Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 120 IV 44



120 IV 44

10. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 23. Februar 1994 i.S. P.
gegen R. (Nichtigkeitsbeschwerde) Regeste

    Art. 8 Abs. 1 lit. c des Bundesgesetzes über die Hilfe an Opfer
von Straftaten (OHG); Art. 270 Abs. 1 BStP in der Fassung gemäss OHG.
Legitimation des Opfers und des Geschädigten zur eidgenössischen
Nichtigkeitsbeschwerde im Strafpunkt.

    Intertemporales Recht. Massgebend ist das im Zeitpunkt der Ausfällung
des angefochtenen Entscheides geltende Recht (E. 1).

    Verhältnis zwischen Art. 8 Abs. 1 lit. c OHG und Art. 270 Abs. 1
BStP. Das Opfer im Sinne des OHG (Art. 2) ist schon gestützt auf die
erstgenannte Bestimmung legitimiert (E. 2).

    Legitimation des Strafantragstellers und des Privatstrafklägers. Sie
sind in der Regel nur unter den Voraussetzungen von Art. 8 Abs. 1 lit. c
OHG resp. Art. 270 Abs. 1 BStP beschwerdeberechtigt (E. 3a; Ausnahmen:
E. 3b u. 7).

    Geltendmachung von Zivilforderungen im Strafverfahren (soweit zumutbar)
als Voraussetzung für die Beschwerdelegitimation bei Anfechtung von
Urteilen, nicht bei Anfechtung von Einstellungsbeschlüssen (E. 4).

    Beteiligung am kantonalen Verfahren (E. 5).

    Auswirkungen des Entscheides auf die Beurteilung der Zivilansprüche
(E. 6).

    Ausnahmen. Beschwerdelegitimation ungeachtet der in Art. 8 Abs. 1
lit. c OHG resp. Art. 270 Abs. 1 BStP genannten Voraussetzungen (E. 3b
u. 7).

    Pflicht, die Legitimation in der Beschwerdeschrift zu begründen (E. 8).

    Intertemporale Ausnahmen in bezug auf Strafantragsteller und
Privatstrafkläger (E. 9).

    Anwendung auf den konkreten Fall (E. 10).

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

    I. Legitimation des Opfers resp. des Geschädigten zur eidgenössischen
Nichtigkeitsbeschwerde im Strafpunkt

Erwägung 1

    1.- Intertemporales Recht

    a) Art. 270 Abs. 1 BStP (SR 312.0) in der Fassung gemäss Bundesgesetz
über die Hilfe an Opfer von Straftaten (OHG; SR 312.5) vom 4. Oktober 1991,
in Kraft seit 1. Januar 1993, lautet wie folgt:

    "Die Nichtigkeitsbeschwerde steht dem Angeklagten und dem
   öffentlichen Ankläger des Kantons zu. Sie steht auch dem

    Geschädigten zu, wenn er sich bereits vorher am Verfahren
   beteiligt hat und soweit sich der Entscheid auf die Beurteilung seiner
   Zivilforderung auswirken kann."

    Diese Bestimmung entspricht weitgehend Art. 8 Abs. 1 lit. c OHG,
wonach das Opfer im Sinne des OHG (Art. 2) den Gerichtsentscheid mit den
gleichen Rechtsmitteln anfechten kann wie der Beschuldigte, wenn es sich
bereits vorher am Verfahren beteiligt hat und soweit der Entscheid sich
auf die Beurteilung seiner Zivilansprüche auswirken kann.

    Demgegenüber stand nach dem alten Art. 270 BStP die
Nichtigkeitsbeschwerde, bei Antragsdelikten, u.a. dem Antragsteller
zu (Abs. 1 Satz 2) sowie dem Privatstrafkläger, wenn dieser nach
den Vorschriften des kantonalen Rechts allein, ohne Beteiligung des
öffentlichen Anklägers, die Anklage vertreten hat (Abs. 3).

    b) Der mit der vorliegenden Nichtigkeitsbeschwerde angefochtene
Rekursentscheid der Anklagekammer ist am 20. April 1993 ausgefällt
worden. Damit bestimmt sich die Legitimation zur eidgenössischen
Nichtigkeitsbeschwerde nach dem neuen, am 1. Januar 1993 in Kraft
getretenen Recht. Massgebend ist dabei aus nachstehenden Gründen
allerdings nicht das zur Zeit der Beschwerdeeinreichung geltende Recht,
sondern das Recht, das im Zeitpunkt der Ausfällung des mit eidgenössischer
Nichtigkeitsbeschwerde angefochtenen Entscheides galt.

    aa) Das OHG enthält keine Übergangsbestimmungen. Nach Art. 12 Abs. 2
OHV (SR 312.51) gelten die Bestimmungen über den Schutz der Rechte des
Opfers im Strafverfahren (Art. 5-10 OHG) für alle Verfahrenshandlungen
nach Inkrafttreten des Opferhilfegesetzes. Damit wird zum Ausdruck
gebracht, dass die Behörden ab dem 1. Januar 1993 im Strafverfahren die
Bestimmungen über den Schutz und die Rechte des Opfers gemäss Art. 5-10
OHG zu beachten haben. Aus dieser Übergangsbestimmung lässt sich aber
nichts für die Antwort auf die Frage ableiten, nach welchem Recht sich
die Legitimation zur eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde bestimmt,
wenn der Entscheid noch unter der Herrschaft des alten Rechts ausgefällt
worden ist, die Nichtigkeitsbeschwerde aber nach dem Inkrafttreten des
neuen Rechts eingereicht wird.

