Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 120 IB 417



120 Ib 417

57. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
vom 9. Dezember 1994 i.S. Eidgenössische Steuerverwaltung
gegen Lebensversicherungsgesellschaft X., Staat Zürich
und Bundessteuer-Rekurskommission des Kantons Zürich
(Verwaltungsgerichtsbeschwerde) Regeste

    Auskunftspflicht des Steuerpflichtigen nach Art. 89 Abs. 2 BdBSt;
Verhältnis von Art. 89 Abs. 2 BdBSt und Art. 19 VStG.

    Voraussetzung für die Auskunftspflicht nach Art. 89 Abs. 2
BdBSt ist nur, dass die verlangten Auskünfte für die Veranlagung
des Steuerpflichtigen von Bedeutung sein können. Die Auskunftspflicht
erstreckt sich bloss nicht auf Auskünfte, die nicht für die Veranlagung
des Steuerpflichtigen, sondern ausschliesslich seiner Geschäftspartner
von Bedeutung sein können, oder auf solche Auskünfte, deren Erteilung für
den Steuerpflichtigen einen unzumutbaren Aufwand bedingen (Bestätigung
der Rechtsprechung; E. 1).

    Anwendung dieser Grundsätze auf den zu entscheidenden Fall (E. 2-4).

    Die in Art. 89 Abs. 2 BdBSt vorbehaltene Möglichkeit der
Auskunftsverweigerung aufgrund von Art. 19 VStG (Einspruch des
Leistungsempfängers gegen die Meldung der Versicherungsleistung) greift
nicht Platz, solange noch keine Versicherungsleistung ausgerichtet wurde
(E. 5).

Sachverhalt

    A.- Mit Schreiben vom 19. September 1991 gelangte der
zuständige Steuerkommissär des kantonalen Steueramtes Zürich an
die Lebensversicherungsgesellschaft X. und forderte sie auf, eine
"detaillierte Aufstellung über die Kapitalbeträge der Prämiendepots sowie
die darauf ausgerichteten (gutgeschriebenen) Bruttozinsen unter Angabe der
Namen und der Adressen der Gläubiger per 31.12.1990 bzw. Geschäftsjahr
1990" einzureichen. Gleichzeitig erklärte er sich damit einverstanden,
dass sich die Auskunft "auf Prämiendepots von Einzelversicherungen über
Fr. 5'000.--" beschränke. Für die Beantwortung der gestellten Fragen und
die Einreichung der verlangten Unterlagen setzte der Steuerkommissär eine
Frist bis zum 22. Oktober 1991. Gleichzeitig beraumte er auf dieses Datum
hin eine Domizilprüfung bei der Steuerpflichtigen an. Dabei behielt er
sich ausdrücklich vor, nötigenfalls weitere Auskünfte einzuverlangen.

    Am 22. Oktober 1991 fand die angekündigte Domizilprüfung
statt. Dabei wiederholte der Steuerkommissär seine Auflage, worauf die
Lebensversicherungsgesellschaft X. festhielt, sie könne diese nicht
erfüllen. Mit Schreiben vom 4. November 1991 zuhanden des kantonalen
Steueramtes Zürich bestätigte die Lebensversicherungsgesellschaft
X. ihren Rechtsstandpunkt und betonte erneut, sie könne die formelle
Auflage des Steueramtes Zürich vom 19. September 1991 nicht erfüllen,
fehle es doch an einer genügenden Grundlage, um Namenslisten der Inhaber
von gesperrten Prämiendepots zu erstellen und den Einschätzungsbehörden
auszuhändigen. Sie sei dagegen bereit, die notwendigen Zahlen jederzeit zur
Einsicht offenzulegen. Namentlich biete sie Hand zu nichtsystematischen
Stichproben hinsichtlich der Prämiensperrdepots.

    Mit als Mahnung im Sinne von Art. 85 BdBSt (SR 642.11) bezeichneter
Verfügung vom 8. November 1991 wiederholte der Steuerkommissär die Auflage
vom 19. September 1991. Die Lebensversicherungsgesellschaft X. bestätigte
daraufhin am 18. November 1991, dass sie die Auskunftserteilung in der
verlangten Form aus den bekanntgegebenen Gründen ablehne. Dazu komme,
dass ihre Haltung auch durch das Versicherungsgeheimnis gedeckt sei.

    Mit Verfügung vom 24. April 1992 auferlegte die Abteilung
Direkte Bundessteuer des kantonalen Steueramtes Zürich der
Lebensversicherungsgesellschaft X. eine Busse im Sinne von Art. 131
Abs. l BdBSt in der Höhe von Fr. 5'000.--, weil die Steuerpflichtige
ihrer Auskunftspflicht nach Art. 89 Abs. 2 BdBSt trotz Mahnung nicht
nachgekommen sei.

    Die Lebensversicherungsgesellschaft X. gelangte gegen diesen Entscheid
mit Beschwerde vom 27. Mai 1992 an die Bundessteuer-Rekurskommission
des Kantons Zürich. Mit Entscheid vom 17. Dezember 1992 hiess die
Bundessteuer-Rekurskommission die Beschwerde gut und hob die Busse auf.

