Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 120 IA 19



120 Ia 19

3. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom
24. März 1994 i.S. R. gegen Schulgemeinde Fischenthal und Regierungsrat
des Kantons Zürich (staatsrechtliche Beschwerde) Regeste

    Art. 6 Ziff. 1 EMRK; Anspruch auf richterliche Beurteilung einer
Werkplanfestsetzung für einen Schulhausbau.

    Der Anspruch auf eine richterliche Überprüfung nach Art. 6 Ziff. 1
EMRK ist grundsätzlich bereits vor der letzten kantonalen Instanz geltend
zu machen (E. 2c).

    Gegenüber der Festsetzung von Werkplänen nach zürcherischem Recht
besteht ein Anspruch auf eine richterliche Überprüfung nach Art. 6 Ziff. 1
EMRK, da diese Pläne dem Werkträger das Enteignungsrecht erteilen (E. 3).

    Vorliegend gewährleistet weder das kantonale Verfahren noch das
staatsrechtliche Beschwerdeverfahren vor Bundesgericht den nach Art. 6
Ziff. 1 EMRK erforderlichen gerichtlichen Rechtsschutz (E. 4).

    Anweisung an den Kanton Zürich, dem Beschwerdeführer eine
Gerichtsinstanz im Sinne von Art. 6 Ziff. 1 EMRK zur Verfügung zu stellen,
welche den Sachverhalt und die Rechtsanwendung frei überprüft (E. 5).

Sachverhalt

    A.- In der Gemeinde Fischenthal soll ein neues Oberstufenschulhaus
gebaut werden, um den akuten Mangel an Schulräumen zu beheben. Zu diesem
Zweck erwarb die Schulgemeinde am 27. Januar 1988 von der Erbengemeinschaft
R. eine Landparzelle im Gebiet Burghalden in der Nähe der bereits
bestehenden Schulanlagen im Ortsteil Schmittenbach. Der Kaufvertrag
enthielt ein Rückkaufsrecht der Verkäufer für den Fall, dass bis am 31.
Dezember 1989 kein "baurechtlich genehmigtes Projekt für öffentliche
Bauten und Anlagen (Schulhaus)" vorliege. Das Bezirksgericht Hinwil
sprach der Erbengemeinschaft R. am 9. Juli 1991 gestützt auf dieses
Rückkaufsrecht das Eigentum an der fraglichen Parzelle wieder zu, da am
31. Dezember 1989 eine Baubewilligung für das geplante Schulhaus nicht
vorhanden war. R. zahlte in der Folge seine Miterben aus und ist heute
alleiniger Eigentümer des genannten Grundstücks.

    Zur Verwirklichung des Schulhausneubaus im Gebiet Burghalden
wurden neben dem erwähnten, nachträglich gescheiterten freihändigen
Landerwerb die folgenden Schritte unternommen: Am 5. Juli 1988 teilte die
Gemeindeversammlung Fischenthal die vorgesehene Parzelle von der Wohnzone
W2 in die Zone für öffentliche Bauten um. Der Regierungsrat des Kantons
Zürich genehmigte am 20. Dezember 1989 das Raumprogramm und am 22. August
1990 das Projekt des neuen Oberstufenschulhauses Burghalden. Er sicherte
der Gemeinde für die Realisierung des Vorhabens einen Staatsbeitrag zu. Die
Schulgemeindeversammlung bewilligte am 27. April 1990 einen Kredit für
den Schulhausneubau, und der Gemeinderat Fischenthal erteilte am 6. Juni
1990 die dafür erforderliche Baubewilligung. Die Gemeindeversammlung
Fischenthal beschloss ferner am 10. Dezember 1990 eine Änderung des
kommunalen Richtplans, mit welchem der Bereich Burghalden/Schmittenbach
vom Wohngebiet zum Gebiet mit hohem Anteil öffentlicher Bauten umgeteilt
sowie an dieser Stelle der Standort für ein Oberstufenschulhaus festgesetzt
wurde.

    Die Schulgemeinde Fischenthal versuchte nach der erwähnten
Rückübertragung des für den Schulhausbau vorgesehenen Lands an die
Verkäufer erneut, von diesen die fragliche Parzelle auf vertraglichem
Weg zu erwerben. Die zu diesem Zweck geführten Verhandlungen blieben
jedoch ohne Erfolg. Die Schulpflege Fischenthal setzte darauf am
18. März 1992 zur Sicherung des Schulhausbaus auf der Parzelle von
R. einen Werkplan fest. Gleichzeitig wurden indessen auch weitere
Standorte für das neue Schulhaus geprüft, um das zur Realisierung
im Gebiet Burghalden erforderlich gewordene Enteignungsverfahren zu
vermeiden. Die von der Schulpflege, der Rechnungsprüfungskommission
und der Lehrerschaft von Fischenthal befürwortete Variante "Mühlebach"
lehnte die Erziehungsdirektion aus Kostengründen ab und verlangte die
Weiterverfolgung des Projekts "Burghalden".

