Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 120 II 197



120 II 197

37. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 21. Juni 1994 i.S. H.
gegen U. AG (Berufung). Regeste

    Stellvertretung; Vertrauenshaftung (Art. 33 Abs. 3 OR).

    Kriterien der normativ zurechenbaren, auf Rechtsschein beruhenden
Vollmacht (E. 2a). - Voraussetzungen der Vertrauenshaftung nach Art. 33
Abs. 3 OR (E. 2b). - Tatsächlicher oder objektiver Vertretungswille des
Vertreters (E. 2b/aa; Präzisierung der Rechtsprechung).

    Verneinung einer kaufmännischen Rechtsscheinvollmacht im vorliegenden
Fall (E. 3).

Sachverhalt

    A.- A. H. ist Inhaber der im Handelsregister eingetragenen Einzelfirma
"Sport H." in J. Mitarbeiter im Betrieb ist sein Sohn G. H., der
registermässig über keine Unterschriftsberechtigung verfügt.

    Am 21. Dezember 1990 unterzeichnete G. H. unter dem Firmenstempel
"H. Sport" einen als "Einrichtungsauftrag" benannten Vertrag mit der U. AG
über die Einrichtung eines neuen Sportgeschäfts in J. zu approximativen
Kosten von Fr. 200'000.-. Die rückseitig auf dem Vertragsformular
vorgedruckten Allgemeinen Verkaufs- und Lieferbedingungen der Klägerin
sehen für den Fall einer akzeptierten Annullierung des Vertrags durch den
"Käufer" eine Entschädigung von 25% der "Kaufsumme" als Ersatz für die
Planungs- und Verkaufskosten, entgangenen Gewinn etc. vor.

    Am 11. Januar 1991 gab die Lieferantin eine "provisorische
Auftragsbestätigung" mit Terminplan ab. Auf Geschäftspapier der
Einzelfirma ersuchte G. H. sie indessen mit Schreiben vom 24. Januar
1991, bis zur Klärung noch offener Fragen keine weiteren Schritte zu
unternehmen. Unter privatem Briefkopf trat er in der Folge am 25. März
1991 vom Vertrag zurück, da es nicht gelungen sei, die Finanzierung des
Vorhabens sicherzustellen.

    B.- Mit Klage vom 5. März 1992 belangte die U. AG die "H. Sport,
Einzelfirma des Herrn G. H." auf Fr. 50'000.-- nebst Zins als Entschädigung
für die Vertragsannullierung. Mit Vorentscheid vom 18. Juni 1992 trat das
Handelsgericht des Kantons St. Gallen auf die Klage unter Berichtigung
der beklagtischen Parteibezeichnung in "A. H." ein. Am 17. März 1993
hiess es die Klage im Teilbetrag von Fr. 30'000.-- nebst Zins gut.

    Das Bundesgericht heisst eine dagegen eingelegte Berufung des Beklagten
gut und weist die Klage ab.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- Der Beklagte ist vertraglich gebunden, wenn sein Sohn den
Vertrag in seinem Namen als Fremdgeschäft abgeschlossen hat und dazu
bevollmächtigt war, oder wenn die Klägerin aus seinem Verhalten in guten
Treuen auf eine solche Vollmacht schliessen durfte, oder wenn er den
Vertrag nachträglich genehmigt hat. Im Falle der Genehmigung wäre er
der ihn beanspruchenden Klägerin selbst dann vertraglich verpflichtet,
wenn sein Sohn als angemasster Firmeninhaber an sich ein Eigengeschäft
abgeschlossen hätte (BK-ZÄCH, N. 86 zu Art. 32 OR).