    Da im OHG und in der OHV diesbezügliche Übergangsbestimmungen fehlen,
rechtfertigt es sich, zur Beantwortung der aufgeworfenen Frage die
Übergangsbestimmungen in den Prozessgesetzen des Bundes heranzuziehen.

    bb) Das BG vom 4. Oktober 1991 betreffend die teilweise Revision des
OG enthält die folgende Übergangsbestimmung:

    "Dieses Gesetz ist auf die nach seinem Inkrafttreten
   eingeleiteten Verfahren des Bundesgerichts und des

    Eidgenössischen Versicherungsgerichts anwendbar, auf ein

    Beschwerde- oder Berufungsverfahren jedoch nur dann,
   wenn auch der angefochtene Entscheid nach dem Inkrafttreten dieses
   Gesetzes ergangen ist."

    Die Schlussbestimmungen der Änderung des OG vom 20. Dezember 1968
sahen unter Ziff. III Abs. 2 die folgende übergangsrechtliche Regelung vor:

    "Dieses Gesetz findet keine Anwendung auf die im Zeitpunkt
   seines Inkrafttretens vor dem Bundesgericht oder dem

    Eidgenössischen Versicherungsgericht hängigen
   verwaltungsrechtlichen Streitigkeiten und auf Beschwerden oder andere
   Rechtsmittel gegen vor diesem Zeitpunkt getroffene

    Verfügungen."

    Mit Rücksicht auf diese Bestimmungen rechtfertigt es sich, auf den
Zeitpunkt der Ausfällung des angefochtenen Entscheides abzustellen. Die
Legitimation zur eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde bestimmt sich
mithin, unabhängig vom Zeitpunkt der Beschwerdeeinreichung, nach dem
alten Recht, wenn der angefochtene Entscheid noch unter der Herrschaft
des alten Rechts ausgefällt worden ist; sie bestimmt sich nach dem neuen
Recht, wenn der angefochtene Entscheid nach dem Inkrafttreten des neuen
Rechts ausgefällt worden ist (vgl. zum Problem auch BGE 115 II 97 ff.).

    cc) Es wäre nicht zweckmässig, auf die - die Rechtsmittelfrist
auslösende - Eröffnung des angefochtenen Entscheides abzustellen (in diese
Richtung aber Art. 171 OG). Der Strafentscheid kann unter Umständen nicht
allen Opfern und Geschädigten gleichzeitig zugestellt und der Zeitpunkt
der Eröffnung kann unter Umständen durch entsprechende Vorkehrungen des
Adressaten hinausgeschoben werden. Je nach den Umständen wären dann die
einen Opfer und Geschädigten nach dem neuen Recht zur eidgenössischen
Nichtigkeitsbeschwerde legitimiert, die andern Opfer und Geschädigten
dagegen nicht.

    dd) In keiner der genannten Übergangsbestimmungen wird der Zeitpunkt
der Einreichung der Beschwerde als massgebend erachtet. Wollte man
darauf abstellen, dann hinge die Legitimation in den Fällen, in denen die
Rechtsmittelfrist noch unter der Herrschaft des alten Rechts begann und
nach dem Inkrafttreten des neuen Rechts abläuft, vom - oft zufälligen -
Zeitpunkt der Beschwerdeeinreichung ab, was unbefriedigend ist (vgl. dazu
auch BGE 115 II 101). Bei der eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde
ergäben sich zusätzliche Schwierigkeiten; die Frist für die Anmeldung
beträgt 10 Tage, jene für die Begründung der Beschwerde 20 Tage, und diese
beiden Fristen beginnen unter Umständen an weit auseinander liegenden
Zeitpunkten. Zudem wird in Strafsachen bzw. im Zusammenhang mit Strafsachen
nicht selten neben der eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde auch eine
staatsrechtliche Beschwerde eingereicht. Die Frist für diese beträgt 30
Tage und steht im Unterschied zu den Fristen der Nichtigkeitsbeschwerde
während der Gerichtsferien still (BGE 103 Ia 367). Im übrigen spricht
auch die Pflicht, das Urteil mit einer Rechtsmittelbelehrung zu versehen
(Art. 251 Abs. 2 BStP), dafür, für die Frage des anwendbaren Rechts auf
den Zeitpunkt der Ausfällung des angefochtenen Entscheides abzustellen.

    ee) Die Legitimation zur Nichtigkeitsbeschwerde richtet sich also
nach dem Recht, das zu dem Zeitpunkt galt, als der angefochtene Entscheid
gefällt wurde; Art. 270 Abs. 1 BStP in seiner neuen Fassung ist anwendbar
auf Beschwerden gegen Entscheide, die am 1. Januar 1993 oder später
gefällt wurden.