    R. focht die Festsetzung des Werkplans auf seiner Parzelle mit
Rekurs bei der Baurekurskommission III an. Diese wies das Rechtsmittel am
23. September 1992 ab, soweit sie darauf eintrat. Gegen diesen Entscheid
erhob R. Rekurs beim Regierungsrat des Kantons Zürich, welcher am 28. April
1993 abgewiesen wurde. Ein gegen den Rekursentscheid eingereichtes
Revisionsgesuch wies der Regierungsrat am 3. November 1993 ebenfalls ab.

    R. hat gegen die Entscheide des Regierungsrats vom 28. April 1993
und vom 3. November 1993 je eine staatsrechtliche Beschwerde beim
Bundesgericht eingereicht. Er beantragt die Aufhebung der beiden
angefochtenen Entscheide. Neben einer Verletzung des rechtlichen
Gehörs (Art. 4 BV) und des Anspruchs auf einen unabhängigen und
unparteiischen Richter (Art. 6 Ziff. 1 EMRK und Art. 4 und 58 BV) rügt
der Beschwerdeführer, die Festsetzung des fraglichen Werkplans verletze
den Grundsatz des Vertrauensschutzes (Art. 4 BV) und die Eigentumsgarantie
(Art. 22ter BV).

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- Der erste angefochtene Entscheid bestätigt die Zulässigkeit der
fraglichen Werkplanfestsetzung. Der zweite verneint die Verletzung
wesentlicher Verfahrensvorschriften bzw. die versehentliche
Nichtberücksichtigung aktenkundiger Tatsachen im ersten Verfahren
betreffend die Festsetzung des Werkplans.

    a) Nach Art. 84 Abs. 1 OG können kantonale Erlasse und Verfügungen
(Entscheide) mit staatsrechtlicher Beschwerde angefochten werden. Ein
solcher anfechtbarer Hoheitsakt liegt nur vor, wenn dadurch die
Rechtsstellung des Bürgers in verbindlicher Weise festgelegt wird (BGE
118 Ia 165 E. 2a S. 168; 113 Ia 232 E. 1 S. 234 f.).

    Der Regierungsrat weist in seiner Vernehmlassung darauf hin, dass der
umstrittene Werkplan - trotz des irreführenden Titels des angefochtenen
Entscheids - noch nicht genehmigt sei. Grundsätzlich sind zwar
Rechtsmittelentscheide über die Festsetzung von Nutzungsplänen erst nach
Vorliegen der Genehmigung mit staatsrechtlicher Beschwerde anfechtbar, da
sie erst damit rechtsverbindlich werden (Art. 26 Abs. 3 des Bundesgesetzes
über die Raumplanung vom 22. Juni 1979 [RPG; SR 700]). Mit Rücksicht auf
die besondere Ordnung des Planfestsetzungsverfahrens im Kanton Zürich
tritt das Bundesgericht jedoch auf staatsrechtliche Beschwerden gegen
Nutzungspläne auch dann ein, wenn die Genehmigung bezüglich des fraglichen
Grundstücks noch nicht vorliegt (BGE 118 Ia 165 E. 2a S. 168 f.).

    Die Entscheide des Regierungsrats vom 28. April 1993 und 3. November
1993 können somit mit staatsrechtlicher Beschwerde angefochten werden.

    b) Nach Art. 86 Abs. 1 OG ist die staatsrechtliche Beschwerde nur
gegen letztinstanzliche kantonale Entscheide zulässig. Das zürcherische
Recht sieht in § 67 lit. a und b des Gesetzes über den Rechtsschutz in
Verwaltungssachen vom 24. Mai 1959 (VRG) gegen Urteile des Regierungsrats
und des Verwaltungsgerichts ein kassatorisches Rechtsmittel vor,
das grundsätzlich ergriffen werden muss, bevor entsprechende Rügen mit
staatsrechtlicher Beschwerde dem Bundesgericht unterbreitet werden können
(BGE 110 Ia 136 E. 2 S. 137 f.; 106 Ia 52 E. 1b S. 54 f.; 101 Ia 298
E. 1a S. 299 f.).

