Februar 1995) gelten unter anderem Unternehmungen als
Banken, die hauptsächlich im Finanzbereich tätig sind und insbesondere
gewerbsmässig Publikumseinlagen entgegennehmen oder sich öffentlich
dafür empfehlen, um damit auf eigene Rechnung eine unbestimmte Zahl von
Personen oder Unternehmen, mit denen sie keine wirtschaftliche Einheit
bilden, auf irgendwelche Art zu finanzieren (Art. 2a lit. a BankV, AS
1995 253). Dem Bankengesetz nicht unterstellte natürliche und juristische
Personen dürfen neu gewerbsmässig grundsätzlich keine Publikumseinlagen
mehr entgegennehmen, doch kann der Bundesrat Ausnahmen vorsehen, sofern
der Schutz der Einleger gewährleistet ist. Die Auflage von Anleihen ist
keine gewerbsmässige Entgegennahme von Publikumseinlagen (Art. 1 Abs. 2
BankG in der Fassung vom 18. März 1994; AS 1995 246); als solche gelten
Anleihensobligationen dann nicht, wenn die Gläubiger in einem dem Artikel
1156 OR entsprechenden Umfang informiert worden sind (Art. 3a Abs. 3
lit. b BankV in der Fassung vom 12. Dezember 1994 als präzisierende
Ausführungsregelung zu Art. 1 Abs. 2 letzter Satz BankG in der Fassung
vom 18. März 1994; BODMER/KLEINER/LUTZ, aaO, Rz. 43 zu Art. 1).

    bb) Die Beschwerdeführerin empfiehlt sich öffentlich zur Annahme
fremder Gelder, indem sie am Kapitalmarkt Gelder aufnimmt; sie
legt zu diesem Zweck Anleihensobligationen auf und wirbt hierfür in
entsprechenden Inseraten. Per Ende 1993 hatte sie durch 24 Emissionen,
die sie seit November 1992 mehr oder weniger monatlich ein- bis zweimal
auf dem deutschen Markt vornahm, Anleihen von Fr. 9'332'250.-- offen; sie
versprach hierfür Zinsen bis zu 12% (bei einer Laufzeit der Obligation
von 4 Jahren). Wenn die Bankenkommission davon ausging, es sei eher
"aussergewöhnlich", dass eine GmbH solche Obligationen in Tranchen
von einigen 10'000 Fr. selber emittiere (vgl. ANDREAS ROHR, Grundzüge
des Emissionsrechts, Zürich 1990, Bd. 3, S. 109), und nicht ausschloss,
dass die Anleihensobligationen der Beschwerdeführerin aufsichtsrechtlich
relevant sein könnten, weshalb sich die Anordnung einer ausserordentlichen
Revision rechtfertige, ist dies, unabhängig davon, ob das alte oder neue
Recht auf sie anzuwenden ist, nicht zu beanstanden.

    c) Die Rüge der Beschwerdeführerin, ihre Geschäftstätigkeit falle gar
nicht unter das Bankengesetz, verkennt den Gegenstand des vorliegenden
Verfahrens: Zur Anordnung einer ausserordentlichen Revision durch die
Bankenkommission genügt, dass objektive Anhaltspunkte für eine allenfalls
unter das Bankengesetz fallende Tätigkeit vorliegen. Ob und wie das
Bankengesetz tatsächlich Anwendung finden wird, bildet Gegenstand des
Entscheids in der Sache selber. Auch der Einwand, die Beschwerdeführerin
sei als Gesellschaft mit beschränkter Haftung gestützt auf Art. 1156 OR in
Verbindung mit Art. 652a Abs. 1 Ziff. 5 OR und Art. 819 OR zivilrechtlich
gar nicht zur Erstellung und Vorlage eines Revisionsberichts verpflichtet,
weshalb der Verfügung der Bankenkommission die gesetzliche Grundlage
fehle, geht an der Sache vorbei. Art. 23bis Abs. 2 BankG sieht vor, dass
die Bankenkommission den Revisionsbericht über eine Bank einfordern oder
"ausserordentliche Revisionen" anordnen kann. Gestützt hierauf ist sie
befugt - unter Umständen auch in Abweichung von zivilrechtlichen Regeln
-, eine Revision in ihrem Aufsichtsbereich im Rahmen ihres technischen
Ermessens anzuordnen, wenn ihr dies geboten erscheint. Verfügungsgrundlage
bildet dabei das zwingende Bankenrecht (vgl. BGE 108 Ib 196 E. 2b S. 201)
und nicht das Zivilrecht, ansonsten die Durchsetzung der Bankengesetzgebung
von der zivilrechtlich gewählten Organisationsform abhinge, was dem Sinn
und Zweck der Bankenaufsicht widerspräche. Auch der Hinweis auf Art. 1156
OR in Art. 3a Abs. 3 lit. b BankV im Zusammenhang mit Anleihensobligationen
ist im übrigen im Lichte der bankengesetzlichen Schutzbedürfnisse zu
sehen und nicht allein auf seinem zivilrechtlichen Hintergrund.

