Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 120 III 18



120 III 18

9. Auszug aus dem Urteil der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer vom
2. März 1994 i.S. S. K., R. K. und W. Z. (Rekurs) Regeste

    Pfändung eines Bankkontos; Verrechnungseinrede.

    Erhebt die Bank - als Drittschuldnerin - Verrechnungseinrede, so ist
kein Widerspruchsverfahren durchzuführen. Vielmehr ist die gegenüber der
Bank geltend gemachte Forderung als bestrittene zu pfänden.

Sachverhalt

    A.- Zugunsten von drei Betreibungsgruppen in den gegen S. K.,
R. K. und W. Z. gerichteten Betreibungen belegte das Betreibungsamt
Niedersimmental ein Bankkonto bei der Schweizerischen Bankgesellschaft
(Bern) mit Pfandbeschlag.

    Nachdem das Betreibungsamt der Schweizerischen Bankgesellschaft Frist
zur Klage gemäss Art. 107 SchKG angesetzt hatte, beschwerte sich diese
bei der Aufsichtsbehörde in Betreibungs- und Konkurssachen für den Kanton
Bern. Sie beantragte, dass die Verfügung des Betreibungsamtes aufzuheben
und statt dessen den Schuldnern, eventuell den Gläubigern Frist zur Klage
gemäss Art. 109 SchKG anzusetzen sei.

    Die kantonale Aufsichtsbehörde hob die Fristansetzung gemäss Art. 107
SchKG auf und verfügte, dass die Forderung gegenüber der Schweizerischen
Bankgesellschaft als bestrittene zu pfänden sei.

    B.- S. K., R. K. und W. Z. zogen die Sache an die Schuldbetreibungs-
und Konkurskammer des Bundesgerichts weiter. Diese wies den Rekurs ab.

Auszug aus den Erwägungen:

                     Aus den Erwägungen:

Erwägung 3

    3.- a) Nachdem das Bundesgericht in den ersten drei Jahrzehnten
seines Bestehens das Widerspruchsverfahren bezüglich einer Forderung
als ausgeschlossen erachtet hatte, weil es dafürhielt, dass an einer
Forderung kein Gewahrsam wie an einer körperlichen Sache bestehen könne,
wich es von dieser Auffassung erstmals in BGE 29 I 262 ab (siehe dazu
FRITZSCHE/WALDER, Schuldbetreibung und Konkurs nach schweizerischem Recht,
Band I, Zürich 1984, § 26 N. 38 f.). In ständiger Rechtsprechung wird
seither die Möglichkeit des Widerspruchsverfahrens bejaht, wenn eine
Forderung gepfändet wird, wobei für die Verteilung der Parteirollen auf
die grössere Wahrscheinlichkeit der materiellen Berechtigung abgestellt
wird (BGE 88 III 109 E. 1, S. 115, mit Hinweisen; 97 III 60 E. 1, S. 64;
112 III 90 E. 5, S. 99; 116 III 82; FRITZSCHE/WALDER, aaO, § 26 N. 40;
AMONN, Grundriss des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts, 5. Auflage
Bern 1993, § 24 N. 15; GILLIÉRON, Poursuite pour dettes, faillite et
concordat, 3. Auflage Lausanne 1993, S. 208, B; JOOS, Handbuch für die
Betreibungsbeamten der Schweiz, Wädenswil 1964, S. 179).

    b) Nicht zu beantworten war in der bisherigen Rechtsprechung die Frage,
wie es sich mit der Widerspruchsklage verhalte, wenn ein Drittschuldner
Verrechnungseinrede erhebt. Auch der von den Rekurrenten zu ihren Gunsten
angerufene BGE 116 III 82 hat diese Frage nicht zum Gegenstand. Im
Urteil der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts vom
31. August 1993 stand die Frage zwar im Raum, aber es war noch nicht
darüber zu entscheiden.

Erwägung 4

    4.- Die Aufsichtsbehörde in Betreibungs- und Konkurssachen für
den Kanton Bern hat in den angefochtenen Entscheiden, unter Hinweis
auf DENZLER (Der Anwendungsbereich des Widerspruchsverfahrens, Zürcher
Diss. 1986, S. 82 f.), darauf hingewiesen, dass der Drittschuldner, welcher
Verrechnung geltend macht, zum Ausdruck bringe, dass er die Forderung im
Umfang der Gegenforderung als getilgt betrachte. Er behaupte damit nicht,
die Forderung stehe ihm und nicht dem Betriebenen zu, vielmehr bestreite
er Bestand und Höhe der Forderung an sich. Diese Frage aber könne nicht
Gegenstand eines Widerspruchsverfahrens sein.

    Überzeugt schon diese Auffassung, so ist der kantonalen
Aufsichtsbehörde auch beizupflichten, wenn sie erklärt, dass mit der
behaupteten Tilgung der Forderung durch Verrechnung auch ein allfälliges
akzessorisches Pfandrecht untergegangen sei, und wenn sie zum Schluss
gelangt, dass die Forderung als bestrittene zu pfänden sei und allenfalls
von Gläubigern gemäss Art. 131 Abs. 2 SchKG zur Eintreibung übernommen
werden könne. Man gelangt damit zu demselben Ergebnis wie bei der -
jetzt nicht mehr zulässigen (vgl. BGE 117 III 52) - Lohnabtretung, wo
der angeblich abgetretene Betrag ebenfalls als bestrittene Forderung
in die Pfändungsurkunde aufzunehmen war, wenn die Gültigkeit der
Abtretung bestritten wurde (BGE 65 III 129 E. 3, S. 132; 66 III 42;
88 III 109, S. 116; FRITZSCHE/WALDER, aaO, § 24 N. 77 f., § 26 N. 40
(S. 378); GILLIÉRON, aaO, S. 208, B; a.M., das Widerspruchsverfahren
befürwortend, BlSchKG 47/1983, S. 222, N. 124; WALDER, Lohnabtretung und
Zwangsvollstreckung, Zürich 1975, S. 54 ff.).

    Somit erweisen sich die angefochtenen Entscheide als
bundesrechtskonform.