    Eine ausdrückliche kaufmännische oder bürgerliche Bevollmächtigung des
Sohnes ist nicht erstellt, ebensowenig eine Genehmigung des Vertrags durch
den Beklagten. In antizipierter Beweiswürdigung stellt das Handelsgericht
sodann fest, dass der Sohn des Beklagten sich auf ein Eigengeschäft beruft,
was zwangsläufig bedeutet, dass dieser für sich auch keine Anscheins-
oder Duldungsvollmacht in Anspruch nimmt (dazu BK-ZÄCH, N. 46 ff. zu
Art. 33 OR; OR-WATTER, N. 16 zu Art. 33 OR). Zu prüfen ist damit einzig,
ob die Klägerin Schutz ihres guten Glaubens beanspruchen kann, mit dem
Beklagten den Einrichtungsvertrag geschlossen zu haben, ob mit andern
Worten ihr guter Glaube das Fehlen einer normativ zwar kundgegebenen,
tatsächlich aber nicht erteilten Vollmacht heilt.

    a) Der Tatbestand wird vom Regelungsgedanken von Art. 33 Abs. 3 OR
erfasst (BGE 53 III 171 E. 2) und terminologisch uneinheitlich etwa als
externe Anscheins- oder Duldungsvollmacht (BGE 107 II 105 E. 6a S. 115;
VON BÜREN, Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, S. 154;
GUHL/MERZ/KOLLER, Das Schweizerische Obligationenrecht, 8. Aufl. 1991,
S. 158; BUCHER, Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil,
2. Aufl. 1988, S. 612; KOLLER, Der gute und der böse Glaube im allgemeinen
Schuldrecht, S. 70 Rz. 231), als Rechtsscheinvollmacht (Nachweise bei
GAUCH/SCHLUEP, Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil,
5. Aufl. 1991, Band I, S. 263 Rz. 1410), als Quasivollmacht (VON
TUHR/PETER, Allgemeiner Teil des Schweizerischen Obligationenrechts,
Band I, S. 359; KELLER/SCHÖBI, Allgemeine Lehren des Vertragsrechts,
3. Aufl. 1988, S. 74) oder schlicht als Schutz des gutgläubigen Dritten vor
fehlender Vertretungsmacht des Vertreters bezeichnet (BK-ZÄCH, N. 8 ff.,
N. 46 und N. 128 ff. zu Art. 33 OR; OR-WATTER, N. 29 ff. zu Art. 33 OR;
zum Gesamten GAUCH/SCHLUEP, aaO, S. 260 ff. Rz. 1390 ff.). Unbesehen
dieser uneinheitlichen Terminologie beruht die Bindung des ungewollt
Vertretenen jedenfalls auf dem Vertrauensprinzip, wonach die normativ
zurechenbare der tatsächlich ungewollten rechtsgeschäftlichen Bindung
derogiert. Danach ist der Erklärende im rechtsgeschäftlichen Bereich
nicht gebunden, weil er einen bestimmt gearteten inneren Willen hatte,
sondern weil er ein Verhalten an den Tag gelegt hat, aus dem die Gegenseite
in guten Treuen auf einen bestimmten Willen schliessen durfte (BGE 69
II 319/322). Das bedeutet im Vertretungsrecht, dass der Vertretene auf
einer bestimmt gearteten Äusserung zu behaften ist, wenn der gutgläubige
Dritte, demgegenüber der Vertreter ohne Vollmacht handelt, sie in guten
Treuen als Vollmachtskundgabe verstehen durfte und darauf vertraute. Wer
auf einen Rechtsschein vertraut, darf nach Treu und Glauben verlangen,
dass dieses Vertrauen demjenigen gegenüber geschützt wird, der den
Rechtsschein hervorgerufen oder mitveranlasst und damit zu vertreten hat
(SOERGEL/LEPTIEN, N. 15 zu § 167 BGB; RGRK-STEFFEN, N. 10 zu § 167 BGB).

    b) Im einzelnen setzt diese Vertrauenshaftung - soweit hier von
Interesse - folgendes voraus:

    aa) Der Vertreter muss dem Dritten gegenüber in fremdem Namen
handeln. Ob dies zutrifft, entscheidet sich wiederum nach den Regeln
zur Auslegung empfangsbedürftiger Erklärungen. Erforderlich ist daher
entweder, dass der Vertreter den Vertretungswillen hat und der Dritte
dies erkennt, oder dass er zwar keinen Vertretungswillen hat, der Dritte
jedoch nach Treu und Glauben auf einen solchen schliessen darf und
tatsächlich auch schliesst (KOLLER, aaO, S. 56 Rz. 191). Mithin kommt
es nicht auf den inneren tatsächlichen, sondern auf den nach aussen
kundgegebenen und vertrauenstheoretisch sowie tatsächlich als solchen
verstandenen Vertretungswillen an (STAUDINGER/DILCHER, N. 39 zu § 167 BGB;
RGRK-STEFFEN, N. 13 zu § 167 BGB). Insoweit ist die bundesgerichtliche
Rechtsprechung zu präzisieren, wonach der vollmachtlose Vertreter einen
tatsächlichen Vertretungswillen haben müsse (BGE 100 II 200 E. 8a S. 211
mit Hinweisen). Hinreichend ist auch hier der objektiv geäusserte Wille
(BK-ZÄCH, N. 40 zu Art. 33 OR; KOLLER, aaO).

    Demgegenüber entfällt die Annahme einer Vertretungswirkung, wenn
jemand nicht in, sondern unter fremdem Namen handelt, sich beispielsweise
der Angestellte als Geschäftsinhaber ausgibt. Hier wird äusserlich ein
Eigen- und nicht ein Fremdgeschäft abgeschlossen, was eine Anwendung der
vertretungsrechtlichen Gutglaubensvorschriften von vornherein ausschliesst
(KOLLER, aaO, S. 57 Rz. 194; NEUMAYER, Vertragsschluss unter fremdem
Namen, Mélanges Pierre Engel, S. 221 ff.).

    bb) Das Handeln des Vertreters in fremdem Namen vermag allerdings
für sich allein eine Vertrauenshaftung des Vertretenen nie zu begründen,
denn aus erwecktem Rechtsschein ist nur gebunden, wer diesen Rechtsschein
objektiv zu vertreten hat. Dies folgt bereits daraus, dass das Geschäft
nicht durch den Vertreter, sondern durch den Vertretenen mittels des
Vertreters abgeschlossen wird, denn dieser ist Vertragspartei, und ihn
trifft dessen gesamte Rechtswirkung (MÜLLER-FREIENFELS, Die Vertretung beim
Rechtsgeschäft, S. 212; anders noch BGE 42 II 648 E. 1b). Die objektive
Mitteilung der Vollmacht muss daher vom Vertretenen ausgehen. Entscheidend
ist allein, ob das tatsächliche Verhalten des Vertretenen nach Treu und
Glauben auf einen Mitteilungswillen schliessen lässt. Dieses Verhalten
kann in einem positiven Tun bestehen, indessen auch in einem passiven
Verhalten, einem bewussten oder normativ zurechenbaren Unterlassen oder
Dulden (BGE 85 II 22 E. 1; BK-ZÄCH, N. 35 ff. und N. 144 zu Art. 33
OR; OR-WATTER, N. 31 zu Art. 33 OR; KOLLER, aaO, S. 70 Rz. 231). Hat
der Vertretene dabei Kenntnis vom Auftreten des Vertreters, schreitet
aber dagegen nicht ein, wird ihm nach einem anschaulichen, wenngleich
für das schweizerische Recht ungenauen Ausdruck eine sogenannte externe
Duldungsvollmacht unterstellt (zur Terminologie BK-ZÄCH, N. 46 und N. 130
zu Art. 33 OR). Kennt er das Verhalten des Vertreters nicht, könnte
er es aber bei pflichtgemässer Aufmerksamkeit kennen und verhindern,
liegt nach derselben Terminologie eine externe Anscheinsvollmacht vor
(KOLLER, aaO, S. 70 Rz. 231; GAUCH/SCHLUEP, aaO, S. 264 Rz. 1411 f.) In
einem Teil der Lehre wird allerdings diese externe Anscheinsvollmacht als
vertragsbegründender Tatbestand abgelehnt und allein der culpa-Haftung
auf das (negative) Vertrauensinteresse unterstellt (KELLER/SCHÖBI, aaO,
S. 74 f.). Indessen ist zum mindesten die Auffassung nicht von der Hand
zu weisen, dass das Institut der Anscheinsvollmacht im hier verwendeten
Sinne jedenfalls im kaufmännischen Verkehr seine Rechtfertigung hat,
indem der Geschäftspartner nicht mit den für ihn undurchschaubaren
Organisationsrisiken der Unternehmung belastet werden soll (CANARIS,
Die Vertrauenshaftung im deutschen Privatrecht, S. 48 ff., insbesondere
S. 52, S. 191 ff.; KOLLER, aaO, S. 79 Rz. 252 mit Hinweisen auf die
bundesgerichtliche Rechtsprechung). Allerdings sind in diesem Zusammenhang
auch die Schranken zu beachten, welche einem leichtfertigen Vertrauen
des Geschäftspartners aus der Publizitätswirkung des Handelsregisters
gesetzt sind. Zudem wird mit beachtlichen Gründen weitergehend darauf
hingewiesen, dass sich auf der Grundlage des Vertrauensgrundsatzes eine
unterschiedliche rechtliche Behandlung von Duldungs- und Anscheinsvollmacht
im Aussenverhältnis, eine Differenzierung des Gutglaubensschutzes nach
bewusst geduldetem oder nachlässig nicht vermiedenem Rechtsschein, nicht
leicht begründen lässt (SOERGEL/LEPTIEN, N. 17 zu § 167 BGB). Namentlich
ist nicht ohne weiteres einzusehen, weshalb die normative Wirkung des
erweckten Rechtsscheins vom Kenntnisstand desjenigen abhängen soll, der
ihn objektiv zu vertreten hat, wenn der Vertrauensgrundsatz gerade dazu
angerufen wird, rechtsgeschäftliche Bindung auch dort zu begründen, wo sie
nach dem tatsächlichen Wissen und Willen des Erklärenden nicht gewollt ist.