Erwägung 4

    4.- a) Die Eidgenössische Bankenkommission hat die Beschwerdeführerin
verpflichtet, die Revisionskosten zu tragen und diese mit Fr. 20'000.--
zu bevorschussen. Die Beschwerdeführerin wendet ein, sie sei gar keine
Bank und habe deshalb auch die entsprechenden Kosten nicht zu tragen;
sollte sich erweisen, dass sie tatsächlich dem Gesetz unterstehe,
könnten ihr die Kosten nachträglich immer noch auferlegt werden. Sie
beanstandet zudem, die Bankenkommission habe mit der Bezeichnung der
Firma STG-Coopers & Lybrand als Revisionsstelle ihr Wahlrecht verletzt
und gegen das Verhältnismässigkeitsprinzip verstossen.

    b) Nach Art. 49 Abs. 2 BankV kann die Bankenkommission
zur Durchführung einer ausserordentlichen Revision nötigenfalls eine
anerkannte Revisionsstelle bezeichnen und die betroffene Bank zur Leistung
eines Kostenvorschusses verpflichten. Diese Regelung gilt auch, wo die
Bankenkommission - wie hier - zur Anordnung einer ausserordentlichen
Revision als Beweismassnahme im Unterstellungsverfahren befugt ist: Gemäss
Art. 33 Abs. 2 VwVG kann eine vom Betroffenen beantragte Beweisabnahme,
die mit verhältnismässig hohen Kosten verbunden ist, davon abhängig
gemacht werden, dass die Partei innert Frist die ihr zumutbaren Kosten
vorschiesst. Nach Art. 22 Abs. 1 BankG hat die revidierte Bank die
Revisionskosten zu tragen. Im Rahmen des Unterstellungsverfahrens
schliesslich sind nach der Rechtsprechung die Verfahrenskosten vom
Beaufsichtigten zu übernehmen, auch wenn die Bankenkommission feststellen
sollte, dass keine dem Bankengesetz unterliegende Tätigkeit ausgeübt wird
(vgl. Urteil des Bundesgerichts vom 11. November 1991 i.S. X. AG, E. 6,
veröffentlicht in EBK-Bulletin 22/1992, 53 ff.). Die Beschwerdeführerin
widersetzte sich vorliegend zwar der angeordneten Beweismassnahme und
beantragte diese entgegen der Regelung in Art. 33 Abs. 2 VwVG gerade
nicht, doch kommt es im bankenrechtlichen Aufsichtsverfahren, in dem
spezialgesetzlich weitgehende Auskunfts- und Mitwirkungspflichten bestehen,
hierauf nicht an. Rechtfertigt sich die angeordnete Beweismassnahme,
so kann vom Betroffenen gestützt auf Art. 49 Abs. 2 BankV bzw. Art. 22
Abs. 1 und Art. 23bis BankG in Verbindung mit Art. 33 Abs. 2 VwVG verlangt
werden, dass er die entsprechenden Kosten vorschiesst. Die Anordnung,
den Kostenvorschuss direkt an eine bestimmte Revisionsstelle zu leisten,
ist dabei bundesrechtlich solange nicht zu beanstanden, als über den
Kostenvorschuss im Rahmen der Endverfügung abgerechnet wird.

    c) Die Bankenkommission gab der Beschwerdeführerin wiederholt
Gelegenheit, eine Bankenrevisionsstelle ihrer Wahl mit der Revision der
Jahresrechnung zu beauftragen, was sie ablehnte. Unter diesen Umständen
durfte die Bankenkommission eine solche gestützt auf Art. 49 Abs. 2
BankV direkt bezeichnen. Die Frage, wen sie damit beauftragt, beschlägt
die Angemessenheit ihres Entscheids, die das Bundesgericht grundsätzlich
nicht zu überprüfen hat (Art. 104 lit. c OG; BGE 115 Ib 55 E. 2b S. 57; zur
Problematik bei der Ernennung eines Liquidators: vgl. unveröffentlichtes
Urteil vom 2. März 1994 i.S. Y., E. 5). Von einem vom Bundesgericht zu
überprüfenden Ermessensmissbrauch (Art. 104 lit. a OG) könnte aber so
oder so keine Rede sein: Weder ist ersichtlich, warum die bezeichnete
Revisionsstelle die Revision nicht gesetzeskonform durchführen könnte,
noch warum die KPMG Fides Peat mit der Revision zu beauftragen wäre. Die
Beschwerdeführerin bringt selber auch keine entsprechenden Gründe vor.