Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 120 IA 220



120 Ia 220

33. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 2.
November 1994 i.S. Scientology Kirche Zürich sowie A. und Mitbeteiligte
gegen K. und Mitbeteiligte, Bezirksanwaltschaft und Staatsanwaltschaft
des Kantons Zürich (staatsrechtliche Beschwerde) Regeste

    Art. 88 OG; Legitimation zur staatsrechtlichen Beschwerde wegen
Verletzung von Parteirechten.

    Der Einzelne ist legitimiert, mit staatsrechtlicher Beschwerde zu
rügen, er sei in einem kantonalen Strafverfahren zu Unrecht nicht als
Geschädigter zugelassen worden (E. 2a).

    Art. 4 BV; Art. 261 StGB; Begriff des Geschädigten im zürcherischen
Strafverfahren.

    Es ist willkürlich, in einem Strafverfahren wegen Störung der Glaubens-
und Kultusfreiheit (Art. 261 StGB) den in seinen religiösen Überzeugungen
Verletzten nicht als Geschädigten gemäss §§ 40 und 395 Abs. 1 Ziff. 2
der Zürcher Strafprozessordnung anzuerkennen (E. 3).

Sachverhalt

    A.- Ende 1992 erschien im X. Verlag in Zürich das Buch "XY".
Dieses von mehreren Autoren verfasste Werk ist als Informationsschrift
über Gruppierungen mit totalitärer Tendenz gedacht. Es entstand im Auftrag
und mit Unterstützung der Erziehungsdirektion des Kantons Zürich.

    Im Januar und Februar 1993 reichten A. und zehn weitere Privatpersonen,
die Scientology Kirche Zürich sowie die Eidgenössisch-Demokratische
Union des Kantons Zürich bei der Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich
eine Strafanzeige gegen Regierungsrat P., K., den Chef der Abteilung
Volksschule bei der Erziehungsdirektion, sowie gegen drei Autoren und
den Illustrator des Buchs ein. Sie machten geltend, die Publikation
des Buchs "XY" erfülle den Straftatbestand der Störung der Glaubens-
und Kultusfreiheit (Art. 261 StGB). Die Bezirksanwaltschaft Zürich
verfügte am 8. Juli 1993, dass die Strafuntersuchung wegen Verletzung
von Art. 261 StGB gegen Regierungsrat P. nicht anhand genommen und
diejenige gegen die übrigen Beschuldigten definitiv eingestellt werde. Da
die Bezirksanwaltschaft davon ausging, dass den Anzeigeerstattern keine
Geschädigtenstellung zukomme, teilte sie ihnen die definitive Einstellung
des Verfahrens lediglich brieflich mit und verzichtete auf die Zustellung
einer formellen Verfügung mit Rechtsmittelbelehrung.

    Darauf haben A. und die zehn Miterstatter der Strafanzeige sowie die
Scientology Kirche Zürich mit Rekurs bei der Staatsanwaltschaft des Kantons
Zürich beantragt, es sei ihnen eine begründete Einstellungsverfügung
mit Rechtsmittelbelehrung zuzustellen. Die Staatsanwaltschaft wies die
Rekurse am 7. Oktober 1993 ab.

    A. und die zehn Miterstatter der Strafanzeige einerseits sowie die
Scientology Kirche Zürich andererseits haben gegen die Rekursentscheide der
Staatsanwaltschaft vom 7. Oktober 1993 je eine staatsrechtliche Beschwerde
beim Bundesgericht eingereicht. Sie beantragen übereinstimmend, es seien
die angefochtenen Entscheide aufzuheben, und es sei die Staatsanwaltschaft
anzuweisen, ihnen die begründete Einstellungsverfügung zuzustellen.

