Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 119 V 16



119 V 16

4. Urteil vom 15. März 1993 in Sachen M. gegen Schweizerische Grütli und
Versicherungsgericht des Kantons Zürich Regeste

    Art. 5, 6bis KUVG; Art. 166 Abs. 1 und 3 ZGB; Art. 1, 3 und 8 Abs. 1
SchlT ZGB: Haftung des einen Ehegatten für Beitragsschulden des andern
gegenüber dessen Krankenkasse.

    - Zufolge fehlender Regelung im Recht der sozialen Krankenversicherung
beurteilt sich diese Frage nach den im Privatrecht geltenden Grundsätzen,
soweit diese mit dem Sozialversicherungsrecht verträglich sind (E. 2c,
d; Bestätigung der Rechtsprechung).

    - Obwohl der Abschluss der Krankenversicherung im vorliegenden Fall
in die Zeit vor Inkrafttreten des geltenden Eherechts (1. Januar 1988)
fiel, beurteilt sich die Haftungsfrage insoweit nach dessen Bestimmungen,
als die Beitragsschulden nach dem betreffenden Zeitpunkt entstanden sind
(E. 3).

    - Die solidarische Haftung des belangten Ehegatten im Sinne von
Art. 166 Abs. 3 ZGB wird im vorliegenden Fall verneint, da die geltend
gemachten Prämienschulden zwar während des ehelichen Zusammenlebens
entstanden, indes in einer Krankenversicherung gründen, die vor der
Heirat, ohne jeden Bezug zur späteren Eheschliessung eingegangen wurde
(E. 4 bis 6).

Sachverhalt

    A.- Edith und Marco M. waren im Zeitpunkt ihrer Heirat am 3.  Juli 1987
bei verschiedenen Krankenkassen versichert. Hieran änderte sich auch in der
Folge nichts, bis die Mitgliedschaft des Ehemannes bei der Schweizerischen
Grütli (nachstehend: Kasse) Mitte 1989 endete. Zuvor hatten die Eheleute
M. - wegen finanzieller Schwierigkeiten des Mannes - mit Ehevertrag vom
2. Dezember 1988 die Gütertrennung vereinbart. Heute leben sie getrennt.

    Nachdem die Kasse Marco M. für ausstehende Prämien der Monate
April bis Juni 1988 und Oktober 1988 bis Juni 1989 erfolglos betrieben
hatte, eröffnete sie mit Zahlungsbefehl vom 17. Januar 1991 die
Betreibung gegen seine Ehefrau für Fr. 990.20 nebst Verzugszins und
Betreibungskosten. Edith M. erhob Rechtsvorschlag unter Berufung auf die
vereinbarte Gütertrennung. Die Kasse beseitigte diesen Rechtsvorschlag in
bezug auf die Prämienforderung und die angefallenen Kosten mit Verfügung
vom 8. April 1991.

    B.- Die hiegegen erhobene Beschwerde wies das Versicherungsgericht
des Kantons Zürich mit Entscheid vom 20. November 1991 ab.

    C.- Edith M. erhebt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag,
der kantonale Gerichtsentscheid sei aufzuheben und es sei in dem Sinne
zu entscheiden, dass sie für die Prämienschulden des Ehemannes nicht
einzustehen habe.

    Die Kasse schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde,
während das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) auf eine Vernehmlassung
verzichtet.

    D.- Das Eidg. Versicherungsgericht führte zu den eherechtlichen
Grundsatzfragen des vorliegenden Falles einen Meinungsaustausch mit der II.
Zivilabteilung des Bundesgerichts durch.