    Der Beschwerdeführer hat in Übereinstimmung mit dieser Rechtslage
gegen das erste Urteil des Regierungsrats vom 28. April 1993 nicht nur
eine staatsrechtliche Beschwerde, sondern auch ein Revisionsgesuch beim
Regierungsrat eingereicht. In seiner zweiten Beschwerde gegen den Entscheid
vom 3. November 1993 rügt er nicht allein Verfassungsverletzungen dieses
letzteren Entscheids, sondern auch solche des ersten vom 28. April 1993,
die er in seiner ersten Beschwerde noch nicht vorgebracht hat. Der
Regierungsrat ist der Auffassung, auf diese neuen Rügen könne nicht
eingetreten werden, da sie bereits in der Beschwerde gegen den ersten
Entscheid hätten geltend gemacht werden müssen.

    Die Rechtsprechung des Bundesgerichts verlangt in Fällen, in denen
neben dem letztinstanzlichen auch noch ein diesem vorangehender Entscheid
mitangefochten werden kann, nicht, dass einzelne Rügen bereits vor dem
letztinstanzlichen Entscheid zu erheben sind. Es müssen mit anderen
Worten die Einwendungen, die zwar mit staatsrechtlicher Beschwerde vor
Bundesgericht, aber nicht oder nicht im gleichem Umfang vor der letzten
kantonalen Instanz vorgebracht werden können, nicht bereits neben der
Einlegung des letzten kantonalen Rechtsmittels mit staatsrechtlicher
Beschwerde beim Bundesgericht geltend gemacht werden. Es ist vielmehr
zulässig, diese Rügen auch noch im Anschluss an den letzten kantonalen
Entscheid mit staatsrechtlicher Beschwerde vorzubringen. Voraussetzung ist
allerdings, dass der Beschwerdeführer die Aufhebung beider Hoheitsakte
verlangt (BGE 115 Ia 414 E. 1 S. 415; 110 Ia 136 E. 3b S. 138 f.; 94 I
459 E. 2b/bb S. 462 f.).

    Im vorliegenden Fall beantragt der Beschwerdeführer mit seiner
zweiten Beschwerde ausdrücklich zwar lediglich die Aufhebung des
Revisionsentscheids. Er stellt aber zugleich den Antrag, die neu
eingereichte zweite Beschwerde zusammen mit der bereits eingereichten
ersten zu behandeln, in welcher er die Aufhebung des ersten Entscheids
beantragt. Darin kann sinngemäss eine Mitanfechtung auch des ersten
Entscheids durch die zweite Beschwerde gesehen werden. Es ist daher
ebenfalls auf die erst in der zweiten Beschwerde erhobenen Rügen gegen
den ersten Entscheid einzutreten.

    c) Der Beschwerdeführer macht in seiner Beschwerde an das Bundesgericht
geltend, der Anspruch auf eine Beurteilung seiner Sache durch ein
unabhängiges und unparteiisches Gericht gemäss Art. 6 Ziff. 1 EMRK
sei verletzt. Der Regierungsrat hält diese Rüge für unzulässig, da sie
erstmals im staatsrechtlichen Beschwerdeverfahren erhoben werde. Ihre
Geltendmachung erst vor Bundesgericht verstosse gegen Treu und Glauben.

    aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts hat der Rechtsuchende
gewisse Mängel des Verfahrens sofort nach deren Kenntnis zu rügen. Es
widerspricht dem Grundsatz von Treu und Glauben, diejenigen Einwände erst
nach dem Ergehen eines ungünstigen Entscheids in einem anschliessenden
Rechtsmittelverfahren zu erheben, die bei rechtzeitiger Geltendmachung
im vorangehenden Verfahren noch hätten behoben werden können (vgl. BGE
119 Ia 221 E. 5a S. 228 f. sowie JEAN-FRANÇOIS EGLI, La protection de la
bonne foi dans le procès, in: Giurisdizione costituzionale e Giurisdizione
amministrativa, 1992, S. 239 f.). Aus diesem Grund hat beispielsweise
derjenige, der einen Richter oder Beamten wegen Befangenheit ablehnen
will, das entsprechende Begehren unverzüglich zu stellen, nachdem er vom
Ablehnungsgrund Kenntnis erlangt hat; lässt er sich stillschweigend auf
den Prozess ein, verwirkt er sein Ablehnungsrecht (BGE 117 Ia 322 E. 1c
S. 323; 116 Ia 485 E. 2c S. 487; 114 Ia 278 E. 3e S. 280).

