Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 119 V 146



119 V 146

21. Urteil vom 8. Januar 1993 i.S. B. gegen Schweizerische Grütli und
Versicherungsgericht des Kantons Basel-Stadt Regeste

    Art. 3 Abs. 5, 12 ff. und 27 KUVG: Lähmungsversicherung.
Frage offengelassen, ob ein direktes Forderungsrecht gegen den als
Rückversicherer auftretenden Schweizerischen Verband für die erweiterte
Krankenversicherung (SVK) besteht. Denn nachdem der Vertrag zwischen
der Kasse und dem SVK per 31. Dezember 1989 aufgelöst worden war
und der Anspruch aus der Lähmungsinvaliditätsversicherung erst nach
diesem Zeitpunkt - gemäss SVK-Reglement nach Ablauf eines Jahres seit
Eintritt der Lähmung - entstanden wäre, könnten gegenüber dem SVK
ohnehin keine Leistungen mehr beansprucht werden (RKUV 1988 Nr. K 780
S. 335). Hingegen wird die Leistungspflicht der Kasse in Auslegung ihrer
eigenen reglementarischen Übergangsordnung bejaht; Tragweite des in diesem
Reglement verwendeten Begriffs der Leistungsvermittlung.

Sachverhalt

    A.- Die 1951 geborene, durch ihren Ehemann bei der Krankenkasse
Schweizerische Grütli (nachfolgend: Grütli oder Kasse) kollektivversicherte
Henriette B. ist infolge eines am 2. März 1989 erlittenen Hirnstamminsultes
vollständig gelähmt und auf Spitalpflege angewiesen.

    Im Dezember 1989 teilte die Grütli den bei ihr versicherten
Lähmungspatienten mittels Zirkularschreiben mit, dass sie nicht nur die im
Zusammenhang mit organisch bedingten, motorischen Lähmungserkrankungen
des Zentralnervensystems seit Jahren erbrachten zusätzlichen
Krankenpflegeleistungen, sondern auch die Lähmungsinvaliditätsversicherung,
die beim Schweizerischen Verband für die erweiterte Krankenversicherung
(nachfolgend: SVK oder Verband) rückversichert sei, auf den 1. Januar
1990 aufheben werde. Jenen Versicherten hingegen, bei denen die
Lähmungserkrankung am 1. Januar 1990 seit über einem Jahr bestehe, würden
die Invaliditätsleistungen durch den SVK weiterhin gemäss den bisherigen
Bestimmungen im versicherten Umfang ausgerichtet.

    Nachdem sich die Eheleute B. einer Schmälerung der
Versicherungsansprüche widersetzt, indes seitens der Grütli in bezug auf
die Invaliditätsleistungen eine abschlägige Antwort erhalten hatten,
beharrten sie mit Schreiben ihres Anwalts vom 3. Juli 1990 auf der
Erbringung der Leistungen gemäss den bisherigen Bestimmungen. Hierauf
eröffnete ihnen die Grütli mit Verfügung vom 18. September 1990, dass
sie zwar die Krankenpflegeleistungen, insbesondere für den Aufenthalt im
Kantonsspital B., weiterhin erbringen werde, aber für die beanspruchten
Lähmungsinvaliditätsleistungen nicht zuständig sei; diese müssten vielmehr
beim SVK geltend gemacht werden, dem trotz der verwendeten Benennung als
Rückversicherer die Stellung eines Direktversicherers zukomme und die
Klärung der Anspruchsvoraussetzungen obliege.

    B.- Die Eheleute B. beantragten beschwerdeweise die Aufhebung dieser
Verfügung und die Verurteilung der Grütli zur Bezahlung von Fr. 40'000.--.