Auszug aus den Erwägungen:

      Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- (Kognition)

Erwägung 2

    2.- Im vorliegenden Fall ist die Rechtsfrage zu entscheiden, ob die
Beschwerdeführerin von der Krankenkasse für ausstehende Prämienschulden
ihres Ehegatten belangt werden kann, die zwar während des ehelichen
Zusammenlebens fällig wurden, jedoch in einer vor der Heirat
abgeschlossenen Krankenversicherung gründen.

    a) Das kantonale Gericht hat die Haftung der Beschwerdeführerin
mit der Begründung bejaht, es handle sich bei den Krankenkassenprämien
ihres Mannes um Ausgaben für die laufenden Bedürfnisse der Familie,
wofür nach Massgabe des revidierten Eherechts (Art. 166 Abs. 1 und 3
ZGB) jeder Ehegatte solidarisch belangbar sei. Dies gelte ebenso für
die während des Zusammenlebens fällig gewordenen Beiträge, die aus
einer vor der Heirat begründeten Kassenmitgliedschaft herrührten, liege
doch insofern ein Dauerschuldverhältnis mit laufend neu entstehenden
Zahlungsverpflichtungen vor. Dass eine Vertretung des Ehemannes in
Versicherungsangelegenheiten durch die Beschwerdeführerin nie stattgefunden
oder diese die Kassenmitgliedschaft ihres Gatten nie ausdrücklich gebilligt
habe, bleibe unerheblich. Vielmehr genüge es, dass der Ehemann durch
seine Kassenzugehörigkeit während des Zusammenlebens eine Verpflichtung
der ehelichen Gemeinschaft begründet habe.

    b) Der kantonale Gerichtsentscheid stützt sich unter anderem auch
auf die sich am alten Eherecht orientierende, in RSKV 1974 S. 104
f. veröffentlichte Verwaltungspraxis. Ausgehend von altArt. 163 ZGB,
wonach der Ehefrau im Rahmen ihrer Schlüsselgewalt ("in der Fürsorge für
die laufenden Bedürfnisse des Haushaltes") die Vertretung der Gemeinschaft
zukam (Abs. 1) und der Ehemann insoweit durch ihre Geschäfte verpflichtet
wurde, sofern diese nicht in einer für Dritte erkennbaren Weise über
diese Fürsorge hinausgingen (Abs. 2), hatte das BSV sinngemäss die
Auffassung vertreten, der Abschluss einer Krankenpflegeversicherung
- einschliesslich derjenigen für die minderjährigen Kinder - falle
noch unter die Vertretungsbefugnis der Ehefrau. Damit würden die
Beitragsverpflichtungen für eine Krankenpflegeversicherung zu Schulden
des gemeinsamen Haushaltes. Gleiches gelte - so das BSV - auch für
die von der Ehefrau abgeschlossenen Zusatzversicherungen, soweit sie
damit ihre Schlüsselgewalt nicht in einer für Dritte erkennbaren Weise
überschritten habe.

    c) Das Eidg. Versicherungsgericht seinerseits hatte sich aus der
Sicht des Eherechts von 1907 aus unterschiedlichem Anlass mehrfach mit der
Frage der Haftung für Krankenkassenbeiträge zu befassen. Im Falle einer
Ehefrau, die für Prämien aus einer Krankenversicherung belangt wurde,
die ihr verstorbener Ehemann für sie abgeschlossen hatte, äusserte es
sich dahin, eine Krankenpflegeversicherung beschlage ebenso die Belange
der ehelichen Gemeinschaft wie eine angemessene Krankengeldversicherung
zugunsten der Ehegatten (BGE 101 V 234 oben). In einem weiteren Urteil
bejahte das Gericht gestützt auf BGE 101 V 234, in Übereinstimmung mit der
hievor dargelegten Verwaltungspraxis, die Haftbarkeit des Ehemannes für die
aus der Beitrittserklärung seiner Frau der Kasse gegenüber geschuldeten
Beiträge (RSKV 1977 Nr. 290 S. 120 E. 3, vgl. ferner RSKV 1978 Nr. 328
S. 142). Zugleich wurde klargestellt, dass es sich angesichts der fehlenden
Regelung im Recht der sozialen Krankenversicherung in diesem Zusammenhang
aufdränge, die im Privatrecht geltenden Grundsätze anzuwenden, da diese
mit dem Sozialversicherungsrecht durchaus verträglich seien (RSKV 1977
Nr. 290 S. 120 E. 3 unten).