    bb) Der Grundsatz von Treu und Glauben gilt auch bei der Geltendmachung
einer Verletzung von Art. 6 Ziff. 1 EMRK (vgl. BGE 119 Ia 221 E. 5 S. 227
ff.). In der jüngsten Praxis wurde allerdings die erstmalige Anrufung
dieser Bestimmung vor Bundesgericht wiederholt zugelassen. Dies geschah im
Zusammenhang mit der Geltendmachung des Anspruchs auf einen richterlichen
Rechtsschutz aus der Erwägung, dass Art. 6 Ziff. 1 EMRK nicht ausschliesst,
dass zunächst eine Verwaltungsbehörde entscheidet und dass erst deren
Entscheid bei einem Gericht angefochten werden kann. Es wurde davon
ausgegangen, dass für den Rechtsuchenden unter diesen Umständen kein
Anlass bestehe, die Verletzung von Art. 6 Ziff. 1 EMRK bereits bei einer
nichtrichterlichen letzten kantonalen Instanz geltend zu machen (BGE
119 Ia 88 E. 1b S. 91; nicht veröffentlichtes Urteil vom 13. Juli 1993
i.S. Fondation C. c. Commune de Montreux, E. 3b; vgl. auch BGE 117 Ia
522 E. 3a S. 526). In einem Entscheid führte das Bundesgericht auch aus,
der Beschwerdeführer sei nicht verpflichtet gewesen, die Öffentlichkeit
des Verfahrens gestützt auf Art. 6 Ziff. 1 EMRK bereits im kantonalen
Verfahren zu verlangen, da in diesem Zeitpunkt die Rechtslage gemäss der
Praxis des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte noch nicht völlig
klar gewesen sei (BGE 117 Ia 491 E. 2a S. 495).

    In der Zwischenzeit hat sich die Situation in den Fällen geändert,
in denen - wie in der vorliegenden Sache (vgl. nachstehend E. 3a) - über
die Anwendbarkeit von Art. 6 Ziff. 1 EMRK eine gefestigte Rechtsprechung
besteht. Ferner ist zu beachten, dass die neuere Praxis des Bundesgerichts
die Kantone verpflichtet, auch in den Fällen einen Art. 6 Ziff. 1 EMRK
genügenden gerichtlichen Rechtsschutz sicherzustellen, in denen er nach
der massgebenden kantonalen Gesetzgebung noch nicht besteht. In dieser
Situation haben sie die gerichtliche Überprüfung direkt gestützt auf Art. 6
Ziff. 1 EMRK zu gewährleisten, sei es durch eine konventionskonforme
Auslegung bestehender Vorschriften, sei es durch den Erlass einer
Übergangsregelung durch Verordnung oder durch die Bezeichnung des Gerichts
im Einzelfall (BGE 118 Ia 331 E. 3 S. 333 ff.). Das setzt aber voraus,
dass rechtzeitig bekannt ist, ob der Rechtsuchende eine gerichtliche
Beurteilung seiner Sache verlangt, damit das Nötige zur Erfüllung eines
solchen Begehrens vorgekehrt werden kann. Will daher der Rechtsuchende
schon vor der Anpassung der kantonalen Gesetzgebung an die Anforderungen
von Art. 6 Ziff. 1 EMRK seine sich aus dieser Bestimmung ergebenden
Rechte geltend machen, so darf von ihm nach Treu und Glauben erwartet
werden, dass er die entsprechende Rüge bereits vor der letztinstanzlichen
kantonalen Verwaltungsbehörde und nicht erst vor Bundesgericht erhebt. Dies
gibt dem Kanton die Möglichkeit, rechtzeitig einen konventionskonformen
richterlichen Rechtsschutz zur Verfügung zu stellen. Dadurch lassen sich
unnötige Verfahrensverzögerungen und eine Anrufung des Bundesgerichts
vermeiden.