    Gegen diesen Entscheid erhob die Eidgenössische Steuerverwaltung
Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht. Das Bundesgericht
heisst die Beschwerde gut, hebt den angefochtenen Entscheid auf und
verurteilt die Lebensversicherungsgesellschaft X. wegen Verletzung von
Verfahrenspflichten im Sinne von Art. 131 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 89
Abs. 2 BdBSt zu einer Busse von Fr. 5'000.--.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- a) Die Beschwerdegegnerin ist unbestrittenermassen
buchführungspflichtig. Sie hat daher mit ihrer Steuererklärung
die Jahresrechnungen (Bilanzen und Gewinn- und Verlustrechnungen)
einzureichen (Art. 87 Abs. 1 BdBSt). Ist die Veranlagung gestützt
auf die Steuererklärung und die eingereichten Beilagen nicht ohne
weiteres möglich, so hat die Veranlagungsbehörde die erforderlichen
Erhebungen nach den Art. 89 bis 92 BdBSt vorzunehmen (Art. 88 Abs. 2
BdBSt). Nach Art. 89 Abs. 2 BdBSt kann die Veranlagungsbehörde ferner vom
Steuerpflichtigen die Vorlegung der in seinem Besitz befindlichen Bücher,
Urkunden und sonstigen Belege sowie die Einreichung von Bescheinigungen
und Aufstellungen verlangen, die vom Steuerpflichtigen zu beschaffen
oder zu erstellen sind und die für die Veranlagung von Bedeutung sein
können. Insbesondere hat der Steuerpflichtige der Veranlagungsbehörde
auf deren Verlangen die Namen der Personen zu nennen, mit denen er
Rechtsgeschäfte tätigt oder denen er geldwerte Leistungen erbracht
hat; er hat über seine vertraglichen Beziehungen zu den Personen und
die gegenseitigen Leistungen und Ansprüche Auskunft zu geben. Das
gesetzlich geschützte Berufsgeheimnis bleibt vorbehalten, ebenso der
Einspruch gegen die Meldung von Versicherungsleistungen nach Art. 19
des Bundesgesetzes vom 13. Oktober 1965 über die Verrechnungssteuer (SR
642.21; Verrechnungssteuergesetz, VStG). Satz 2 von Art. 89 Abs. 2 BdBSt
ist auf den 1. Januar 1978 in Kraft getreten. Nach der bis 31. Dezember
1977 geltenden früheren Fassung hatte der Steuerpflichtige auf Verlangen
der Veranlagungsbehörde insbesondere "ein Schuldenverzeichnis mit
Angabe der Gläubiger einzureichen und die Verzinsung der Schulden
nachzuweisen". Mit der Neufassung von Art. 89 Abs. 2 Satz 2 BdBSt sollte
an der Pflicht der Steuerpflichtigen zur Vorlegung dieser Beweismittel
nicht gerüttelt werden, sondern diese nach der Erfahrung in manchen Fällen
für eine gründliche Abklärung nicht ausreichende Pflicht ergänzt werden
(Botschaft vom 8. Januar 1975, BBl 1975 I, 334 ff., insbesondere S. 359
Ziff. 441.1; BGE 107 Ib 213 E. 2 S. 215).

    Voraussetzung für die Auskunftspflicht nach Art. 89 Abs. 2
BdBSt ist nur, dass die verlangten Aufstellungen oder Auskünfte und
Bescheinigungen für die Veranlagung des Steuerpflichtigen von Bedeutung
sein können. Auskünfte und Aufstellungen über Schulden, welche das
bilanzierte und bundessteuerpflichtige Kapital, und Schuldzinsen, welche
den bundessteuerpflichtigen Reinertrag mindern, können jedenfalls für die
Veranlagung von Bedeutung sein: Auch aus einer ordnungsgemäss geführten
Buchhaltung ist nicht ohne weiteres ersichtlich, ob verbuchte Schulden
und Schuldzinsen steuerrechtlich anzuerkennen sind. Auch die Buchprüfung
beim Steuerpflichtigen gibt darüber nicht in jedem Fall genügend
Aufschluss. Zwar verlangt die Veranlagungsbehörde eine Aufstellung der
Gläubiger vom buchführungspflichtigen Steuerpflichtigen in der Regel nur,
wenn sie bestimmte Zweifel daran hat, dass die eingereichten Abschlüsse das
bundessteuerpflichtige Kapital und den bundessteuerpflichtigen Reinertrag
richtig ausweisen. Nach Art. 89 Abs. 2 BdBSt kann die Veranlagungsbehörde
vom buchführungspflichtigen Steuerpflichtigen aber auch ohne derartige
konkrete Zweifel eine Aufstellung der Gläubiger mit Namen, Adressen und
Angabe ihrer Forderung sowie der ausgerichteten Zinsen verlangen, sofern
die Veranlagungsbehörde diese Angaben nicht schon bei der Buchprüfung ohne
weiteres erheben kann. Dies ist eine Voraussetzung dafür, dass sie ihre
Veranlagungsaufgabe richtig erfüllen kann. Der Steuerpflichtige ist zur
Angabe seiner Gläubiger nach Art. 89 Abs. 2 BdBSt zwingend gehalten, und es
ist vom Gesetzgeber gewollt, dass die Veranlagungsbehörde diese besondere
Auskunft von ihm nicht bloss dann verlangen kann, wenn sie in erster Linie
für seine eigene Veranlagung notwendig ist. Die Auskunftspflicht erstreckt
sich bloss nicht auf Auskünfte über Geschäftsbeziehungen, die nicht für
die Veranlagung des Bundessteuerpflichtigen, sondern ausschliesslich seiner
Geschäftspartner von Bedeutung sein können (BGE 107 Ib 213 E. 2 S. 215 f.,
mit Hinweisen auf die bisherige Rechtsprechung und Lehre).