    Das Bundesgericht heisst die Beschwerden gut, soweit es darauf
eintritt.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- Die angefochtenen Rekursentscheide bestätigen die Auffassung der
Bezirksanwaltschaft, nach der die Beschwerdeführer im Strafverfahren im
Zusammenhang mit dem Erscheinen des Buches "XY" nicht als Geschädigte
gelten. Demzufolge stehe ihnen in diesem Verfahren weder ein Recht auf
Akteneinsicht noch auf Mitteilung des Entscheids noch auf Ergreifung eines
Rechtsmittels gegen die Nichtanhandnahme- bzw. Einstellungsverfügung zu.

    a) Nach Art. 88 OG steht das Recht zur Erhebung einer staatsrechtlichen
Beschwerde Bürgern (Privaten) und Korporationen bezüglich solcher
Rechtsverletzungen zu, die sie durch allgemein verbindliche oder sie
persönlich treffende Erlasse oder Verfügungen erlitten haben. Soweit - wie
vorliegend - Art. 8 Abs. 2 des Bundesgesetzes über die Hilfe an Opfer von
Straftaten vom 4. Oktober 1991 (OHG; SR 312.5) keine Anwendung findet,
ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts der durch eine angeblich
strafbare Handlung Geschädigte zwar grundsätzlich nicht legitimiert,
gegen die Nichteröffnung oder Einstellung eines Strafverfahrens oder
gegen ein freisprechendes Urteil staatsrechtliche Beschwerde zu erheben,
weil er an der Verfolgung und Bestrafung des Täters nur ein tatsächliches
oder mittelbares, nicht aber ein rechtlich geschütztes, eigenes und
unmittelbares Interesse im Sinne von Art. 88 OG hat. Dagegen kann ein
Beschwerdeführer trotz fehlender Legitimation in der Sache selbst die
Verletzung solcher Rechte rügen, die ihm das kantonale Recht wegen seiner
Stellung als am Strafverfahren beteiligte Partei einräumt und deren
Missachtung eine formelle Rechtsverweigerung bewirkt (BGE 119 Ia 4 E. 1
S. 5; 108 Ia 97 E. 1 S. 99; 104 Ia 156 E. 2a S. 156 f.). Das nach Art. 88
OG erforderliche rechtlich geschützte Interesse ergibt sich diesfalls
nicht aus der Berechtigung in der Sache, sondern aus der Berechtigung,
am Verfahren teilzunehmen. Der Geschädigte ist daher befugt geltend zu
machen, er habe keine Akteneinsicht erhalten, er sei nicht angehört worden,
er habe keine Gelegenheit erhalten, Beweisanträge zu stellen oder auf sein
Rechtsmittel sei zu Unrecht nicht eingetreten worden. Darüber hinaus ist
ein Privater aber auch zur Rüge befugt, er sei im kantonalen Verfahren
zu Unrecht nicht als Geschädigter anerkannt und deshalb von den einem
solchen zustehenden Rechten ausgeschlossen worden (BGE 119 Ia 4 E. 1 S. 5).

    Die Beschwerdeführer kritisieren, dass sie im Strafverfahren im
Zusammenhang mit dem Erscheinen des Buchs "XY" nicht als Geschädigte
zugelassen wurden und sie deshalb die Einstellungsverfügung vom 8. Juli
1993 nicht zugestellt erhielten. Nach ihrer Auffassung verletzen die
angefochtenen Entscheide die ihnen gemäss §§ 40 und 395 Abs. 1 Ziff. 2 des
Gesetzes betreffend den Strafprozess vom 4. Mai 1919 (Strafprozessordnung;
StPO) zustehenden Parteirechte und bewirken dadurch eine unzulässige
formelle Rechtsverweigerung. Nach der angeführten Rechtsprechung sind
die Beschwerdeführer legitimiert, diese Rügen mit staatsrechtlicher
Beschwerde vorzubringen.

    b) Da auch die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen erfüllt sind,
ist auf die staatsrechtlichen Beschwerden einzutreten. Einzig soweit
die Beschwerdeführer mehr verlangen als die Aufhebung der angefochtenen
Entscheide, kann auf ihre Beschwerden nicht eingetreten werden, da
die staatsrechtliche Beschwerde, von hier nicht zutreffenden Ausnahmen
abgesehen, lediglich kassatorischer Natur ist (BGE 118 Ia 167 E. 1f S. 173;
116 Ia 94 E. 1 S. 95; 114 Ia 209 E. 1b S. 212).

