Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 121 III 219



121 III 219

46. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 25. April 1995 i.S. SBG
gegen BK Vision AG (Berufung) Regeste

    Genehmigte und bedingte Kapitalerhöhung bei der
Aktiengesellschaft. Kompetenzverteilung zwischen Generalversammlung und
Verwaltung in bezug auf den Entscheid über Entzug oder Einschränkung des
Bezugs- bzw. Vorwegzeichnungsrechts (Art. 650 Abs. 2 Ziff. 8, Art. 651
Abs. 3, Art. 652b, 653, 653b und c, 698 Abs. 2 Ziff. 6 und Art. 704 Abs. 1
Ziff. 6 OR).

    Verhältnis von Gesetzesauslegung, inbesondere teleologischer Reduktion,
zur Lückenfeststellung (E. 1d/aa).

    Grundsätzliche Zulässigkeit der Kompetenzdelegation an den
Verwaltungsrat hinsichtlich des Entscheids über den Ausschluss vom Bezugs-
oder Vorwegzeichnungsrecht (E. 1 u. 5).

    Anforderungen an die Konkretisierung der Entzugsgründe im
Delegationsbeschluss der Generalversammlung (E. 2 u. 5). Finanzierung
von Übernahmen und Beteiligungen als wichtiger Grund für den
Bezugsrechtsausschluss (E. 3).

    Zulässigkeit der Kompetenzdelegation an den Verwaltungsrat, über die
Verwendung entzogener oder nicht ausgeübter Bezugsrechte zu entscheiden
(E. 4).

Sachverhalt

    A.- Die Generalversammlung der Schweizerischen Bankgesellschaft (SBG)
stimmte am 29. April 1993 folgenden Anträgen des Verwaltungsrats zu:

    4.    Schaffung eines genehmigten und eines bedingten Aktienkapitals

    4.1. Schaffung eines genehmigten Aktienkapitals von 200 Millionen
Franken
   nominal, Ergänzung der Statuten mit einem neuen § 3c

    Der Verwaltungsrat beantragt, die Statuten durch einen neuen § 3c mit
   folgendem Wortlaut zu ergänzen:

    "Der Verwaltungsrat ist ermächtigt, bis zum 30. April 1995 das

    Aktienkapital durch Ausgabe von höchstens 1'666'666 voll zu
liberierenden

    Inhaberaktien von je Fr. 100.-- Nennwert und höchstens 1'666'670
voll zu
   liberierenden Namenaktien von je Fr. 20.-- Nennwert (Stimmrechtsaktien)
   im

    Maximalbetrag von 200 Millionen Franken zu erhöhen. Eine Erhöhung in

    Teilbeträgen ist gestattet. Die neuen Namenaktien unterliegen den
   Übertragungsbeschränkungen gemäss § 3a der Statuten. Der Ausgabepreis,
   der

    Zeitpunkt der Dividendenberechtigung und die Art der Sacheinlage
werden vom

    Verwaltungsrat bestimmt.

    Diese Aktien sind zur Plazierung bei den bisherigen Aktionären
   vorgesehen. Der Verwaltungsrat ist jedoch berechtigt, das Bezugsrecht
   der

    Aktionäre auszuschliessen und Dritten zuzuweisen im Falle der
Verwendung
   von Aktien für die Übernahme von Unternehmen,  Unternehmensteilen

    Beteiligungen oder im Falle einer Aktienplazierung für die Finanzierung
   derartiger Transaktionen. Aktien, für die  Bezugsrechte eingeräumt,
   aber nicht ausgeübt werden, stehen zur Verfügung des Verwaltungsrats,
   der diese im Interesse der Gesellschaft verwendet."

    4.2. Schaffung eines bedingten Aktienkapitals von 100 Millionen Franken
   nominal, Ergänzung der Statuten mit einem neuen § 3d

    Der Verwaltungsrat beantragt, die Statuten durch einen neuen § 3d mit
   folgendem Wortlaut zu ergänzen:

    "Das Aktienkapital der Gesellschaft wird durch die Ausgabe von
   höchstens 600'000 voll zu liberierenden Inhaberaktien von je Fr. 100.--

    Nennwert und höchstens 2'000'000 voll zu liberierenden Namenaktien
von je

    Fr. 20.-- Nennwert (Stimmrechtsaktien) im Maximalbetrag von 100
Millionen

    Franken erhöht durch Ausübung von Options- oder Wandelrechten,
welche in

    Verbindung mit Anleihensobligationen der Gesellschaft oder einer ihrer

    Tochtergesellschaften eingeräumt worden sind, oder durch Ausübung von

    Bezugsrechten im Rahmen der Mitarbeiterbeteiligung. Das Bezugsrecht der

    Aktionäre ist ausgeschlossen. Der Erwerb von Namenaktien durch die
Ausübung
   von Options- oder Wandelrechten oder Bezugsrechten der Mitarbeiter
   sowie die weitere Übertragung der Namenaktien unterliegen den
   Übertragungsbeschränkungen gemäss § 3a der Statuten.

    Der Verwaltungsrat kann bei der Ausgabe von Options- oder
Wandelanleihen
   das Vorwegzeichnungsrecht der Aktionäre aufheben. In diesem Fall sind

    Struktur, Laufzeit und Betrag der Anleihe sowie die Options- oder

    Wandelbedingungen durch den Verwaltungsrat entsprechend den

    Marktbedingungen im Zeitpunkt der Begebung festzulegen. Die Bedingungen
der

    Mitarbeiterbeteiligung sind durch den Verwaltungsrat festzulegen."

    Die BK Vision AG, welche die Übernahme und den Verkauf sowie die
Verwaltung von Beteiligungen an Banken und anderen Finanzgesellschaften
bezweckt, hielt per 30. April 1993 über drei Millionen Namen- sowie
über hunderttausend Inhaberaktien der SBG. Mit Klage vom 29. Juni 1993
focht sie die unter Traktandum 4 von der Generalversammlung gefassten
Beschlüsse beim Handelsgericht des Kantons Zürich als ungültig an;
eventuell beantragte sie die Feststellung der Nichtigkeit.

    Mit Urteil vom 15. September 1994 hiess das Handelsgericht die Klage
dahingehend gut, dass es die angefochtenen Beschlüsse ungültig erklärte
und mit rückwirkender Kraft aufhob. Die Beklagte hat dieses Urteil mit
Berufung angefochten, die vom Bundesgericht teilweise gutgeheissen wird.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- Das Handelsgericht ist zum Ergebnis gelangt, die Delegation des
Entscheids über Aufhebung oder Einschränkung des Bezugsrechts von der
Generalversammlung an den Verwaltungsrat verstosse gegen Art. 698 Abs.
2 Ziff. 6 in Verbindung mit Art. 650 Abs. 2 Ziff. 8 und Art. 651 Abs. 3 OR.
Nach seiner Auffassung muss auf den klaren Gesetzeswortlaut abgestellt
werden und sind die Voraussetzungen einer Normberichtigung zufolge einer
unechten Gesetzeslücke nicht gegeben. Das Handelsgericht betrachtet zudem
die Rechtsprechung des Bundesgerichts zum alten Aktienrecht (BGE 117
II 290 E. 4e) als unmassgeblich. Mit der Berufung wird geltend gemacht,
die Betrachtungsweise des Handelsgerichts verletze Bundesrecht.

    a) Nach altem Aktienrecht war bei der Ausgabe neuer Aktien jeder
Aktionär berechtigt, einen seinem bisherigen Aktienbesitz entsprechenden
Anteil der neuen Aktien zu beanspruchen, soweit nicht die Statuten
oder der Beschluss über die Kapitalerhöhung etwas anderes bestimmten
(Art. 652 aOR). Diese Vorschrift war nach der Rechtsprechung des
Bundesgerichts so auszulegen, dass einerseits das Bezugsrecht nicht
unter die Kategorie der wohlerworbenen Rechte des Aktionärs fiel und
anderseits sein ausserstatutarischer Entzug nicht im Belieben der
Generalversammlung stand, sondern eine sachliche Rechtfertigung und
die Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes sowie des Prinzips der
schonenden Rechtsausübung voraussetzte (BGE 117 II 290 E. 4e S. 300 mit
Hinweisen). Nach der Rechtsprechung stand der Beschluss über den Ausschluss
der Aktionäre vom Bezugsrecht zwar formell der Generalversammlung zu,
strukturmässig sprach aber im Grundsatz nichts dagegen, den endgültigen
Entscheid darüber der Verwaltung zu überlassen. Entsprechend wurde die
Kompetenzdelegation unter Vorbehalt von Gesetzesumgehungen oder anderen
Missbrauchstatbeständen als zulässig betrachtet (BGE 117 II 290 E. 4e/cc
S. 302 ff. mit Hinweisen). Damit wurde der Aktiengesellschaft ermöglicht,
einerseits der rigiden altrechtlichen Ordnung der Kapitalerhöhung
auszuweichen und anderseits die mit der Bezugsrechtsfrage verbundene
Interessenabwägung dem Verwaltungsrat zu überlassen, womit die
unternehmerisch gebotene Flexibilität der Entscheidung in zeitlicher wie
wettbewerblicher Hinsicht gewährleistet war.

    b) Zu den Zielen der am 1. Juli 1992 wirksam gewordenen
Aktienrechtsreform (AS 1992 733) zählen unter anderem die Verstärkung
des Aktionärsschutzes, auch hinsichtlich des Bezugsrechts, und die
Erleichterung der Kapitalbeschaffung für die Gesellschaft (Botschaft
des Bundesrats vom 23. Februar 1983, BBl 1983 II 745 ff., 767; SCHMID,
Übersicht über das revidierte Aktienrecht, recht 1992, S. 77 ff., S. 78;
BÖCKLI, Das neue Aktienrecht, S. 2 Rz. 5 ff.).

