Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 121 III 445



121 III 445

86. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 22. November 1995 i.S.
W. gegen S. AG. (staatsrechtliche Beschwerde) Regeste

    Bauhandwerkerpfandrecht; Ersatzsicherheit (Art. 839 Abs. 3 ZGB),
Verzugszinse (Art. 818 Abs. 1 Ziff. 3 ZGB); Willkür.

    Die Ersatzsicherheit im Sinne von Art. 839 Abs. 3 ZGB muss die gleiche
Deckung bieten wie das Bauhandwerkerpfandrecht. Mit Blick auf diese
Bestimmung ist die Auffassung unhaltbar, beim Bauhandwerkerpfandrecht
bestehe aufgrund von Art. 818 Abs. 1 Ziff. 3 ZGB für Verzugszinse
Sicherheit nur für 3 1/2 Jahre (E. 5a). Offengelassen wird die Frage
des Gerichtsstandes bezüglich der Ersatzsicherheiten (E. 5b).

Sachverhalt

    A.- Mit Eingabe vom 22. September 1994 stellte
W. beim Gerichtspräsidium X. das Begehren um Eintragung von
Bauhandwerkerpfandrechten auf Grundstücken der Beschwerdegegner 1 und
2. Diesem Begehren wurde am 27. September 1994 im Sinne einer vorläufigen
Vormerkung entsprochen. Nach einem doppelten Schriftenwechsel liess
die erste Instanz mit Entscheid vom 21. Dezember 1994 die fraglichen
Bauhandwerkerpfandrechte wegen anderweitiger Sicherstellung im Grundbuch
löschen. Mit Beschwerde vom 9. Januar 1995 an das Obergericht des Kantons
Aargau beantragte W. die Aufhebung des erstinstanzlichen Entscheides, wobei
die offerierten anderweitigen Sicherheiten als ungenügend zurückzuweisen
seien. Nach einmaligem Schriftenwechsel hiess das Obergericht die
Beschwerde mit Urteil vom 20. Juni 1995 teilweise gut und liess ein
Bauhandwerkerpfandrecht zulasten des Beschwerdegegners 5 vorläufig im
Grundbuch vormerken, im übrigen wies es die Beschwerde ab.

    W. führt gegen das Urteil des Obergerichts staatsrechtliche Beschwerde
wegen Verletzung von Art. 4 BV und beantragt dessen Aufhebung sowie die
Rückweisung zur Neubeurteilung. Die Beschwerdegegner beantragen Abweisung
der Beschwerde, soweit auf sie eingetreten werden könne.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 5

    5.- Der Beschwerdeführer rügt in zweierlei Hinsicht auch die Anwendung
des materiellen Rechts als willkürlich: Zum einen sei aufgrund von Art. 839
Abs. 3 ZGB nicht nur der Zins für 3 1/2 Jahre zu decken und zum andern
sei es völlig unhaltbar, bezüglich der anderweitigen Sicherheiten einen
anderen Gerichtsstand als denjenigen am Orte der gelegenen Sache bzw. der
Vereinbarung anzuerkennen.

    a) Gemäss Art. 839 Abs. 3 ZGB kann die Eintragung eines
Bauhandwerkerpfandrechts nicht verlangt werden, wenn der Eigentümer für
die angemeldete Forderung hinreichende (andere) Sicherheit leistet.

    Das Obergericht ist in diesem Zusammenhang davon ausgegangen, aufgrund
von Art. 818 Abs. 1 Ziff. 3 ZGB bestehe beim Bauhandwerkerpfandrecht
auch für 3 1/2 Jahreszinsen Sicherheit. Da für diese Zeitdauer - bei
Verzugszinsen in Höhe von 5% - auch die Bürgschaftsverpflichtungen der
Zürcher Kantonalbank quantitativ volle Sicherheit gewährten, sei das
Bauhandwerkerpfandrecht aufgrund von Art. 839 Abs. 3 ZGB zu löschen.

    Diese Rechtsauffassung ist unhaltbar. Die Ersatzsicherheit im
Sinne von Art. 839 Abs. 3 ZGB muss die gleiche Deckung bieten wie
das Bauhandwerkerpfandrecht (vgl. BGE 97 I 209 E. 2 S. 215, 110 II
34 ff.), d.h. für die Werklohnforderung samt Zinsen (vgl. RAINER
SCHUMACHER, Das Bauhandwerkerpfandrecht, 2. Aufl., Zürich 1982, N
897). Dabei ist aber zu beachten, dass sich die Sicherung der Zinsen
beim Bauhandwerkerpfandrecht - abgesehen vom vorliegend nicht in Frage
stehenden Fall der Maximalhypothek im Sinne von Art. 794 Abs. 2 ZGB,
vgl. hiezu BGE 115 II 349 E. 4c - offensichtlich nach Ziff. 2, 2. Teil
(Verzugszinse), und nicht nach Ziff. 3 (Vertragszinse, welche bei einem
Werkvertrag nicht aktuell sind) von Art. 818 Abs. 1 ZGB richtet und
daher - ohne Grundbucheintrag - zeitlich nicht limitiert ist (DIETER
ZOBL, Das Bauhandwerkerpfandrecht de lege lata und de lege ferenda, in:
ZSR 101/1982 II S. 116, mit entsprechenden Präzisierungen zu BGE 103
II 40 in Anm. 494; SCHUMACHER, aaO, N 828 ff.). Dementsprechend muss
auch die Ersatzsicherheit hinsichtlich der Verzugszinsen eine zeitlich
bzw. quantitativ nicht limitierte Sicherheit bieten (vgl. SCHUMACHER, aaO,
N 897), was vorliegend nicht der Fall ist. Hat mithin das Obergericht
offensichtlich und krass gegen Art. 839 Abs. 3 i.V.m. Art. 818 Abs.
1 Ziff. 2 ZGB verstossen, so ist sein Entscheid wegen willkürlicher
Rechtsanwendung nach Art. 4 BV (vgl. hiezu BGE 119 Ia 117 E. 2a und
SPÜHLER, Die Praxis der staatsrechtlichen Beschwerde, N 503, je mit
Hinweisen) aufzuheben.

    b) Unter diesen Umständen kann die Frage, ob vorliegend die
Ersatzsicherheiten auch im Hinblick auf den diesbezüglichen, vom Ort
der gelegenen Sache bzw. vom vereinbarten Ort abweichenden Gerichtsstand
als Art. 839 Abs. 3 ZGB widersprechend anzusehen sind (vgl. hiezu BGE
103 Ia 462 ff.; SCHUMACHER, aaO, N 904), offenbleiben. Sie wäre angesichts
der grossen Bedeutung des Gerichtsstandes zu bejahen gewesen.