Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 119 V 156



119 V 156

22. Urteil vom 19. Januar 1993 i.S. O gegen Arbeitslosenkasse der
Gewerkschaft Bau und Holz, Zürich und Rekurskommission für die
Arbeitslosenversicherung des Kantons Zürich Regeste

    Art. 8 Abs. 1 lit. a und Art. 10 AVIG. Bestätigung der Rechtsprechung
zum Begriff der Arbeitslosigkeit, auch unter der Herrschaft von Art. 10
Abs. 2bis AVIG (in Kraft seit 1. Januar 1992) (E. 2a).

    Art. 2 Abs. 1 lit. a AVIG, Art. 8 Abs. 1 lit. e und Art. 9 Abs. 3
sowie Art. 13 AVIG. Bestätigung der Rechtsprechung zur Bedeutung des
AHV-Beitragsstatuts für die Beitragspflicht (Versicherteneigenschaft)
und die Anspruchsberechtigung in der Arbeitslosenversicherung (E. 3a).

Sachverhalt

    A.- Der 1930 geborene Marco O. war gemäss Vertrag vom 7.  Januar 1988
für die T. AG als Werbefachmann im Bereich Kommunikation, speziell
Finanzinformation, tätig. Im Rahmen einer Reorganisation kündigte die
T. AG am 3. Juli 1992 das Zusammenarbeitsverhältnis mit Wirkung auf Ende
Januar 1992.

    Im November 1991 meldete sich Marco O. bei der Arbeitslosenversicherung
zum Leistungsbezug ab 29. Oktober 1991 (Beginn der Stempelkontrolle)
an, nachdem er seit Juni/Juli 1991 keine Aufträge und Zahlungen mehr
von der T. AG erhalten hatte und zahlreiche Arbeitsbemühungen erfolglos
geblieben waren. Die Arbeitslosenkasse der Gewerkschaft Bau und Holz
(GBH) verneinte den Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung, da er noch
in einem Arbeitsverhältnis stehe und daher die Anspruchsvoraussetzung
der Arbeitslosigkeit nicht erfülle (Verfügung vom 8. Januar 1992).

    B.- Die dagegen erhobene Beschwerde wies die Rekurskommission für
die Arbeitslosenversicherung des Kantons Zürich durch Entscheid vom
7. Juli 1992 ab mit der Begründung, die Zusammenarbeit zwischen Marco
O. und der T. AG sei beitragsrechtlich als selbständige Erwerbstätigkeit
zu qualifizieren; daran ändere auch die Abrechnung von paritätischen
Sozialversicherungsbeiträgen durch die T. AG im Jahre 1991 nichts; die
von der Arbeitslosenkasse verneinte Frage der Arbeitslosigkeit stelle sich
somit nicht, da Marco O. keine AlV-versicherungs- und beitragspflichtige
Arbeitnehmertätigkeit ausgeübt habe.

    C.- Marco O. führt gegen diesen Entscheid
Verwaltungsgerichtsbeschwerde, wobei er sinngemäss geltend macht, für die
T. AG, welche die paritätischen AHV-, IV- und AlV-Beiträge bezahlt habe,
in unselbständiger Stellung tätig gewesen zu sein.

    Während die Arbeitslosenkasse GBH auf eine Vernehmlassung verzichtet,
schliesst das Bundesamt für Industrie, Gewerbe und Arbeit auf Abweisung
der Verwaltungsgerichtsbeschwerde.

Auszug aus den Erwägungen:

       Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- (Kognition)

Erwägung 2

    2.- Der Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung setzt nach Art. 8
Abs. 1 lit. a AVIG Arbeitslosigkeit voraus.

    a) Im Rahmen der Prüfung der Anspruchsvoraussetzung der
Arbeitslosigkeit gemäss Art. 8 Abs. 1 lit. a und Art. 10 AVIG hat
eine faktische Betrachtungsweise Platz zu greifen. Für den Eintritt
der Arbeitslosigkeit ist die tatsächliche definitive Arbeitsbeendigung
massgebend, und nicht die rechtliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses
(ARV 1989 Nr. 5 S. 82 f. E. 4 mit Hinweis; nicht veröffentlichtes Urteil
N. vom 21. September 1992). Daran ist auch unter der Herrschaft von
Art. 10 Abs. 2bis AVIG (in Kraft seit 1. Januar 1992) festzuhalten,
wonach nicht als (teilweise) arbeitslos gilt ein Arbeitnehmer, dessen
normale Arbeitszeit vorübergehend verkürzt wurde (Kurzarbeit).

    b) Der Beschwerdeführer war seit Juli 1991, obwohl noch in einem
Vertragsverhältnis stehend, zufolge andauernden Arbeitsmangels effektiv
ohne Beschäftigung. Damit einher ging ein entsprechender Arbeits- und
Verdienstausfall, wie sich aus den Akten ergibt und im übrigen auch
nicht bestritten wird. Die Anspruchsvoraussetzung der Arbeitslosigkeit
ist daher, im Grundsatz, entgegen der Auffassung der Arbeitslosenkasse,
ebenso zu bejahen wie jene des anrechenbaren Arbeitsausfalles nach Art. 8
Abs. 1 lit. b in Verbindung mit Art. 11 AVIG.

Erwägung 3

    3.- Gemäss Art. 2 Abs. 1 lit. a AVIG ist der AlV-Beitragspflicht
unterstellt (versichert), wer nach dem Bundesgesetz über die Alters-
und Hinterlassenenversicherung (AHVG) obligatorisch versichert und
für Einkommen aus unselbständiger Tätigkeit beitragspflichtig ist. Die
Ausübung einer solchen beitragspflichtigen Beschäftigung im massgeblichen
Zeitraum ist gleichzeitig weiteres Anspruchsrequisit (Art. 8 Abs. 1 lit. e
in Verbindung mit Art. 13 und Art. 9 AVIG).

    a) Nach ständiger Rechtsprechung ist für die Frage der
Arbeitnehmereigenschaft in der Arbeitslosenversicherung (Art. 2 Abs. 1
lit. a AVIG) das formell rechtskräftig geregelte AHV-Beitragsstatut
massgebend, sofern sich dieses nicht als offensichtlich unrichtig erweist
(BGE 115 Ib 42 E. 4b mit zahlreichen Hinweisen; vgl. auch BGE 117 V 4
E. 4b).

    b) Wie die Akten belegen, hat die T. AG von 1988 bis 1991 (mit
einem Unterbruch 1989) als Arbeitgeberin im AHV-rechtlichen Sinne über
die an den Beschwerdeführer ausgerichteten Entgelte als massgeblichen
Lohn (Art. 5 Abs. 2 AHVG) mit der Ausgleichskasse abgerechnet. Die
Würdigung der für das Beitragsstatut wesentlichen Gegebenheiten
(BGE 115 V 1 f. E. 3a) durch die kantonale Rekurskommission lässt
die erfolgte AHV-rechtliche Qualifizierung nicht als offensichtlich
unrichtig erscheinen. Der Beschwerdeführer gilt somit im massgeblichen
Zeitraum AlV-rechtlich ebenfalls als Unselbständigerwerbender, weshalb
auch nicht gesagt werden kann, er sei von vornherein ausserstande, eine
beitragspflichtige Beschäftigung nachzuweisen. Die Akten sind daher an die
Arbeitslosenkasse zurückzuweisen, damit sie über das Taggeldgesuch, bei
grundsätzlich gegebener Arbeitslosigkeit und anrechenbarem Arbeitsausfall,
unter dem Blickwinkel der, soweit nötig, näher abzuklärenden weiteren
Anspruchsvoraussetzungen neu befinde.