    d) An dieser Möglichkeit, bei fehlender Regelung durch das
Sozialversicherungsrecht auf damit zu vereinbarende zivilrechtliche
Bestimmungen zurückzugreifen, hat sich in der Zwischenzeit nichts geändert
(BGE 118 V 264, 117 V 58 E. 3a, 105 V 88 E. 2; RKUV 1991 Nr. K 873
S. 190 E. 3b). Nachdem aber mit der ZGB-Revision vom 5. Oktober 1984 am
1. Januar 1988 (AS 1986 122 ff., 153) eine neue eherechtliche Ordnung in
Kraft getreten ist, bleibt im folgenden zu prüfen, ob und inwieweit unter
diesen Umständen auf die erwähnte Rechtsprechung auch im vorliegenden Fall
noch abgestellt werden kann. Wird dabei in Betracht gezogen, dass die den
Beitragsforderungen zugrundeliegende Kassenmitgliedschaft des Ehemannes der
Beschwerdeführerin vor Inkrafttreten des revidierten Eherechts begründet
worden war, stellt sich zunächst die von der Vorinstanz stillschweigend
bejahte Frage, ob der vorliegende Rechtsstreit unter die zeitliche Geltung
dieses Rechts fällt.

Erwägung 3

    3.- Was die hier von der Beschwerdegegnerin angerufene Haftung aus
Vertretung der ehelichen Gemeinschaft anbelangt, gilt der vom kantonalen
Gericht angewandte Art. 166 ZGB gemäss Art. 3 und 8 Abs. 1 SchlT ZGB
für sämtliche Rechtsgeschäfte, die nach Inkrafttreten des revidierten
Eherechts abgeschlossen worden sind (BGE 114 II 14 E. 2). Fällt indes
der Abschluss auf die Zeit vor dem 1. Januar 1988, unterstehen die
eherechtlichen Wirkungen des betreffenden Rechtsgeschäftes gemäss Art. 1
SchlT ZGB weiterhin dem alten Recht (Botschaft über die Änderung des
Schweizerischen Zivilgesetzbuches (Wirkungen der Ehe im allgemeinen,
Ehegüterrecht und Erbrecht) vom 11. Juli 1979, BBl 1979 II 1357,
Ziff. 241.225 (Separatdruck S. 167); statt vieler: Ruth REUSSER,
Das Übergangsrecht zu den vermögensrechtlichen Bestimmungen des neuen
Eherechts, in: HAUSHEER (Hrsg.), Vom alten zum neuen Eherecht, Bern 1986,
S. 139, 145). Diesbezüglich richtet sich die Haftung nach altArt. 162 ff.

    ZGB mit der Folge, dass die Ehefrau hinsichtlich der vom Ehemann
für den gemeinsamen Haushalt begründeten Schulden nicht solidarisch
nach Massgabe der konkreten Vertretungsmacht, sondern erst subsidiär
(altArt. 207 Abs. 2, 220 Abs. 2, 243 Abs. 3 ZGB; vgl. E. 4 hernach)
belangt werden kann (HAUSHEER/REUSSER/GEISER, Kommentar zum Eherecht,
N. 109 zu Art. 166 ZGB; TUOR/SCHNYDER, Das Schweizerische Zivilgesetzbuch,
10. Aufl., S. 189, 241, 250; Christoph LEUENBERGER, Das Übergangsrecht
im Ehegüterrecht, in: Das neue Eherecht, Veröffentlichungen des
Schweizerischen Instituts für Verwaltungskurse an der HSG, St. Gallen 1987,
S. 265).