    Das Bezugsrecht der Aktionäre ist nach dem Gesetzeswortlaut
dadurch verstärkt worden, dass es zum einen nicht mehr durch generelle
statutarische Anordnung, sondern bloss noch mit qualifiziertem
Mehrheitsbeschluss der Generalversammlung im Einzelfall (Art. 650 Abs. 2
Ziff. 8 in Verbindung mit Art. 704 Abs. 1 Ziff. 6 OR) und zum andern nur
aus wichtigen Gründen und unter Wahrung des Gleichbehandlungsgrundsatzes
aufgehoben werden kann (Art. 652b Abs. 2 OR).

    Die Kapitalbeschaffung ist im wesentlichen mit der Einführung des
genehmigten und des bedingten Kapitals erleichtert worden (Art. 650
ff. OR). Das genehmigte Kapital beruht auf einer Kompetenzteilung
zwischen der Generalversammlung und dem Verwaltungsrat. Im Gegensatz zur
ordentlichen Kapitalerhöhung autorisiert die Generalversammlung bloss eine
eventuelle Erhöhung des Aktienkapitals, beschliesst deren Möglichkeit
und ermächtigt den Verwaltungsrat, den Entscheid über die Durchführung,
den Zeitpunkt und die Bedingungen der Ausgabe neuer Aktien innerhalb
des gesetzten Rahmens nach seinem Ermessen zu fällen. Das schwerfällige,
eine rasche Kapitalbeschaffung oft behindernde einstufige Verfahren der
ordentlichen Kapitalerhöhung wird bei der genehmigten Kapitalerhöhung
zur Vermeidung dieser Nachteile durch ein mittels Kompetenzdelegation
zweistufig gestaltetes Verfahren ersetzt.

    c) Die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen bei der genehmigten
Kapitalerhöhung eine Delegationsbefugnis der Generalversammlung
hinsichtlich des Entscheids über die Aufhebung oder Beschränkung
des Bezugsrechts besteht, wird in der Literatur nicht einheitlich
beantwortet. Die Divergenz ergibt sich im wesentlichen aus einer
unterschiedlichen Gewichtung der erwähnten Reformziele, das heisst der
Verstärkung der Aktionärsrechte einerseits und der Flexibilität der
Kapitalbeschaffung anderseits. Für eine Prävalenz der Aktionärsrechte
und damit gegen die Zulässigkeit der Delegation sprechen sich namentlich
aus: ZOBL (Rechtliche Probleme im Zusammenhang mit der Schaffung von
Vorratsaktien, SZW 63/1991, S. 1 ff., S. 6 Fn. 39), THOMAS VON PLANTA (Der
Schutz der Aktionäre bei der Kapitalerhöhung, Diss. Basel 1992, S. 25 und
87), HÜNERWADEL (Vorratsaktien im Lichte des revidierten Aktienrechts, SZW
65/1993, S. 37 ff., S. 38) und VON GREYERZ (Ordentliche und genehmigte
Kapitalerhöhung, SAG 55/1983, S. 94 ff., S. 99). Die Flexibilität
der Kapitalbeschaffung stellen demgegenüber unter grundsätzlicher
Bejahung der Delegationsbefugnis in den Vordergrund: BÖCKLI (aaO, S. 81
Rz. 280 ff.), FORSTMOSER (Zulässigkeit des Festübernahmeverfahrens für
Kapitalerhöhungen unter neuem Aktienrecht?, SZW 65/1993, S. 101 ff.,
S. 105 f.), OR-ZINDEL/ISLER (N. 8/9 zu Art. 652b OR), ISLER (Ausgewählte
Aspekte der Kapitalerhöhung, AJP 1992, S. 726 ff., S. 730 Fn. 24),
NOBEL (Bezugsrecht und Bezugsrechtsausschluss, AJP 1993, S. 1171 ff.,
S. 1176) und REYMOND (Suppression et protection du droit de souscription
préférentiel dans le nouveau droit de la société anonyme, SZW 66/1994,
S. 153 ff., S. 156 f.).

    d) Das Handelsgericht entnimmt Art. 651 Abs. 3 in Verbindung mit
Art. 650 Abs. 2 Ziff. 8 und Art. 698 Abs. 2 Ziff. 6 OR durch Auslegung
eine zwingende Kompetenzzuweisung an die Generalversammlung und verneint -
wie bereits festgehalten - das Vorliegen einer korrekturfähigen unechten
Gesetzeslücke.

    aa) Das Gesetz muss in erster Linie aus sich selbst heraus, das
heisst nach Wortlaut, Sinn und Zweck und den ihm zugrunde liegenden
Wertungen auf der Basis einer teleologischen Verständnismethode
ausgelegt werden. Auszurichten ist die Auslegung auf die ratio legis,
die zu ermitteln dem Gericht allerdings nicht nach seinen eigenen,
subjektiven Wertvorstellungen, sondern nach den Vorgaben des Gesetzgebers
aufgegeben ist. Der Balancegedanke des Prinzips der Gewaltenteilung
bestimmt nicht allein die Gesetzesauslegung im herkömmlichen Sinn,
sondern führt darüber hinaus zur Massgeblichkeit der bei der Auslegung
gebräuchlichen Methoden auf den Bereich richterlicher Rechtsschöpfung,
indem ein vordergründig klarer Wortlaut einer Norm entweder auf dem
Analogieweg auf einen davon nicht erfassten Sachverhalt ausgedehnt oder
umgekehrt auf einen solchen Sachverhalt durch teleologische Reduktion
nicht angewandt wird (vgl. KRAMER, Teleologische Reduktion - Plädoyer für
einen Akt methodentheoretischer Rezeption, in Rechtsanwendung in Theorie
und Praxis, Beiheft 15 zur ZSR, S. 65 ff., S. 73 ff.). Die Auslegung
des Gesetzes ist zwar nicht entscheidend historisch zu orientieren,
im Grundsatz aber dennoch auf die Regelungsabsicht des Gesetzgebers und
die damit erkennbar getroffenen Wertentscheidungen auszurichten, da sich
die Zweckbezogenheit des rechtsstaatlichen Normverständnisses nicht aus
sich selbst begründen lässt, sondern aus den Absichten des Gesetzgebers
abzuleiten ist, die es mit Hilfe der herkömmlichen Auslegungselemente zu
ermitteln gilt (vgl. BGE 119 II 183 E. 4b/aa mit Hinweisen).

    Bei der teleologischen Reduktion handelt es sich nach zeitgemässem
Methodenverständnis um einen zulässigen Akt richterlicher Rechtsschöpfung
und nicht um einen unzulässigen Eingriff in die rechtspolitische Kompetenz
des Gesetzgebers (KRAMER, aaO, S. 72 f.; MEIER-HAYOZ, Schlusswort, in
Rechtsanwendung in Theorie und Praxis, S. 89 ff.; vgl. auch RHINOW,
Rechtssetzung und Methodik, S. 134, 176). Unstreitig weist zwar das
Gesetzesbindungspostulat den Richter an, seine Rechtsschöpfung nach den
Institutionen des Gesetzes auszurichten. Es schliesst aber für sich
allein richterliche Entscheidungsspielräume nicht grundsätzlich aus,
sondern markiert bloss deren gesetzliche Grenzen. Die Gesetzesauslegung
hat sich vom Gedanken leiten zu lassen, dass nicht schon der Wortlaut
die Rechtsnorm darstellt, sondern erst das an Sachverhalten verstandene
und konkretisierte Gesetz. Gefordert ist die sachlich richtige
Entscheidung im normativen Gefüge, ausgerichtet auf ein befriedigendes
Ergebnis aus der ratio legis. Dabei befolgt das Bundesgericht einen
pragmatischen Methodenpluralismus und lehnt es namentlich ab, die einzelnen
Auslegungselemente einer hierarchischen Prioritätsordnung zu unterstellen
(BGE 114 V 219 E. 3a S. 220, 110 Ib 1, S. 8; OGOREK, Der Wortlaut des
Gesetzes - Auslegungsgrenze oder Freibrief?, in Rechtsanwendung in Theorie
und Praxis, S. 21 ff.).