    Mit Entscheid vom 15. August 1991 wies das Versicherungsgericht des
Kantons Basel-Stadt die Beschwerde ab, nachdem es auch dem SVK Gelegenheit
zur Stellungnahme eingeräumt hatte. In seiner Begründung hielt das Gericht
fest, die Grütli sei - entgegen ihrer Darstellung - in bezug auf die
eingeklagten Lähmungsinvaliditätsleistungen sehr wohl passivlegitimiert,
weshalb sich die angefochtene Verfügung nicht halten lasse. Hingegen folgte
das Gericht der hilfsweise vertretenen Auffassung der Kasse, indem es deren
Leistungspflicht verwarf, weil der Anspruch der Versicherten erst im März
1990, nämlich nach Ablauf eines Wartejahres, entstanden sei, zu welchem
Zeitpunkt das Versicherungsverhältnis keinen Bestand mehr hatte. Selbst
wenn der Versicherungsanspruch bereits mit Eintritt der Lähmung im März
1989 entstanden wäre, fiele eine Leistungspflicht der Kasse aufgrund
des Wartejahres ausser Betracht, da mit der Reglementsänderung - so das
kantonale Versicherungsgericht - weder laufende Versicherungsleistungen
noch wohlerworbene Rechte beschlagen worden seien.

    C.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lassen die Eheleute B. die im
kantonalen Verfahren gestellten Rechtsbegehren erneuern.

    Die Grütli und der als Mitinteressierter einbezogene SVK schliessen
je auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, während das Bundesamt
für Sozialversicherung auf eine Stellungnahme verzichtet.

    Auf die Begründung der Anträge wird, soweit erforderlich, in den
Erwägungen eingegangen.

Auszug aus den Erwägungen:

       Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- a) Im vorliegenden Verfahren ist darüber zu befinden, ob
die Beschwerdeführerin aufgrund ihres am 2. März 1989 erlittenen
Schlaganfalles gegenüber der Grütli einen Anspruch auf Leistungen aus
der Lähmungsinvaliditätsversicherung erlangt hat, nachdem der diese
Versicherung beschlagende Vertrag zwischen der Kasse und dem die Leistungen
ausrichtenden SVK auf den 31. Dezember 1989 aufgelöst und im Hinblick
darauf das kasseneigene Reglement angepasst wurde.

    Dass die Erkrankung der Beschwerdeführerin in grundsätzlicher Hinsicht
anspruchsbegründend war, steht angesichts der durch die betreffende
Versicherung erfassten Krankheitsfälle ausser Frage (Art. 3 des vom SVK
am 21. November 1986 erlassenen Reglements über die Durchführung der
Lähmungsinvaliditätsversicherung (LIV)). Die Kasse hat diesbezüglich
im vorinstanzlichen Verfahren ausdrücklich eingeräumt, dass die
Beschwerdeführerin vollständig invalid sei und folglich die maximale
Versicherungssumme von Fr. 40'000.-- beanspruchen könnte, sofern die
Lähmungsinvaliditätsversicherung nicht auf Ende 1989 aufgelöst worden wäre.

    b) Nachdem die Kasse vor dem kantonalen Gericht noch einwendete,
hinsichtlich der angesprochenen Leistungen nicht passivlegitimiert zu sein,
erschöpfen sich ihre diesbezüglichen Ausführungen im vorliegenden Verfahren
- trotz gegenteiliger Beurteilung durch die Vorinstanz - im wesentlichen
darin, das Eidg. Versicherungsgericht habe sich dieser Frage von Amtes
wegen anzunehmen. - Tatsächlich bezieht sich die Offizialtätigkeit des
Eidg. Versicherungsgerichts nach gefestigter Rechtsprechung nicht nur
auf die formellen Gültigkeitserfordernisse des Verfahrens (BGE 116 V
202 E. 1a, 115 V 130 E. 1; RKUV 1991 Nr. U 124 S. 157 E. 1, Nr. K 874
S. 236 E. 1), sondern gleichermassen auf die nach dem materiellen Recht
zu beurteilende Sachlegitimation der beteiligten Parteien (111 V 346
E. 1a am Ende, 110 V 348 E. 1; vgl. ferner BGE 108 II 217 E. 1; GYGI,
Bundesverwaltungsrechtspflege, 2. Aufl., S. 176, 202 f., 211 ff. sowie
POUDRET, Commentaire de la loi fédérale d'organisation judiciaire, Bd. II,
S. 525).