    In Anbetracht dieser übergangsrechtlichen Ordnung liesse sich erwägen,
es sei die hier in Frage stehende, vor dem 1. Januar 1988 begründete,
Kassenmitgliedschaft mit den daraus fliessenden Verpflichtungen in bezug
auf die Haftbarkeit der Beschwerdeführerin insgesamt nach den Bestimmungen
des alten Eherechts zu beurteilen. Als naheliegender und sachgerechter
erweist sich indes die in diesem Zusammenhang im massgeblichen Schrifttum
vertretene Auffassung, bei den vor dem 1. Januar 1988 abgeschlossenen
Dauerverhältnissen insoweit neues Recht anzuwenden, als die darin
gründenden Schulden nach diesem Datum entstehen (HAUSHEER/REUSSER/GEISER,
aaO, N. 109 zu Art. 166 ZGB; GUINAND/HAUSHEER/PETITPIERRE, Wirkungen der
Ehe im allgemeinen, Ehegüterrecht, Erbrecht, SJK Nr. 101, S. 8 mit nicht
weiter spezifiziertem Hinweis auf eine abweichende Meinung). - Insofern
ist der Vorinstanz im Ergebnis beizupflichten, wenn sie die Haftung der
Beschwerdeführerin für die im Verlaufe der Jahre 1988 und 1989 verfallenen
Krankenkassenprämien nach Massgabe des revidierten Eherechts beurteilt
hat. Zu prüfen bleibt jedoch, ob nebst den zeitlichen auch die sachlichen
Voraussetzungen für die Anwendung von Art. 166 ZGB gegeben sind.

Erwägung 4

    4.- Gemäss Art. 166 Abs. 1 ZGB in der seit dem 1. Januar 1988 geltenden
Fassung vertritt jeder Ehegatte während des Zusammenlebens die eheliche
Gemeinschaft für die laufenden Bedürfnisse der Familie. Für die übrigen
Bedürfnisse der Familie kann ein Ehegatte die eheliche Gemeinschaft nach
Art. 166 Abs. 2 ZGB nur vertreten, wenn er vom andern oder vom Richter
dazu ermächtigt worden ist (Ziff. 1), oder wenn das Interesse der ehelichen
Gemeinschaft keinen Aufschub des Geschäfts duldet und der andere Ehegatte
wegen Krankheit, Abwesenheit oder ähnlichen Gründen nicht zustimmen kann
(Ziff. 2). Gemäss Art. 166 Abs. 3 ZGB verpflichtet sich jeder Ehegatte
durch seine Handlungen persönlich und, soweit diese nicht für Dritte
erkennbar über die Vertretungsbefugnis hinausgehen, solidarisch auch den
andern Ehegatten.

    a) Mit Art. 166 ZGB ist die geschlechtsspezifische ungleiche Regelung
von Vertretungsbefugnis und Haftung für Schulden aus der Vertretung der
ehelichen Gemeinschaft beseitigt worden. Denn nach altem Recht haftete der
Ehemann, entsprechend seiner auf alle Belange der ehelichen Gemeinschaft
bezogenen Vertretungsbefugnis (altArt. 162 ZGB), für sämtliche Schulden
aus dieser Vertretung, und zwar unabhängig davon, ob sie von ihm selbst
oder durch seine Ehefrau im engeren Rahmen ihrer Schlüsselgewalt begründet
worden waren; die Ehefrau ihrerseits war unter jedem Güterstand (altArt.

    207 Abs. 2, 220 Abs. 2, 243 Abs. 3 ZGB) erst subsidiär belangbar
für Schulden aus dem gemeinsamen Haushalt, worunter freilich auch solche
Verbindlichkeiten fallen konnten, die nicht für die laufenden Bedürfnisse
eingegangen worden waren (BGE 112 II 402 E. 4; vgl. ferner BGE 75 I 3
f. und 49 II 450 ff.).