    Eine echte Gesetzeslücke liegt nach der Rechtsprechung des
Bundesgerichts dann vor, wenn der Gesetzgeber etwas zu regeln unterlassen
hat, was er hätte regeln sollen, und dem Gesetz weder nach seinem Wortlaut
noch nach dem durch Auslegung zu ermittelnden Inhalt eine Vorschrift
entnommen werden kann (BGE 108 Ib 78 E. 4b S. 82). Von einer unechten
oder rechtspolitischen Lücke ist demgegenüber die Rede, wenn dem Gesetz
zwar eine Antwort, aber keine befriedigende zu entnehmen ist, namentlich,
wenn die vom klaren Wortlaut geforderte Subsumtion eines Sachverhalts in
der Rechtsanwendung teleologisch als unhaltbar erscheint (MEIER-HAYOZ,
Berner Kommentar, N. 271 ff. zu Art. 1 ZGB; DESCHENAUX, SPR, Bd. II,
S. 99). Echte Lücken zu füllen, ist dem Richter aufgegeben, unechte zu
korrigieren, ist ihm nach traditioneller Auffassung grundsätzlich verwehrt,
es sei denn, die Berufung auf den als massgeblich erachteten Wortsinn der
Norm stelle einen Rechtsmissbrauch dar (MEIER-HAYOZ, Berner Kommentar,
N. 295 ff. zu Art. 1 ZGB).

    Zu beachten ist indessen, dass mit dem Lückenbegriff in seiner heutigen
schillernden Bedeutungsvielfalt leicht die Grenze zwischen zulässiger
richterlicher Rechtsfindung contra verba aber secundum rationem legis
und grundsätzlich unzulässiger richterlicher Gesetzeskorrektur verwischt
wird. In differenzierender Auslegung ist daher vorab zu prüfen, ob der
Wortsinn der Norm nicht bereits einem restriktiven Rechtssinn zu weichen
habe, sodann, ob nicht bloss eine teleologisch nicht unterstützte Redundanz
des grammatikalischen Rechtssinns gegeben sei, die durch eine Reduktion
contra verba legis eingeschränkt werden muss. Der Lückenbegriff taugt
diesfalls erst, wenn die teleologische Reduktion des Wortsinns ergibt, dass
die positive Ordnung einer Regelung entbehrt, mithin eine verdeckte - aber
echte - Lücke aufweist, die im Prozess der richterlichen Rechtsschöpfung
zu schliessen ist (BGE 117 II 494 E. 6a S. 499; KRAMER, aaO, S. 72;
DESCHENAUX, aaO, S. 99). Wo jedoch der zu weit gefasste Wortlaut durch
zweckgerichtete Interpretation eine restriktive Deutung erfährt, liegt
ebenso Gesetzesauslegung vor wie im Fall, wo aufgrund teleologischer
Reduktion eine verdeckte Lücke festgestellt und korrigiert wird.
In beiden Fällen gehört die so gewonnene Erkenntnis zum richterlichen
Kompetenzbereich und stellt keine unzulässige berichtigende Rechtsschöpfung
dar (MEIER-HAYOZ, in Rechtsanwendung in Theorie und Praxis, S. 91).

    bb) Die Befugnis der Generalversammlung, über die Gegenstände Beschluss
zu fassen, die ihr durch das Gesetz vorbehalten sind, ist gemäss Art. 698
Abs. 2 OR unübertragbar. Die gesetzliche Kompetenzordnung ist allerdings
auslegungsbedürftig. So kollidiert zum Beispiel Art. 698 Abs. 2 Ziff. 1 OR,
wonach allein die Generalversammlung zur Änderung der Statuten zuständig
ist, mit der gesetzlichen Pflicht und Kompetenz des Verwaltungsrats nach
Art. 652g Abs. 1 und Art. 653g Abs. 1 OR, den Vollzug von Kapitalerhöhungen
festzustellen und die Statuten entsprechend zu ändern. Der Konflikt,
der auf einem gesetzgeberischen Versehen beruhen dürfte (vgl. BBl 1983 II
793; FORSTMOSER, Ungereimtheiten und Unklarheiten im neuen Aktienrecht,
SZW 64/1992, S. 58 ff., S. 69), ist nach dem Grundsatz der prioritären
speziellen Norm zu lösen (vgl. BGE 120 Ib 199 E. 3b S. 202). Die
Rationalitätsvermutung indiziert klarerweise eine entsprechende Absicht des
Gesetzgebers. Hinsichtlich der formellen und materiellen Zulässigkeit einer
Einschränkung oder Aufhebung des Bezugsrechts sodann stellt das Gesetz die
genehmigte Kapitalerhöhung nach seinem Wortlaut der ordentlichen gleich,
insbesondere ordnet es den Beschluss darüber der unübertragbaren Kompetenz
der Generalversammlung zu (Art. 651 Abs. 3 OR in Verbindung mit Art. 650
Abs. 2 Ziff. 8 und Art. 698 Abs. 2 Ziff. 6 OR). Aus dem Gesetz allein
ergibt sich somit kein Widerspruch, dagegen aus den unterschiedlichen
Funktionen der beiden Kapitalerhöhungsverfahren, namentlich mit Blick
auf die Gründe, welche den Gesetzgeber zur Einführung des genehmigten
Kapitals veranlasst haben.

    Nach dem Willen des Gesetzgebers steht die genehmigte Kapitalerhöhung
im Dienste der Erleichterung der Kapitalbeschaffung (BBl 1983 II
770). Ihr ausschlaggebendes Merkmal ist, dass der Entscheid, ob,
wann und in welchem Umfang das Aktienkapital erhöht werden soll,
im Rahmen des Ermächtigungsbeschlusses der Generalversammlung dem
Verwaltungsrat überlassen wird (Art. 651 OR). Damit wird der Gesellschaft
ermöglicht, ihr Aktienkapital rasch zu erhöhen, insbesondere zum Zweck
der Durchführung von Beteiligungen und Annexionen oder der Ausgabe von
Mitarbeiteraktien. Die Gesellschaft soll die für einen Aktientausch oder
eine Annexion erforderlichen Aktien bei Bedarf unverzüglich und ohne
weitere Einberufung der Generalversammlung bereitstellen sowie einen
Übernahmevertrag diskret aushandeln und ohne Vorbehalte abschliessen
können (BBl 1983 II 793 f.). Im einen wie im andern Fall setzt indessen
die vorgesehene Aktienverwendung den Ausschluss der bisherigen Aktionäre
vom Bezug der neuen Aktien voraus. Folgerichtig nennt das Gesetz diese
Tatbestände ausdrücklich als wichtige Gründe, die eine Aufhebung des
Bezugsrechts zu rechtfertigen vermögen (Art. 652b Abs. 2 OR).

    Anderseits hat der Gesetzgeber das Bezugsrecht der Aktionäre in der
Neuordnung des Aktienrechts verstärkt, wie bereits festgehalten worden
ist. Zum einen dadurch, dass ein Ausschluss nur noch im qualifizierten
Erhöhungsbeschluss verfügt und nicht mehr in den Statuten normiert
werden darf (Art. 650 Abs. 2 Ziff. 8 in Verbindung mit Art. 704
Abs. 1 Ziff. 6 OR), zum andern dadurch, dass nurmehr wichtige Gründe
eine Rechtsbeschränkung zu begründen vermögen, wobei zusätzlich
der Gleichbehandlungsanspruch der Aktionäre im Gesetz verankert
wurde (Art. 652b Abs. 2 OR). Der Bezugsrechtsschutz war einer der
Streitpunkte der Aktienrechtsrevision (BÖCKLI, aaO, S. 74 Rz. 254). In
der nationalrätlichen Debatte wurde der Entwurf des Bundesrats in
der hier interessierenden Kompetenzfrage dahingehend ergänzt, dass
der Generalversammlung in Art. 650 Abs. 2 Ziff. 8 OR nicht bloss der
Entscheid über die Aufhebung oder Beschränkung des Bezugsrechts, sondern
zusätzlich jener über die Verwendung nicht ausgeübter oder entzogener
Bezugsrechte zugewiesen wurde. Damit sollten nach den Darlegungen des
französischsprachigen Kommissionssprechers die nicht dem Verwaltungsrat
angehörenden Aktionäre besser geschützt werden (Amtl.Bull. N 1985 1679).