    Im folgenden ist somit zunächst die in ähnlich gelagerten Fällen
letztinstanzlich offengelassene Frage zu prüfen, ob der streitige
Anspruch zu Recht gegenüber der Grütli erhoben wurde (unveröffentlichtes
Urteil E. vom 17. Februar 1989, E. 1). Entgegen den Vorbringen des
mitinteressierten SVK kann dabei keine Rede davon sein, dass dieser
Punkt bereits rechtskräftig entschieden sei. Denn abgesehen davon,
dass die Sachlegitimation vom gegebenen Streitgegenstand ohne weiteres
miterfasst wird, sah sich die Kasse mangels Beschwer und ohne Möglichkeit
zur Anschlussbeschwerde von vornherein ausserstande, den für sie im
Ergebnis günstig ausgefallenen kantonalen Gerichtsentscheid anzufechten.

Erwägung 2

    2.- a) Gemäss Art. 3 Abs. 5 KUVG steht es den anerkannten Krankenkassen
frei, neben der Kranken- und Mutterschaftsversicherung im Rahmen der
vom Bundesrat festgelegten Bedingungen und Höchstgrenzen noch andere
Versicherungsarten zu betreiben. Gestützt auf diese Gesetzesbestimmung
gestattet ihnen die Aufsichtsbehörde, namentlich neben der
Krankenversicherung noch die Versicherung einer Invaliditätsentschädigung
bei Lähmungen zu führen (vgl. Art. 1 lit. c der Verordnung über den Betrieb
anderer Versicherungsarten durch die Krankenkassen vom 22. November 1989;
ferner BGE 107 V 42).

    aa) In diesem Sinne gewährte die Grütli nach dem ab 1. Januar
1987 geltenden Art. 26 Ziff. 1 ihres Leistungsreglements (Fassung vom
25. September 1986) den für Krankenpflege (Abt. A) Versicherten zusätzliche
Krankenpflegeleistungen bei Lähmungserkrankungen. Dasselbe Reglement
sah sodann in Art. 26 Ziff. 9 vor, dass die Grütli den Versicherten
Leistungen bei Invalidität infolge organisch bedingter Lähmungen des
Zentralnervensystems vermittelte (Satz 1), welche Leistungen sich nach den
einschlägigen Bestimmungen des SVK richteten (Satz 2). Dessen Reglement
über die Durchführung der Lähmungsinvaliditätsversicherung bestimmt u.a.,
dass die Invaliditätsleistungen für erwachsene Versicherte in der Regel
in Form von monatlichen Ratenzahlungen ausgerichtet werden (Art. 13
Abs. 2 LIV) und dass der Anspruch auf Ausrichtung einer monatlichen
Rentenzahlung mit dem Monat beginnt, in dem seit Beginn der Lähmung ein
Jahr verflossen ist (Art. 13 Abs. 5 LIV). Art. 14 Abs. 1 LIV hält ferner
fest, dass dieser Leistungsanspruch grundsätzlich nur besteht, solange
der Versicherte Mitglied einer dem SVK angeschlossenen Krankenkasse ist.

    bb) Am 29. August 1989 änderte die Grütli ihr Reglement dahin,
dass den Versicherten ab 1. Januar 1990 die bisherigen Leistungen
bei Invalidität (Art. 26 Ziff. 9 des zuvor geltenden Reglements)
infolge organisch bedingter Lähmungen nicht mehr vermittelt werden
(Art. 26 Ziff. 2 des Reglements vom 29. August/8. Dezember 1989). Unter
dem Titel "Übergangsbestimmungen" wurde in Art. 26 Ziff. 3 lit. b
des neuen Reglements festgehalten, dass die Grütli für die vor dem
1. Januar 1990 eingetretenen organisch bedingten Lähmungserkrankungen des
Zentralnervensystems weiterhin die Leistungen bei Invalidität gemäss den
Bestimmungen des alten Art. 26 Ziff. 9 (Fassung vom 25. September 1986)
vermittelt.

    b) Ausgehend vom Wortlaut der Kassenreglemente scheint in der
Tat zweifelhaft, ob die Beschwerdegegnerin hinsichtlich der geltend
gemachten Leistungen passivlegitimiert ist. Sowohl in der Fassung vom
25. September 1986 (in Kraft ab 1. Januar 1987) als auch in derjenigen vom
29. August 1989 (in Kraft ab 1. Januar 1990) hat sie sich hinsichtlich
der hier streitigen Lähmungsinvaliditätsversicherung ausdrücklich nur
zur Vermittlung von Leistungen bereit erklärt, während im Zusammenhang
mit den Krankenpflegeleistungen bei Lähmungserkrankungen ausnahmslos von
Leistungsgewährung oder -ausrichtung die Rede ist.