    b) Diese Rechtsprechung des Bundesgerichtes ist vereinzelt
auf Kritik gestossen. So weicht insbesondere die Praxis des
Zürcher Verwaltungsgerichtes zum kantonalen Steuergesetz von der
bundesgerichtlichen Praxis insofern ab, als Gläubigerbezeichnungen vom
buchführungspflichtigen Steuerpflichtigen nur verlangt werden können,
wenn hinreichend gesicherte Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die
Deklaration unrichtig oder unvollständig ist (MARTIN ZWEIFEL, Die
Verfahrenspflichten des Steuerpflichtigen im Steuereinschätzungsverfahren,
ASA 49, S. 513 ff., insbesondere S. 537 f.; REIMANN/ZUPPINGER/SCHÄRRER,
Kommentar zum Zürcher Steuergesetz, Bd. III, Bern 1969, N. 3 zu § 72;
ZUPPINGER/SCHÄRRER/FÄSSLER/REICH, Kommentar zum Zürcher Steuergesetz,
Ergänzungsband, 2. Aufl., Bern 1983, N. 6 zu § 72). MARKUS BILL (Die
Auskunftspflicht Dritter im Steuerveranlagungs- und Einspracheverfahren,
Diss. St. Gallen, Bern 1991, S. 55 f.) kritisiert die bundesgerichtliche
Rechtsprechung als Verletzung des Verhältnismässigkeitsprinzips. Dieses
werde insbesondere dann verletzt, wenn der Veranlagungsbehörde nach
Art. 89 Abs. 2 BdBSt auch ohne konkrete Zweifel an der Richtigkeit
der Steuerfaktoren zugebilligt werde, vom buchführungspflichtigen
Steuerpflichtigen eine Aufstellung der Gläubiger mit Namen, Adressen
und Angabe der Forderung sowie der an sie ausgerichteten Zinsen zu
verlangen, sofern sie diese Angaben nicht schon bei der Buchprüfung ohne
weiteres erheben könne. Das Gebot der Notwendigkeit verlange, dass die
geforderte geeignete Mitwirkung als Mittel für die Sachverhaltsabklärung
als Zweck erforderlich sei. Zudem steht nach Ansicht von BILL auch
der Wortlaut von Art. 89 Abs. 2 BdBSt der bundesgerichtlichen Praxis
entgegen. Unter Berufung auf die Arbeit von BILL erwähnt auch URS
R. BEHNISCH (KÄNZIG/BEHNISCH, Die direkte Bundessteuer, III. Teil,
2. Aufl., Basel 1992, N. 13 zu Art. 89 BdBSt) kritisch das angeführte
Urteil des Bundesgerichtes BGE 107 Ib 213 (= ASA 51, 374), "in dem der
Gläubigernachweis wohl nur gefordert wurde, um die Veranlagungen Dritter
zu prüfen; dabei handelt es sich um eine problematische Beweiswürdigung".

    c) Die erwähnten Kritiken halten einer näheren Prüfung nicht
stand. Bereits aus dem Wortlaut von Art. 89 Abs. 2 erster Satz BdBSt
ergibt sich, dass die Veranlagungsbehörde Auskünfte und Aufstellungen
vom Steuerpflichtigen einverlangen kann, "die für die Veranlagung von
Bedeutung sein können". Nicht verlangt wird somit, dass die Unterlagen
für die Veranlagung des Steuerpflichtigen notwendig sind. Es genügt, dass
sie dafür grundsätzlich geeignet sind. Auch bei der Auskunftspflicht von
Verwaltungs- und Gerichtsbehörden spricht der Gesetzgeber davon, dass die
Auskünfte zu erteilen sind, die für die Veranlagung eines Steuerpflichtigen
"von Bedeutung sein können" (Art. 90 Abs. 1 BdBSt). Art. 89 Abs. 2 zweiter
Satz BdBSt verdeutlicht sodann, was für die Veranlagung von Bedeutung
sein kann. Der Steuerpflichtige hat die Pflicht, die einverlangten
Unterlagen vorzulegen und hat kein Recht, diese vorzuenthalten, weil
er glaubt, die Behörde würde diese nicht benötigen (HEINZ MASSHARDT,
Kommentar zur direkten Bundessteuer, 2. Aufl., Zürich 1985, N. 5 zu
Art. 89 BdBSt). Auch die historische Auslegung führt zu keinem anderen
Ergebnis. So hat das Bundesgericht festgestellt, auch wenn die Erweiterung
der Auskunftspflicht des Steuerpflichtigen im Bundesgesetz vom 9. Juni
1977 über Massnahmen gegen die Steuerhinterziehung auf seine sämtlichen
Geschäftspartner und getätigten Geschäfte nur im Blick auf Zweifelsfälle
eingeführt worden sei, in denen der Steuerpflichtige keine oder mangelhafte
Bücher führe und keine Urkunden oder Belege vorzuweisen habe, sollten
damit jedenfalls die Voraussetzungen nicht erschwert werden, unter denen
die Veranlagungsbehörde vom Steuerpflichtigen eine Gläubigeraufstellung
verlangen könne. Das hätte den angestrebten Zweck einer besseren Abklärung
der wirklichen Verhältnisse beim Steuerpflichtigen und seiner Gläubiger
geradezu vereitelt (BGE 107 Ib 213 E. 2 S. 217, mit Hinweis). Auch das
Verhältnismässigkeitsprinzip wird nicht verletzt, wenn die verlangte
Aufstellung grundsätzlich geeignet ist, einen steuerpflichtigen
bzw. steuerbefreiten Tatbestand nachzuweisen. Notwendig ist freilich,
wie das Bundesgericht festgestellt hat, dass die Auskunftspflicht sich
nicht auf Auskünfte über Geschäftsbeziehungen erstrecken darf, die nicht
für die Veranlagung des Steuerpflichtigen, sondern ausschliesslich der
Geschäftspartner von Bedeutung sein können (BGE 107 Ib 213 E. 2 S. 216)
oder wenn der Aufwand für die verlangten Aufstellungen unzumutbar ist.