    Es bedarf keiner besonderen Erörterungen, dass die gesetzlichen
Zielsetzungen einer Flexibilisierung der Kapitalbeschaffung mit der
Verlagerung der Durchführungskompetenz von der Generalversammlung
auf den Verwaltungsrat einerseits und die formelle Stärkung der
Aktionärsstellung bezüglich einer Aufhebung oder Beschränkung
des Bezugsrechts anderseits dort kollidieren, wo das genehmigte
Kapital die Ergreifung von Massnahmen ermöglichen soll, die zwar
dem gesetzgeberischen Ziel dieser Kapitalbereitstellung entsprechen,
im Zeitpunkt des Ermächtigungsbeschlusses aber weder spruchreif noch
fassbar sind, jedoch von ihrer Art her eine Aufhebung oder Schmälerung
des Bezugsrechts bedingen (Erwerb von Beteiligungen, Annexionen, Ausgabe
von Mitarbeiteraktien). Nach dem zwischen ordentlicher und genehmigter
Kapitalerhöhung insoweit nicht differenzierenden Gesetzeswortlaut von
Art. 650 Abs. 2 Ziff. 8 und Art. 651 Abs. 3 OR hat auch diesfalls die
Generalversammlung über das Schicksal der Bezugsrechte zu befinden, und
zwar im Ermächtigungsbeschluss selbst. Ausgeschlossen ist ein späterer
Generalversammlungsbeschluss über das Schicksal der Bezugsrechte in
Kenntnis des konkretisierten Erhöhungszwecks (vgl. Thomas von Planta,
aaO, S. 68). Indessen drängt sich aus den bereits dargelegten Gründen
die Frage auf, ob der Wortlaut der massgebenden Gesetzesvorschriften mit
deren Rechtssinn übereinstimmt.

    cc) Der angefochtene Generalversammlungsbeschluss verpflichtet den
Verwaltungsrat, die bei der Realisierung der genehmigten Kapitalerhöhung
auszugebenden Aktien den Aktionären anzubieten, ermächtigt ihn aber
gleichzeitig, davon abzusehen, wenn er die Mittel zum Zweck einer
gänzlichen oder teilweisen Unternehmensübernahme, einer Beteiligung
an andern Unternehmen oder zur Finanzierung derartiger Transaktionen
einsetzen will. Die Voraussetzungen des Bezugsrechtsausschlusses werden
damit zwar bestimmt, allerdings nur in generell-abstrakter und nicht
in individuell-konkreter Form. Die Ermächtigung umfasst somit auch
die Konkretisierung des Zwecks der Kapitalbeschaffung. Zu prüfen ist im
folgenden, ob damit der Trennung der Organkompetenzen noch hinreichend
Rechnung getragen wird.

    Wie bereits festgehalten worden ist, soll die genehmigte
Kapitalerhöhung dem Verwaltungsrat namentlich ermöglichen, die für
die Durchführung von Beteiligungsnahmen und Annexionen erforderlichen
Aktien rasch bereitzustellen und die Übernahmeverhandlungen diskret zu
führen. Im Zeitpunkt des Generalversammlungsbeschlusses ist indessen in der
Regel nicht genau bekannt, wofür die Aktien dienen sollen, insbesondere
kann noch offen sein, welche Unternehmen ganz oder zum Teil übernommen
werden sollen. Einer Offenbarung bereits angebahnter, aber noch nicht
abgeschlossener Verhandlungen stehen sodann die Geheimhaltungsinteressen
der Beteiligten entgegen. Kann diesfalls aber - entsprechend dem
Gesetzeswortlaut - der Verwaltungsrat mangels bestimmten Verwendungszwecks
der neuen Aktien nicht in den Stand gesetzt werden, das Bezugsrecht der
bisherigen Aktionäre auszuschliessen, so ist ein Ermächtigungsbeschluss
der Generalversammlung zur Ausschöpfung des genehmigten Kapitals erst nach
der Konkretisierung der Sachlage möglich. Dies dürfte in aller Regel die
Aufnahme und Führung effizienter Übernahmeverhandlungen behindern, da der
Verhandlungspartner sich kaum der mit einer voluntaristischen Bedingung
des Bezugsrechtsausschlusses verbundenen Publizität aussetzen wird, die
zudem im Hinblick auf die Aktienkurse und den durch sie beeinflussten
Ausgabepreis der neuen Aktien häufig nicht im Interesse der übernehmenden
Gesellschaft liegt. Wäre demnach Art. 651 Abs. 3 OR so auszulegen, dass
er in Verbindung mit Art. 650 Abs. 2 Ziff. 8 OR eine Ermächtigung des
Verwaltungsrats zum Entscheid über das Bezugsrecht ausschliesst, würde
die Verwendbarkeit der genehmigten Kapitalerhöhung zu den ihr zugedachten
Zwecken in der Praxis weitgehend illusorisch.

    Das alte Aktienrecht unterstellte die Aufhebung des Bezugsrechts
nicht unübertragbar dem Beschluss der Generalversammlung, sondern behielt
ausdrücklich eine statutarische Regelung vor (Art. 698 Abs. 2 Ziff. 5 in
Verbindung mit Art. 652 aOR). In der Literatur waren die Auffassungen
darüber geteilt, ob eine Delegation der Ausschlussbefugnis an den
Verwaltungsrat zulässig sei. Die Frage wurde aber mehrheitlich bejaht
(vgl. die Zitate in BGE 117 II 290 E. 4e/cc S. 303). Das Bundesgericht
hielt eine Delegation dann für unzulässig, wenn sie dem Verwaltungsrat
ermöglichen sollte, das aktienrechtliche Gleichbehandlungsgebot zu
verletzen (BGE 91 II 298, 303/4). In BGE 117 II 290 ff. (E. 4e) hat
es aber präzisiert, dass der Bezugsrechtsausschluss für sich allein
nicht als Machtmissbrauch der Mehrheit zu werten sei; er müsse jedoch
sachlich gerechtfertigt sein und habe die Gebote der Gleichbehandlung
der Aktionäre und der schonenden Rechtsausübung zu wahren. Unter diesen
Voraussetzungen wurde die Möglichkeit bejaht, die Entscheidungskompetenz
dem Verwaltungsrat zu übertragen, wobei eine Ermächtigung jedoch in
Übereinstimmung mit BGE 91 II 298 ff. als unzulässig betrachtet wurde,
wenn sie auf unrechtmässige Zwecke hinzielte. Als Prinzip galt, dass nur
der Ermächtigungsbeschluss mit dem Grundsatz und den Leitlinien in den
Kontext der Statuten aufzunehmen war, dagegen die konkreten Einzelheiten
zum Ausschluss des Bezugsrechts und zur Verwendung der nicht ausgeübten
oder nicht ausübbaren Bezugsrechte nicht darin festgehalten werden mussten.