    Aus diesen Gründen ist anzunehmen, dass derjenige, der vor der letzten
kantonalen Instanz eine richterliche Überprüfung gemäss Art. 6 Ziff. 1
EMRK nicht verlangt, auf dieses Recht verzichtet. Die Rechtsprechung
des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte steht dieser Pflicht
zur rechtzeitigen Geltendmachung des Anspruchs auf einen gerichtlichen
Rechtsschutz nicht entgegen. Sie hält vielmehr den Verzicht auf sich
aus Art. 6 Ziff. 1 EMRK ergebende Rechte auch dann für zulässig, wenn
sie von grundsätzlicher Bedeutung sind. Erforderlich ist jedoch, dass
ein solcher Verzicht unzweideutig ist und keinen öffentlichen Interessen
zuwiderläuft. Er kann ausdrücklich oder sinngemäss aufgrund der Umstände
erfolgen (Urteil Håkansson und Sturesson vom 21. Februar 1990, Série A,
Nr. 171-A, Ziff. 66; vgl. auch BGE 119 Ib 311 E. 6d S. 330). Ein Verzicht
kann auch darin liegen, dass ein Rechtsuchender seine Rechte nach Art. 6
Ziff. 1 EMRK in einer Situation nicht geltend macht, in der man dies
von ihm erwarten darf (Urteil Schuler-Zgraggen vom 24. Juni 1993, Série
A, Nr. 263, Ziff. 58; BGE 119 Ia 221 E. 5b S. 229 f.). Wie erwähnt,
ist es nach Treu und Glauben jedenfalls in Fällen, in denen nach der
Rechtsprechung die Anwendbarkeit von Art. 6 Ziff. 1 EMRK feststeht, vom
Rechtsuchenden zu erwarten, dass er eine richterliche Beurteilung seiner
Sache bereits vor der letzten kantonalen Instanz verlangt. Andernfalls
erscheint auch nach der erwähnten Rechtsprechung des Europäischen
Gerichtshofs für Menschenrechte die Annahme eines Verzichts angebracht.

    Der Anspruch auf eine richterliche Überprüfung nach Art. 6 Ziff. 1
EMRK ist somit grundsätzlich bereits vor der letzten kantonalen Instanz zu
erheben. Die Unterlassung der Geltendmachung ist als Verzicht auf dieses
Recht anzusehen.

    cc) Diese Regel stellt gegenüber der dargestellten bisherigen Praxis
eine Verschärfung dar. Dem Beschwerdeführer, der die bisher geltenden
Anforderungen an das Verfahren eingehalten hat, darf daraus kein Nachteil
erwachsen (BGE 103 Ib 197 E. 4 S. 201 f.). Im vorliegenden Fall ist daher
die erstmalige Erhebung der Rüge der Verletzung von Art. 6 Ziff. 1 EMRK
vor Bundesgericht zuzulassen.

    Der Beschwerdeführer hat überdies in seinem Revisionsbegehren an den
Regierungsrat "eindringlich um Gewährleistung eines fairen gerichtlichen
Verfahrens unter Respektierung des Anspruchs des Gesuchstellers auf
Beachtung der ihm im Zusammenhang mit dem zivilrechtlichen Charakter
der Streitsache zustehenden Verfahrensgarantien (Art. 58 BV, Art. 6
Ziff. 1 EMRK)" ersucht. Dieses zwar knappe, aber hinreichend deutlich
formulierte Begehren ist als genügende Geltendmachung des Anspruchs auf
eine richterliche Überprüfung bereits vor der letzten kantonalen Instanz
anzusehen. Auf die Rüge der Verletzung von Art. 6 Ziff. 1 EMRK wäre somit
auch nach der neuen verschärften Praxis einzutreten.

    d) Die übrigen Voraussetzungen der Beschwerdeführung sind ebenfalls
gegeben. Auf die beiden staatsrechtlichen Beschwerden ist daher
einzutreten.

Erwägung 3

    3.- Der Beschwerdeführer sieht eine Verletzung von Art. 6 Ziff. 1 EMRK
darin, dass er die umstrittene Frage, ob die Festsetzung eines Werkplans
auf seinem Grundstück zulässig sei, keinem unabhängigen Gericht zur
Beurteilung vorlegen könne. Nach seiner Auffassung vermag vorliegend das
bundesgerichtliche Verfahren die Anforderungen von Art. 6 Ziff. 1 EMRK
nicht zu erfüllen, da auch Sachverhaltsfeststellungen umstritten seien,
welche im staatsrechtlichen Beschwerdeverfahren nicht frei überprüft
würden.

    a) Wie das Bundesgericht schon mehrfach festgehalten hat, fallen
Enteignungsverfahren nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs
für Menschenrechte in den Anwendungsbereich von Art. 6 Ziff. 1 EMRK. Der
von einer Enteignung Betroffene hat Anspruch darauf, dass nicht nur
die Entschädigungsfrage, sondern auch die Zulässigkeit der Enteignung im
Streitfalle von einem Gericht beurteilt wird, das zumindest den Sachverhalt
und das anwendbare Recht frei überprüft (BGE 119 Ia 88 E. 3b S. 92;
118 Ia 372 E. 6a S. 381; 118 Ia 223 E. 1c S. 227). Auch die Festsetzung
von Plänen, mit denen dem Gemeinwesen das Enteignungsrecht erteilt wird,
hat den Anforderungen von Art. 6 Ziff. 1 EMRK zu genügen, wenn in einem
späteren Verfahren dieses Recht nicht mehr bestritten werden kann (BGE
119 Ia 88 E. 3b S. 92, 321 E. 6a/bb S. 329; 118 Ia 223 E. 1c S. 227).