    Bei der Festlegung des Umfangs der ordentlichen Vertretungsbefugnis
eines jeden Ehegatten gemäss dem nunmehr geltenden Art. 166 ZGB
hat sich der Reformgesetzgeber im Hinblick auf die neu eingeführte
güterstandsunabhängige Solidarhaftung nicht an die frühere Regelung für den
Ehemann, sondern an diejenige für die Ehefrau gehalten. In dieser Hinsicht
stimmt der unter dem fünften Titel ("Die Wirkungen der Ehe im allgemeinen")
in Art. 166 ZGB enthaltene Begriff der "laufenden Bedürfnisse der Familie"
mit dem in altArt. 163 ZGB verwendeten Begriff der "laufenden Bedürfnisse
des Haushaltes" grundsätzlich überein, und es kann auf die zum alten
Recht ergangene Rechtsprechung und Lehre (vgl. LEMP, Berner Kommentar,
N. 6 ff. zu altArt. 163 ZGB) ohne weiteres zurückgegriffen werden (vgl. zum
Ganzen HAUSHEER/REUSSER/GEISER, aaO, N. 4, 5, 36, 46 zu Art. 166 ZGB mit
Hinweisen; dieselben Autoren nunmehr im Berner Kommentar, N. 3 zu Art. 209
ZGB; DESCHENAUX/STEINAUER, Le nouveau droit matrimonial, § 7 S. 72 ff.;
GROSSEN, Le statut patrimonial de base - Les effets généraux du mariage,
S. 16 f., in: Le nouveau droit du mariage, CEDIDAC Bd. 5, Lausanne 1986;
vgl. bereits die Botschaft, aaO, 1257 f., Ziff. 215.21 (Separatdruck
S. 67 f.)).

    b) Die Regelung der Vertretungsbefugnis soll den Interessen der
ehelichen Gemeinschaft dienen. Sie will namentlich dem nicht über die
erforderlichen Mittel verfügenden haushaltführenden Ehegatten ermöglichen,
seiner Aufgabe ohne Rücksicht auf die Mitwirkung oder Vollmachterteilung
seitens des Partners eigenständig nachzukommen. Zu diesem Zweck räumt
Art. 166 ZGB beiden Ehegatten die Befugnis ein, während des Zusammenlebens
für die familiären Bedürfnisse neben sich selbst den Partner (solidarisch)
mitzuverpflichten (ZAK 1989 S. 398 oben), wodurch einerseits der Kredit
der Ehegatten bei Dritten erhöht wird, anderseits die Gläubigerinteressen
privilegiert werden (SJZ 88/1992 S. 169). Soweit es dabei um die laufenden
Bedürfnisse der Familie geht, besteht die betreffende Ermächtigung
unmittelbar kraft zwingenden Gesetzesrechts; wo hingegen ein mehreres
in Frage steht, bedarf es hiezu der gewillkürten oder der richterlichen
Ermächtigung (Art. 166 Abs. 2 Ziff. 1 ZGB) oder aber - im Sinne einer
Notbefugnis (Art. 166 Abs. 2 Ziff. 2 ZGB) - bestimmter äusserer Umstände
(HAUSHEER/REUSSER/GEISER, Kommentar zum Eherecht, N. 8, 11, 13 f., 66
ff. zu Art. 166 ZGB). So oder so setzt demnach das auf das Interesse
der ehelichen Gemeinschaft bezogene, den Ehepartner mitverpflichtende
rechtsgeschäftliche Handeln - vorbehältlich des Schutzes gutgläubiger
Dritter - stets die Befugnis zur Vertretung voraus, allerdings mit der
Besonderheit, dass sich diese Ermächtigung für die laufenden familiären
Bedürfnisse einerseits und die besonderen Umstände anderseits direkt aus
dem Gesetz ergibt.

Erwägung 5

    5.- Im vorliegenden Fall steht unbestritten fest, dass die geltend
gemachten Prämienforderungen auf eine Kassenmitgliedschaft zurückgehen,
die der Ehemann der Beschwerdeführerin vor der Heirat erlangt hatte. Mit
anderen Worten war die der Forderung zugrundeliegende Kassenmitgliedschaft
in jenem Zeitpunkt weder von einem Ehegatten im Sinne des Gesetzes noch
während des (ehelichen) Zusammenlebens, noch im Hinblick auf familiäre
Bedürfnisse begründet worden. Gebricht es mithin an sämtlichen wesentlichen
Voraussetzungen einer gesetzlichen oder gewillkürten Ermächtigung im
Sinne des Art. 166 ZGB - zumal da nichts ersichtlich ist, was auf eine
Neuordnung der Rechtsbeziehungen zwischen der Kasse und den Eheleuten nach
der Heirat schliessen liesse -, kann diese Sachlage für die Anwendung von
Art. 166 ZGB keineswegs unerheblich bleiben. Vielmehr ist unter diesen
Umständen einer solidarischen Haftung der Beschwerdeführerin, entgegen
der vorinstanzlichen Annahme, jede Grundlage entzogen.