    Das geltende Recht lässt statutarische Beschränkungen des
Bezugsrechts nicht mehr zu, sondern hält eine ausschliessliche
Zuständigkeit der Generalversammlung fest (Art. 650 Abs. 2 Ziff. 8,
Art. 651 Abs. 3, Art. 698 Abs. 2 Ziff. 6 und Art. 704 Abs. 1 Ziff. 6
OR). Für das Verfahren der ordentlichen Kapitalerhöhung ist damit eine
Delegation an den Verwaltungsrat nach Wortlaut und Sinn des Gesetzes
ausgeschlossen. Hinsichtlich der genehmigten Kapitalerhöhung ist die
Rechtslage dagegen unklar, da - wie aufgezeigt - zwischen Wortlaut und
Gesetzeszweck ein Widerspruch besteht. Dementsprechend sind denn auch
die Meinungen in der Literatur geteilt (vgl. vorangehende E. 1c). Von
den Autoren, welche eine Delegation für zulässig halten, schreibt Reymond
die Kontroverse einem Missverständnis zu, weil nach seiner Auffassung
das Gesetz lediglich verlangt, dass im Beschluss der Generalversammlung
die wichtigen Gründe aufgelistet werden, welche der Verwaltungsrat bei der
Aufhebung des Bezugsrechts zu beachten habe (aaO, S. 157). Er verweist auf
die bundesrätliche Botschaft, nach welcher die Generalversammlung unter
Umständen über den Ausschluss vom Bezugsrecht zu beschliessen habe, ohne
dass ihr die genauen Gründe offengelegt werden können, und ihr lediglich
die abstrakten Verwendungszwecke der neuen Aktien bekanntgegeben
werden. Folglich habe die Verwaltung im Kapitalerhöhungsbericht
darüber Aufschluss zu geben, ob die Voraussetzungen, unter denen der
Bezugsrechtsausschluss für zulässig erklärt wurde, in Wirklichkeit
eingehalten worden sind. Im gleichen Sinn ist Isler der Auffassung,
die für die genehmigte Kapitalerhöhung unerlässliche Flexibilität
erfordere die Möglichkeit, den Verwaltungsrat im Erhöhungsbeschluss zu
ermächtigen, das Bezugsrecht für spezielle, von der Generalversammlung
abstrakt umschriebene Verwendungszwecke der neuen Aktien auszuschliessen
(aaO, S. 730 Fn. 24). Der Verwaltungsrat soll ermächtigt werden können,
die vorgegebenen Ausschlussgründe zu konkretisieren, nicht aber auch,
sie in eigener Kompetenz zu bestimmen (OR-ZINDEL/ISLER, N. 9 zu Art. 652b
OR). Schliesslich betrachten BÖCKLI (aaO, S. 81 f. Rz. 280 ff.) und
ihm folgend FORSTMOSER (Zulässigkeit des Festübernahmeverfahrens für
Kapitalerhöhungen unter neuem Aktienrecht?, SZW 65/1993, S. 101 ff.,
S. 105 f.) die Rechtsprechung des Bundesgerichts zum alten auch für
das neue Aktienrecht als sachgerecht und massgebend, weil sie allein die
Funktionalität des genehmigten Kapitals gewährleiste. Funktional müsse
der Generalversammlung einzig die Festlegung des Rahmens zustehen,
dessen Ausfüllung in allen Einzelheiten könne dem Verwaltungsrat
überlassen werden. Noch weiter geht Nobel, der genügen lässt, dass die
Generalversammlung den Verwaltungsrat im Delegationsbeschluss bloss auf
die wichtigen Gründe oder das Gesetz verweist, ohne dass die Art der
wichtigen Gründe anzugeben sei (aaO, S. 1176).

    Der Wortlaut von Art. 651 Abs. 3 OR widerspricht der ratio legis, der
Aktiengesellschaft mit dem genehmigten Kapital ein Instrument zur Verfügung
zu stellen, mit dem sie sich die für besondere Zwecke erforderlichen
Mittel flexibel zu beschaffen vermag. Das bereitgestellte Kapital könnte
im Normalfall die ihm vom Gesetzgeber zugedachten Funktionen gar nicht
erfüllen, wenn der Entscheid über den Bezugsrechtsentzug bereits in
allen Einzelheiten im Ermächtigungsbeschluss getroffen werden müsste
und es nicht dem Verwaltungsrat überlassen werden dürfte, ihn nach
Massgabe des Kapitalbedarfs zu konkretisieren. Den Materialien ist
nicht zu entnehmen, dass der Gesetzgeber sich dieses Problems bewusst
gewesen ist und die Lösung im Sinne des Gesetzeswortlauts hat treffen
wollen. Aus der Absicht, den Schutz des Bezugsrechts zu verstärken, folgt
sodann teleologisch nicht zwingend, dass die Interessenabwägung stets nur
anhand eines konkreten Projektes vorzunehmen sei. Wird berücksichtigt,
dass die Ermächtigung des Verwaltungsrats auf bis zu zwei Jahre befristet
werden kann (Art. 651 Abs. 1 OR), so erscheint die Annahme lebensfremd,
die Einzelheiten des Bezugsrechts liessen sich bereits im Zeitpunkt des
Ermächtigungsbeschlusses endgültig festlegen. Zu beachten ist zudem,
dass der Entscheid über die Zulässigkeit des Entzugs der Bezugsrechte
zwar vorrangig vom Verwendungszweck der neuen Aktien abhängt, ebenso
aber auch vom Preis dieser Aktien, denn die relative Vermögenseinbusse
des Altaktionärs, die Vermögensverwässerung, ist um so geringer, je näher
der Ausgabepreis beim Marktwert liegt (BÖCKLI, aaO, S. 80 Rz. 277). Über
die Frage der Zumutbarkeit einer solchen Vermögenseinbusse lässt sich
daher von vornherein erst befinden, wenn auch die vermögensmässigen
Folgen des Bezugsrechtsausschlusses zu überblicken sind, das heisst
namentlich der Ausgabepreis der neuen Aktien feststeht. Im Zeitpunkt des
Ermächtigungsbeschlusses ist dies aber regelmässig nicht der Fall.

    Das Bezugsrecht hat eine mitgliedschaftsrechtliche und eine
vermögensrechtliche Seite (MEIER-HAYOZ/FORSTMOSER, Grundriss des
schweizerischen Gesellschaftsrechts, 7. Aufl., S. 286 f. Rz. 98
f.). Auf beide bezieht sich der Schutz, den Art. 652b Abs. 2 OR durch
die Voraussetzung wichtiger Gründe für den Bezugsrechtsausschluss und das
Gleichbehandlungsgebot bieten will. In vermögensrechtlicher Hinsicht ist
in diesem Zusammenhang - wie soeben erörtert - vor allem der Ausgabepreis
der neuen Aktien von Bedeutung. Im Zeitpunkt des Beschlusses einer
genehmigten Kapitalerhöhung stehen diese für die Beurteilung massgebenden
Kriterien normalerweise noch nicht in konkreter Form fest. Müsste aber
ein ausreichend konkretisiertes Projekt abgewartet werden, das eine
solche Beurteilung mit Sicherheit zuliesse, so könnte ebensogut eine
ordentliche Kapitalerhöhung durchgeführt werden, womit das Institut
des genehmigten Kapitals toter Buchstabe bliebe. Dass dies nicht der
Regelungsabsicht des Gesetzgebers entspricht, liegt auf der Hand. Damit
sind die Voraussetzungen gegeben, den Rechtssinn von Art. 651 Abs. 3
OR in Einschränkung des Wortlauts nach dem zweckgerichteten Verständnis
der Norm zu bestimmen und das Versehen des Gesetzgebers, zwei materiell
verschiedene Sachverhalte gleichzustellen, so zu korrigieren, dass die
Regelung für beide Fälle praktikabel ist.

    Die teleologische Reduktion ist auf das erforderliche Mass zu
beschränken. Daher ist den vorne wiedergegebenen Literaturmeinungen zu
folgen, dass der Ermächtigungsbeschluss die wesentlichen Zwecke zu nennen
hat, zu deren Verfolgung das Bezugsrecht ausgeschlossen werden darf,
der Entscheid darüber aber gemäss den Vorgaben der Generalversammlung
an den Verwaltungsrat delegiert werden kann. Zu weit geht dagegen eine
Ermächtigung des Verwaltungsrats, die Ausschlussgründe in eigener Kompetenz
festzulegen. Selbstverständlich ist sodann, dass die Generalversammlung
auch nach geltendem Recht nicht befugt ist, die Kompetenzdelegation
auf unrechtmässige Vorgänge auszurichten. Geschieht dies dennoch, so
besteht die Möglichkeit, gegen den Beschluss der Generalversammlung
Anfechtungsklage zu erheben (Art. 706 OR). Gegen Missbräuche der
rechtmässig delegierten Kompetenz durch den Verwaltungsrat kann sich ein
betroffener Aktionär dagegen nur mit den Haftungsklagen gemäss Art. 722
und Art. 754 OR zur Wehr setzen. Aus dem mitgliedschaftsrechtlichen
Blickwinkel mag diese Lösung unbefriedigend erscheinen, aus dem Zweck der
gewollten Flexibilisierung der Kapitalbeschaffung drängt sie sich jedoch
auf. Zudem ist zu beachten, dass die Delegationskompetenz auch weiterhin
nicht generell, sondern bloss individuell, nach den Gegebenheiten des
konkreten Falls zu beurteilen und zu umschreiben ist. Dabei ist nicht
ausser acht zu lassen, dass das Bezugsrecht seine Hauptbedeutung in
den Aktiengesellschaften kleinerer und mittlerer Grösse hat, seine
mitgliedschaftsrechtliche Bedeutung aber geringer ist, wenn es um
Grossgesellschaften mit börsenkotierten und weit gestreuten Aktien
geht. Hier kann ein Aktionär seine Stellung in der Regel auf dem freien
Markt sichern oder ausbauen. Werden die neuen Aktien solcher Gesellschaften
zudem zu Marktbedingungen ausgegeben, verliert das Bezugsrecht weitgehend
seine vermögensrechtliche Bedeutung als Kapitalertrag (vgl. HIRSCH,
SZW 63/1991, S. 295).