Erwägung 2

    2.- Verhältnis zwischen Art. 8 Abs. 1 lit. c OHG und Art. 270
Abs. 1 BStP

    a) Der Geschädigte, der Opfer im Sinne des weiten und nicht deutlich
umrissenen Art. 2 OHG ist, ist schon gestützt auf Art. 8 Abs. 1 lit. c OHG
zur eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde legitimiert. Diese Bestimmung
bezieht sich nicht nur auf die kantonalen Rechtsmittel, sondern auch auf
Rechtsmittel an das Bundesgericht, etwa die staatsrechtliche Beschwerde
und eben die eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde.

    b) Die Legitimation zur eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde
gemäss Art. 270 Abs. 1 BStP in der Fassung gemäss OHG betrifft die
Geschädigten, die nicht Opfer im Sinne von Art. 2 OHG sind. Das ergibt
sich auch aus der bundesrätlichen Botschaft zum OHG (BBl 1990 II 961
ff.), worin unter der Überschrift "Anpassung der Strafprozessordnungen
des Bundes" u.a. folgendes ausgeführt wird (S. 996/997):

    "Mit Inkrafttreten des Opferhilfegesetzes werden
   gleichzeitig gewisse Anpassungen des Bundesstrafprozesses und des

    Militärstrafprozesses erforderlich. Dabei sollen nicht alle

    Bestimmungen des Opferhilfegesetzes in die beiden

    Verfahrensordnungen übernommen werden. Eine Übernahme ist jedoch
   dort erforderlich, wo der Geltungsbereich einer OHG-Bestimmung über
   den Kreis der Opfer nach Art. 2 OHG auf alle Geschädigten ausgedehnt
   werden soll. Weiter sind Anpassungen angezeigt, wenn

    Bestimmungen des Opferhilfegesetzes im Widerspruch zu den

    Regelungen in den Strafprozessordnungen stehen.

    Anpassungen erfordern vor allem Art. 8 und 9 OHG. Die hier
   vorgesehenen Rechte werden grundsätzlich allen Geschädigten zugestanden;
   dies einerseits im Bestreben, die Stellung des

    Geschädigten allgemein zu verbessern, anderseits auch, um zu
   verhindern, dass zwei Kategorien von Opfern geschaffen werden und
   dadurch das Verfahren unnötig kompliziert wird. Eine Ausnahme ist
   nur für die Beschwerde gegen die Einstellung der Ermittlungen durch
   den Bundesanwalt (Art. 106 BStP) vorgesehen. Hier sind lediglich
   Opfer im Sinne des OHG zur Anfechtung legitimiert. Bei diesem neuen
   Beschwerderecht, das unabhängig von der

    Geltendmachung von Zivilansprüchen besteht, rechtfertigt sich
   eine Beschränkung auf die Kategorie der schwer betroffenen Opfer im
   Sinne des OHG."

    c) Ob die Beschwerdeführerin durch die eingeklagte angebliche
Ehrverletzung im Sinne von Art. 2 Abs. 1 OHG in ihrer "psychischen
Integrität unmittelbar beeinträchtigt worden" und somit Opfer im Sinne
des OHG sei, kann hier dahingestellt bleiben. Denn die Legitimation des
Opfers und die Legitimation der übrigen Geschädigten zur eidgenössischen
Nichtigkeitsbeschwerde im Strafpunkt wird in Art. 8 Abs. 1 lit. c OHG und
in Art. 270 Abs. 1 BStP in der Fassung gemäss OHG gleich umschrieben. Im
übrigen wird in der bundesrätlichen Botschaft einerseits festgehalten,
dass die "Ehrverletzungsdelikte" von Art. 2 OHG nicht erfasst würden
(S. 978 oben), es anderseits aber doch als Aufgabe der rechtsanwendenden
Behörden bezeichnet, "von Fall zu Fall zu prüfen", ob die in Art. 2 OHG
genannten Voraussetzungen zur Anwendung dieses Gesetzes erfüllt seien
(S. 977 unten).

Erwägung 3

    3.- Legitimation des Strafantragstellers und des Privatstrafklägers

    a) Der Strafantragsteller und der Privatstrafkläger sind nach dem
neuen, am 1. Januar 1993 in Kraft getretenen Recht nicht mehr schon in
dieser Eigenschaft, sondern nur noch unter den in Art. 8 Abs. 1 lit. c
OHG respektive Art. 270 Abs. 1 BStP genannten Voraussetzungen zur
eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde im Strafpunkt legitimiert. Das
ergibt sich deutlich auch aus der bundesrätlichen Botschaft. Darin wird
u.a. ausgeführt (S. 998 unten):

    "Neu wird die Nichtigkeitsbeschwerde im Strafpunkt auch dem

    Geschädigten zugestanden, soweit er sich bereits vorher in einer
   der vom kantonalen Recht vorgesehenen Formen am Verfahren beteiligt
   hat und der Entscheid sich auf die Beurteilung seiner

    Zivilforderung auswirken kann. Die Legitimation des

    Strafantragstellers (zweiter Satz) wird aufgehoben. Es ist
   sachgerechter, die Beschwerdebefugnis von der Schädigung durch die
   Straftat abhängig zu machen, als an einen Strafantrag anzuknüpfen
   und die Beschwerde damit auf Antragsdelikte zu beschränken. Soweit
   er gleichzeitig auch Geschädigter ist, kann der Antragsteller aber in
   dieser Eigenschaft nach wie vor

    Nichtigkeitsbeschwerde führen."

