Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 120 III 16



120 III 16

8. Auszug aus dem Urteil der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer vom 7.
April 1994 i.S. Rudolf M. (Rekurs) Regeste

    Berechnung des Existenzminimums (Art. 93 SchKG, Art. 2 ZGB).

    Dem Schuldner, der entgegen einer gerichtlichen Obhutsregelung seine
Kinder zu sich nimmt und in natura für ihren Unterhalt aufkommt, stehen
bei der Berechnung seines Existenzminimums keine Unterhaltszuschläge zum
Grundbetrag und keine Auslagen für eine Haushalthilfe zu.

Sachverhalt

    A.- Gestützt auf den definitiven Rechtsöffnungsentscheid für
ausstehende Kinderunterhaltsbeiträge über insgesamt Fr. 19'200.--
stellte X. B. am 23. August 1993 in der Betreibung Nr. ... das
Fortsetzungsbegehren. Das Betreibungsamt Z. vollzog am 27. September
1993 bei A. B. die Lohnpfändung, wobei es dessen Existenzminimum
auf Fr. 3'411.-- festlegte; am 13. Dezember 1993 nahm es eine erneute
Berechnung vor, womit sich der Notbedarf für A. B. mit Wirkung auf den
1. Januar 1994 auf Fr. 3'676.-- erhöhte.

    B.- X. B. wandte sich gegen den A. B. zugestandenen Notbedarf an das
Vizegerichtspräsidium Frauenfeld, welches ihre Beschwerde guthiess und in
der Berechnung des schuldnerischen Existenzminimums die Zuschläge für die
Kinder von insgesamt Fr. 600.-- und für die Haushalthilfe von Fr. 400.--
strich. Die Rekurskommission des Obergerichts des Kantons Thurgau als
kantonale Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs wies die
von A. B. dagegen erhobene Beschwerde am 24. Januar 1994 ab.

    C.- A. B. hat sich mit Rekurs vom 7. März 1994 an die
Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts gewandt; er
beantragt, sein Existenzminimum ab 1. Januar 1994 auf Fr. 3'676.--
festzulegen.

Auszug aus den Erwägungen:

                     Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- Anlass zum Rekurs gibt die Berechnung des Existenzminimums, soweit
die kantonale Aufsichtsbehörde - unabhängig ob die betreibungsrechtlichen
Richtlinien vom 1. April 1992 oder diejenigen vom 1. Januar 1994 zur
Anwendung gelangen - den Unterhalt der beiden beim Schuldner wohnenden
Kinder beim Grundbetrag nicht berücksichtigte und die Auslagen für eine
Haushalthilfe strich.

    a) Einkünfte können nur in dem Umfang gepfändet werden, als sie
nicht nach dem Ermessen des Betreibungsbeamten für den Schuldner und
seine Familie unumgänglich notwendig sind (Art. 93 SchKG). Die von der
Konferenz der Betreibungs- und Konkursbeamten der Schweiz erlassenen
Richtlinien richten daher den Grundbetrag nach der familiären Wohnsituation
aus und sehen für den Unterhalt von Kindern altersmässig abgestufte
Unterhaltszuschläge vor (BGE 119 III 70 E. 3a S. 72).

    b) Im vorliegenden Fall stellte das Vizegerichtspräsidium Frauenfeld
die beiden minderjährigen Kinder der Ehegatten B. am 19. September
1991 für die Dauer des Scheidungsverfahrens unter die Obhut der Mutter,
welche Regelung im Zeitpunkt der Pfändung immer noch gültig war. Ebenso
blieb der Rekurrent gegenüber seinen Kindern nach wie vor im Umfang des
Massnahmeentscheides unterhaltspflichtig.

    c) Der Rekurrent besteht nun aber nicht auf der Berücksichtigung
der ihm auferlegten Kinderunterhaltsbeiträge, was die Rechtsprechung
ohnehin nur zulässt, falls diese tatsächlich geleistet werden (BGE 111
III 13 E. 4 S. 15), sondern beansprucht die in den betreibungsrechtlichen
Richtlinien für den Unterhalt von Kindern vorgesehenen Zuschläge sowie
die Auslagen für eine Haushalthilfe. Dem ist entgegenzuhalten, dass er
nicht verpflichtet ist, die beiden Kinder zu sich zu nehmen und in natura
für ihren Unterhalt aufzukommen. Tut er dies gleichwohl und vor allem
entgegen einer gerichtlichen Obhutsregelung, sind die ihm durch sein
Verhalten entstandenen Auslagen bei der Berechnung des Existenzminimums
nicht zu berücksichtigen. Jede andere Betrachtungsweise widerspräche
dem Grundsatz von Treu und Glauben (Art. 2 ZGB), der auch im Rahmen des
gestützt auf Art. 19 Abs. 1 SchKG erhobenen Rekurses zu beachten ist
(BGE 117 III 44 E. 2a S. 46).

    d) Das Existenzminimum des Rekurrenten bleibt nicht nur nach der
von ihm verteidigten Berechnungsweise des Betreibungsamtes, sondern auch
nach derjenigen des angefochtenen Entscheides gedeckt. Überdies hat die
kantonale Aufsichtsbehörde festgestellt, dass die Gläubigerin ihre Lebens-
und Wohnsituation auf die Betreuung der Kinder ausgerichtet habe, was mit
Unkosten verbunden sei. Damit ist der Umfang der aufgrund des von der
kantonalen Aufsichtsbehörde festgelegten Notbedarfs möglichen Pfändung
keineswegs nichtig (BGE 111 III 13 E. 5 S. 15 und E. 7 S. 20).

    Der sich als unbegründet erweisende Rekurs ist demzufolge abzuweisen.