    Hinzu kommt, dass der Beschluss der Generalversammlung über eine
genehmigte Kapitalerhöhung in jedem Fall eine bezugsrechtsrelevante
Ermächtigung an den Verwaltungsrat beinhaltet, auch wenn die Möglichkeit
des Ausschlusses bereits an einem konkreten Projekt orientiert wird. Selbst
diesfalls wird der Verwaltungsrat bloss autorisiert und nicht verpflichtet,
die neuen Aktien Dritten zuzuweisen. Es bleibt ihm deshalb überlassen,
vom in Aussicht genommenen Projekt abzusehen und das Bezugsrecht wieder
aufleben zu lassen. Diese Entscheidungsfreiheit kann im Rahmen des
Ermächtigungsbeschlusses ausdrücklich festgehalten werden (OR-ZINDEL/ISLER,
N. 9 zu Art. 652b OR). Sie steht dem Verwaltungsrat aber auch dann zu,
wenn dies von der Generalversammlung nicht vorgesehen worden ist (KURER,
SZW 66/1994, S. 293), was ohne weiteres bereits aus dem Begriff der
Ermächtigung als Kompetenzzuteilung folgt (Art. 651 Abs. 1 OR).

    Diese Überlegungen führen zum Ergebnis, dass die bisherige
Rechtsprechung (BGE 117 II 290 E. 4e/cc S. 302 ff.) grundsätzlich auch
unter der Herrschaft des neuen Aktienrechts gilt und damit eine Delegation
des Entscheids über den Bezugsrechtsausschluss an den Verwaltungsrat unter
den genannten Voraussetzungen zulässig ist. Die gegenteilige Auffassung
des Handelsgerichts verletzt somit Bundesrecht.

Erwägung 2

    2.- Zwischen den Parteien ist im weitern streitig, ob die Gründe,
welche den Ausschluss des Bezugsrechts erlauben, im Delegationsbeschluss
der Generalversammlung ausreichend konkret umschrieben worden sind.

    Wie bereits dargelegt worden ist, hat der Ermächtigungsbeschluss
der Generalversammlung den Grundsatz und die Leitlinien, das heisst
die Rahmenbedingungen zu enthalten, unter welchen der Verwaltungsrat
befugt ist, das Bezugsrecht der Aktionäre auszuschliessen oder zu
beschränken. Ungenügend wäre daher, dem Verwaltungsrat ohne nähere
Eingrenzung einzig aufzutragen, das Bezugsrecht nach Massgabe des
Gesetzes oder aus wichtigen Gründen zu entziehen. Aus dem auch im
Gesellschaftsrecht gültigen Vertrauensgrundsatz folgt sodann, dass
die Verwaltung die Generalversammlung über konkrete Absichten soweit
möglich umfassend zu orientieren hat, es sei denn, legitime Interessen der
Gesellschaft oder Dritter ständen dieser Offenbarung entgegen. Das bedeutet
indessen nicht, dass eine genehmigte Kapitalerhöhung mit Ermächtigung zum
Bezugsrechtsentzug immer dann ausgeschlossen ist, wenn die Realisierung
eines konkreten Vorhabens noch unsicher erscheint. Vielmehr ist auch hier
auf eine Interessenabwägung im Einzelfall abzustellen. Vom Standpunkt
des bezugsberechtigten Aktionärs aus macht es dabei einen Unterschied,
ob das genehmigte Kapital einer bedeutenden Publikumsgesellschaft oder
einer kleinen bis mittleren, mit personalistischen Elementen durchsetzten
Gesellschaft zur Verfügung gestellt werden soll. Weiter ist im allgemeinen
erheblich, in welcher relativen Höhe sich das genehmigte zum bisherigen
Aktienkapital verhält, ist doch für die Altaktionäre von Bedeutung,
ob Dritte neu mit der Hälfte des bisherigen Aktienkapitals oder bloss
mit einer marginalen Quote an der Gesellschaft beteiligt werden sollen
(KURER, SZW 66/1994, S. 294). Entsprechend sind die Anforderungen an die
von der Generalversammlung festzulegenden Rahmenbedingungen differenziert
zu bestimmen. Geht es um Publikumsgesellschaften mit breit gestreutem,
börsenkotiertem Aktienkapital, dürfen die Anforderungen nicht überdehnt
werden. In solchen Fällen muss es in Berücksichtigung des mit dem
genehmigten Kapital verfolgten Zweckes genügen, dass der Verwaltung
in einer den allgemeinen Begriff des wichtigen oder sachlichen Grundes
eingrenzenden Anordnung die Kompetenzen beschränkt werden. Es braucht nicht
das individuelle Vorhaben als solches bezeichnet zu werden, welches den
Ausschluss des Bezugsrechts rechtfertigen soll, sondern es genügt, dass
der Verwaltung durch generell-abstrakte Weisungen ein sachlich begrenzter
Ermessensspielraum gesetzt wird, innerhalb dessen sie geschäftspolitisch
tätig werden kann.

    Die in der angefochtenen Statutenbestimmung der Beklagten -
einer Publikumsgesellschaft mit börsenkotiertem, breit gestreutem
Aktienkapital - genannten Ausschlussgründe der Übernahme von Unternehmen,
Unternehmensteilen oder Beteiligungen entsprechen den in Art. 652b Abs. 2
OR aufgeführten Beispielen sowie den gesetzespolitischen Zielsetzungen des
genehmigten Kapitals. Die genehmigte Kapitalerhöhung um insgesamt höchstens
200 Millionen Franken machte knapp 7,8% des damaligen Aktienkapitals von
2'575 Millionen Franken aus (Stand vom 23. April 1993). Unter Einbezug
des von der Generalversammlung gleichzeitig beschlossenen bedingten
Kapitals von höchstens 100 Millionen Franken ergibt sich ein maximaler
Kapitalzuwachs um rund 11,6%. Unter diesen Umständen ist die Umschreibung
der Entzugsvoraussetzungen im Delegationsbeschluss aus den dargelegten
Gründen als hinreichend konkret zu beurteilen. Insoweit verstösst der
angefochtene Generalversammlungsbeschluss nicht gegen Bundesrecht.

Erwägung 3

    3.- Bereits im kantonalen Verfahren war zudem streitig, ob die im
Delegationsbeschluss erwähnte Finanzierung von Übernahmen und Beteiligungen
als sachlicher oder wichtiger Grund für den Bezugsrechtsausschluss gelten
könne. Das Handelsgericht liess die Frage letztlich offen, äusserte sich
aber dennoch zu den Argumenten der Beklagten, welche diese nun auch im
bundesgerichtlichen Verfahren vorbringt. Die Beklagte führt zur Begründung
ihres Standpunktes die bankenrechtlichen Eigenmittelanforderungen, die
Notwendigkeit rascher Mittelbeschaffung, die sachgerechte Plazierung von
Aktien auf besonderen Kapitalmärkten und die wirtschaftlichen Vorteile
für die Gesellschaft an.

    Nach Auffassung des Handelsgerichts durfte die Beklagte im
gerichtlichen Verfahren nur solche Argumente vorbringen, die bereits
an der Generalversammlung erwähnt worden waren; ein Nachschieben von
anderen Gründen - zu denen es sich aber trotzdem äusserte - hielt es für
unzulässig. In dieser Begründung liegt nicht etwa eine das Bundesgericht
bindende Beschränkung des rechtserheblichen Sachverhalts (Art. 63
Abs. 2 OG), sondern bloss ein Einwand aus der gebotenen Aufklärung der
Aktionäre, über den als Rechtsfrage im Berufungsverfahren entschieden
werden kann. Dabei ist der Auffassung des Handelsgerichts nicht zu
folgen, dass bei der normativen Beurteilung einer Statutenänderung im
Anfechtungsverfahren nur jene Argumente zu beachten wären, die in der
Generalversammlung zur Sprache gekommen sind. Die Rechtskonformität einer
beschlossenen Regelung kann vielmehr umfassend geprüft werden, was sich
bereits aus dem bundesrechtlichen Grundsatz der Rechtsanwendung von Amtes
wegen ergibt.

