Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 119 V 200



119 V 200

29. Auszug aus dem Urteil vom 7. April 1993 i.S. P. gegen ALPINA
Versicherungen und Versicherungsgericht des Kantons Zürich Regeste

    Art. 9 Abs. 2 und Art. 118 Abs. 1 UVG. Für die Beurteilung der Frage,
ob eine Gesundheitsschädigung ausschliesslich oder stark überwiegend durch
berufliche Tätigkeit verursacht worden ist, ist die gesamte, also auch
die vor dem 1. Januar 1984 ausgeübte Berufstätigkeit zu berücksichtigen.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- a) Gemäss Art. 9 Abs. 1 UVG gelten Krankheiten, die bei
der beruflichen Tätigkeit ausschliesslich oder vorwiegend durch
schädigende Stoffe oder bestimmte Arbeiten verursacht worden sind, als
Berufskrankheiten. Der Bundesrat erstellt die Liste dieser Stoffe und
Arbeiten sowie der arbeitsbedingten Erkrankungen. Gestützt auf diese
Delegationsnorm und Art. 14 UVV hat er in Anhang I zur UVV eine Liste
der schädigenden Stoffe und der arbeitsbedingten Erkrankungen erstellt.

    Nach der Rechtsprechung ist eine "vorwiegende" Verursachung von
Krankheiten durch schädigende Stoffe oder bestimmte Arbeiten nur
dann gegeben, wenn diese mehr wiegen als alle andern mitbeteiligten
Ursachen, mithin im gesamten Ursachenspektrum mehr als 50%
ausmachen. "Ausschliessliche" Verursachung hingegen meint praktisch 100%
des ursächlichen Anteils der schädigenden Stoffe oder bestimmten Arbeiten
an der Berufskrankheit (BGE 117 V 355 E. 2a mit Hinweis).

    b) Gemäss Art. 9 Abs. 2 UVG gelten als Berufskrankheiten auch andere
Krankheiten, von denen nachgewiesen wird, dass sie ausschliesslich oder
stark überwiegend durch berufliche Tätigkeit verursacht worden sind. Diese
Generalklausel bezweckt, allfällige Lücken zu schliessen, die dadurch
entstehen könnten, dass die bundesrätliche Liste gemäss Anhang I zur
UVV entweder einen schädigenden Stoff, der eine Krankheit verursachte,
oder eine Krankheit nicht aufführt, die durch die Arbeit verursacht wurde
(BGE 117 V 355 E. 2b mit Hinweisen).

    Nach der Rechtsprechung ist die Voraussetzung des "ausschliesslichen
oder stark überwiegenden" Zusammenhangs gemäss Art. 9 Abs. 2 UVG erfüllt,
wenn die Berufskrankheit mindestens zu 75% durch die berufliche Tätigkeit
verursacht worden ist (BGE 117 V 355 E. 2b mit Hinweis).

Erwägung 4

    4.- a) Es ist unbestritten, dass der Beschwerdeführer keine Ansprüche
aus Berufskrankheit im Sinne von Art. 9 Abs. 1 UVG ableiten kann, da weder
schädigende Stoffe noch arbeitsbedingte Erkrankungen gemäss Anhang I zur
UVV in Frage stehen. Ebensowenig liegt eine unfallmässige Schädigung oder
eine unfallähnliche Körperschädigung vor (Art. 9 Abs. 1 und 2 UVV).

    Streitig und zu prüfen ist einzig, ob es sich bei den Beschwerden
im rechten Schultergelenk um eine Berufskrankheit nach Art. 9 Abs. 2
UVG handelt.

