Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 121 III 16



121 III 16

5. Auszug aus dem Urteil der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer vom 4.
Januar 1995 i.S. Firma F. AG. (Rekurs) Regeste

    Zustellung einer Betreibungsurkunde (Art. 65 Abs. 1 Ziff. 2 SchKG).

    Auch der nicht dem Verwaltungsrat angehörende Geschäftsführer einer
Aktiengesellschaft muss zur Entgegennahme einer Betreibungsurkunde
berechtigt sein.

Sachverhalt

    A.- Das Betreibungsamt Küsnacht stellte dem Geschäftsführer der Firma
F. AG in der Betreibung Nr. 4149 am 30. Juni 1994 die Konkursandrohung zu.

    Das Bezirksgericht Meilen als untere kantonale Aufsichtsbehörde
über die Betreibungsämter hiess die von der Firma F. AG dagegen erhobene
Beschwerde am 9. August 1994 gut und hob die Konkursandrohung auf. Das
Obergericht des Kantons Zürich als obere kantonale Aufsichtsbehörde über
Schuldbetreibung und Konkurs hob den bezirksgerichtlichen Beschluss auf,
korrigierte den Betrag der Konkursandrohung und wies im übrigen den Rekurs
der Firma N. AG am 23. November 1994 ab.

    Die Firma F. AG ist mit Rekurs vom 5. Dezember 1994 an die
Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts gelangt. Sie
beantragt, den Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich aufzuheben
und denjenigen des Bezirksgerichts Meilen zu schützen.

    Das Obergericht des Kantons Zürich verzichtet anlässlich der
Aktenübersendung auf Gegenbemerkungen.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 3

    3.- Nach Auffassung der Rekurrentin ist die Konkursandrohung
aufzuheben, da auf dieser Urkunde kein Vertreter der betreibenden
Gläubigerin angegeben und die Aushändigung zudem an den Ehemann ihrer
Verwaltungsrätin und nicht an diese selber erfolgt war.

    a) Die Konkursandrohung enthält unter anderem auch die Angaben
des Betreibungsbegehrens (Art. 160 Abs. 1 Ziff. 1 SchKG). Der Name
und Wohnort des Gläubigers ist demnach aufzuführen und sein allfälliger
Bevollmächtigter ist zu bezeichnen (Art. 67 Abs. 1 Ziff. 1 SchKG). Bereits
aufgrund des Wortes 'allfälliger' wird klar, dass es sich dabei nicht um
ein Organ der Aktiengesellschaft handeln kann, das diese von Gesetzes wegen
aufweisen muss, sondern ausschliesslich um einen bestellten Vertreter; zu
denken ist beispielsweise an einen Rechtsanwalt oder einen Geschäftsagenten
(Art. 27 SchKG).

    b) Bei der Konkursandrohung handelt es sich zweifellos um eine
Betreibungsurkunde, die nach den Erfordernissen von Art. 64 ff. SchKG
zugestellt werden muss (BGE 120 III 57 E. 2a S. 58). In dem gegen eine
Aktiengesellschaft eröffneten Betreibungsverfahren hat die Zustellung
der Betreibungsurkunde an einen Vertreter derselben zu erfolgen; als
solcher gilt jedes Mitglied der Verwaltung und jeder Prokurist (Art. 65
Abs. 1 Ziff. 2 SchKG). Im vorliegenden Fall ist die Konkursandrohung dem
im Handelsregister mit Einzelunterschrift eingetragenen Geschäftsführer
zugestellt worden.

    c) Immer schon neigten die Verwaltungsräte schweizerischer
Aktiengesellschaften dazu, die Befugnisse zur täglichen Führung der
Geschäfte zu delegieren. Ist der Träger dieser Verpflichtungen selbst
Mitglied des Verwaltungsrates, so heisst er zumeist 'Delegierter'. Ist dies
nicht der Fall, so wird er 'Direktor' oder 'Mitglied der Geschäftsleitung'
genannt (BÖCKLI, Das neue Aktienrecht, Zürich 1992, S. 431; BÜRGI,
Zürcher Kommentar, Art. 717 aOR N. 21). Die Vertretungsbefugnis eines
Geschäftsführers kann auf den Hauptsitz oder die Zweigniederlassung
beschränkt werden. Seine Zeichnungsberechtigung kann mit andern
Unterschriftsberechtigten verbunden werden (Art. 718a Abs. 2 OR, Art. 718
Abs. 2 aOR). Diese Regelung kann auch für die gesetzlich umschriebene
Handlungsvollmacht des Prokuristen getroffen werden (Art. 460 OR).

    d) Zur Entgegennahme von Betreibungsurkunden muss sowohl der nicht
dem Verwaltungsrat angehörende Geschäftsführer als auch der Prokurist
berechtigt sein. Jede andere Lösung würde der Nähe des Geschäftsführers
zum Verwaltungsrat und seiner Bedeutung im Vergleich zum Prokuristen nicht
gerecht. Der angefochtene Beschluss ist demnach in diesem Punkt - mit dem
durchaus gerechtfertigten Hinweis auf JAEGER (Das Bundesgesetz betreffend
Schuldbetreibung und Konkurs, Band I, 3.A. Zürich 1911, Art. 65 N. 10)
- nicht zu beanstanden.