    Art. 33 Abs. 3 OR begründet richtig verstanden eine
Verkehrsschutzregelung des Inhalts, dass nach Massgabe des
Vertrauensschutzes der Vertretene und nicht der Geschäftsgegner das
Risiko fehlender Vollmacht trägt (analog für das deutsche Recht FROTZ,
Verkehrsschutz im Vertretungsrecht, S. 300). Im Vordergrund steht nicht
das Verschulden des Erklärenden, sondern die Gefährdung des auf den
Vollmachtswillen gerichteten Vertrauens des Dritten (VON CRAUSHAAR, Die
Bedeutung der Rechtsgeschäftslehre für die Problematik der Scheinvollmacht,
AcP 174/1974, S. 2 ff., S. 20). Klarzustellen ist indessen, dass die
Bindungswirkung nicht bereits dann eintritt, wenn der Dritte auf den
Bestand einer Vollmacht schliessen darf, sondern bloss dann, wenn das
Unterlassen des Vertretenen objektiv als drittgerichtete Mitteilung,
als Vollmachtskundgabe zu werten ist (FROTZ, aaO, S. 297; KOLLER, aaO,
S. 71 Rz. 231).

    Wie für die Willenserklärung gilt für die Kundgabe der Vollmacht,
dass sie auch ohne Erklärungsbewusstsein wirksam werden kann (BK-ZÄCH,
N. 41 zu Art. 33 OR mit Hinweisen).

    Dagegen muss die Erklärung ohne Erklärungsbewusstsein dem Erklärenden
objektiv zurechenbar sein, was u.a. voraussetzt, dass er sich der ihm
unterstellten Bedeutung seines Verhaltens auf Grund der ihm bekannten oder
erkennbaren Umstände hätte bewusst sein können (BGE 85 II 22; BK-KRAMER,
N. 50 zu Art. 1 OR; BK-ZÄCH, N. 42 zu Art. 33 OR).

    cc) Schliesslich tritt die Vertretungswirkung trotz fehlender Vollmacht
nur bei berechtigter Gutgläubigkeit des Dritten ein (BGE 99 II 39 E. 1
S. 42; BK-ZÄCH, N. 155 zu Art. 33 OR; OR-WATTER, N. 35 zu Art. 33 OR;
KOLLER, aaO, S. 88 ff. Rz. 273 ff.). Rechtstheoretisch rechtfertigt allein
der gute Glaube des Mitteilungsempfängers, den Vollmachtsmangel zu heilen
(BGE 107 II 105 E. 6a S. 115; GAUCH/SCHLUEP, aaO, S. 261 Rz. 1393).