    b) Die Vorinstanz anerkennt zwar bei Zahnärzten gestützt auf die
medizinische Fachliteratur einen tätigkeitsspezifischen Risikofaktor
für Gesundheitsstörungen des Stütz- und Bewegungsapparates. Ein
weiterer Risikofaktor stelle aber auch das Alter des heute 53jährigen
Beschwerdeführers dar, seien doch bei fast zwei Dritteln der Männer
über dem 35. Lebensjahr degenerative Veränderungen im Bereiche der
Schultergelenke und der unteren HWS nachweisbar. Ob die berufliche
Belastung die Krankheit in einem Ausmass von mindestens 75% verursacht
habe, liess jedoch das kantonale Gericht dahingestellt. Es wies die
Beschwerde mit der Begründung ab, die Entstehung der Krankheit falle nicht
ausschliesslich in den Zeitraum, in dem der Beschwerdeführer freiwillig
nach Massgabe des ab 1. Januar 1984 geltenden UVG versichert gewesen
sei. Vielmehr habe sich die Krankheit kontinuierlich über einen Zeitraum
von 24 Jahren entwickelt. Da der Versicherungsschutz höchstens sechs Jahre
gedauert habe, was nur einen Viertel der Berufsausübung insgesamt ausmache,
sei schon in zeitlicher Hinsicht der vorausgesetzte Kausalzusammenhang
von 75% nicht gegeben.

    c) In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird vorab beanstandet,
dass aus dem Entscheid nicht hervorgehe, auf welchen Rechtssatz sich die
Vorinstanz abstütze. Möglicherweise habe sie sich von Art. 118 Abs. 1 UVG
leiten lassen, wonach Versicherungsleistungen für Berufskrankheiten, die
vor dem Inkrafttreten des UVG ausgebrochen seien, gemäss bisherigem Recht
gewährt würden. Die vorinstanzlichen Erwägungen, die den Krankheitsausbruch
im wesentlichen auf einen vor Inkrafttreten des UVG festzusetzenden
Zeitpunkt festlegten, widersprächen dieser Bestimmung wie auch Art. 9
Abs. 3 UVG. Damit führe das Gericht eine willkürliche und grundlose
Unterscheidung ein, indem es unzulässigerweise auf einen anderen als
den in Art. 9 Abs. 3 UVG definierten Begriff des Krankheitsausbruches
(Bedarf des erstmaligen Arztbesuches) abstelle.

Erwägung 5

    5.- Im vorliegenden Fall ist zunächst folgender Rechtsfrage
nachzugehen: Ist die vor dem 1. Januar 1984 (Inkrafttreten des UVG)
ausgeübte berufliche Tätigkeit bei der Beurteilung, ob eine Berufskrankheit
ausschliesslich oder stark überwiegend durch diese berufliche Tätigkeit
verursacht worden ist (Art. 9 Abs. 2 UVG), zu berücksichtigen?

    a) Gemäss Art. 118 Abs. 1 UVG werden Versicherungsleistungen für
Unfälle, die sich vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes ereignet haben,
und für Berufskrankheiten, die vor diesem Zeitpunkt ausgebrochen sind,
nach bisherigem Recht gewährt. Im weiteren definiert Art. 9 Abs. 3 UVG
den Ausbruch der Krankheit wie folgt:

    "Soweit nichts anderes bestimmt ist, sind Berufskrankheiten von ihrem

    Ausbruch an einem Berufsunfall gleichgestellt. Sie gelten als
   ausgebrochen, sobald der Betroffene erstmals ärztlicher Behandlung
   bedarf oder arbeitsunfähig ist."

    Die Übergangsnorm von Art. 118 Abs. 1 UVG in Verbindung mit Art. 9
Abs. 3 UVG löst nur die Frage, ob neues oder altes Recht anwendbar
ist. Nachdem der Beschwerdeführer wegen seines Schulterleidens
unbestrittenermassen erstmals im Jahre 1984 ärztliche Hilfe in Anspruch
nehmen musste, gilt die Krankheit im Sinne von Art. 9 Abs. 3 UVG als
nach dem Inkrafttreten des UVG ausgebrochen, so dass hier neues Recht
gilt. Damit ist aber noch nichts darüber ausgesagt, wie das neue Recht
anzuwenden ist.

    b) Art. 9 UVG anerkennt nur jene Krankheiten als Berufskrankheiten,
die entweder "bei der beruflichen Tätigkeit" durch schädigende Stoffe oder
bestimmte Arbeiten (Abs. 1) oder (generell) durch "berufliche Tätigkeit"
(Abs. 2) verursacht worden sind. Was mit beruflicher Tätigkeit gemeint
ist, wird im Gesetz ebensowenig definiert wie die Dauer, während
welcher diese berufliche Tätigkeit ausgeübt sein muss. Es fragt sich
daher, ob bei der Prüfung des Kausalzusammenhanges zwischen beruflicher
Tätigkeit und eingetretenem Gesundheitsschaden die vor dem 1. Januar 1984
geleistete Arbeit zu berücksichtigen ist oder nicht. Mit andern Worten:
Ist die Voraussetzung des "ausschliesslichen oder stark überwiegenden
Zusammenhangs" nur erfüllt, wenn die berufliche Tätigkeit nach dem
1. Januar 1984 allein ausschliesslich oder stark überwiegt, d.h. im
Ausmass von mindestens 75% die Krankheit verursacht hat.