    In der Botschaft wird weiter ausgeführt (S. 999 oben):

    "Die Beschwerdebefugnis des Privatstrafklägers nach Abs. 3,
   die nach der Gerichtspraxis ohnehin nur eine sehr eingeschränkte

    Bedeutung hatte, wird aufgehoben. Da der Privatstrafkläger aber
   in der Regel auch Geschädigter ist, kann er in dieser Eigenschaft

    Nichtigkeitsbeschwerde führen."

    b) Allerdings muss der Privatstrafkläger ungeachtet der in
Art. 8 Abs. 1 lit. c OHG respektive Art. 270 Abs. 1 BStP genannten
Voraussetzungen zur eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde legitimiert
sein, wenn andernfalls mangels Beschwerdelegitimation der Anklagebehörden
der Rechtsweg allzu stark eingeschränkt wäre und das Bundesgericht daher
nicht mehr ausreichend für die einheitliche Anwendung des Bundesrechts
sorgen könnte. Entgegen den vorstehend zitierten Ausführungen in der
bundesrätlichen Botschaft ist der Privatstrafkläger keineswegs in der
Regel auch Geschädigter und hat das Privatstrafklageverfahren in einigen
Kantonen für bestimmte Delikte eine erhebliche Bedeutung.

    Vorbehalten bleibt ferner die Legitimation des Opfers zur
eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde wegen Verletzung von Rechten, die
ihm das OHG einräumt, sowie die Legitimation des Strafantragstellers zur
eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde, soweit es um das Strafantragsrecht
als solches geht; insoweit muss die Legitimation ungeachtet der in Art. 8
Abs. 1 lit. c OHG respektive Art. 270 Abs. 1 BStP genannten Voraussetzungen
gegeben sein (siehe dazu nachfolgend E. 7).

Erwägung 4

    4.- Geltendmachung der Zivilforderung als Voraussetzung für die
Beschwerdelegitimation

    Das OHG will unter anderem dem Opfer die Geltendmachung von
Zivilansprüchen im Strafverfahren erleichtern und eine Verweisung
dieser Ansprüche durch den Strafrichter auf den Zivilweg wesentlich
erschweren. Das Opfer soll seine Zivilansprüche nicht mehr in einem oft
aufwendigen und mit erheblichem Kostenrisiko verbundenen Zivilprozess
geltend machen müssen, sondern es soll sie auf dem vergleichsweise
einfachen Weg des Strafverfahrens adhäsionsweise geltend machen
können. Diese wesentliche Stossrichtung des OHG, die in Art. 8 und 9 des
Gesetzes ihren Niederschlag gefunden hat, wird auch in der bundesrätlichen
Botschaft wiederholt betont. So wird bereits in der einleitenden
Übersicht festgehalten, indem der Entwurf dem Opfer gewisse Mitwirkungs-
und Anfechtungsrechte im Strafverfahren zugestehe, verbessere er die
Aussichten des Opfers, seine Zivilforderungen im Rahmen des Strafprozesses
durchsetzen zu können (S. 962). Das Strafverfahren soll "die Bedürfnisse
des Opfers zur Geltendmachung von Wiedergutmachungsansprüchen besser
befriedigen, indem es ihm in einem weitergehenden Mass als bisher erlaubt,
seine Ansprüche auf Schadenersatz und Genugtuung geltend zu machen"
(S. 964). Das Opfer sollte "schneller und leichter einen Gerichtsentscheid
über seine zivilen Ansprüche erwirken können" (S. 969). Nach den weiteren
Ausführungen in der bundesrätlichen Botschaft ist ein wichtiges Ziel des
OHG "die stärkere Berücksichtigung der materiellen Anliegen der Opfer
im Strafverfahren. Insbesondere soll die routinemässige Verweisung
der Schadenersatzforderungen des Opfers auf den Zivilweg eingeschränkt
werden" (S. 973). Daher soll das Opfer, mit gewissen Einschränkungen,
einen Anspruch auf Behandlung der Zivilansprüche durch das Strafgericht
haben (S. 973 unten). Art. 8 Abs. 1 lit. a OHG gewährleistet nach den
Ausführungen in der Botschaft "das Recht des Opfers, Schadenersatz- und
Genugtuungsansprüche, die auf die Straftat zurückgehen, im Strafverfahren
geltend zu machen. Das Opfer soll in einem einfachen und möglichst raschen
Verfahren und ohne grosses Kostenrisiko zu seinem Recht kommen und nicht
neben dem oft belastenden Strafprozess noch in einem zweiten Prozess mit
den Folgen der Straftat konfrontiert werden" (S. 986).

