Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 120 III 138



120 III 138

47. Auszug aus dem Urteil der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer vom 27.
September 1994 i.S. H. (Rekurs) Regeste

    Grundpfandverwertung; ausserordentliche Verwaltungsmassnahme (Art. 18
Abs. 2 VZG).

    Die Verwaltung und Bewirtschaftung eines Pfandgegenstandes erlaubt
dem Betreibungsamt selbst mit Zustimmung der kantonalen Aufsichtsbehörde
nicht, die zu verwertende Liegenschaft im Rahmen einer ausserordentlichen
Verwaltungsmassnahme zu parzellieren (E. 2a und b).

    Darf das Betreibungsamt bei der Festlegung der Steigerungsbedingungen
eine Neuparzellierung der Liegenschaft vornehmen? (E. 2c).

Sachverhalt

    A.- In dem gegen H. laufenden Verfahren auf Grundpfandverwertung
stimmten alle Gläubiger der vom Betreibungsamt vorgeschlagenen
Neuparzellierung der Liegenschaft R. zu; einzig die Grundpfandgläubigerin
im letzten Rang und der Schuldner lehnten ein solches Vorgehen
ab. Daraufhin gelangte das Betreibungsamt an die Aufsichtsbehörde in
Betreibungs- und Konkurssachen für den Kanton Bern, welche mit Entscheid
vom 27. Juli 1994 dem Gesuch um Bewilligung einer ausserordentlichen
Verwaltungsmassnahme im Sinne von Art. 18 Abs. 2 VZG (SR 281.42) entsprach
und das Betreibungsamt ermächtigte, die zu verwertende Liegenschaft in
eine Parzelle, umfassend das Wohnhaus mit Umschwung von maximal 24 Aren
und in eine weitere, nicht überbaute Parzelle aufzuteilen.

    H. hat sich mit Rekurs vom 21. August 1994 an die Schuldbetreibungs-
und Konkurskammer des Bundesgerichts gewandt; er beantragt, den Entscheid
der kantonalen Aufsichtsbehörde aufzuheben, dem Betreibungsamt die
Neuparzellierung zu untersagen und dieses aufzufordern, die Liegenschaft
R. innert zwei Monaten zu versteigern.

    M., Grundpfandgläubigerin im letzten Rang, vertritt sinngemäss den
Standpunkt des Rekurrenten.

    Das Betreibungsamt und die Aufsichtsbehörde in Betreibungs- und
Konkurssachen für den Kanton Bern verzichten unter Hinweis auf den
angefochtenen Entscheid und die kantonalen Akten auf eine Stellungnahme.

    Der Rekurs wird gutgeheissen

Auszug aus den Erwägungen:

                   aus folgenden Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- Anlass zum Rekurs gibt die Anordnung als ausserordentliche
Verwaltungsmassnahme durch die kantonale Aufsichtsbehörde, womit das
Betreibungsamt ermächtigt wird, die zu verwertende Liegenschaft vorgängig
der Steigerung in zwei Parzellen aufzuteilen.

    a) Das Betreibungsamt sorgt von Amtes wegen für die Verwaltung und
Bewirtschaftung des Grundstücks, solange die Pfändung besteht. Dies
gilt in gleicher Weise im Pfandverwertungsverfahren von der Stellung
des Verwertungsbegehrens an (Art. 102 Abs. 3 SchKG, Art. 16 Abs. 1 VZG,
Art. 101 Abs. 1 VZG). Demnach hat es alles vorzukehren, was zur Erhaltung
des Grundstücks und seiner Ertragsfähigkeit sowie zur Gewinnung der Früchte
und Erträgnisse angebracht ist (Art. 17 VZG). Erfordert die Verwaltung
aussergewöhnliche und umgehend zu treffende Massnahmen, so ordnet das
Betreibungsamt Entsprechendes an und benachrichtigt die Beteiligten, unter
Hinweis auf ihr Beschwerderecht (Art. 18 Abs. 1 VZG). Ist keine Gefahr
im Verzug, so holt das Betreibungsamt die Zustimmung der Beteiligten
ein. Soweit dies nicht möglich ist, ersucht es die Aufsichtsbehörde um
die nötige Weisung (Art. 18 Abs. 2 VZG).

    b) Diese einlässliche Regelung entspricht der Verantwortung des
Betreibungsamtes für die zur Verwertung bestimmte Liegenschaft, über die
der Schuldner seinerseits nicht unbewilligterweise verfügen darf (Art. 96
Abs. 1 SchKG; BGE 64 III 197 E. S. 199/200; 83 III 108 E. 1 S. 110;
BLUMENSTEIN, Handbuch des Schweizerischen Schuldbetreibungsrechts,
Bern 1911, S. 377 ff.; AMONN, Grundriss des Schuldbetreibungs-
und Konkursrechts, 5.A. Bern 1993, S. 172/173 N. 73 ff.). Die
Verwaltungstätigkeit des Betreibungsamtes ist nie auf Dauer angelegt, sie
findet ihren Abschluss mit der grundsätzlich vom Gläubiger zu beantragenden
Verwertung (Art. 116 SchKG) und ihre sorgfältige Ausübung kann zweifellos
zur Steigerung des Verwertungserlöses beitragen. Gleichwohl darf eine
Verwaltungshandlung nie über die Erhaltung und Bewahrung der Sache
hinausgehen. Damit hat vor allem jede Änderung der Nutzung und jeder
Eingriff in die Substanz der Sache, erscheinen sie aus wirtschaftlicher
Sicht auch noch so sinnvoll, zu unterbleiben. Die vom Betreibungsamt
vorgeschlagene Neuparzellierung darf im Rahmen einer Verwaltungshandlung
nicht vorgenommen werden; daran ändert auch eine Qualifizierung als
ausserordentliche Massnahme nichts.

    c) Die von der kantonalen Aufsichtsbehörde bewilligte Neuparzellierung
stellt ihrem Wesen nach eine Vorbereitungshandlung im Hinblick auf die
Steigerung dar. Die Art und Weise der Steigerung wird vom Betreibungsamt
in den Steigerungsbedingungen festgelegt und zwar im Hinblick auf eine
bestmögliche Berücksichtigung aller Interessen (Art. 125 Abs. 2 SchKG,
Art. 134 Abs. 1 SchKG; AMONN, aaO, S. 244 N. 45; FRITZSCHE/WALDER,
Schuldbetreibung und Konkurs nach schweizerischem Recht, Band I,
3.A. Zürich 1984, S. 439 N. 6). Dies kommt nicht zuletzt auch in den
Steigerungsbedingungen zum Ausdruck, die vorsehen können, ob mehrere
Grundstücke einzeln oder gesamthaft zu versteigern sind (Art. 45
Abs. 1 lit. b VZG). Ob das Betreibungsamt - wenn schon nicht im Rahmen
seiner Verwaltungstätigkeit - dann immerhin bei der Festlegung der
Steigerungsbedingungen eine Neuparzellierung vorsehen kann, braucht an
dieser Stelle allerdings nicht entschieden zu werden.