Erwägung 3

    3.- Das Handelsgericht schliesst auf eine (externe) Anscheinsvollmacht,
weil der Sohn des Beklagten objektiv in dessen Namen gehandelt und dieser
den erweckten Rechtsschein nicht zerstört habe, mithin gegenüber der
gutgläubigen Klägerin rechtsgeschäftlich verpflichtet worden sei.

    a) Der Vorinstanz ist darin beizupflichten, dass der Sohn des
Beklagten, welcher die Vertragsverhandlungen mit der Klägerin im
Geschäftslokal des Vaters führte, den Vertrag unter dessen Firmenstempel
zeichnete und für die Korrespondenzen dessen Geschäftspapier benutzte,
nach Treu und Glauben den Eindruck erweckte, er handle in fremdem Namen.

    Die Klägerin ist in ihrem Rechtsstandpunkt indessen von vornherein
nur zu schützen, wenn sie auf diesen objektiven Anschein auch vertraute,
das heisst tatsächlich von einem Fremdgeschäft des Sohnes ausging. War sie
dagegen der Meinung, mit ihm ein Eigengeschäft abzuschliessen, entfällt
zwangsläufig eine Vertrauenshaftung des Beklagten. Der angefochtene
Entscheid äussert sich zu diesem inneren Tatbestand auf seiten der Klägerin
nicht und ist insoweit lückenhaft, zumal aus den vom Handelsgericht in
tatsächlicher Hinsicht festgestellten Urteilsgrundlagen nicht unzweideutig
hervorgeht, die Klägerin sei in Tat und Wahrheit von einem Fremdgeschäft
ausgegangen. Bereits der Umstand, dass die Klägerin im Prozess ursprünglich
G. und nicht A. H. als Geschäftsinhaber belangte, deutet indessen eher
darauf hin, dass sie sich in der Person des Geschäftsinhabers geirrt,
nicht aber ein Vertretungsverhältnis angenommen hatte. Diesfalls aber
wäre von einem Eigengeschäft des Sohnes auszugehen, und entfiele die
beanspruchte Haftung des Beklagten. Eine Ergänzung des Sachverhalts im
Sinne von Art. 64 OG erübrigt sich indessen, wenn die Auffassung des
Handelsgerichts, die Klägerin habe gutgläubig auf eine Vollmachtskundgabe
durch den Vater schliessen dürfen, vor dem Bundesrecht nicht standhält.

    b) Nach dem Gesagten wird der Vertrauensschutz des Dritten
zwar durch die Vollmachtskundgabe begründet. Besteht diese Kundgabe
indessen in einem passiven Verhalten des Vertretenen, müssen zusätzlich
hinreichende objektive Umstände gegeben sein, aus denen der Dritte auf
die Bevollmächtigung des Vertreters zum Abschluss des in Frage stehenden
Geschäfts schliessen darf. Obliegt dem Vertretenen mit andern Worten,
einen Rechtsschein zu zerstören, muss dieser bereits hervorgerufen worden
sein. Dabei kann nicht allein auf das Verhalten des Vertreters ankommen,
der Dritte muss dieses nach Treu und Glauben, mithin nach objektiven
Anzeichen, auch als rechtmässig werten dürfen.

    Das Handelsgericht lastet dem Beklagten an, er hätte den durch das
Vertreterhandeln seines Sohnes erweckten Anschein erkennen können und
sei dagegen nicht eingeschritten. Die Erkennbarkeit leitet es daraus ab,
dass die Verhandlungen im Geschäftslokal des Beklagten stattfanden und als
Fortsetzung früherer Umbaupläne mit nunmehr neuem Standort wirkten. Die
Feststellung, die Parteien hätten bereits früher verhandelt, allerdings
nicht um eine zweig- oder ersatzbetriebliche Neueröffnung, sondern um
eine Neuausstattung des bestehenden Geschäfts an der ...strasse in J.,
entnimmt das Handelsgericht entsprechenden Ausführungen des Beklagten
in der Klageantwort. Daraus geht allerdings hervor, dass damals der
Beklagte selbst und nicht sein Sohn Verhandlungspartner der Klägerin war.
Mithin lässt sich eine Vertragshaftung des Beklagten jedenfalls nicht
mit der Begründung halten, er habe in früheren Verhandlungen seinen Sohn
wirken lassen und damit eine Duldungsvollmacht begründet, die er nicht
widerrufen habe und daher weiterhin gegen sich gelten lassen müsse (Art. 34
Abs. 3 OR). Eine normative Vollmachtskundgabe ist im Umstand früherer,
vom Vertretenen selbst geführten Vertragsverhandlungen nicht zu erblicken.