    Der Gesetzgeber geht mithin davon aus, dass das Opfer seine
Zivilansprüche aus strafbarer Handlung im Strafverfahren geltend macht
(Art. 8 Abs. 1 lit. a OHG) und dass der Strafrichter, solange der
Täter nicht freigesprochen oder das Verfahren nicht eingestellt ist,
auch über diese Zivilansprüche des Opfers entscheidet (Art. 9 Abs. 1 OHG)
respektive die Zivilansprüche später behandelt (Art. 9 Abs. 2 OHG) oder sie
jedenfalls dem Grundsatz nach beurteilt (Art. 9 Abs. 3 OHG) (siehe auch
die Botschaft des Bundesrates, BBl 1990 II 987/988). Der Strafrichter
kann die Zivilforderungen nur dann beurteilen, wenn sie im Strafverfahren
überhaupt geltend gemacht werden. Im Schlussbericht der Studienkommission
zur Ausarbeitung eines Vorentwurfs zum OHG vom 23. Dezember 1986 wird
festgehalten, Voraussetzung für die Legitimation des Opfers zur Ergreifung
von Rechtsmitteln gegen den strafrechtlichen Endentscheid, welche
angesichts der dem Opfer eingeräumten Teilnahmerechte als folgerichtig
erscheine, sei allerdings, "dass sich das Opfer im erstinstanzlichen
Verfahren als Partei beteiligt hat, also in der Regel adhäsionsweise
Zivilansprüche geltend machte" (Schlussbericht S. 100). Die umfassenden
Teilnahmerechte etc., die der - nicht Gesetz gewordene - Art. 11 Abs. 1
lit. b des Vorentwurfs der Studienkommission in der Variante 1 dem Opfer
einräumte, sollten diesem, wie im Schlussbericht der Studienkommission
präzisiert wird, "nur dann zustehen, wenn es Zivilansprüche geltend macht"
(Schlussbericht S. 99).

    a) Das Opfer ist indessen nicht selten erst in einem relativ späten
Verfahrensstadium überhaupt in der Lage, seine Zivilforderungen aus
der angeblichen strafbaren Handlung geltend zu machen. Dieser Tatsache
trägt der Gesetzgeber bei Art. 8 Abs. 1 lit. b OHG Rechnung. Das darin
statuierte Recht des Opfers, den Entscheid eines Gerichts zu verlangen,
wenn das Verfahren nicht eingeleitet oder wenn es eingestellt wird, setzt,
anders als die Rechtsmittellegitimation nach Art. 8 Abs. 1 lit. c OHG,
nicht voraus, dass sich der Einstellungsbeschluss auf die Beurteilung der
Zivilforderung auswirken kann. In der bundesrätlichen Botschaft wird zu
Art. 8 Abs. 1 lit. b OHG folgendes ausgeführt (BBl 1990 II 986 unten):

    "Der Anspruch von Buchstabe b steht allen Opfern im Sinne
   des Opferhilfegesetzes zu; er setzt nicht voraus, dass eine

    Zivilforderung eingereicht wird. Damit wird der Tatsache Rechnung
   getragen, dass im Zeitpunkt der Nichtanhandnahme oder der

    Einstellung des Verfahrens das Opfer oft noch gar keine

    Gelegenheit hatte, eine Zivilforderung einzureichen, und überdies
   die Frist zur Einreichung noch nicht abgelaufen ist."

    Wenn aber das Recht des Opfers, gemäss Art. 8 Abs. 1 lit. b OHG
einen Gerichtsentscheid zu verlangen, nicht die Geltendmachung von
Zivilforderungen voraussetzt, dann muss auch die Nichtigkeitsbeschwerde
gegen den den Einstellungsbeschluss bestätigenden Gerichtsentscheid
unabhängig davon möglich sein, ob das Opfer bis dahin im Strafverfahren
Zivilforderungen geltend gemacht hat. Denn es wird oft gar nicht möglich
und jedenfalls nicht zweckmässig sein, im Verfahren vor dem Gericht
(meist wird dies eine Anklagekammer sein), welches auf das Begehren des
Opfers gemäss Art. 8 Abs. 1 lit. b OHG hin den Einstellungsbeschluss
zu überprüfen hat, erstmals Zivilforderungen einzureichen. Das Opfer
ist mithin zur eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde gegen einen
den Einstellungsbeschluss bestätigenden Gerichtsentscheid unabhängig
davon legitimiert, ob es bis zu diesem Zeitpunkt im Strafverfahren
Zivilforderungen geltend gemacht hat.

    b) Gegen das Strafurteil, durch das der Angeschuldigte beispielsweise
freigesprochen wird, kann das Opfer Rechtsmittel im Strafpunkt
aber grundsätzlich nur dann erheben, wenn es, soweit zumutbar, seine
Zivilansprüche aus strafbarer Handlung im Strafverfahren geltend gemacht
hat. Dies wird in Art. 8 Abs. 1 lit. c OHG zwar nicht deutlich gesagt,
ergibt sich aber aus Sinn und Zweck von Art. 8 und 9 OHG, wie sie auch
im Schlussbericht der Studienkommission sowie in der bundesrätlichen
Botschaft beschrieben werden. Das Strafverfahren darf nicht nur ein
Vehikel zur Durchsetzung von Zivilforderungen in einem Zivilprozess sein,
den das Opfer erst nach Abschluss des Strafprozesses, je nach dessen
Ausgang, anzustrengen gedenkt. Das Opfer soll nach der Konzeption des
OHG nicht gewissermassen "mit Hilfe" eines von ihm allenfalls erst
im Rechtsmittelverfahren erstrittenen, für es günstigen Strafurteils
erstmals in einem gesonderten Zivilprozess Zivilansprüche einbringen,
sondern es soll, soweit zumutbar, seine Zivilansprüche aus strafbarer
Handlung im Strafverfahren geltend machen. Wenn es dies tut, ist es unter
den in Art. 8 Abs. 1 lit. c OHG ausdrücklich genannten Voraussetzungen zur
Ergreifung von Rechtsmitteln im Strafpunkt legitimiert. Wohl ist es dem
Opfer freigestellt, ob es im Strafverfahren eine Zivilforderung geltend
machen wolle oder nicht; verzichtet es aber auf die Geltendmachung von
Zivilansprüchen im Strafprozess, obschon die Einbringung einer solchen
Forderung im Hauptverfahren zumutbar wäre, dann ist es zur Ergreifung
von Rechtsmitteln im Strafpunkt im Sinne von Art. 8 Abs. 1 lit. c OHG
nicht legitimiert. Die Behörden haben im Rahmen ihrer Informationspflicht
(Art. 8 Abs. 2 OHG) das Opfer in diesem Sinne zu belehren.

