Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 120 III 157



120 III 157

53. Auszug aus dem Urteil der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer vom 14.
Dezember 1994 i.S. M. T. (Rekurs) Regeste

    Prosequierung des Retentionsrechts des Vermieters von Geschäftsräumen
(Art. 268 OR; Art. 283 SchKG).

    Das Retentionsrecht des Vermieters von Geschäftsräumen darf - durch
Betreibung auf Pfandverwertung - nur im Umfang der in der Retentionsurkunde
genannten Forderung prosequiert werden.

Sachverhalt

    A.- Zwecks Fortsetzung der Retention stellte die Vermieterin
M. T. beim Betreibungsamt Luzern am 17. Dezember 1993 gegen die
Schuldnerin ein Betreibungsbegehren für eine Forderung von Fr. 86'655.--
nebst Zins. Indessen entsprach das Betreibungsamt diesem Begehren nicht,
sondern erliess am 21. Dezember 1993 eine Rückweisungsverfügung, womit
sie die Vermieterin ersuchte, ein berichtigtes Betreibungsbegehren
einzureichen. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Betreibung könne
nur für den Betrag angehoben werden, für welchen die Retentionsurkunde
aufgenommen worden sei. Für weitergehende Forderungen müsste eine weitere
Retention vollzogen werden.

    Die Vermieterin widersprach dieser Auffassung. Doch hielt
das Betreibungsamt mit Schreiben vom 6. Januar 1994 an der
Rückweisungsverfügung fest.

    B.- Die hierauf von der Vermieterin erhobene Beschwerde wie
auch der Beschwerde-Weiterzug wurden von den Aufsichtsbehörden über
Schuldbetreibung und Konkurs des Kantons Luzern abgewiesen. Ebenso wies
die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts den bei ihr
eingereichten Rekurs ab, soweit sie darauf eintrat.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- Es ist nicht einzusehen, weshalb - wie die Rekurrentin meint
- das Betreibungsamt nicht befugt sein sollte, "den durch Art. 268 OR
zivilrechtlich definierten Umfang des Retentionsrechtes zu bestimmen". Wenn
die Betreibungsbehörden schon bei der Erstellung der Retentionsurkunde den
Betrag der Mietzinsen und die Zeitabschnitte, auf die sie sich beziehen,
bestimmen dürfen (BGE 103 III 40 E. 2), so muss ihnen auch die Befugnis
zugestanden werden, zu prüfen, ob die Retention nicht in einem unzulässigen
Umfang prosequiert wird.

    Bezüglich der Arrestprosequierungsklage ist erkannt worden, dass sie
jene Forderung betreffen muss, für welche der Arrest bewilligt worden
ist (BGE 110 III 97; vgl. auch AMONN, Grundriss des Schuldbetreibungs-
und Konkursrechts, 5. Auflage Bern 1993, § 51 N. 75). Es liegt auf der
Hand, denselben Grundsatz auf die Prosequierung der Retention anzuwenden
(siehe dazu das Kreisschreiben Nr. 23 der Schuldbetreibungs- und
Konkurskammer des Bundesgerichts vom 17. Juli 1909; veröffentlicht in der
Taschenausgabe JAEGER/DAENIKER/WALDER, 12. Auflage Zürich 1990, S. 506) und
zu verlangen, dass Betreibung auf Pfandverwertung nur eingeleitet werden
kann im Umfang der in der Retentionsurkunde genannten Forderung. Für
eine "Dynamisierung" des Umfanges des Retentionsrechtes, wie sie die
Rekurrentin sehen möchte, besteht gerade deshalb umso weniger Raum, als
der Gesetzgeber dem Retentionsrecht des Vermieters von Geschäftsräumen
eine zeitliche Schranke gesetzt hat (Art. 268 Abs. 1 OR). Würde man der
Auffassung der Rekurrentin folgen, so müsste das Betreibungsamt zweimal -
zuerst bei der Aufnahme der Retentionsurkunde und in der Folge bei der
Ausstellung des Zahlungsbefehls für die Betreibung auf Pfandverwertung
- prüfen, ob der gesetzliche Rahmen eingehalten ist. Aber selbst wenn
die prosequierte Forderung sich noch innert der Schranken des Art. 268
Abs. 1 OR bewegen sollte, darf sie nicht höher sein als die in der
Retentionsurkunde festgehaltene Mietzinsforderung; denn sowenig wie bei
der Arrestprosequierung geht es bei der Prosequierung der Retention an,
dass die prosequierte Forderung sich auf neue tatsächliche Gründe stützt
(BGE 110 III 98, letzter Abschnitt).