    Aus den dargelegten Gründen ist an der bisherigen Praxis
festzuhalten: Weder der Wortlaut von Art. 89 Abs. 2 BdBSt noch das
Verhältnismässigkeitsprinzip verbieten der Veranlagungsbehörde, vom
Steuerpflichtigen Auskünfte und Unterlagen zu verlangen, solange sie für
die Veranlagung des Steuerpflichtigen von Bedeutung sein können, nicht
ausschliesslich dessen Geschäftspartner betreffen und keinen unzumutbaren
Aufwand bedingen.

Erwägung 2

    2.- Weder die Vorinstanz noch die Beschwerdegegnerin bestreiten
grundsätzlich die bundesgerichtliche Rechtsprechung zu Art. 89 Abs.
2 BdBSt. Die Beschwerdegegnerin ist indessen zunächst der Auffassung,
im vorliegenden Fall seien die Voraussetzungen für die Anwendung von
Art. 89 Abs. 2 BdBSt nicht erfüllt.

    a) aa) Die Beschwerdegegnerin macht geltend, Art. 89 Abs. 2 BdBSt
könne nur dann angewendet werden, wenn eine Veranlagung gestützt auf
die Steuererklärung und die eingereichten Beilagen nicht ohne weiteres
möglich sei (Art. 88 Abs. 2 BdBSt). Die Aufforderung, detaillierte
Aufstellungen über die Kapitalbeträge der Prämiendepots sowie die
darauf ausgerichteten Bruttozinsen unter Angabe der Namen und Adressen
der Gläubiger bekanntzugeben, sei am 19. September 1991 erfolgt,
die Steuererklärung aber erst am 22. Oktober 1991 eingereicht worden.
Die Steuerbehörden könnten jedenfalls erst nach der Selbstdeklaration durch
einen Steuerpflichtigen die von diesem geltend gemachten steuermindernden
Tatsachen in einem formellen Auflageverfahren überprüfen.

    bb) Es kann offenbleiben, ob zusätzliche Auskünfte und Unterlagen
bereits vor oder erst nach Einreichung der Steuererklärung verlangt werden
können. Wie die Beschwerdegegnerin zutreffend ausführt, ist die Auflage
vom 19. September 1991 im Zusammenhang mit der auf den 22. Oktober 1991
angekündigten und durchgeführten Domizilprüfung bei ihr zu sehen. Sie
diente somit gleichsam als Vorbereitungshandlung für die Erstellung der
Steuererklärung. Nachdem der Steuerkommissär während der Domizilprüfung
vom 22. Oktober 1991 und in der Folge nochmals am 8. November 1991 die
Auflage vom 19. September 1991 wiederholte, erweist sich der Einwand,
die Aufforderung sei zu früh erfolgt, ohnehin als unbegründet.

    b) aa) Die Beschwerdegegnerin macht sodann geltend, die von der
Veranlagungsbehörde einverlangten Aufstellungen hätten nur verlangt werden
dürfen, sofern die Veranlagungsbehörde diese Angaben nicht schon bei der
Buchprüfung ohne weiteres hätte erheben können. Vorliegend sei erstellt,
dass die Veranlagungsbehörde anlässlich der Domizilprüfung die gewünschten
Angaben stichprobeweise ohne weiteres hätte überprüfen können. Es sei
aktenkundig, dass sie, die Beschwerdegegnerin, dies auch angeboten habe.