    Das OHG hat zur Folge, dass sich der Strafrichter weit mehr als bis
anhin mit Zivilforderungen aus strafbarer Handlung befassen muss. Das kann
eine für alle Beteiligten unerwünschte Verlängerung des Strafverfahrens
zur Folge haben. Der Richter hat indessen immerhin die - an keine
Voraussetzungen geknüpfte - Möglichkeit, vorerst nur im Strafpunkt zu
urteilen und die Zivilansprüche später zu behandeln (Art. 9 Abs. 2 OHG);
spricht er den Angeschuldigten frei oder stellt er das Verfahren ein,
dann ist er, wie sich aus Art. 9 Abs. 1 OHG ergibt, zur Beurteilung der
Zivilansprüche des Opfers nicht mehr verpflichtet. Der Strafrichter hat
zudem die Möglichkeit, die Ansprüche des Opfers nur dem Grundsatz nach zu
beurteilen und das Opfer im übrigen an den Zivilrichter zu verweisen, wenn
die vollständige Beurteilung der Zivilansprüche einen unverhältnismässigen
Aufwand erfordern würde, wobei er jedoch Ansprüche "von geringer
Höhe" "nach Möglichkeit" vollständig beurteilt (Art. 9 Abs. 3 OHG).
Dies alles ändert indessen nichts daran, dass das Opfer zur Ergreifung
von Rechtsmitteln im Sinne von Art. 8 Abs. 1 lit. c OHG etwa gegen ein den
Angeschuldigten freisprechendes Urteil nur dann legitimiert ist, wenn es,
soweit zumutbar, seine Zivilansprüche im Strafprozess geltend gemacht hat.

    Ob die Geltendmachung von Zivilansprüchen im Strafprozess zumutbar
war oder nicht, hängt von den Umständen des konkreten Falles ab. Unter
Umständen steht während des Strafprozesses, und zwar auch noch im
Hauptverfahren, noch nicht fest, ob infolge des Gegenstand des Verfahrens
bildenden Verhaltens des Angeschuldigten überhaupt ein Schaden entstanden
sei, oder lässt sich die Höhe des Schadens noch nicht zuverlässig
abschätzen. In solchen Fällen beispielsweise kann die Legitimation des
Opfers zur Ergreifung von Rechtsmitteln im Strafpunkt nicht davon abhängen,
ob es im Strafverfahren adhäsionsweise Zivilansprüche geltend gemacht habe.

    c) Die vorstehend entwickelten Grundsätze betreffend die Geltendmachung
von Zivilforderungen im Strafverfahren als Voraussetzung für die
Legitimation des Opfers zur eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde
gelten auch für die Legitimation des Geschädigten zur eidgenössischen
Nichtigkeitsbeschwerde gemäss Art. 270 Abs. 1 BStP. Aus den bereits
zitierten Ausführungen in der bundesrätlichen Botschaft (BBl 1990 II
996/997) geht hervor, dass der Geschädigte, der nicht Opfer im Sinne
des OHG ist, im gleichen Umfang und unter denselben Voraussetzungen
wie dieses wenigstens zur eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde
befugt sein soll. Auch der Geschädigte kann den letztinstanzlichen
kantonalen Entscheid, durch den der Angeschuldigte etwa freigesprochen
wird, mithin nur dann gemäss Art. 270 Abs. 1 BStP mit eidgenössischer
Nichtigkeitsbeschwerde anfechten, wenn er seine Zivilforderungen,
soweit zumutbar, im Strafverfahren adhäsionsweise geltend gemacht hat;
den - allenfalls gerichtlich bestätigten - Einstellungsentscheid der
Untersuchungs- bzw. der Anklagebehörde dagegen kann er, wie das Opfer,
unabhängig von der Geltendmachung von Zivilforderungen mit eidgenössischer
Nichtigkeitsbeschwerde anfechten.

