Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 120 IV 280



120 IV 280

46. Auszug aus dem Urteil der Anklagekammer vom 12. September 1994 i.S. B.
gegen Verhöramt des Kantons Zug und Staatsanwaltschaft des Kantons
Zürich Regeste

    Art. 346 ff. StGB. Bestimmung des Gerichtsstandes.

    Zwingende Voraussetzung für ein ausnahmsweises Abweichen vom
gesetzlichen Gerichtsstand ist ein örtlicher Anknüpfungspunkt zum Gebiet
jenes Kantons, in dem der Gerichtsstand bestimmt werden soll (E. 2).

    Voraussetzungen, unter denen ein beteiligter Kanton dem beschuldigten
Gesuchsteller eine Parteientschädigung auszurichten hat (E. 3).

Auszug aus den Erwägungen:

                     Aus den Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- a) Die Behörden des Kantons Zug führen gestützt auf eine
Strafanzeige der Firma M. AG vom 27. Juni 1991 eine Strafuntersuchung gegen
B., Verantwortlicher der Firma S. AG mit Sitz in Zug. Dem Beschuldigten
wird vorgeworfen, er habe in der schweizerischen Tageszeitung "Blick" und
im "Tages-Anzeiger" Inserate mit dem Zusatz "immer billiger" erscheinen
lassen und damit gegen das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb
(UWG; SR 241) sowie die Ausverkaufsverordnung (AV; SR 241.1) verstossen.

    b) ... . Am 10. Mai 1994 schloss das Verhöramt des Kantons Zug die
Untersuchung ab und überwies das Verfahren an die Staatsanwaltschaft des
Kantons Zug, die B. am 22. Juni 1994 dem Polizeirichteramt des Kantons
Zug zur Beurteilung überwies. ...

    d) Mit Gesuch vom 11. August 1994 beantragt B. der Anklagekammer des
Bundesgerichts, es sei der Kanton Zürich als der für die Strafverfolgung
zuständige Kanton zu bezeichnen.

    Die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich beantragt sinngemäss,
das Gesuch abzuweisen.

    Das Verhöramt des Kantons Zug beantragt, das Verfahren zur
Weiterverfolgung dem Kanton Zürich zu übertragen.

Erwägung 2

    2.- a) Die Parteien stimmen offensichtlich darin überein, dass gemäss
Art. 347 Abs. 1 StGB der gesetzliche Gerichtsstand im Kanton Zürich liegt,
wo sich zumindest der Herausgabeort des "Tages-Anzeiger" sowie der Wohnort
des Gesuchstellers befindet.

    b) Die interkantonale Zuständigkeit in Strafsachen kann ausnahmsweise
nicht nur durch die Anklagekammer des Bundesgerichts, sondern auch durch
Vereinbarung unter den Kantonen anders als nach den Art. 346 ff. StGB
bestimmt werden (vgl. BGE 119 IV 102 E. 4b mit Hinweisen, 250 E. 3c).

    Zwingende Voraussetzung für ein solches Abweichen vom gesetzlichen
Gerichtsstand ist indessen ein örtlicher Anknüpfungspunkt zum Gebiet
jenes Kantons, in dem der Gerichtsstand bestimmt werden soll (vgl. BGE
119 IV 102 E. 4c in fine, 250 E. 3c mit Hinweis; 117 IV 90 E. 4b; 92 IV
57 E. 3; SCHWERI, Interkantonale Gerichtsstandsbestimmung in Strafsachen,
N. 141 und 278).

    c) Weil im Kanton Zug im vorliegenden Fall offensichtlich kein
örtlicher Anknüpfungspunkt besteht, kann dieser Kanton als Gerichtsstand
wegen der damit fehlenden Gerichtsbarkeit nicht in Frage kommen.

    Da der "Tages-Anzeiger" in Zürich herausgegeben wird, der Gesuchsteller
dort seinen Wohnort hat, und die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich
keinen Eventualantrag auf Bestimmung des Gerichtsstandes im Kanton
Luzern stellt, wo nach ihrer Darstellung im Meinungsaustauschverfahren
der Herausgabeort des "Blick" sein soll, braucht nicht geprüft zu werden,
wo die Untersuchung im Sinne von Art. 347 Abs. 1 letzter Satz StGB zuerst
angehoben wurde.

Erwägung 3

    3.- a) Das Gesuch ist aus diesen Gründen gutzuheissen. Gemäss Art. 156
Abs. 2 OG werden keine Kosten erhoben.

    Die Behörden des Kantons Zürich hätten indessen aufgrund der
publizierten Praxis der Anklagekammer zu den Art. 346 ff. StGB erkennen
können, dass der Kanton Zug als Gerichtsstand nicht in Frage kommen
kann. Sie haben damit das vorliegende Verfahren unnötig verursacht
(vgl. SCHWERI, aaO N. 577 und 579) und den Gesuchsteller für das
bundesgerichtliche Verfahren zu entschädigen (Art. 159 Abs. 5 in Verbindung
mit Art. 156 Abs. 6 OG).