Erwägung 3

    3.- Die Beschwerdeführer werfen der Staatsanwaltschaft vor, sie
verneine in unhaltbarer Weise die ihnen nach kantonalem Recht zustehende
Geschädigtenstellung, weil sie zu Unrecht allein den öffentlichen Frieden
als durch Art. 261 StGB geschütztes Rechtsgut ansehe.

    a) Der Umfang des Anspruchs auf rechtliches Gehör wird zunächst
durch die kantonalen Verfahrensvorschriften umschrieben, deren Auslegung
und Anwendung das Bundesgericht unter dem Gesichtswinkel der Willkür
prüft. Unabhängig davon greifen die unmittelbar aus Art. 4 BV folgenden
Verfahrensregeln zur Sicherung des rechtlichen Gehörs Platz, die dem Bürger
in allen Streitsachen ein bestimmtes Mindestmass an Verteidigungsrechten
gewährleisten. Ob der unmittelbar aus Art. 4 BV folgende Anspruch auf
rechtliches Gehör verletzt ist, prüft das Bundesgericht frei (BGE 119 Ia
136 E. 2c S. 138; 118 Ia 17 E. 1b S. 18; 117 Ia 5 E. 1a S. 7).

    b) Im zürcherischen Strafverfahren gelten nach § 395 Abs. 1 Ziff. 2
StPO diejenigen Personen als Geschädigte, denen durch die fragliche
Straftat unmittelbar ein Schaden zugefügt wurde oder zu erwachsen
drohte. In Übereinstimmung mit der Regelung in anderen Kantonen ist als
Geschädigter anzusehen, wer Träger des durch die Strafdrohung geschützten
Rechtsguts ist, gegen das sich die Straftat ihrem Begriff nach richtet
(vgl. BGE 119 Ia 342 E. 2 S. 344; 118 Ia 14 E. 2b S. 16; 117 Ia 135
E. 2a S. 137). Bei Delikten, die primär allgemeine Interessen schützen,
werden nur diejenigen als Geschädigte betrachtet, deren private Interessen
dadurch unmittelbar mitbeeinträchtigt werden, weil diese Beeinträchtigung
die unmittelbare Folge der tatbestandsmässigen Handlung ist (BGE 119 Ia 342
E. 2 S. 344; 117 Ia 135 E. 2a S. 137; ZR 74/1975 Nr. 47; NIKLAUS SCHMID,
Strafprozessrecht, 2. Aufl. 1993, N. 508).

    Die Abgrenzung des Geschädigtenbegriffs fällt vor allem bei den zuletzt
genannten Straftaten, die vorab dem Schutz allgemeiner Interessen dienen,
nicht immer leicht. Die Rechtsprechung hat bisher beispielsweise die
Geschädigtenstellung des Verfahrensbeteiligten bejaht, der durch ein
falsches Zeugnis nach Art. 307 StGB einen Nachteil erleidet bzw. dem
ein solcher droht (ZR 63/1964 Nr. 42), ferner diejenige des Privaten,
der durch eine Verletzung des Amtsgeheimnisses gemäss Art. 320 StGB in
seiner Privatsphäre tangiert wird (ZR 89/1990 Nr. 53) oder diejenige
des durch eine Ruhestörung nach § 9 des zürcherischen Gesetzes über
das kantonale Strafrecht und den Vollzug von Strafen und Massnahmen vom
30. Juni 1974 Belästigten (BGE 118 Ia 14 E. 2b S. 16). Dagegen werden im
schweizerischen Recht Eigentümer, die bei Ausschreitungen Schaden erleiden,
in einem Strafverfahren allein wegen Landfriedensbruchs (Art. 260 StGB)
nicht als Geschädigte angesehen, weil dieser Tatbestand einzig die
öffentliche Friedensordnung schützt, während Art. 145 Abs. 1bis StGB
dem Schutz des Privatvermögens bei Gewalttätigkeiten aus Anlass einer
öffentlichen Zusammenrottung dient (BGE 117 Ia 135 E. 2b S. 138 f.).

    Die im vorliegenden Fall umstrittene Frage, ob der in seinen religiösen
Überzeugungen Verletzte in einem Strafverfahren wegen Störung der Glaubens-
und Kultusfreiheit (Art. 261 StGB) als Geschädigter zu betrachten sei,
ist in der Rechtsprechung soweit ersichtlich noch nie entschieden worden.

    c) Die Staatsanwaltschaft nimmt gestützt auf die systematische
Stellung des Tatbestands der Störung der Glaubens- und Kultusfreiheit
im Strafgesetzbuch und die neuere Rechtsprechung des Bundesgerichts an,
dass das geschützte Rechtsgut von Art. 261 StGB allein der öffentliche
Friede sei. Diese Strafbestimmung verbiete nicht bereits alle Äusserungen,
die das religiöse Empfinden des Durchschnittsbürgers verletzten, sondern
nur jene, die eine Störung des Religionsfriedens herbeiführten. Der
Private könne sich zwar durch strafbare Handlungen gemäss Art. 261 StGB
verletzt fühlen, doch handle es sich dabei lediglich um eine mittelbare
Beeinträchtigung. Eine Geschädigtenstellung könne er daher in einem
Strafverfahren betreffend Art. 261 StGB nicht beanspruchen.