    Hieran vermag nicht nur der in Art. 166 Abs. 3 ZGB verankerte
Gutglaubensschutz nichts zu ändern, müsste doch die Anwendung von
Art. 166 ZGB selbst dann ausser Betracht fallen, wenn sich der damals
noch ledige nachmalige Ehemann der Beschwerdeführerin als verheiratet
ausgegeben hätte, sondern es bleibt auch der Umstand ohne Belang, dass es
in der Folge zur Heirat kam und die hier streitigen Prämien während des
(ehelichen) Zusammenlebens fällig wurden (REUSSER, Wirkungen der Ehe (Teil
II): Vertretung, eheliche Wohnung, Auskunftspflicht, S. 38, in: Das neue
Eherecht, Luzerner Rechtsseminar 1987; HAUSHEER/REUSSER/GEISER, Kommentar
zum Eherecht, N. 18 zu Art. 166 ZGB; vgl. ferner LEMP, aaO, eingangs
N. 4 zu altArt. 163 ZGB). Fehl geht in diesem Zusammenhang insbesondere
auch die vorinstanzliche Annahme, mit der nachträglichen Heirat seien
bezüglich der während des Zusammenlebens verfallenen Beitragsforderungen
Verpflichtungen der ehelichen Gemeinschaft begründet worden. Selbst wenn
der Anspruch der Beschwerdegegnerin auf die Prämienzahlungen fortwährend
neu entstanden wäre, sich der Zeitablauf mithin nicht bloss im Bewirken
der Fälligkeit der einzelnen Prämien erschöpft hätte (vgl. für das
Mietverhältnis: BGE 115 III 67 E. 3b, 41 III 230 E. 2), liesse sich
eine solche ausdehnende Sichtweise mit Wortlaut, Sinn und Zweck von Art.
166 ZGB nicht in Einklang bringen; dies um so weniger, als nicht einzusehen
ist, weshalb die Kasse gleichsam im Sinne einer unechten Rückwirkung von
einer - dank der zufälligen Heirat - nachträglich entstandenen gesetzlichen
Haftungsordnung profitieren sollte, die im Zeitpunkt des Kasseneintritts
nicht absehbar war, somit für die Gestaltung der Rechtsbeziehungen zum
damals noch ledigen Ehegatten der Beschwerdeführerin keinerlei Bedeutung
hatte und insofern auch keine entsprechenden Erwartungen begründen konnte.

    Nach dem Gesagten kann Art. 166 ZGB nicht dahin ausgelegt werden, dass
mit der Heirat ein Ehegatte sämtlichen Dauerschuldverhältnissen beitritt,
die sein Ehepartner - bezogen auf laufende Bedürfnisse - vor Abschluss
der Ehe eingegangen war. Soweit schliesslich die Kommentatoren in diesem
Zusammenhang für die von Verlobten oder Konkubinatspartnern vor der Ehe
abgeschlossenen Dauerschuldverhältnisse einen Vorbehalt anzubringen
scheinen (HAUSHEER/REUSSER/GEISER, Kommentar zum Eherecht, N. 18 zu
Art. 166 ZGB), sind dessen Voraussetzungen im hier zu beurteilenden Fall
nicht erfüllt. Denn abgesehen davon, dass dieselben Autoren in bezug auf
die Tragweite der gesetzlichen Vertretungsbefugnis ganz allgemein einer
restriktiven Auslegung von Art. 166 ZGB das Wort reden (aaO, N. 9, 36,
46 zu Art. 166 ZGB) und die unmittelbar von Gesetzes wegen bestehende
Solidarhaftung nur in engen Grenzen zulassen wollen (aaO, N. 98 zu
Art. 166 ZGB: kein Weiterbestand der gesetzlichen Solidarhaftung bei
Dauerschuldverhältnissen nach Auflösung der Ehe; vgl. ferner SJZ 88/1992
S. 169), wäre ein derartiger Vorbehalt in Anbetracht von Sinn und Zweck
dieser Bestimmung nur dort gerechtfertigt, wo das rechtsgeschäftliche
Handeln im Hinblick auf die gemeinsame eheliche Zukunft, zur Befriedigung
der dabei anfallenden familiären Bedürfnisse abgeschlossen wird. Dass
derlei im vorliegenden Fall zuträfe, ist weder dargetan noch ersichtlich.