    bb) Auch dieser Einwand geht fehl. Nach ihrer eigenen Darstellung
wies die Beschwerdegegnerin per Ende 1990 "im Schweizer Geschäft" für
Einzelversicherungen 407 widerrufliche und 31'759 unwiderrufliche
Prämiendepots auf mit einem Gesamtkapital von Fr. 3'264'571.--
bzw. Fr. 176'474'665.--. Der durchschnittliche Umfang der unwiderruflichen
Prämiensperrdepots betrug mithin Fr. 5'557.--, wobei der Bestand bei
10'360 Depots im einzelnen mehr als Fr. 5'000.-- ausmachte. Bei den
widerruflichen Depots lauten die entsprechenden Zahlen Fr. 8'021.--
(durchschnittlicher Depotumfang) und 160 (Anzahl Depots mit mehr als
Fr. 5'000.--). Aufgrund der Zahl der Prämiendepots kann nicht gesagt
werden, der zuständige Steuerkommissär hätte bei der Domizilprüfung
"ohne weiteres" die einverlangten Angaben erheben können. Es stand
zudem im Belieben der Veranlagungsbehörde, den Umfang der vorzunehmenden
Stichproben zu bestimmen sowie Auskünfte und Unterlagen zu verlangen,
soweit dies im Rahmen der Veranlagung der Beschwerdegegnerin für die
Überprüfung der Richtigkeit deren Selbstdeklaration dienlich sein
konnte. Wie bereits die Vorinstanz zu Recht festgestellt hat, waren
die von der Steuerverwaltung verlangten Auskünfte durchaus zweckmässig,
um eine erste Kontrolle vorzunehmen, an die sich in einer zweiten Phase,
falls notwendig, zur Vertiefung die von der Beschwerdegegnerin angebotenen
Stichproben an Ort und Stelle hätten anschliessen können. Dass zudem die
verlangten Auskünfte und Aufstellungen für die Einschätzung von Bedeutung
sein konnten, kann im Ernst nicht bestritten werden.

    c) aa) Die Beschwerdegegnerin ist weiter der Auffassung, die
Steuerbehörde könne von ihr nicht gestützt auf Art. 89 Abs. 2 BdBSt weitere
Auskünfte verlangen, wenn über die Richtigkeit der Steuerdeklarationen
keine Zweifel bestünden.

    Eine Aktennotiz des Chefs der Einschätzungsabteilung 4 der
Steuerverwaltung Zürich vom 25. Januar 1990 halte fest:

    "Von Drittpersonen wird vermutet bzw. behauptet, dass Steuerpflichtige
   mittels einem Prämiendepot schwarzes Geld weiss machen können.

    In den Bilanzen der Versicherungsgesellschaften figuriert tatsächlich
   eine nicht unbeachtliche Pos. Prämiendepots und vorausbezahlte Prämien.

    Bei dieser Bilanzposition handelt es sich offensichtlich um eine echte

    Verpflichtung. Anlässlich der Revision bestand bis heute keine

    Veranlassung, diese Pos. näher zu überprüfen. Auch eine Prüfung
wird beim

    Unternehmen zu keinen steuerlichen Korrekturen führen.

    Anlässlich jeder Revision werden grundsätzlich Meldungen für

    Drittpersonen erstellt. Wir werden bei nächster Gelegenheit Meldungen
über
   vorhandene Prämiendepots erstellen."

    Diese Aktennotiz erhelle, dass die Veranlagungsbehörden keinerlei
Zweifel an der Richtigkeit der Selbstdeklaration gehabt hätten. Sie seien
daher auch nicht berechtigt gewesen, gestützt auf Art. 89 Abs. 2 BdBSt
weitere Auskünfte von ihr zu verlangen.

    bb) Abgesehen davon, dass die Aktennotiz vom 25. Januar 1990 vor
der Einreichung der Selbstdeklaration der Beschwerdegegnerin erstellt
worden ist, nimmt sie auch nicht auf deren konkreten Fall Bezug. Sie ist
allgemein gehalten und gibt über Vergangenes Auskunft. Die Aktennotiz ist
sodann ergänzt durch den Hinweis, dass diese Bemerkung des zuständigen
Abteilungschefs zu den Akten von drei Versicherungsgesellschaften
abgelegt werden soll. Ein konkreter Bezug zur Selbstdeklaration der
Beschwerdegegnerin ist damit nicht gegeben.

    Im übrigen hat bereits die Vorinstanz zu Recht festgestellt, dass die
Verfahrensherrschaft nach Art. 89 BdBSt bei der Steuerbehörde liegt. Sie
kann der Beschwerdegegnerin vorschreiben, welche Belege und Bescheinigungen
sie einzureichen sowie welche Aufstellungen sie zu erstellen und vorzulegen
hat. Nur wenn sich zeigen sollte, dass die Erfüllung der Auflage
unmöglich oder unzumutbar ist, muss die Beschwerdegegnerin sie nicht
befolgen. Ob Zweifel an der Richtigkeit der Selbstdeklaration bestehen,
spielt dabei keine Rolle. Der Steuerkommissär kann einen Aufwandposten
oder eine Verbindlichkeit auch dann prüfen, wenn er keinen Anlass hat,
deren Berechtigung anzuzweifeln. Dass der zuständige Steuerkommissär
in den bisherigen Veranlagungen der Beschwerdegegnerin keinen Anlass zu
weitergehenden Prüfungen sah, bedeutet nicht, dass er in der folgenden
Veranlagungsperiode diese Position nicht genauer überprüfen kann.