Erwägung 5

    5.- Beteiligung am kantonalen Verfahren

    a) Die Rechtsmittellegitimation des Opfers im Strafpunkt setzt gemäss
Art. 8 Abs. 1 lit. c OHG voraus, dass es sich vorher am Verfahren beteiligt
hat. Die Form der Beteiligung am Strafverfahren wird nicht durch das OHG,
sondern durch das kantonale Prozessrecht geregelt (vgl. dazu BGE 119 IV 172
E. 6). Die Kantone können mithin die Rechtsmittellegitimation des Opfers an
die Voraussetzung einer bestimmten Form der Beteiligung am Strafverfahren
knüpfen; die diesbezüglichen Regelungen dürfen aber nicht derart sein, dass
dadurch die Durchsetzung der Zivilansprüche des Opfers im Strafverfahren
im Widerspruch zu Sinn und Zweck des OHG erheblich erschwert würde.

    b) Art. 8 und 9 OHG gelten nur für Strafverfahren betreffend
Straftaten, die unter das OHG fallen, also für strafbare Handlungen im
Sinne von Art. 2 OHG. Die Kantone werden durch das OHG nicht verpflichtet,
dem Geschädigten, der nicht Opfer ist, Rechte auf Beteiligung am
Strafverfahren und die Befugnis zur Ergreifung kantonaler Rechtsmittel
einzuräumen. Eine solche Pflicht lässt sich auch nicht aus Art. 270 Abs. 1
BStP ableiten, wonach auch der Geschädigte, der nicht Opfer ist, unter den
dort genannten Voraussetzungen zur eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde
legitimiert ist. Wohl soll durch Art. 270 Abs. 1 BStP in der geänderten
Fassung der Geschädigte, der nicht Opfer im Sinne des OHG ist, in bezug
auf die eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde dem Opfer gleichgestellt
werden (siehe die bundesrätliche Botschaft, BBl 1990 II 996/997). Ob
und unter welchen Voraussetzungen ein Geschädigter, der nicht Opfer
im Sinne des OHG ist, sich am kantonalen Strafverfahren beteiligen
und kantonale Rechtsmittel erheben kann, bestimmt sich aber nach dem
kantonalen Prozessrecht.

Erwägung 6

    6.- Auswirkungen des Entscheides auf die Beurteilung der Zivilansprüche

    Das Opfer ist zur Ergreifung von Rechtsmitteln im Strafpunkt gemäss
Art. 8 Abs. 1 lit. c OHG nur dann legitimiert, wenn sich der Entscheid auf
die Beurteilung seiner Zivilansprüche auswirken kann. Die Legitimation
des Geschädigten zur eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde ist gemäss
Art. 270 Abs. 1 BStP ebenfalls an diese Voraussetzung geknüpft.

    Gemäss den Ausführungen im Schlussbericht der Studienkommission
erscheint es als folgerichtig, dem Opfer, das im Strafverfahren
Parteirechte ausüben kann, soweit es um den Bestand (und nicht nur den
Umfang) seiner Zivilforderung geht, auch die Legitimation zur Ergreifung
von Rechtsmitteln gegen strafrechtliche Endentscheide einzuräumen, "die
es ihm verunmöglichen, seine Zivilforderung im Strafverfahren anzubringen,
wie dies bei Einstellungsverfügungen und freisprechenden Urteilen zutrifft"
(S. 100). Nach den Ausführungen in der bundesrätlichen Botschaft erlaubt
die neue Regelung dem Opfer beispielsweise, einen Freispruch anzufechten,
der gestützt auf die Feststellung ergeht, der Angeklagte habe die
schädigende Tat nicht begangen. Ausgeschlossen sei die Anfechtung dagegen
in bezug auf alle Fragen, "die in keinem direkten Zusammenhang mit den
Zivilansprüchen des Opfers stehen"; so könne das Opfer beispielsweise
Art und Höhe der Strafe nicht anfechten, da hier die Tätersituation und
nicht die Opfersituation massgeblich sei (S. 987).

    Das Opfer bzw. der Geschädigte ist dann und insoweit zur Beschwerde
legitimiert, wenn und als sich der Strafentscheid im Ergebnis und
aufgrund der darin enthaltenen Begründung negativ auf die Beurteilung der
Zivilforderung auswirken kann. Dafür genügt es einerseits, dass sich der
Zivilrichter faktisch an den Strafentscheid gebunden fühlt. Anderseits
muss die Durchsetzung der Zivilforderung infolge des Strafentscheides
derart erschwert sein, dass eine Beschwer und damit ein genügendes
Rechtsschutzinteresse, wie es für das Eintreten auf jedes Rechtsmittel
erforderlich ist, bejaht werden kann. Das Opfer respektive der Geschädigte
kann demnach mit eidgenössischer Nichtigkeitsbeschwerde beispielsweise
rügen, die kantonale Instanz habe das angezeigte Verhalten zu Unrecht
als nicht tatbestandsmässig bzw. nicht rechtswidrig bzw. nicht schuldhaft
qualifiziert.

Erwägung 7

    7.- Ausnahmen

    Allerdings müssen die in Art. 8 Abs. 1 lit. c OHG respektive Art. 270
Abs. 1 BStP ausdrücklich genannten und die sich aus diesen Bestimmungen
ergebenden Legitimationsvoraussetzungen nicht in jedem Fall erfüllt
sein. So kann das Opfer die Verletzung von Rechten, die ihm das OHG
einräumt (etwa die Verletzung des Rechts, einen Gerichtsentscheid zu
verlangen, wenn das Verfahren eingestellt wird, Art. 8 Abs. 1 lit. b
OHG), ungeachtet dieser Legitimationsvoraussetzungen mit eidgenössischer
Nichtigkeitsbeschwerde rügen. Sodann kann der Strafantragsteller
unabhängig von diesen Legitimationsvoraussetzungen einen Entscheid mit
eidgenössischer Nichtigkeitsbeschwerde anfechten, soweit es um Fragen des
Strafantragsrechts als solches geht. So hat der Kassationshof im Urteil
vom 23. Februar 1994 i.S. N. c. GE die Legitimation eines aus angeblicher
UWG-Widerhandlung Geschädigten zur eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde
gegen einen aus Opportunitätsgründen erfolgten Einstellungsentscheid
ungeachtet der in Art. 270 Abs. 1 BStP genannten Voraussetzungen bejaht,
da der angefochtene Entscheid angesichts der darin enthaltenen Begründung
u.a. auf eine Aushöhlung des Strafantragsrechts hinauslief.