    b) Der Werkplan des zürcherischen Rechts dient der Landsicherung für
öffentliche Werke (§ 114 Abs. 1 des Gesetzes über die Raumplanung und
das öffentliche Baurecht vom 7. September 1975 [PBG]). Er gibt über den
ungefähren Standort der geplanten Bauten und über deren genauen Landbedarf
Aufschluss (§ 114 Abs. 3 PBG). Die Genehmigung des Werkplans schliesst
die Erteilung des Enteignungsrechts ein (§ 116 PBG).

    Das Bundesgericht hat bereits in einem anderen Zusammenhang erklärt,
dass beim Erlass von Werkplänen nach zürcherischem Recht ein Anspruch
auf eine Kontrolle durch ein Gericht gemäss Art. 6 Ziff. 1 EMRK bestehe,
da diese Pläne dem Werkträger das Enteignungsrecht erteilen (Urteil vom
11. November 1992 in ZBl 94/1993 447 f. E. 5b/bb). Im vorliegenden Fall
steht freilich die Genehmigung des Werkplans durch den Regierungsrat noch
aus, welche gemäss § 116 PBG dem Träger des Werks das Enteignungsrecht
erst einräumt. Die Erteilung der Genehmigung ist allerdings nach
einem durchgeführten Rechtsmittelverfahren, in dem der Regierungsrat
als Rechtsmittelinstanz ebenfalls beteiligt ist, regelmässig nur eine
reine Formsache. Dies ist auch der Grund, warum auf staatsrechtliche
Beschwerden gegen Nutzungsplanfestsetzungen im Kanton Zürich trotz einer
noch ausstehenden Genehmigung eingetreten wird (vgl. vorn E. 2a und BGE
118 Ia 165 E. 2a S. 169). Im vorliegenden Fall erklärt der Regierungsrat
in seiner Vernehmlassung, er werde nach Abschluss der staatsrechtlichen
Beschwerdeverfahren den Werkplan ohne weitere Zusätze genehmigen. Er
weist zudem ausdrücklich darauf hin, dass es unzweckmässig wäre, die
von Art. 6 Ziff. 1 EMRK verlangte Überprüfung durch ein unabhängiges
Gericht erst im Anschluss an die Genehmigung vorzusehen. Sie würde in der
Tat der dem zürcherischen Recht zugrundeliegenden Ordnung widersprechen,
nach der das Rechtsmittelverfahren vor der Plangenehmigung abgeschlossen
wird und diese letztere erst hernach als blosse Formsache erfolgt. Über
die Zulässigkeit eines Werkplans mit Enteignungsrecht wird somit bereits
vor dessen Genehmigung entschieden, weshalb auch der nach Art. 6 Ziff. 1
EMRK erforderliche gerichtliche Rechtsschutz bereits gegenüber der der
Genehmigung vorangehenden Festsetzung zu gewährleisten ist.

    Aus diesen Gründen hat der Beschwerdeführer Anspruch darauf, die
umstrittene Werkplanfestsetzung durch eine Gerichtsinstanz gemäss Art. 6
Ziff. 1 EMRK überprüfen zu lassen.

Erwägung 4

    4.- a) Nach der geltenden Gesetzgebung können Rechtsmittelentscheide
des Zürcher Regierungsrats über Werkplanfestsetzungen nicht bei einem
kantonalen Gericht angefochten werden. Der Regierungsrat selber stellt
aber auch als Rechtsmittelbehörde kein Gericht dar und genügt daher den
Anforderungen von Art. 6 Ziff. 1 EMRK nicht (vgl. BGE 119 Ia 88 E. 5a
S. 95; 117 Ia 378 E. 5c S. 385; 115 Ia 183 E. 4b S. 187).