    d) Zusammenfassend ist deshalb festzuhalten, dass die Aufforderung der
Veranlagungsbehörde vom 19. September 1992 sich auf Angaben bezog, welche
für die Einschätzung der Beschwerdegegnerin von Bedeutung sein konnten, und
damit in einem ausreichenden Zusammenhang mit der Veranlagung stand. Die
Steuerbehörde war auch nicht gehalten, sich bei der Domizilprüfung
auf Stichproben bei der Überprüfung der bilanzierten Prämiendepots zu
beschränken. Schliesslich hat auch der Umstand, dass die bisherigen
Veranlagungen der Beschwerdegegnerin und auch die Selbstdeklaration vom
22. Oktober 1991 zu keinen Zweifeln an der Richtigkeit von deren Angaben
führte, nicht zur Folge, dass keine Aufstellung über die Kapitalbeträge
der Prämiendepots unter Angabe der Namen und der Adressen der Gläubiger
hätte einverlangt werden dürfen.

Erwägung 3

    3.- a) Die Vorinstanz ist indessen - trotz der auch von ihr
grundsätzlich bejahten Anwendbarkeit von Art. 89 Abs. 2 BdBSt - zum Schluss
gelangt, dass das Auskunftsbegehren vom 19. September 1992 unzulässig
und sogar rechtsmissbräuchlich sei, weil es der Steuerverwaltung nur
darum gehe, sich über den Umweg des Steuerpflichtigen Informationen zu
verschaffen, die einzig und ausschliesslich für die Veranlagung Dritter
bestimmt seien.

    Aufgrund der Sendung "Kassensturz" des Schweizer Fernsehens DRS vom 5.
Februar 1990 habe der Bundesrat die Eidgenössische Steuerverwaltung
beauftragt, Auskünfte über die Inhaber von Prämiensperrdepots
einzuholen. Dementsprechend habe die Eidgenössische Steuerverwaltung am
20. April 1990 an alle kantonalen Verwaltungen für die direkte Bundessteuer
ein Rundschreiben versandt, in welchem sie den Begriff und die steuerliche
Behandlung von Prämiendepots dargelegt und das Vorgehen aufgezeigt habe,
falls bei einem steuerpflichtigen Versicherungsnehmer der Verdacht
auftauchen sollte, dass dieser die Prämien für seine Lebensversicherung
nicht aus dem deklarierten Einkommen habe finanzieren können. Im
Rundschreiben habe die Eidgenössische Steuerverwaltung namentlich
auch auf die nach ihrer Auffassung bestehende Auskunftspflicht der
Versicherungsgesellschaften gemäss Art. 89 Abs. 2 BdBSt und auf die
Möglichkeit hingewiesen, letztere bei Nichtbekanntgabe der Inhaber von
Prämiendepots trotz entsprechender Auflage und Mahnung gemäss Art. 131
Abs. 1 BdBSt mit einer Ordnungsbusse zu belegen. Mit Schreiben vom
29. April 1991 an die Verwaltungen für die direkte Bundessteuer aller
Kantone, bei denen Lebensversicherungsgesellschaften domiziliert seien,
habe die Eidgenössische Steuerverwaltung sodann die Kantone angehalten, in
der geschilderten Art und Weise gegen die Lebensversicherungsgesellschaften
vorzugehen. Aus diesen Umständen ergebe sich, dass die Auflage vom 19.
September 1991 nicht zwecks korrekter Einschätzung der Beschwerdegegnerin
erlassen worden sei, sondern einzig und allein mit dem Ziel, die
Inhaber von Prämiendepots ausfindig zu machen, um deren Deklarationen
zu überprüfen.

    b) Hat - wie hier die Bundessteuer-Rekurskommission des Kantons
Zürich - eine richterliche Behörde als Vorinstanz den Sachverhalt
festgestellt, so ist das Bundesgericht an deren tatsächliche Feststellungen
grundsätzlich gebunden (vgl. Art. 105 Abs. 2 OG). Es ist daher mit der
Bundessteuer-Rekurskommission davon auszugehen, dass das Hauptmotiv
der Aufforderung vom 19. September 1991 darin bestand, Inhaber von
Prämiendepots ausfindig zu machen, welche diese in ihren Steuererklärungen
nicht angegeben hatten. Dieses Motiv der Aufforderung macht die
Aufforderung indessen entgegen der Auffassung der Vorinstanz nicht zu
einem unzulässigen oder gar rechtsmissbräuchlichen Auskunftsbegehren.