    Aus dem Umstand, dass die Vertragsverhandlungen im Geschäft des
Beklagten stattfanden, schliesst das Handelsgericht offenbar, dem Sohn
sei eine betriebliche Stellung eingeräumt worden, mit der üblicherweise
eine Vollmacht verbunden sei. Diese Auffassung, welche namentlich in
kaufmännischen Verhältnissen, wie sie auch hier gegeben sind, ihre
grundsätzliche Berechtigung hat, ist in der Rechtsprechung bereits dem
Gutglaubensschutz des Dritten zugrunde gelegt worden (Nachweise bei
BK-ZÄCH, N. 159 ff. zu Art. 33 OR; KOLLER, aaO, S. 77 ff. Rz. 246 ff.,
BUCHER, aaO, S. 614 Fn. 54). Allerdings vermag die Klägerin sich nicht
auf einen Rechtsschein zu berufen, wie das Gesetz ihn im Rahmen der
besonders normierten Vertretungsmacht kaufmännischer Vertreter für den
Umfang deren Vertretungsmacht begründet (vgl. etwa Art. 458 ff., Art. 462
und Art. 348b OR), wurde G. H. doch eine solche interne Bevollmächtigung
nicht erteilt, und wird eine solche von ihm auch nicht aus Duldung oder
Anschein beansprucht. Zu prüfen ist daher bloss, ob der kaufmännische
Rechtsschein der Klägerin erlaubte, auf eine solche Vertretungsmacht zu
schliessen. Dabei ist auch hier weniger entscheidend, ob der Kaufmann die
rechtsgeschäftliche Tätigkeit seines Vertreters im einzelnen kennt und
billigt, als vielmehr, wie die mit seinem Vertreter kontrahierenden Dritten
sein Verhalten auffassen müssen. Dürfen sie in guten Treuen annehmen,
dass ihm das rechtsgeschäftliche Handeln seines Vertreters bei Beachtung
der im Verkehr gebotenen Sorgfalt nicht entgangen sein konnte und daher
von ihm gedeckt werde, so muss er sich auf diesem Verhalten behaften
lassen (BGE 74 II 149 E. 2). Indessen darf, wie im bürgerlichen Bereich,
der Dritte eine solche Ermächtigung nicht leichthin annehmen (BGE 99 II 39
E. 1 S. 42). Da die kaufmännische Stellvertretung in jeder Erscheinungsform
auf Dauer ausgelegt ist, ist für deren allfällige vertrauenstheoretische
Begründung ein Verhalten des Scheinbevollmächtigten erforderlich, welches
seinerseits auf Dauer und Kontinuität ausgerichtet ist. Bloss einmaliges
Handeln vermag im Regelfall den Rechtsschein nicht zu begründen. Zudem
darf der Dritte nach der ihm obliegenden Aufmerksamkeit im allgemeinen
aus dem betrieblichen Rechtsschein bloss auf eine Handlungsvollmacht,
nicht aber weitergehend auf eine Prokura schliessen (vgl. BK-GAUTSCHI,
N. 6b zu Art. 462 OR). Mit der Stellung in einem Betrieb ist zwar
häufig und typischerweise eine bestimmte Vollmacht verbunden, zumal
ohne sie der Inhaber der Stellung die mit ihr verbundenen Aufgaben gar
nicht ordnungsgemäss erfüllen könnte (SOERGEL/LEPTIEN, N. 30 zu § 167
BGB). Vermutungsweise heisst dies aber gleichzeitig, dass diese Vollmacht
inhaltlich auf die mit der Stellung verbundenen Aufgaben beschränkt ist und
der loyale Geschäftspartner nicht ohne zusätzliche Gründe, die auf eine
entsprechende Mitteilung schliessen lassen, von einer weiterreichenden
Vertretungsmacht ausgehen darf. Auch für das schweizerische Recht ist -
analog § 56 HGB - davon auszugehen, dass derjenige, der in einem Laden
angestellt ist, bloss zu Rechtshandlungen ermächtigt gilt, die in
einem derartigen Laden gewöhnlich geschehen (VON TUHR/PETER, aaO, S.
358 Fn. 25). Der so begründete Rechtsschein deckt daher allein die
branchenüblichen Geschäfte des jeweiligen Handelsgewerbes (BGE 76 I 338
E. 5 S. 353; STAUB/JOOST, N. 30 ff. zu § 56 HGB; HEYMANN/SONNENSCHEIN,
N. 9 ff. zu § 56 HGB). Die Bestellung einer Ladeneinrichtung zum Preise
von ca. Fr. 200'000.-- für ein Verkaufsgeschäft der Sportbranche liegt
jedoch klarerweise ausserhalb dieses üblichen Geschäftsgangs und ist
daher durch die allgemeine Rechtsscheinvollmacht des Angestellten nicht
gedeckt. Umstände einer weitergehenden Vollmachtskundgabe sind nicht
festgestellt. Die Klägerin durfte mithin auch nicht aus der betrieblichen
Stellung ihres Verhandlungspartners dessen Vollmacht folgern, den
streitigen Vertrag mit ihr einzugehen. Ebenfalls die Verwandtschaft des
Vertretenen zum Vertreter reicht sodann nicht aus, den Rechtsschein einer
umfassenden Bevollmächtigung im privaten oder geschäftlichen Bereich
zu begründen (STAUDINGER/DILCHER, N. 36 zu § 167 BGB; SOERGEL/LEPTIEN,
N. 36 zu § 167 BGB).