    Die Vorinstanz hat sich mit diesem augenfälligen Unterschied nicht
befasst und sich statt dessen vielmehr von der statutarischen Ordnung des
SVK leiten lassen, wo von Rückversicherungsverband die Rede ist (Art. 1
Abs. 1 der SVK-Statuten vom 8. November 1985). Dieses Versäumnis erstaunt
in doppelter Hinsicht: Zum einen hat die Rechtsprechung in vergleichbaren
Fällen durchaus zwischen Leistungsvermittlung und -ausrichtung oder
-gewährung zu unterscheiden gewusst (BGE 102 V 12 am Ende; RSKV 1973
Nr. 168 S. 74 E. 2). Zum andern hat das Eidg. Versicherungsgericht -
ohne Art. 27 Abs. 1 KUVG ausser acht zu lassen - ausgeführt, der Begriff
der Rückversicherung sei im sozialversicherungsrechtlichen Bereich weit
auszulegen; insbesondere würden auch solche Verhältnisse darunter fallen,
in denen ein Versicherter - auf Vermittlung der ihm die Mindestleistungen
(Art. 12 Abs. 1 KUVG) erbringenden Kasse - beim "Rückversicherer"
Zusatzleistungen versichern lasse (BGE 102 V 13).

    c) Eine nähere Betrachtung der statutarischen Verbandsordnung und
der LIV-Bestimmungen im Lichte dieser Rechtsprechung ergibt, dass der
Bestand eines direkten Forderungsrechts des Versicherten gegenüber dem als
Rückversicherer auftretenden SVK keineswegs ausser Betracht fallen muss.

    Wohl wird gemäss Art. 4 der Statuten die Verbandsmitgliedschaft
nur Krankenkassen oder Rückversicherungsverbänden zugestanden. Doch
abgesehen davon, dass damit noch in keiner Weise feststeht, ob die
einzelnen Mitglieder der eintretenden Kassen nicht ebenfalls die
Verbandszugehörigkeit erlangen - Art. 8 Abs. 3, 45 Abs. 4, 5 und 6 der
Statuten scheinen dies anzudeuten -, lässt sich aus der Regelung der
Mitgliedschaft für die Frage des Forderungsrechts nichts Zwingendes
ableiten (vgl. ferner Art. 1 Abs. 1 lit. a und Art. 8 Abs. 4 LIV).

    Wesentlichere Bedeutung kommt in diesem Punkt - nebst einzelnen
statutarischen Bestimmungen (vgl. Art. 14 Abs. 2, 18 Abs. 2, 45 Abs. 5,
50 Abs. 3) - dem LIV-Reglement selbst zu, und zwar insbesondere dessen
Art. 5 Abs. 1, Art. 6 (vgl. ferner Art. 11 Abs. 1, Art. 13 und 14 LIV),
wo die Leistungsansprüche zugunsten der einzelnen Versichertenkategorien
festgelegt werden.

    d) Wie es sich im einzelnen damit verhält, kann indes auch im
vorliegenden Fall dahingestellt bleiben, und zwar nicht nur, weil der
SVK seitens der Versicherten gar nicht belangt wurde. Denn selbst wenn
dies geschehen und überdies ein direktes Forderungsrecht gegenüber dem
Verband zu bejahen wäre, müsste das entsprechende Leistungsbegehren
abgewiesen werden.