    Wie bereits dargelegt (E. 1), verlangt Art. 89 Abs. 2 BdBSt für die
Zulässigkeit eines Auskunftsbegehrens lediglich, dass die verlangten
Auskünfte für die Veranlagung des Steuerpflichtigen von Bedeutung sein
können. Die Motive der Veranlagungsbehörden spielen für die Zulässigkeit
eines Auskunftsbegehrens gemäss Art. 89 Abs. 2 BdBSt keine Rolle: Auch wenn
das Vorgehen der Veranlagungsbehörde im vorliegenden Fall in erster Linie
darauf abzielte, die Zinserträge, welche bei den Versicherungsnehmern
der Beschwerdegegnerin steuerbares Einkommen bilden, festzustellen,
sowie allgemein die Finanzierung der Versicherungsprämien und das
Wertschriftenverzeichnis der Geschäftspartner überprüfen zu können, so bot
sich durch die verlangten Auskünfte doch gleichzeitig die Gelegenheit, auch
das steuerbare Kapital und den steuerbaren Ertrag der Beschwerdegegnerin
selbst korrekt zu ermitteln. Dass die Auflage der Veranlagungsbehörde
dazu grundsätzlich geeignet war, wurde bereits festgestellt (E. 2). Die
Möglichkeit, vom Steuerpflichtigen gemäss Art. 89 Abs. 2 BdBSt alle
Informationen zu verlangen, die für seine Veranlagung von Bedeutung sein
können, bietet der Steuerverwaltung ein wirksames Werkzeug zur Bekämpfung
der Steuerhinterziehung und ist unter anderem auch dazu bestimmt, die
korrekte Anwendung des Grundsatzes zu gewährleisten, nach dem einer Schuld
des Steuerpflichtigen nur in dem Ausmasse Rechnung getragen werden kann, in
welchem sie als Guthaben eines anderen Pflichtigen individualisierbar ist
und umgekehrt (Urteil vom 29. September 1978 i.S. X., E. 3a in StR 36/1978,
373 E. 3a S. 376). Unzulässig ist erst das Verlangen von Auskünften,
welche ausschliesslich für die Veranlagung Dritter von Bedeutung sein
können, indessen für die Veranlagung des Steuerpflichtigen selbst keine
Rolle spielen können. Von einem solchen unzulässigen Auskunftsbegehren
kann hier nicht die Rede sein. Dies gilt insbesondere auch dann, wenn der
Zusammenhang mit der Fernsehsendung "Kassensturz" und den anschliessenden
Massnahmen der Eidgenössischen Steuerverwaltung in Betracht gezogen
wird. Das Auskunftsbegehren vom 19. September 1991 betraf für die
Veranlagung der Beschwerdegegnerin potentiell bedeutsame Punkte und hielt
sich damit in dem von Art. 89 Abs. 2 BdBSt gezogenen Rahmen.

Erwägung 4

    4.- Die Beschwerdegegnerin wendet im weiteren ein, sie könne nur zur
Auskunft verhalten werden, wenn deren Erteilung auch zumutbar sei. Sie legt
indessen nicht dar, dass die Herstellung der verlangten Unterlagen einen
übermässigen Aufwand verursache, der ihr nicht zuzumuten sei. Unbegründet
ist auch der Vorwurf der Verletzung des Verhältnismässigkeitsprinzips,
soweit ihn die Beschwerdegegnerin damit begründet, dass ihr keine
unnötigen Beweismittel abverlangt werden dürfen. Wie dargelegt konnten
die von der Beschwerdegegnerin verlangten Auskünfte und Unterlagen
für deren Veranlagung von Bedeutung sein (vgl. E. 2) und waren damit
keineswegs unnötig. Die Auflage vom 19. September 1991 war schliesslich
auch nicht etwa deshalb unzumutbar, weil sie, wie die Beschwerdegegnerin
behauptet, diese in ihrer Geschäftstätigkeit beeinträchtigt hätte:
Versicherungsnehmer, welche die Prämiendepots ordnungsgemäss versteuern,
müssen mit keinerlei negativen Konsequenzen rechnen. Der Umstand,
dass durch die Auskunft über die Depotinhaber ein möglicher Weg zur
Steuerhinterziehung verbaut wird, ändert an der Rechtmässigkeit der
Auflage nichts.

Erwägung 5

    5.- Die Beschwerdegegnerin ist schliesslich der Auffassung, die ihr
auferlegte Auskunftspflicht verletze das "Versicherungsgeheimnis".

    a) aa) Gemäss Art. 19 VStG hat der Versicherer seine Steuerpflicht
durch Meldung der steuerbaren Versicherungsleistung zu erfüllen, sofern
nicht vor Ausrichtung der Leistung der Versicherungsnehmer oder ein
Anspruchsberechtigter bei ihm schriftlich Einspruch gegen die Meldung
erhoben hat. Hat der Versicherungsnehmer oder ein Anspruchsberechtigter
wirksam gegen die Meldung Einspruch erhoben, so hat der Versicherer die
Steuer zu entrichten (Art. 16 Abs. 1 lit. d und Art. 38 Abs. 2 VStG;
vgl. W. ROBERT PFUND, Die Eidgenössische Verrechnungssteuer, I. Teil,
Basel 1971, N. 2.2 zu Art. 19 VStG). Während somit der Versicherer seine
Verrechnungssteuerpflicht im Regelfall durch die Meldung der Leistung
erfüllt, hat er im Ausnahmefall des Einspruchs und der dem Einspruch
gleichgestellten Auskunftsverweigerung (vgl. dazu PFUND, aaO, N. 3.26
ff. zu Art. 19 VStG) seine Steuerpflicht durch die Entrichtung der Steuer
zu erfüllen.