    Die Schulgemeinde Fischenthal wendet ein, dem Anspruch auf richterliche
Beurteilung gemäss Art. 6 Ziff. 1 EMRK sei im vorliegenden Fall dadurch
nachgelebt worden, dass der Beschwerdeführer die Werkplanfestsetzung bei
der Baurekurskommission habe überprüfen lassen können. Das Bundesgericht
hat in einem neueren Entscheid gestützt auf die Rechtsprechung des
Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zwar angedeutet, dass die
Baurekurskommissionen im Kanton Zürich als Gericht im Sinne von Art. 6
Ziff. 1 EMRK angesehen werden könnten (nicht veröffentlichtes Urteil vom
28. Januar 1993 i.S. M. c. Gemeinde Oberglatt, E. 5a). Vorliegend schloss
der Entscheid der Baurekurskommission jedoch den kantonalen Instanzenzug
nicht ab. Vielmehr wurde anschliessend der Regierungsrat angerufen,
der die Sache nochmals mit voller Kognition überprüfte (vgl. § 20 Abs. 1
VRG), als Rechtsmittelinstanz aber wie erwähnt die Voraussetzungen von
Art. 6 Ziff. 1 EMRK nicht erfüllte. Auch wenn es ausreicht, dass während
des ganzen Verfahrens ein dieser Bestimmung genügender gerichtlicher
Rechtsschutz wenigstens einmal gewährleistet ist (vgl. CLAUDE ROUILLER,
La protection juridique en matière d'aménagement du territoire par la
combinaison des art. 6 par. 1 CEDH, 33 LAT et 98a OJ: complémentarité ou
plénitude?, RSJ 90/1994 26; MARK E. VILLIGER, aaO, N. 408), so kann dieser
jedoch nicht in jedem beliebigen Verfahrensstadium erfolgen. Ein effektiver
gerichtlicher Rechtsschutz gemäss Art. 6 Ziff. 1 EMRK ist nicht garantiert,
wenn der von einem unabhängigen Gericht ergangene Entscheid durch eine
obere nicht richterliche Instanz mit voller Kognition überprüft werden
kann und diese davon auch Gebrauch macht, indem sie wie im vorliegenden
Fall in erheblichem Umfang neue Sachverhaltsfeststellungen trifft.

    Es ergibt sich somit, dass das bisher durchlaufene
Rechtsmittelverfahren im Kanton Zürich den Anspruch des Beschwerdeführers
auf eine Beurteilung durch ein unabhängiges Gericht gemäss Art. 6 Ziff. 1
EMRK nicht erfüllt.

    b) Allerdings stellt sich die Frage, ob nicht das Verwaltungsgericht
gestützt auf § 44 lit. d VRG im Rahmen des Enteignungsverfahrens
gemäss § 24 des Gesetzes betreffend die Abtretung von Privatrechten vom
30. November 1879 (AbtrG) ebenfalls die Zulässigkeit der vorangegangenen
Werkplanfestsetzung überprüfen könnte, wie dies das Bundesgericht in
einzelnen Entscheiden angetönt hat (vgl. BGE 118 Ia 372 E. 6c S. 382
f.; Urteil vom 11. November 1992 in ZBl 94/1993 477 f. E. 5b/bb; nicht
veröffentlichtes Urteil vom 28. Januar 1993 i.S. M. c. Gemeinde Oberglatt,
E. 5b). Der Regierungsrat hält indessen in seiner Vernehmlassung ein
solches Vorgehen mit Recht für unzweckmässig. Nach der gesetzlichen
Ordnung erfolgt die Erteilung des Enteignungsrechts mit der Genehmigung
des Werkplans, während im Planauflageverfahren lediglich noch Einwendungen
nach § 24 AbtrG zugelassen sind. Eine uneingeschränkte akzessorische
Überprüfung der Werkplanfestsetzung in diesem späteren Stadium stünde
im Widerspruch mit den von der bundesgerichtlichen Rechtsprechung dazu
aufgestellten Grundsätzen (vgl. BGE 116 Ia 207 E. 3b S. 211; 111 Ia 129
E. 3d S. 131; 106 Ia 383 E. 3c S. 387). Es wäre aber auch unter praktischen
Gesichtspunkten wenig sinnvoll, wenn der Grundsatzentscheid über den
Standort eines öffentlichen Werks nachträglich im Zusammenhang mit dem
konkreten Projekt wieder in Frage gestellt werden könnte. Eine solche
Lösung liesse sich überdies mit dem bereits dargestellten Verhältnis von
Rechtsmittelweg und Genehmigung (E. 3b) im Kanton Zürich nicht vereinbaren.

    Es ist aus diesen Gründen bereits gegen die Planfestsetzung ein Art. 6
Ziff. 1 EMRK genügender Rechtsschutz zu gewährleisten. Einen solchen
stellt das kantonale Recht wie gezeigt dem Beschwerdeführer nicht zur
Verfügung.

    c) Unter diesen Umständen bleibt schliesslich zu prüfen, ob
im vorliegenden Fall das staatsrechtliche Beschwerdeverfahren dem
Beschwerdeführer den erforderlichen richterlichen Rechtsschutz zu bieten
vermag, wie dies der Regierungsrat und die Schulgemeinde Fischenthal
geltend machen.