Erwägung 8

    8.- Begründungspflicht

    Das Opfer bzw. der Geschädigte muss in seiner Nichtigkeitsbeschwerde
darlegen, aus welchen Gründen sich der angefochtene Entscheid inwiefern
auf welche Zivilforderung auswirken kann. An diese Begründungspflicht
werden hohe Anforderungen gestellt, wenn das Opfer bzw. der Geschädigte
seinen Zivilanspruch im Strafverfahren nicht geltend gemacht hat; das
Opfer respektive der Geschädigte muss in diesem Fall auch dartun, aus
welchen Gründen er dies unterlassen hat.

Erwägung 9

    9.- Intertemporale Ausnahmen

    Die Auslegung von Art. 8 Abs. 1 lit. c OHG und von Art. 270 Abs. 1 BStP
sowie die übergangsrechtlichen Fragen bereiten in verschiedener Hinsicht
erhebliche Schwierigkeiten. Solange die offenen Fragen nicht geklärt sind,
wird der Kassationshof auf die eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerden von
Strafantragstellern und Privatstrafklägern, die nach dem alten Recht dazu
legitimiert waren, eintreten, wenn eine Zivilforderung aus der eingeklagten
strafbaren Handlung immerhin denkbar ist und der angefochtene Entscheid
sich auf deren Beurteilung auswirken kann.

Erwägung 10

    10.- Anwendung auf den konkreten Fall

    Im Lichte der vorstehenden Erwägungen ist im vorliegenden Fall wie
folgt zu entscheiden:

    Die Beschwerdeführerin geht offenbar davon aus, dass sie schon in
ihrer Eigenschaft als Strafantragstellerin bzw. als Privatstrafklägerin zur
eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde legitimiert sei. Sie hat anscheinend
die am 1. Januar 1993 in Kraft getretene Änderung des Rechts betreffend die
Legitimation zur eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde übersehen. Dass
sie im kantonalen Verfahren offenbar keine Zivilforderung aus der
eingeklagten Ehrverletzung geltend gemacht hat, obschon ihr dies etwa
bei der Einreichung des Strafantrags respektive bei ihrer Konstituierung
als Privatstrafklägerin an sich zumutbar gewesen wäre, schadet ihr
nicht; denn die Nichtigkeitsbeschwerde richtet sich nicht gegen ein den
Angeschuldigten freisprechendes Urteil, sondern gegen einen gerichtlich
bestätigten Nichtfolgegebungsbeschluss. Auch wenn die Beschwerdeführerin
in ihrer Nichtigkeitsbeschwerde nicht darlegt, aus welchen Gründen sich
der angefochtene Entscheid inwiefern auf welche Zivilforderung auswirken
kann, ist im Sinne einer übergangsrechtlichen Lösung auf ihre Beschwerde
einzutreten. Eine Zivilforderung aus der eingeklagten Ehrverletzung,
etwa eine Genugtuungsforderung, ist denkbar. Der angefochtene Entscheid
kann sich auf die Beurteilung einer solchen Zivilforderung auswirken.
Darin wird nämlich das inkriminierte Verhalten als wahrheitsgetreue
Berichterstattung über die öffentlichen Verhandlungen einer Behörde
im Sinne von Art. 27 Ziff. 5 StGB qualifiziert. Diese Bestimmung
umschreibt nicht bloss einen Strafausschliessungsgrund, sondern nach
der herrschenden Lehre einen Rechtfertigungsgrund, der sich aus der
Öffentlichkeit der Verhandlung, über die Bericht erstattet wird, ergibt
(SCHULTZ, Strafrecht Allg. Teil I, 4. Aufl. 1982, S. 312; siehe auch BGE
106 IV 164 E. 3b), womit nicht nur eine Bestrafung, sondern auch eine
zivilrechtliche Verantwortlichkeit ausser Betracht fällt (REHBINDER,
Schweizerisches Presserecht, 1975, S. 58). Im angefochtenen Entscheid
wird mithin eine für die Beurteilung einer Zivilforderung aus unerlaubter
Handlung erhebliche, nämlich die Rechtswidrigkeit betreffende Frage für
die Beschwerdeführerin negativ beantwortet. Die Beschwerdeführerin ficht
in ihrer Nichtigkeitsbeschwerde den Entscheid gerade in diesem Punkt an
und macht geltend, das inkriminierte Verhalten sei durch Art. 27 Ziff. 5
StGB nicht gedeckt.

    Auf die Nichtigkeitsbeschwerde ist somit einzutreten.