    Diese Auffassung beruht auf einer unzutreffenden Interpretation der
neuen bundesgerichtlichen Rechtsprechung und ist auch im Ergebnis nicht
haltbar. Nach Art. 261 Abs. 1 StGB macht sich strafbar, wer öffentlich und
in gemeiner Weise die Überzeugung anderer in Glaubenssachen, insbesondere
den Glauben an Gott, beschimpft oder verspottet oder Gegenstände
religiöser Verehrung verunehrt. In einem Entscheid aus dem Jahre 1960
erklärte das Bundesgericht, das geschützte Rechtsgut dieser Bestimmung sei
die Glaubensfreiheit, genauer die Achtung vor dem Mitmenschen und seiner
Überzeugung in religiösen Dingen und damit gleichzeitig auch der religiöse
Friede (BGE 86 IV 19 E. 3 S. 23). Diese Umschreibung des Rechtsguts von
Art. 261 StGB ist in der Literatur auf Zustimmung gestossen (vgl. ROBERT
HAUSER/JÖRG REHBERG, Strafrecht IV, 1989, S. 197; GÜNTER STRATENWERTH,
Schweizerisches Strafrecht, Besonderer Teil II, 3. Aufl. 1984, S. 207;
STEFAN TRECHSEL, Schweizerisches Strafgesetzbuch, Kurzkommentar,
1989, Art. 261 N. 1). Sie wird auch in dem von der Staatsanwaltschaft
angeführten neueren Urteil des Bundesgerichts betreffend den Film "Y"
von Q. nicht in Frage gestellt. Der Schutz des öffentlichen Friedens
erfährt hier zwar eine stärkere Hervorhebung, ohne aber den durch Art. 261
StGB geschützten Anspruch des Einzelnen auf Achtung seiner religiösen
Überzeugung aufzuheben. Das Bundesgericht erklärt in diesem Entscheid,
in der heutigen pluralistischen Gesellschaft erscheine es angezeigt,
die Strafbarkeit von Meinungsäusserungen gemäss Art. 261 StGB auf jene
Fälle zu beschränken, in denen der Täter vorsätzlich den öffentlichen
Frieden gefährde, die notwendige Toleranz vermissen lasse und andere in
ihren Grundrechten beeinträchtige (Urteil vom 13. März 1986 in ZR 85/1986
Nr. 44 E. 4b).

    Die in diesem Urteil vorgenommene Präzisierung der Rechtsprechung
besagt, dass nur jene Missachtung der religiösen Überzeugungen von
anderen strafbar sein soll, die so schwerwiegend ist, dass sie zugleich
den öffentlichen Frieden stört. Diese Auslegung trägt dem Grundrecht
der Religionsfreiheit (Art. 49 und 50 BV; Art. 9 EMRK) Rechnung, indem
sie die religiöse Auseinandersetzung nicht weitergehend einschränkt, als
dies im Interesse des Gemeinschaftslebens erforderlich ist (vgl. PETER
KARLEN, Das Grundrecht der Religionsfreiheit in der Schweiz, Diss. Zürich
1988, S. 415). Wenn die Staatsanwaltschaft aus der verstärkten Betonung
des Bezugs der individuellen religiösen Überzeugungen zum öffentlichen
Religionsfrieden schliesst, das geschützte Rechtsgut von Art. 261 StGB sei
überhaupt nur noch der öffentliche Friede, so verkennt sie den Zweck dieses
Straftatbestands. Dieser will die Verletzung religiöser Überzeugungen des
Einzelnen unter Strafe stellen, allerdings nur jene, die so schwerwiegend
ist, dass dadurch zugleich der öffentliche Friede gefährdet wird. Die
Störung des Religionsfriedens erscheint also bei Art. 261 StGB immer als
Folge einer gleichzeitigen Beeinträchtigung religiöser Überzeugungen
des Einzelnen. Hierin liegt der Unterschied zum bereits erwähnten
Tatbestand des Landfriedensbruchs nach Art. 260 StGB. Bei diesem umfasst
die tatbestandsmässige Handlung neben der Bedrohung für den öffentlichen
Frieden nicht auch die Beeinträchtigung eines individuellen Rechtsguts -
die vorausgesetzten Gewalttätigkeiten gegen Menschen oder Sachen sind
lediglich objektive Strafbarkeitsbedingung (TRECHSEL, aaO, Art. 260 N. 4)
-, und die allenfalls gleichzeitig beeinträchtigte körperliche Integrität
und das Privateigentum sind durch besondere Strafbestimmungen (Art. 122
ff., 145 Abs. 1bis StGB) eigens geschützt (vgl. BGE 117 Ia 135 E. 2b
S. 138 f.).