    Art. 6 Ziff. 1 EMRK verlangt zumindest eine freie richterliche
Überprüfung des Sachverhalts und der Rechtsfragen, dagegen nicht eine
Ermessenskontrolle (BGE 119 Ia 88 E. 5c/aa S. 95 f.; 117 Ia 497 E. 2d
und e S. 501 ff.; 115 Ia 189 E. 4b S. 190 f.). Das staatsrechtliche
Beschwerdeverfahren vermag diese Anforderungen nur zu erfüllen,
wenn der Sachverhalt nicht bestritten ist und wenn die sich aus
der Verfassungskontrolle ergebende Beschränkung bei der Überprüfung
der gesetzlichen Grundlage nicht zum Zuge kommt (BGE 119 Ia 88 E.
5c/aa und bb S. 96; 118 Ia 372 E. 6a S. 381; 117 Ia 497 E. 2c-e
S. 501 ff.). Sachverhaltsfragen prüft das Bundesgericht im Rahmen der
staatsrechtlichen Beschwerde nur unter dem Gesichtspunkt der Willkür,
so dass es insoweit den gemäss Art. 6 Ziff. 1 EMRK gebotenen Rechtsschutz
nicht zu gewährleisten vermag (BGE 117 Ia 497 E. 2d S. 502; 115 Ia 384 E. 3
S. 386; 114 Ia 114 E. 4c/ch S. 128). Nur wenn Sachverhaltsfeststellungen
umstritten sind, die sich ohne weiteres als offensichtlich zutreffend oder
unzutreffend erweisen, kann das Bundesgericht ausnahmsweise über eine
blosse Willkürprüfung hinausgehen, um unnötige prozessuale Weiterungen
zu vermeiden.

    Der Beschwerdeführer kritisiert im Zusammenhang mit der Standortwahl
für das neue Schulhaus zahlreiche Sachverhaltsfeststellungen des
Regierungsrats. Umstritten sind verschiedene tatsächliche Aspekte der
geprüften Alternativstandorte, unter anderem die örtlichen Verbindungen,
die Distanzen, der Geländeverlauf sowie die Kosten. Aber auch
bezüglich des Schulhausprojekts Burghalden selber ist der Sachverhalt
nicht unbestritten. Nach der dargestellten Rechtsprechung vermag
das Bundesgericht bei dieser Sachlage den nach Art. 6 Ziff. 1 EMRK
erforderlichen Rechtsschutz im staatsrechtlichen Beschwerdeverfahren
nicht sicherzustellen.

    d) Da vorliegend weder das kantonale noch das bundesgerichtliche
Verfahren den Anforderungen von Art. 6 Ziff. 1 EMRK genügt, ist die
vom Beschwerdeführer gerügte Verletzung dieser Norm begründet. Es sei
beigefügt, dass das Bundesgericht dem Kanton Zürich im Blick auf das
festgestellte Ungenügen des Rechtsschutzes wiederholt nahegelegt hat,
gegen die das Enteignungsrecht einschliessende Festsetzung von Werkplänen
und Baulinien eine Beschwerde an ein kantonales Gericht im Sinne von
Art. 6 Ziff. 1 EMRK vorzusehen (BGE 118 Ia 372 E. 6d S. 383; Urteil vom
11. November 1992 in ZBl 94/1993 478 E. 5b/cc; vgl. auch KARL SPÜHLER,
Der Rechtsschutz von Privaten und Gemeinden im Raumplanungsrecht, ZBl
90/1989 118 f.).

Erwägung 5

    5.- Die staatsrechtlichen Beschwerden sind aus diesen Gründen
gutzuheissen. Der von Art. 6 Ziff. 1 EMRK verlangte gerichtliche
Rechtsschutz zählt zu den verfassungsrechtlichen Anforderungen des
Bundesrechts, denen die Kantone Rechnung zu tragen haben (BGE 119 Ia 88
E. 7 S. 98; 118 Ia 331 E. 3b S. 334; 118 Ia 223 E. 1c S. 227). Der Kanton
Zürich hat dem Beschwerdeführer eine Gerichtsinstanz im Sinne von Art. 6
Ziff. 1 EMRK zur Verfügung zu stellen, welche die angefochtenen Entscheide
in bezug auf den Sachverhalt und die Rechtsanwendung frei überprüft.