Erwägung 6

    6.- a) Zusammenfassend kann demnach festgehalten werden, dass Art. 166
ZGB im vorliegenden Fall aus übergangsrechtlicher Sicht zwar grundsätzlich
anwendbar wäre (E. 3), aus materiellen Gründen indes nicht zum Tragen
gelangen kann (E. 5). Dieser Auffassung hat sich die II. Zivilabteilung
des Bundesgerichts im Meinungsaustausch angeschlossen.

    Daraus ergibt sich, dass das kantonale Gericht die Haftung der
Beschwerdeführerin für die Prämienschulden ihres Ehemannes zu Unrecht
bejaht hat. Aufgrund dieses nicht nur zivilrechtlich gebotenen,
sondern auch aus der Sicht des Sozialversicherungsrechts vertretbaren
Ergebnisses bleibt es für die Beschwerdegegnerin dabei, dass sie sich für
ihre Beitragsforderungen - wie zu Beginn der Kassenmitgliedschaft und der
gesamten Zeit vor der Heirat - allein an den Ehemann der Beschwerdeführerin
zu halten hat. Immerhin besteht ein Unterschied zur Situation vor der
Heirat insofern, als die Beiträge an die Krankenkasse - ebenso wie
die medizinische Versorgung der Ehegatten - zum ehelichen Unterhalt im
Sinne von Art. 163 ZGB gehören (BGE 112 II 404 E. 6); je nach der von
den Eheleuten vereinbarten und gelebten Aufgabenteilung (BGE 117 V 196
f. E. 4b, 290 E. 3a, je mit Hinweisen) kann somit ein Ehegatte vom andern
verlangen, dass ihm dieser einen seinen Kräften entsprechenden Beitrag an
die Finanzierung der Krankenkasse leistet, und es könnte dieser Anspruch
in der gegen den unterhaltsberechtigten Ehegatten gerichteten Betreibung
im Rahmen von Art. 93 SchKG gepfändet werden (HAUSHEER/REUSSER/GEISER,
Kommentar zum Eherecht, N. 66 zu Art. 163 ZGB). Wie es sich im einzelnen
damit verhält, muss hier offenbleiben. Denn Gegenstand des vorliegenden
Verfahrens bildete nicht die eheintern wirksame Unterhaltspflicht mit
den daraus fliessenden gegenseitigen, allenfalls pfändbaren Ansprüchen
der Ehegatten, sondern allein die davon strikte zu trennende Frage der
(unmittelbaren) Haftung eines Ehegatten gegenüber Dritten (BGE 112 II
401 E. 3).

    b) Bei dieser Sachlage kann dahingestellt bleiben, ob an der von der
Vorinstanz und in RSKV 1977 Nr. 290 S. 120 E. 3 vertretenen Auffassung
festzuhalten ist, wonach der Abschluss einer Krankenversicherung den
laufenden Bedürfnissen der Familie im Sinne von Art. 166 ZGB zuzuordnen
ist.

Erwägung 7

    7.- (Kostenpunkt)

Entscheid:

        Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

    In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde werden der Entscheid
des Versicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 20. November 1991 und
die Verfügung der Schweizerischen Grütli vom 8. April 1991 aufgehoben,
und es wird festgestellt, dass die Beschwerdeführerin keine Haftung für
die Krankenkassenprämienausstände ihres Ehemannes trifft.