    Das dem Versicherungsnehmer oder Anspruchsberechtigten verliehene
Vetorecht gegen die Meldung beruht auf der Überlegung, dass der
Anspruchsberechtigte auf eine Versicherungsleistung steuerlich
nicht schlechter gestellt sein soll als der Gläubiger anderer
verrechnungssteuerpflichtiger Guthaben (vgl. PFUND, aaO, N. 2.2 zu Art. 19
VStG). Wie etwa bei einem Bankguthaben ist auch bei Versicherungsleistungen
die Sicherungsfunktion der Verrechnungssteuer bereits dann ausreichend
verwirklicht, wenn der Versicherer die Steuer entrichtet. Dementsprechend
kann dem Versicherungsnehmer die Wahl überlassen werden, durch seinen
allfälligen Einspruch die Form der Erfüllung der Steuerpflicht zu
bestimmen.

    bb) Nach Art. 89 Abs. 2 dritter Satz BdBSt bleibt namentlich der
Einspruch gegen die Meldung von Versicherungsleistungen nach Art. 19 VStG
vorbehalten. Dieser Vorbehalt bedeutet, dass der Versicherer im Rahmen
von Art. 89 Abs. 2 BdBSt keine Auskunft zu geben braucht über erbrachte
Versicherungsleistungen, gegen deren Meldung an die Steuerbehörden
der Versicherungsnehmer oder Anspruchsberechtigte gestützt auf Art. 19
VStG Einspruch erhoben hat und auf denen in der Folge der Versicherer
die Verrechnungssteuerpflicht durch Entrichtung der Steuer erfüllt hat
(vgl. MASSHARDT, aaO, N. 4 zu Art. 89 BdBSt).

    Angesichts der begrenzten Zielsetzung des Einspruchsverfahrens, welches
als Ausnahmefall zur Steuerpflichterfüllung durch Steuerentrichtung
anstatt durch Meldung der Versicherungsleistung führt, fragt sich,
ob überhaupt von einem eigentlichen Versicherungsgeheimnis gesprochen
werden kann. Die Frage braucht nicht beantwortet zu werden, weil
sich die Möglichkeit der Auskunftsverweigerung jedenfalls nur auf die
Ausrichtung der Versicherungsleistung bezieht und auch nur dann besteht,
wenn der Versicherungsnehmer vor Ausrichtung der Leistung wirksam Einspruch
gegen die Meldung erhoben hat und an deren Stelle die Verrechnungssteuer
getreten ist. Solange keine Versicherungsleistung ausgerichtet wird,
besteht keine Verrechnungssteuerpflicht, dementsprechend auch kein
Recht des Versicherungsnehmers zum Einspruch gegen die Meldung der
Versicherungsleistung und infolgedessen auch kein Recht des Versicherers
zur Auskunftsverweigerung gemäss Art. 89 Abs. 2 dritter Satz BdBSt.

    Aus Art. 19 VStG kann auch nicht dadurch ein "Versicherungsgeheimnis"
abgeleitet werden, dass - wie die Beschwerdegegnerin dies vorschlägt -
"eine schicksalshafte enge Verbundenheit der unwiderruflichen Prämiendepots
mit den späteren Versicherungsleistungen" konstruiert wird. Der unter
dem Marginale "Meldung statt Steuerentrichtung" stehende Art. 19 VStG
macht klar, dass dieser besondere Schutz des Versicherungsnehmers oder
Anspruchsberechtigten nur greifen soll, wenn tatsächlich anstelle der
Meldung über ausbezahlte Versicherungsleistungen die Verrechnungssteuer
erhoben wurde. Art. 19 VStG kommt somit eine Sicherungsfunktion zu. Dies
wird auch deutlich durch Art. 19 Abs. 2 VStG, wonach dann, wenn die
infolge des Einspruchs zu entrichtende Steuer die noch zu erbringende
Versicherungsleistung übersteigt, der Einspruch nur wirksam ist, wenn
der Einsprecher dem Versicherer den Fehlbetrag ersetzt. Wird somit wie
bei den Prämiendepots der Lebensversicherer bzw. bei den Zinserträgen der
Depotguthaben keine Verrechnungssteuer erhoben, so greifen Art. 19 VStG
und der diesem korrespondierende Vorbehalt von Art. 89 Abs. 2 BdBSt nicht.

    b) Die Beschwerdegegnerin beruft sich bezüglich des
"Versicherungsgeheimnisses" ausserdem auf Art. 4 BV. In
Anbetracht des besonderen Vertrauensverhältnisses zwischen
Lebensversicherungsunternehmungen und ihren Kunden sei das
Schutzerfordernis in bezug auf Prämiendepots bei Lebensversicherungen
kein anderes als beim Schutz der Bankkunden durch das Bankgeheimnis.

    Auch dieser Einwand geht fehl. Versicherungsnehmer und Bankkunden
unterliegen in verschiedener Hinsicht einer unterschiedlichen
Behandlung. So sieht gerade auch das Verrechnungssteuergesetz bereits
selbst vor, dass Kapitalerträge von Bankkunden in der Regel der
Verrechnungssteuer nach Art. 4 lit. d VStG unterliegen, während auf
Prämiendepots bei Versicherungsunternehmen keine Verrechnungssteuer erhoben
wird (vgl. PFUND, aaO, N. 5.27 zu Art. 4 VStG). Eine rechtsungleiche
Behandlung mit dem Banksparen liegt nicht vor.