    Nichts anderes gilt schliesslich für die Verwendung von Geschäftspapier
in der dem Vertragsschluss folgenden Korrespondenz und namentlich des
Firmenstempels auf dem Vertragsdokument durch den Sohn des Beklagten. Zwar
ist der Auffassung durchaus beizupflichten, dadurch könne in besonderem
Masse eine rechtsgeschäftliche Vertrauenshaftung des Vertretenen
begründet werden (STAUDINGER/DILCHER, N. 35 zu § 167 BGB). Indessen hat
das Bundesgericht bereits im Jahre 1913 darauf hingewiesen, dass die
Firmenstempel in den meisten Geschäften auch subalternen Angestellten
zugänglich sind, und u.a. gerade diesen die Benutzung des Stempels obliegt
(BGE 39 II 91 E. 3). Nichts anderes gilt für den betrieblichen Briefkopf.

    All die genannten Anzeichen vermögen daher das gutgläubige Vertrauen
des Dritten in eine Vertretungsmacht nicht weiter zu schützen, als es
die branchenübliche Geschäftsabwicklung erheischt. In der bisherigen
Rechtsprechung ist denn soweit ersichtlich Gutglaubensschutz stets bloss in
diesem beschränkten Umfang gewährt worden (BGE 105 II 110, 76 I 338 E. 5,
53 III 171 E. 2, 31 II 667 E. 3, SJ 1966, S. 537; NJW 1976, S. 1673). Im
vorliegenden Fall ging die eingegangene Verpflichtung indessen wesentlich
über den normalen Geschäftsbetrieb hinaus, so dass die Klägerin ohne
weitere vertrauensbildende Umstände nicht davon ausgehen durfte, der Sohn
vermöge insoweit den Beklagten rechtsgeschäftlich zu verpflichten. Solche
weiteren Umstände aber hat das Handelsgericht in tatsächlicher Hinsicht
nicht festgestellt. Schliesslich reichen die genannten Umstände auch in
ihrer Gesamtwürdigung nicht aus, einen Gutglaubensschutz der Klägerin
zu begründen.