    Der Grund hiefür liegt in der auf Ende 1989 erfolgten Auflösung der
Lähmungsinvaliditätsversicherung durch die Beschwerdegegnerin und dem
dadurch bedingten Wegfall der Leistungspflicht des SVK. Sowohl Art. 45
Abs. 2 und 3 der Verbandsstatuten als auch Art. 14 Abs. 1 LIV sehen
nämlich sinngemäss vor, dass die Leistungspflicht des SVK - selbst in
laufenden Schadenfällen - aufhört, wenn ein Verbandsmitglied aus der
Lähmungsversicherung austritt. Als entscheidend erweist sich sodann in
diesem Zusammenhang die den Leistungsanspruch auslösende Jahresfrist
gemäss Art. 13 Abs. 5 LIV (vgl. E. 2a/aa). Denn nach einem jüngeren -
ebenfalls zur Lähmungsinvaliditätsversicherung ergangenen - Grundsatzurteil
muss die versicherungsmässige Deckung als Leistungsvoraussetzung nach
Ablauf dieser Frist und bei der damit zusammenfallenden Entstehung des
Leistungsanspruchs vorhanden sein (RKUV 1988 Nr. K 780 S. 335). - Im
hier zu beurteilenden Fall fehlt es an dieser Voraussetzung; das Ende
der Jahresfrist fiel auf einen Zeitpunkt, in dem der Vertrag mit dem SVK
bereits aufgelöst war, so dass diesem gegenüber selbst bei Annahme eines
direkten Forderungsrechts keine Leistungen mehr beansprucht werden könnten.

Erwägung 3

    3.- Nach dem Gesagten ist somit im Ergebnis zu Recht davon
abgesehen worden, den SVK ins Recht zu fassen. Zu prüfen bleibt,
ob - unter den konkreten Umständen - die an seiner Stelle belangte
Beschwerdegegnerin Leistungen zu erbringen hat. Soweit dabei nach wie
vor die Passivlegitimation in Frage steht, ist für deren Beurteilung
vom Reglement der Kasse auszugehen, worin sich diese zur Vermittlung
von Leistungen bei lähmungsbedingter Invalidität bereit erklärt hatte
(Art. 26 Ziff. 9 des Leistungsreglements vom 25. September 1986).

Erwägung 4

    4.- Im Krankenversicherungsrecht ist - wie im gesamten
Sozialversicherungsrecht - der Grundsatz von Treu und Glauben zu
beachten. Nach diesem Grundsatz sind gemäss feststehender Rechtsprechung
des Eidg. Versicherungsgerichts kasseninterne Bestimmungen so auszulegen,
wie sie der Versicherte bei pflichtgemässer Aufmerksamkeit verstehen
durfte und musste. Die mangelnde Klarheit einer Kassenbestimmung darf
sich nicht zum Nachteil des Versicherten auswirken (RKUV 1992 Nr. K 894
S. 134 E. 1b/bb mit Hinweisen).

    a) Selbst wenn im vorliegenden Fall in bezug auf die
Lähmungsinvaliditätsversicherung von einer grundsätzlich rein vermittelnden
Kassentätigkeit ausgegangen wird, kann es im Lichte einer sich an den
Geboten von Treu und Glauben orientierenden Auslegung nicht zweifelhaft
sein, dass Art. 26 Ziff. 9 des Leistungsreglements vom 25. September 1986
für die Beschwerdegegnerin verpflichtenden Charakter hat. Insofern wird in
den betreffenden reglementarischen Bestimmungen dem oder der Versicherten
gegenüber der Kasse ein Anspruch auf Leistungsvermittlung eingeräumt,
und es ist jedenfalls bezogen auf diesen Anspruch die Sachlegitimation
der Beschwerdegegnerin zu bejahen.