    Die Hinweise der Beklagten auf die bankenrechtlichen
Eigenmittelanforderungen und die wirtschaftlichen Nachteile
einer Kapitalerhöhung mit Gewährung des Bezugsrechts gegenüber den
Vorteilen einer Drittplazierung der Aktien vermögen allerdings nicht zu
überzeugen. So fliessen die erforderlichen Eigenmittel der Gesellschaft
auch bei Wahrung des Bezugsrechts zu, wie das Handelsgericht zutreffend
festgehalten hat. Die wirtschaftlichen Nachteile des Bezugsrechts für
die Gesellschaft sodann sind, sofern sie sich tatsächlich auswirken,
dem Schutzanspruch der bisherigen Aktionäre immanent und vermögen
für sich allein dessen Aufhebung nicht zu rechtfertigen. Zwar ist
nicht zu verkennen, dass die Gesellschaft im Einzelfall ein gewichtiges
Interesse haben kann, möglichst viel Eigenkapital zum Marktwert der Aktien
aufzunehmen und privilegierte Aktienzeichnungen der Bezugsberechtigten zu
vermeiden, doch lässt sich daraus allenfalls der Bezugsrechtsausschluss
als solcher begründen (dazu OR-ZINDEL/ISLER, N. 20 zu Art. 652b OR), im
allgemeinen aber nicht auch eine Kompetenzdelegation an den Verwaltungsrat
ausserhalb konkreter Vorhaben. Dass der vorliegende Fall in dieser Hinsicht
besonders gelagert sei, ist weder festgestellt noch geltend gemacht.

    Zu erörtern bleiben damit die Hinweise der Beklagten auf Zeitbedarf und
marktbezogenen Finanzierungsspielraum. Diese Umstände werden im Gesetz zwar
nicht als wichtige Gründe genannt, doch ist die Aufzählung in Art. 652b
Abs. 2 OR nicht abschliessend, sondern lediglich exemplifikatorisch. Die
Delegationskompetenz ist mithin auch insoweit nach der ratio legis und
den Besonderheiten des Einzelfalls zu beurteilen. Was den Zeitbedarf
anbelangt, erscheint die Angabe der Beklagten durchaus realistisch, dass
es ihr als Grossgesellschaft mit breit und international gestreutem
Aktienkapital im Fall der Gewährung des Bezugsrechts nicht möglich
ist, eine Liberierungsfrist von rund einem Monat zu unterschreiten,
ohne das Gebot der Gleichbehandlung der Aktionäre zu verletzen. Bereits
unter diesem Gesichtspunkt liesse sich der Ausschluss des Bezugsrechts
rechtfertigen. Wesentlicher ist indessen das weitere Argument des
Finanzierungsspielraums. In der Literatur wird zutreffend darauf
hingewiesen, dass internationale Aktienplazierungen zu Marktbedingungen
häufig einem echten Bedürfnis von Grossgesellschaften entsprechen und auf
den internationalen Märkten auch verbreitet praktiziert werden (HIRSCH,
SZW 63/1991, S. 295). BÖCKLI bezeichnet solche Aktienplazierungen sogar
als wichtigsten Fall, in dem sich bei international tätigen Gesellschaften
der Entzug des Bezugsrechts rechtfertige (aaO, S. 79 Rz. 272). ISLER
(aaO, S. 735), ZINDEL/ISLER (N. 20 zu Art. 652b OR) und ANDREAS VON
PLANTA (Aktionärsschutz bei der bedingten Kapitalerhöhung, SZW 64/1992,
S. 205 ff., S. 208) sprechen sich ebenfalls für die Möglichkeit des
Bezugsrechtsentzugs zu solchen Zwecken aus. Schliesslich weist NOBEL (aaO,
S. 1175) zutreffend darauf hin, dass die Finanzierung von Investitionen
zwar für sich allein kaum als wichtiger Grund betrachtet werden darf,
dagegen die Interessenabwägung bei bestimmten Finanzierungssituationen
einen Entzug zu rechtfertigen vermag, namentlich wenn damit eine Kotierung
der Aktien an ausländischen Börsen verbunden ist. Das trifft vor allem für
solche internationalen Sachverhalte zu, bei denen im Falle von Annexionen,
Fusionen oder wesentlichen Beteiligungserwerben einer Vorschrift des
ausländischen Rechts nachzuleben ist, wonach Aktien der übernehmenden
Gesellschaft am Sitz der übernommenen Gesellschaft zu kotieren oder
mindestens auf dem dortigen Aktienmarkt zu plazieren sind. Aus diesen
Gründen ist davon auszugehen, dass auch die Finanzierung von Übernahmen
und Beteiligungen im Einzelfall die Aufhebung des Bezugsrechts zu
rechtfertigen vermag.

    In solchen Fällen ist es zudem zulässig, dass die Generalversammlung
den Entscheid über den Entzug des Bezugsrechts an die Verwaltung
delegiert. Die Gefahr der Kapitalverwässerung erscheint unter den
geschilderten Umständen als gering bzw. vermeidbar, da einerseits bei der
Plazierung der Aktien die Marktkonditionen zu beachten sind und anderseits
im Fall unterbewerteter börsenkotierter Aktien für die Aktionäre die
Möglichkeit besteht, sich auf dem Markt einzudecken. Nicht auszuschliessen
ist allerdings die Gefahr einer Verringerung des Gewinnanteils und
der relativen Stimmkraft (Gewinnanteil- und Stimmrechtsverwässerung;
vgl. BÖCKLI, aaO, S. 79 Rz. 273), doch gebührt insoweit den überwiegenden
Interessen der Gesellschaft der Vorrang. Allerdings hat die Verwaltung die
sich aus dem Gebot der schonenden Rechtsausübung ergebenden Schranken beim
Entscheid über den Bezugsrechtsentzug besonders sorgfältig zu beachten,
weshalb auch hohe Anforderungen an die im Rechenschaftsbericht nach
Art. 652e Ziff. 4 OR aufzuführende Begründung zu stellen sind.

    Diese Erwägungen führen zum Ergebnis, dass der angefochtene
Generalversammlungsbeschluss auch in diesem Punkt nicht gegen Bundesrecht
verstösst.

Erwägung 4

    4.- a) Gemäss Art. 650 Abs. 2 Ziff. 8 OR ist im Ermächtigungsbeschluss
der Generalversammlung die Zuweisung nicht ausgeübter oder entzogener
Bezugsrechte zu regeln. Nach Auffassung des Handelsgerichts sind auch
in diesem Zusammenhang konkrete Angaben erforderlich, namentlich zum
Kreis der Enderwerber, die im angefochtenen Generalversammlungsbeschluss
indessen fehlten, weshalb dieser auch insoweit bundesrechtswidrig sei.

    Mit dem angefochtenen Beschluss hat die Generalversammlung den
Verwaltungsrat ermächtigt, die allenfalls entzogenen Bezugsrechte Dritten
zuzuweisen. Aufgrund einer sachgerechten Auslegung, die vor allem die
in der Statutenbestimmung erwähnten Ausschlussgründe berücksichtigt,
ergibt sich, dass als Dritte nur entweder die Inhaber der übernommenen
Unternehmen sowie im Falle eines Finanzierungsausschlusses das Publikum in
Frage kommen. Insoweit steht die Regelung in engem sachlichem Zusammenhang
mit jener bezüglich des Entzugstatbestands und ist gleich wie diese als
bundesrechtskonform zu betrachten. Eine weitergehende Individualisierung
der Enderwerber verlangt Art. 650 Abs. 2 Ziff. 8 OR nicht (vgl. BÖCKLI,
aaO, S. 54 Rz. 180).

    Die nicht ausgeübten Bezugsrechte stehen nach dem angefochtenen
Beschluss zur Verfügung des Verwaltungsrats, der sie im Interesse der
Gesellschaft zu verwenden hat. Diese Kompetenzdelegation ist nicht zu
beanstanden, zumal die Anforderungen an die statutarische Regelung hier
weniger hoch anzusetzen sind als im Fall des Entzugs der Bezugsrechte,
weil dem Vorgang ein freiwilliger Verzicht zugrunde liegt, mit welchem der
Bezugsberechtigte zu erkennen gibt, dass er eine mögliche Beeinträchtigung
seiner Mitgliedschafts- und Vermögensrechte in Kauf nimmt. Eine solche
Delegation wird denn auch in der Literatur als zulässig erachtet (BÖCKLI,
aaO, S. 54 Rz. 180; OR-ZINDEL/ISLER, N. 29 zu Art. 650 OR; WATTER, Die
Gründung und Kapitalerhöhung im neuen Aktienrecht, Schriftenreihe SAV,
Heft 11, S. 55 ff., S. 59). Mit der Verpflichtung des Verwaltungsrats,
die Bezugsrechte im Interesse der Gesellschaft zu verwenden, wird zudem
klargestellt, dass eine Veräusserung in der Regel zu Marktkonditionen zu
erfolgen hat. Im weitern wird damit sichergestellt, dass der Verwaltungsrat
entsprechend der Regelungsabsicht des Gesetzgebers die Interessen der
ihm nicht angehörenden Aktionäre bei der Verwendung der Bezugsrechte
berücksichtigen muss.

    b) Die vorangehenden Erwägungen führen zum Ergebnis, dass der
angefochtene Generalversammlungsbeschluss nicht gegen Bundesrecht
verstösst, soweit damit die Schaffung eines genehmigten Aktienkapitals
beschlossen worden ist. Die Berufung erweist sich insoweit als begründet.

