Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 121 III 35



121 III 35

11. Auszug aus dem Urteil der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer vom 7.
Februar 1995 i.S. D. (Rekurs) Regeste

    Nachlassverfahren mit Vermögensabtretung: Aussetzung der Kollokation
(Art. 28 Abs. 3 VNB und Art. 59 Abs. 2 KOV).

    Der Gläubiger kann nicht mit einer Beschwerde an die Nachlassbehörde
veranlassen, dass die von der Liquidatorin seinerzeit ausgesetzte
Kollokation seiner Forderung erneut geprüft wird, wenn diese keine neue
Verfügung erlassen hat (E. 2).

    Bei einer solchen Eingabe handelt es sich weder um eine
Rechtsverzögerungs- noch um eine Rechtsverweigerungsbeschwerde (E. 3).

    Im Nachlassverfahren von Banken ist Art. 59 Abs. 2 KOV grosszügig zu
handhaben (E. 4).

Sachverhalt

    A.- Das Obergericht des Kantons Luzern hat den von der Bank
X. vorgeschlagenen Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung bestätigt
und die A. AG. als Liquidatorin ernannt. Diese teilte D., der nach
den Büchern der Bank X. ein Guthaben von Fr. 1'413'344.10 hat,
ihre Kollokationsverfügung Nr. 0210 mit, wonach der Entscheid über
die Kollokation oder Abweisung seines Anspruchs vorläufig ausgesetzt
werde. Zur Begründung wurde ausgeführt, über die Zulassung des Guthabens
könne erst entschieden werden, wenn feststehe, ob und in welchem Umfang
Forderungen der Bank X. gegenüber D. zur Verrechnung gebracht werden.
Die von D. dagegen eingereichte Beschwerde wurde vom Obergericht des
Kantons Luzern abgewiesen. Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer
des Bundesgerichts schützte am 12. November 1993 den Standpunkt der
kantonalen Instanz.

    D. gelangte am 23. September 1994 erneut an das Obergericht des Kantons
Luzern mit dem Begehren, die Aussetzung der Kollokation seiner Forderung
über Fr. 1'413'344.10 und der Verteilungsplan seien aufzuheben und es sei
ihm eine zehnprozentige Abschlagszahlung auszurichten. Mit Entscheid vom
5. Dezember 1994 trat das Obergericht des Kantons Luzern auf die genannte
Beschwerde nicht ein.

    Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts weist
den Rekurs von D. gegen den obergerichtlichen Entscheid ab

Auszug aus den Erwägungen:

                   aus folgenden Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- Der Rekurrent ist offenbar der Ansicht, dass er mit einer
neuen Beschwerde an die Nachlassbehörde jederzeit auf die von der
Liquidatorin seinerzeit ausgesetzte Kollokation seiner Forderung
zurückkommen könne. Hierin kann ihm nicht beigepflichtet werden. Das
Obergericht hat gestützt auf Art. 28 Abs. 3 VNB (SR 952.831) durchaus
zu Recht eine anfechtbare Verfügung verlangt, um auf das bereits einmal
beurteilte Ansinnen des Rekurrenten erneut einzutreten. Die Ansicht, welche
die Liquidatorin in ihrer Vernehmlassung ans Obergericht dargelegt hat,
stellt ohnehin keine Verfügung dar. Ansonsten könnte ein Rekurrent auch
bei Fehlen eines Anfechtungsobjektes durch die Einreichung einer Beschwerde
jederzeit einen Entscheid erwirken, sofern nämlich die angegangene Behörde
eine verfügungsberechtigte Instanz zur Stellungnahme einlädt. Der Rekurrent
wirft dem Obergericht überdies eine widersprüchliche Praxis vor; seiner
Ansicht nach hätte es auf seine Beschwerde - wie schon im vorangehenden
Fall - eintreten sollen. Er übersieht dabei allerdings, dass im Gegensatz
zum seinerzeitigen Verfahren nunmehr eine Verfügung der Liquidatorin fehlt.

Erwägung 3

    3.- Entgegen den Ausführungen im angefochtenen Entscheid handelte
es sich bei der Eingabe des Rekurrenten im kantonalen Verfahren weder
um eine Rechtsverzögerungs- noch um eine Rechtsverweigerungsbeschwerde,
weshalb offenbleiben kann, ob eine solche statt an die Nachlassbehörde
an den Gläubigerausschuss zu richten gewesen wäre. Der Rekurrent machte
nämlich gegenüber dem Obergericht weder die Verzögerung eines Verfahrens
seitens der Liquidatorin noch deren Weigerung, sein Begehren zu behandeln,
geltend (BGE 117 Ia 193 E. 1c S. 197; 111 Ib 85 E 2. S. 87). Er wollte
bloss ein weiteres Mal auf die Frage der Kollokation zurückkommen und
diese nunmehr in seinem Sinne beantwortet haben. Gleichwohl brauchte das
Obergericht - wie vorangehend dargelegt - auf die Begehren des Rekurrenten
nicht einzutreten.

Erwägung 4

    4.- Gemäss den tatsächlichen Feststellungen des Obergerichts haben
sich keine wesentlichen Änderungen ergeben, die eine Neubeurteilung der
vom Rekurrenten erneut aufgeworfenen Frage, nämlich die Kollokation
oder Abweisung seines Guthabens, rechtfertigten. Das angefochtene
Urteil entspricht in diesem Punkt der nach wie vor geltenden Praxis der
erkennenden Kammer, wonach Art. 59 Abs. 2 KOV (SR 281.32) weit auszulegen
ist, sobald dem Guthaben des Gläubigers Forderungen des Gemeinschuldners
gegenüberstehen könnten; der Rekurrent wird diesbezüglich auf das ihn
betreffende Bundesgerichtsurteil vom 12. November 1993 hingewiesen. Gerade
bei Nachlassverfahren von Banken sollte die genannte Bestimmung im
Interesse der grossen Zahl der gewöhnlichen Bankgläubiger ohnehin
grosszügig gehandhabt werden (SPÜHLER, Bankenstundung und Nachlassstundung
bei Banken im Lichte der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichts,
in Festgabe zum Schweizerischen Juristentag 1994, S. 567).