    Die Vorinstanz vertritt letztere Auffassung, ohne indes eine
Begründung zu liefern, was in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wie
auch von seiten des BSV zu Recht gerügt wird. MAURER stellt sich
im Zusammenhang mit Art. 9 Abs. 1 UVG ebenfalls auf den Standpunkt,
das Erfordernis der vorwiegenden beruflichen Exposition bedeute, dass
"diese berufliche Tätigkeit eine versicherte Tätigkeit gewesen sei";
der Erkrankte müsse sie als "Versicherter ausgeübt haben" (MAURER,
Schweizerisches Unfallversicherungsrecht, S. 217 lit. d/aa). Zu Art.
118 Abs. 1 UVG führt er folgendes aus: "Gemäss Umkehrschluss aus dieser
Übergangsbestimmung müsste der Unfallversicherer die gesetzlichen
Leistungen auch dann erbringen, wenn die Berufskrankheit zwar nach
dem Inkrafttreten des UVG ausgebrochen ist, der Versicherte aber
ausschliesslich vorher den schädigenden Stoffen ausgesetzt war oder die
krankmachenden Arbeiten verrichtet hat und dabei noch nicht durch das
KUVG obligatorisch gegen Unfall versichert war. Obwohl die Exposition
vollständig in die Zeit fällt, da kein Versicherungsschutz bestand,
würde der Unfallversicherer leistungspflichtig; dabei hat er für dieses
Risiko noch keine Prämien bezogen" (MAURER, aaO, S. 218 lit. cc). Es sei
fraglich, ob der Gesetzgeber diesen Sachverhalt im Blickfeld hatte. Das
Ergebnis, wonach die Unfallversicherer für Berufskrankheiten auch dann
leisten müssten, wenn die Exposition vor Inkrafttreten des UVG erfolgte,
zu einer Zeit, als kein Versicherungsschutz bestand, erscheine von so
erheblicher Tragweite, dass der Gesetzgeber dies kaum gewollt haben
könne. Deshalb dürfte die Lösung, die sich aus dem Umkehrschluss ergebe,
unrichtig sein (MAURER, aaO, S. 218 N. 497).

    c) Dieser Betrachtungsweise kann nicht gefolgt werden. Das Gesetz
ist in erster Linie nach seinem Wortlaut auszulegen. Ist der Text nicht
ganz klar und sind verschiedene Auslegungen möglich, so muss nach
seiner wahren Tragweite gesucht werden unter Berücksichtigung aller
Auslegungselemente, namentlich des Zwecks, des Sinnes und der dem Text
zugrunde liegenden Wertung. Wichtig ist ebenfalls der Sinn, der einer Norm
im Kontext zukommt. Vom klaren, d.h. eindeutigen und unmissverständlichen
Wortlaut darf nur ausnahmsweise abgewichen werden, u.a. dann nämlich,
wenn triftige Gründe dafür vorliegen, dass der Wortlaut nicht den
wahren Sinn der Bestimmung wiedergibt. Solche Gründe können sich aus
der Entstehungsgeschichte der Bestimmung, aus ihrem Grund und Zweck oder
aus dem Zusammenhang mit andern Vorschriften ergeben (BGE 117 Ia 331 E.
3a, 117 III 45 E. 1, 117 V 5 E. 5a und 109 E. 5b, je mit Hinweisen;
IMBODEN/RHINOW/KRÄHENMANN, Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung,
Nr. 21 B IV).