Erwägung 5

    5.- Nach dem Gesetz kann die Generalversammlung eine bedingte
Kapitalerhöhung beschliessen, indem sie in den Statuten den Gläubigern von
neuen Anleihens- oder ähnlichen Obligationen gegenüber der Gesellschaft
oder ihren Konzerngesellschaften sowie den Arbeitnehmern Rechte auf den
Bezug neuer Aktien (Wandel- oder Optionsrechte) einräumt (Art. 653 Abs. 1
OR). Sollen mit Wandel- oder Optionsrechten verbundene Obligationen
ausgegeben werden, ist den Aktionären entsprechend ihrer bisherigen
Beteiligung ein Vorwegzeichnungsrecht einzuräumen (Art. 653c Abs. 1
OR), das nur aus wichtigem Grund beschränkt oder aufgehoben werden
kann (Art. 653c Abs. 2 OR). Diesfalls haben die Statuten gemäss dem
Wortlaut des Gesetzes die Voraussetzungen für die Ausübung der Wandel-
oder Optionsrechte sowie die Grundlagen zu enthalten, nach denen der
Ausgabebetrag zu berechnen ist (Art. 653b Abs. 2 OR).

    Das Handelsgericht redet angesichts der nach ihrem Wortlaut in
verschiedener Hinsicht wenig praktikablen gesetzlichen Ordnung (vgl. dazu
FORSTMOSER, SZW 64/1992, S. 61 f.; ANDREAS VON PLANTA, aaO, S. 207)
einem gesellschaftsfreundlichen Verständnis des Instituts das Wort,
indem es zu Recht die ratio legis in den Vordergrund stellt. Dennoch
hält es den angefochtenen Beschluss für ungültig, im wesentlichen mit
den Begründungen, dass die Kreise der Wandel- oder Optionsberechtigten
zuwenig differenziert angegeben, der Entscheid über die Aufhebung des
Vorwegzeichnungsrechts unzulässigerweise von der Generalversammlung an
den Verwaltungsrat delegiert und dem Erfordernis des wichtigen Grundes
nicht hinreichend Ausdruck gegeben worden sei.

    a) Die Statuten haben unter anderem den Kreis der Wandel- oder
der Optionsberechtigten anzugeben (Art. 653b Abs. 1 Ziff. 3 OR). Die
angefochtene Statutenbestimmung beschränkt diesen Kreis undifferenziert
auf die Inhaber von mit Wandel- oder Optionsrechten verbundenen
Anleihensobligationen einerseits und auf die zu beteiligenden Mitarbeiter
anderseits. Das Handelsgericht hält diese Angaben unter Hinweis auf
Literaturmeinungen (ANDREAS VON PLANTA, aaO, S. 207; OR-ISLER/ZINDEL, N
13 zu Art. 653b) für ungenügend, da die Generalversammlung zu entscheiden
habe, ob und wieviel der mittels bedingter Kapitalerhöhung geschaffenen
Aktien maximal welcher Gruppe zur Verfügung stehen sollen. Dieser
Auffassung ist zuzustimmen, namentlich mit Blick auf das Bezugsrecht der
Aktionäre, das bei der Begebung von Mitarbeiteraktien notwendigerweise
ausgeschlossen ist, wogegen es bei Anleihensobligationen durch das
gesetzliche Vorwegzeichnungsrecht im Regelfall mittelbar gewahrt bleibt.
Der Aktionär hat daher Anspruch darauf zu wissen, welcher Betrag des
bedingten Kapitals maximal den Mitarbeitern zur Verfügung gestellt
wird. Wie ANDREAS VON PLANTA (aaO, S. 207) zutreffend ausführt, geht es
nicht an, für die Mitarbeiterbeteiligung ausgegebene Aktien zur Deckung von
Wandelanleihen zu verwenden und umgekehrt. Die beidseitigen Maximalquoten
sind deshalb von der Generalversammlung selbst zu beschliessen und in
die Statuten aufzunehmen. Diesem Erfordernis genügt der angefochtene
Beschluss nicht.

    b) Zu Recht vertritt sodann das Handelsgericht die Meinung, dass der
Beschluss über den Entzug oder die Beschränkung des Vorwegzeichnungsrechts
systemgerecht in die Kompetenz der Generalversammlung falle. Das
ergibt sich zwangsläufig aus der engen Verbindung dieses Anspruchs mit
dem Bezugsrecht. Insoweit besteht denn auch Einigkeit in der Literatur
(BÖCKLI, aaO, S. 83 Rz. 288; OR-ISLER/ZINDEL, N. 20 zu Art. 653b und N. 8
zu Art. 653c; NOBEL, aaO, S. 1178). Aus den bereits im Zusammenhang mit der
genehmigten Kapitalerhöhung erörterten Gründen, die entsprechend gelten,
muss es auch bei der bedingten Kapitalerhöhung grundsätzlich zulässig
sein, die Entzugsbefugnis an den Verwaltungsrat zu delegieren. Dies setzt
nach dem Gesagten aber ebenfalls voraus, dass unter anderem die für einen
Entzug des Vorwegzeichnungsrechts erforderlichen wichtigen Gründe gemäss
Art. 653c Abs. 2 OR im Delegationsbeschluss mindestens in abstrakter Form
angegeben werden, das heisst ihre Bestimmung nicht dem Verwaltungsrat
überlassen werden kann. Diese rechtliche Gleichbehandlung der beiden
Sachverhalte drängt sich bereits aufgrund des einheitlich für beide
Arten der Kapitalerhöhung geltenden Verwässerungsschutzes auf. Wichtige
Gründe für den Ausschluss des Vorwegzeichnungsrechts werden indessen im
angefochtenen Beschluss nicht spezifiziert, so dass er auch in dieser
Hinsicht gegen Bundesrecht verstösst.

    Das Spezifikationserfordernis wird nicht etwa dadurch ersetzt, dass
der Verwaltungsrat im angefochtenen Beschluss verpflichtet wird, die
Anleihensbedingungen an den Marktverhältnissen zu orientieren. Diese
Verpflichtung setzt dem Entzug des Vorwegzeichnungsrechts zwar
eine Schranke, die indessen nicht mit jener des Vorliegens eines
sachlichen oder wichtigen Grundes übereinstimmt, da sie allein die
Vermögensrechte der Aktionäre wahrt, nicht aber auch die mittelbaren
Mitgliedschaftsrechte, deren Beschränkung einer zusätzlichen Rechtfertigung
bedarf. Die Ausrichtung auf die Marktbedingungen schliesst zudem eine
vermögensrechtliche Benachteiligung der Aktionäre nicht an sich schon
aus, namentlich nicht im Fall von unterbewerteten und auf dem Markt
nicht beliebig verfügbaren Titeln. Das Erfordernis eines von der Sache
und nicht bloss von den Anleihensbedingungen her wichtigen Grundes lässt
sich sodann auch nicht mit den Argumenten aus der Welt schaffen, dass in
aller Regel eine rasche Plazierung der Obligationen notwendig sei und das
Vorwegzeichnungsrecht angesichts des usanzgemäss eher bescheidenen Umfangs
des bedingten Kapitals ohnehin nur für grössere Aktionäre praktische
Bedeutung erlange. Abgesehen davon, dass auch die Inhaber namhafter
Aktienpakete Anspruch auf Rechtsschutz haben, käme diese Auffassung im
Ergebnis einem allgemeinen Verzicht auf das Vorwegzeichnungsrecht gleich,
was mit dem Gesetz auch bei weitester Auslegung nicht zu vereinbaren
wäre. Der Entzug des Vorwegzeichnungsrechts muss daher in jedem Fall
durch ein vorrangiges Interesse der Gesellschaft gerechtfertigt werden
können (REYMOND, aaO, S. 158). Anders entscheiden hiesse, das gesetzliche
Verhältnis von Regel und Ausnahme in sein Gegenteil zu verkehren (NOBEL,
aaO, S. 1178).

    c) Daraus folgt, dass der Beschluss zur bedingten Kapitalerhöhung
von der Vorinstanz zu Recht für ungültig erklärt worden ist. Insoweit
erweist sich die Berufung als unbegründet.