    Entgegen der Auffassung der Staatsanwaltschaft sind somit neben dem
öffentlichen Frieden ebenfalls die religiösen Überzeugungen des Einzelnen
geschütztes Rechtsgut von Art. 261 StGB. Ob diese Bestimmung im übrigen
angesichts ihrer systematischen Einordnung im Strafgesetzbuch bei den
Delikten gegen den öffentlichen Frieden als primär allgemeine und nur
nebenbei auch individuelle Interessen schützende Norm anzusehen ist oder
als solche, die dem Schutz allgemeiner und individueller Rechtsgüter
gleichermassen dient, ist im vorliegenden Zusammenhang unerheblich. Auch
wenn man das erstere annimmt, lässt sich nach der dargestellten, im
Kanton Zürich befolgten Praxis den durch eine Straftat nach Art. 261
StGB Betroffenen die Geschädigtenstellung nicht absprechen. Die
Beeinträchtigung ihrer Rechtsstellung erscheint als unmittelbare Folge der
tatbestandsmässigen Handlung, welche ja gerade darin besteht, dass ihre
religiösen Überzeugungen beschimpft oder verspottet bzw. Gegenstände ihrer
religiösen Verehrung verunehrt werden. Es ist daher willkürlich, wenn die
Staatsanwaltschaft die durch eine strafbare Handlung nach Art. 261 StGB
in ihrem religiösen Glauben Verletzten lediglich als mittelbar geschädigt
betrachtet und daher in einem diesbezüglichen Strafverfahren nicht als
Geschädigte im Sinne von §§ 40 und 395 Abs. 1 Ziff. 2 StPO zulassen will.

    d) Trotz der unhaltbaren Begründung kann von der Aufhebung der
angefochtenen Rekursentscheide abgesehen werden, wenn sich ihr Ergebnis mit
einer substituierten Begründung ohne weiteres rechtfertigen lässt (BGE 112
Ia 129 E. 3c S. 135). Es fragt sich somit, ob die Geschädigtenstellung
der Beschwerdeführer aus anderen als den von der Staatsanwaltschaft
angeführten Gründen zu verneinen ist.

    Nach den voranstehenden Erwägungen sind die Beschwerdeführer dann
als Geschädigte zu betrachten, wenn das Buch "XY" sie in ihren religiösen
Überzeugungen zu verletzen geeignet ist, weil darin ihre Glaubensansichten
in einem ungünstigen Licht dargestellt werden. Dabei ist zu beachten,
dass sich der Schutz von Art. 261 StGB nicht nur auf den Glauben des
Individuums, sondern - in Entsprechung mit dem verfassungsrechtlichen
Schutz von Art. 49 und 50 BV (vgl. BGE 118 Ia 46 E. 3b S. 52; 116 Ia 252
E. 5a S. 257; 97 I 116 E. 3a S. 120) - auch auf kollektive religiöse
Überzeugungen und damit auf die Kirchen und Religionsgemeinschaften
erstreckt.

    Inwieweit im Lichte dieser Kriterien die Geschädigtenstellung der
Beschwerdeführer zu bejahen ist, kann aufgrund der vorliegenden Akten nicht
abschliessend beurteilt werden. Mit Bezug auf einzelne Beschwerdeführer
ist nicht ohne weiteres ersichtlich, ob das Buch kritische Äusserungen zu
ihrem Glauben enthält, mit Bezug auf andere ist offen, ob die verletzten
Interessen überhaupt religiöser Natur sind. Eine Substituierung der
Begründung kommt unter diesen Umständen nicht in Frage.