    aa) In Beachtung dieser Grundsätze ergibt sich - durch Umkehrschluss -
aus dem klaren Wortlaut von Art. 118 Abs. 1 UVG unzweideutig, dass nach
dem 1. Januar 1984 ausgebrochene Berufskrankheiten gemäss UVG versichert
sind. Ab dem Zeitpunkt des Ausbruchs sind sie, sofern nichts Abweichendes
bestimmt wird (Art. 9 Abs. 3 Satz 1 UVG), was nicht zutrifft, den Unfällen
gleichgestellt und begründen bei gegebenem Kausalzusammenhang Anspruch auf
die gesetzlichen Versicherungsleistungen. Für die Annahme der Vorinstanz,
bei der Prüfung der Kausalität dürfe nur die Berufstätigkeit nach dem
1. Januar 1984 berücksichtigt werden, lässt sich weder dem UVG noch der
dazugehörigen Verordnung eine Bestimmung entnehmen. Hätte der Gesetzgeber
ausschliesslich die ab 1. Januar 1984 ausgeübte Berufsarbeit als massgebend
erachten wollen, hätte dies im Gesetz zum Ausdruck kommen müssen. Nachdem
in zeitlicher Hinsicht keine gesetzliche Beschränkung besteht, ist unter
beruflicher Tätigkeit im Sinne von Art. 9 Abs. 2 UVG die gesamte, also auch
die vor dem 1. Januar 1984 ausgeübte Berufstätigkeit zu verstehen. Denn
stichhaltige Gründe, die ein Abweichen vom Wortlaut der fraglichen
Bestimmung rechtfertigten, lassen sich keine ausmachen. Entgegen MAURER
vermag eine wirtschaftliche Betrachtungsweise eine gesetzliche Regelung
nicht aus den Angeln zu heben. Im Gegenteil, folgende Argumente sprechen
dafür, dass die gesamte berufliche Exposition gilt.

    bb) Wollte man der gegenteiligen Auffassung der Vorinstanz
beipflichten, würde dies darauf hinauslaufen, dass die Versicherung
gegen Berufskrankheiten, die im Rahmen von Art. 9 Abs. 2 UVG eine
neue Leistungsart darstellt, in den allermeisten Fällen gar nicht
zum Tragen käme. Denn der Einfluss der beruflichen Tätigkeit auf die
Krankheit im Ausmass von mindestens 75% würde diesfalls eine so grosse
Hürde darstellen, dass sie nur selten erreicht werden dürfte. Zudem
gäbe sie Anlass zu Mutmassungen - wie es die Vorinstanz denn auch tut -,
inwieweit sich die Krankheit teilweise in einer Zeit ausserhalb der Geltung
des UVG entwickelt habe. Die Folgen davon lassen sich am vorliegenden
Fall aufzeigen: Der Beschwerdeführer müsste, bevor er Leistungen wegen
Berufskrankheit nach UVG beanspruchen könnte, sofern sich sein Leiden
kontinuierlich entwickelt hat, während 24 Jahren der Versicherung angehört
haben, wobei noch nichts über die Voraussetzung des Kausalzusammenhanges
von mindestens 75% ausgesagt wäre. Die zeitliche Beschränkung auf die
nach dem 1. Januar 1984 ausgeübte Berufstätigkeit wäre aber auch nicht
mit Sinn und Zweck von Art. 9 Abs. 2 UVG zu vereinbaren. Denn diese
Generalklausel will gerade als Auffangbecken für all jene durch die
berufliche Tätigkeit verursachten Krankheiten dienen, die nicht in der
bundesrätlichen Verordnung gemäss Anhang I zur UVV figurieren (vgl. BGE
117 V 358). Dieses Ziel würde aber durch die zeitliche Limitierung im
Sinne der vorinstanzlichen Erwägungen weitgehend vereitelt.

    cc) Der Umstand, dass jemand versichert ist, bei dem sich infolge
der beruflichen Tätigkeit gewisse Gesundheitsschäden ausgebildet, jedoch
noch keine Berufskrankheit zum Ausbruch gebracht haben, lässt sich
mit der Aufnahme eines Versicherten vergleichen, der eine gewöhnliche
Gesundheitsschädigung aufweist, die im Falle eines Unfalles eine
Teilursache des Schadens darstellt. Eine solche berechtigt nach Art. 36
UVG nicht zur Kürzung von Pflegeleistungen und Kostenvergütungen (Abs. 1);
und bei Renten und Integritätsentschädigungen nur dann, wenn sie vor
dem Unfall die Erwerbsfähigkeit vermindert hat (Abs. 2). Es besteht kein
sachlicher Grund, Gesundheitsschädigungen infolge beruflicher Tätigkeit zu
Lasten der Versicherten anders zu behandeln. Ferner gilt es zu beachten,
dass auch die Verschlimmerung einer vorbestandenen Krankheit durch
die berufliche Tätigkeit Anspruch auf Leistungen nach Art. 9 Abs. 2 UVG
begründet (BGE 117 V 354). Ob nun diese vorbestandene Krankheit durch die
berufliche Tätigkeit oder aus anderen Gründen verschlimmert worden ist,
spielt an sich keine Rolle. Auch unter diesem Aspekt geht es nicht an,
für die Beurteilung des Kausalzusammenhangs bloss auf die Berufstätigkeit
nach dem Inkrafttreten des UVG abstellen zu wollen.