    Bevor darüber zu befinden ist, wofür und inwieweit die Kasse
aufgrund einer derart gefassten reglementarischen Bestimmung im
einzelnen einzustehen hat, gilt es vorerst, die zeitliche Geltung dieser
Verpflichtung zu klären.

    b) Ob die Versicherte wegen ihres am 2. März 1989 erlittenen
Schlaganfalls Ansprüche gegenüber der Kasse erheben kann, beurteilt sich
nach der im revidierten Leistungsreglement enthaltenen Übergangsbestimmung
(Art. 26 Ziff. 3 lit. b des Reglements vom 29. August 1989, in Kraft
ab 1. Januar 1990), wonach die Grütli für die vor dem 1. Januar 1990
eingetretenen organisch bedingten Lähmungserkrankungen weiterhin die
Leistungen bei Invalidität gemäss den Bestimmungen des alten Art. 26
Ziff. 9 (Fassung vom 25. September 1986) vermittelt (vgl. E. 2a/bb).

    Der Wortlaut dieser Bestimmung lässt keine Zweifel offen, dass die
Beschwerdegegnerin dem Lähmungseintritt zentrale Bedeutung beimessen
wollte. So hat sie für die sich nach dem 1. Januar 1990 einstellenden
Lähmungserkrankungen mit Sicherheit nicht weiter einzustehen. Was hingegen
die Erkrankungen anbelangt, die - wie im vorliegenden Fall - vor dem
1. Januar 1990 eingetreten waren, kann die Übergangsbestimmung nach ihrem
Wortlaut und dem auch in diesem Zusammenhang zu beachtenden Grundsatz von
Treu und Glauben nicht in dem Sinne ausgelegt werden, wie die Kasse dies
in ihrem Zirkular vom Dezember 1989 zwecks Einschränkung ihrer eigenen
Leistungspflicht getan hat und wie sie es auch im vorliegenden Verfahren
tun will: dass nämlich die Lähmungserkrankung am 1. Januar 1990 bereits
seit über einem Jahr bestanden haben, mithin die gemäss Art. 13 Abs. 5
LIV als Leistungsvoraussetzung vorgesehene Jahresfrist zu diesem Zeitpunkt
bereits verstrichen sein muss.

    Zwar wäre eine so zu verstehende Übergangslösung insofern nicht
ohne Sinn, als die Kasse auf diese Weise kundgeben könnte, lediglich die
am 1. Januar 1990 - nach Ablauf der Jahresfrist - bereits entstandenen
Ansprüche von der Revision ausnehmen zu wollen, zumal sie bei Vorliegen
besonderer Rechtfertigungsgründe selbst zur Einschränkung bereits laufender
Ansprüche befugt gewesen wäre (vgl. BGE 113 V 301). Des weitern ergäbe die
von der Kasse vertretene Auffassung eine aus ihrer Sicht folgerichtige
Deckungsgleichheit mit der Leistungspflicht des SVK (vgl. E. 2d). -
Indes findet eine solche Auslegung in Art. 26 Ziff. 3 lit. b des
Leistungsreglements vom 29. August 1989 - auch unter Berücksichtigung
des darin enthaltenen Verweises auf die zuvor geltenden Bestimmungen
- keine Stütze. Vielmehr zielt die Übergangsbestimmung in der hier
streitigen Fassung darauf ab, nicht nur die am 1. Januar 1990 bereits
entstandenen Ansprüche, sondern gleichermassen die aufgrund der vor dem
1. Januar 1990 eingetretenen Lähmungserkrankungen noch entstehenden
Ansprüche von der Revision auszunehmen. Anders kann die betreffende
Bestimmung von den Versicherten bei pflichtgemässer Aufmerksamkeit
nicht verstanden werden. Selbst Unklarheiten, die nicht zum Nachteil
der Versicherten ausgelegt werden dürften (RKUV 1992 Nr. K 894 S. 134
E. 1b/bb mit Hinweisen), liegen in diesem Zusammenhang keine vor,
und es kann unter diesen Umständen auch nicht von Belang sein, dass im
erwähnten Zirkularschreiben ein vom klaren Reglementstext abweichendes,
einschränkendes Verständnis der Übergangsregelung kundgegeben wurde
(RKUV 1987 Nr. K 709 S. 20 E. 2d).