    dd) Die Berücksichtigung der Berufsausübung vor dem
1. Januar 1984 verletzt schliesslich auch nicht den Grundsatz des
Rückwirkungsverbots. Nach der Rechtsprechung ist ein Erlass rückwirkend,
wenn bei der Anwendung des neuen Rechts an ein Ereignis geknüpft wird,
das vor seinem Inkrafttreten abgeschlossen ist. Eine solche Rückwirkung
ist ohne ausdrückliche gesetzliche Grundlage nur möglich, wenn sich
die Rückwirkung aus dem Gesetzesinhalt als klar gewollt ergibt und
wenn sie durch triftige Gründe veranlasst und zeitlich beschränkt
ist. Von dieser Rückwirkung im eigentlichen Sinne zu unterscheiden
ist die sogenannte unechte Rückwirkung. Hier findet das neue Recht -
gestützt auf Sachverhalte, die früher eingetreten sind und noch andauern
- lediglich für die Zeit seit Inkrafttreten (ex nunc et pro futuro)
Anwendung. Diese Rückwirkung ist grundsätzlich als zulässig zu erachten,
sofern ihr nicht wohlerworbene Rechte entgegenstehen (BGE 110 V 254 E. 3a
mit Hinweisen auf die Rechtsprechung und Lehre; vgl. auch BGE 114 V 151
E. 2a mit Hinweisen). Im einzelnen hat die Praxis z.B. im Steuerrecht
eine Rückwirkung nur angenommen, wenn die Rechtsfolge der Steuerpflicht
an Tatbestände anknüpft, die vor dem Inkrafttreten des Gesetzes liegen,
nicht aber auch dann, wenn lediglich der Umfang der Steuerpflicht nach
Tatsachen bestimmt wird, die vor dem Inkrafttreten des Gesetzes eingetreten
sind; keine echte Rückwirkung bedeutet es daher, wenn in der ersten
Veranlagungsperiode das Einkommen nach einem Zeitabschnitt bemessen wird,
unter dem das alte Gesetz galt (IMBODEN/RHINOW, Verwaltungsrechtsprechung,
5. Aufl., S. 106 f.).

    Geht man im vorliegenden Fall davon aus, die Krankheit habe sich
kontinuierlich entwickelt - was jedoch nicht aktenkundig ist -,
handelt es sich um einen Sachverhalt, der seinen Ursprung bereits
vor Inkrafttreten des neuen Rechts hatte und noch andauert. Eine
ausdrückliche gesetzliche Regelung, welche die Zeit der Berufsausübung vor
dem 1. Januar 1984 ausschliesst, fehlt. Wird somit bei der Beurteilung
des Kausalzusammenhanges die berufliche Tätigkeit vor diesem Zeitpunkt
mitberücksichtigt, so wird lediglich an Tatsachen angeknüpft, die schon
vor dem Inkrafttreten des UVG bestanden haben. Das bedeutet aber bloss eine
unechte Rückwirkung, wogegen rechtsprechungsgemäss nichts einzuwenden ist
(BGE 114 V 151 E. 2, 113 V 299, je mit Hinweisen).

    d) Ist nach dem Gesagten die vor dem 1. Januar 1984 verrichtete
berufliche Tätigkeit ebenfalls zu berücksichtigen, so kann entgegen der
Meinung der Vorinstanz eine Berufskrankheit nicht mit der Begründung
verneint werden, die vorwiegende berufliche Tätigkeit sei vor dem
Inkrafttreten des UVG ausgeübt worden.