    c) Es kann mithin festgehalten werden, dass aufgrund der eigenen
Übergangsbestimmungen der Beschwerdegegnerin (Art. 26 Ziff. 3 lit. b) deren
Verpflichtung zur Leistungsvermittlung bei lähmungsbedingter Invalidität
im hier streitigen Krankheitsfall vom 2. März 1989 fortbesteht. So gesehen
wird die Rechtsstellung der Beschwerdeführerin gegenüber der Kasse durch
die - für sich allein betrachtete - Revision des Leistungsreglements
nicht beschnitten, und es lässt sich diesbezüglich auch aus den in RKUV
1988 Nr. K 780 S. 335 (vgl. E. 2d) entwickelten Grundsätzen nichts
zugunsten der Beschwerdegegnerin ableiten. Jedenfalls insoweit kann
demnach von einer Einschränkung laufender Ansprüche nicht die Rede sein,
weshalb sich die Frage nach der Wohlerworbenheit oder nach besonderen
Rechtfertigungsgründen von vornherein erübrigt. - Damit verbleibt die
abschliessend zu beurteilende Frage, welche Wirkungen die Verpflichtung
der Beschwerdegegnerin zu zeitigen vermag, nachdem die Leistungspflicht
des SVK auf Ende 1989 dahingefallen war.

    d) Ausgehend von dem im Leistungsreglement der Kasse enthaltenen,
hinsichtlich des hier streitigen Krankheitsfalls zum Tragen gelangenden
Versprechen, bei lähmungsbedingter Invalidität Leistungen nach den
Bestimmungen des SVK zu vermitteln (Art. 26 Ziff. 3 lit. b des Reglements
vom 29. August 1989 in Verbindung mit Art. 26 Ziff. 9 des Reglements
vom 25. September 1986), ist im vorliegenden Fall eine Verpflichtung der
Beschwerdegegnerin zur Ausrichtung der geltend gemachten Versicherungssumme
zu bejahen. Denn dieses Versprechen kann nach der Auflösung des zwischen
Kasse und SVK bestehenden Verhältnisses - auch bei wortgetreuer Auslegung
- nicht folgenlos bleiben. Selbst wenn mithin der Kasse im Regelfall
hinsichtlich der Invaliditätsleistungen eine rein vermittelnde Aufgabe
zugekommen sein mag, hat sie nach Treu und Glauben für den Erfolg
dieses Versprechens in jenen (seltenen) Fällen einzustehen, in denen
der SVK für einen nach Massgabe seines Reglements (Art. 5 ff. LIV)
bestehenden Anspruch nicht mehr belangt werden könnte. Andernfalls
verkäme die betreffende Reglementsbestimmung zum leeren Versprechen, und
es ergäbe sich für die betroffene Versicherte eine Beschneidung ihrer
Ansprüche, die mit dem in ihrem Fall anwendbaren Leistungsreglement
nicht zu vereinbaren wäre. In diesem Sinne rechtfertigt es sich -
ohne die Rechtsnatur dieser Verpflichtung abschliessend festzulegen -,
den betreffenden reglementarischen Bestimmungen die Tragweite eines
selbständigen, mit Art. 111 OR vergleichbaren, Garantieversprechens
beizumessen. Diese Sichtweise drängt sich um so mehr auf, als die Kasse
ein ausgeprägtes eigenes Geschäftsinteresse an der garantierten Leistung
aufweist (GAUCH/SCHLUEP, Schweizerisches Obligationenrecht Allgemeiner
Teil, 5. Aufl. 1991, Bd. II, Rz. 4079 mit Hinweisen) und es das im
Recht der sozialen Krankenversicherung geltende Gegenseitigkeitsprinzip
(BGE 113 V 298 E. 2) zu berücksichtigen gilt.

Erwägung 5

    5.- Da die weiteren Anspruchsvoraussetzungen unbestritten geblieben
sind (vgl. E. 1), ist dem Leistungsbegehren der Beschwerdeführerin
vollumfänglich stattzugeben.

Entscheid:

        Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

    In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde werden der Entscheid
des Versicherungsgerichts des Kantons Basel-Stadt vom 15. August 1991
und die Verfügung der Schweizerischen Grütli-Krankenversicherung vom
18. September 1990 aufgehoben und es wird die Kasse verpflichtet, der
Versicherten Fr. 40'000.-- zu bezahlen.