Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 119 V 111



119 V 111

16. Urteil vom 2. April 1993 i.S. B. gegen Schweizerische Ausgleichskasse
und Eidgenössische Rekurskommission der AHV/IV für die im Ausland wohnenden
Personen Regeste

    Art. 6 IVG; Art. 2 und Art. 8 lit. f des schweizerisch-jugoslawischen
Abkommens vom 8. Juni 1962 über Sozialversicherung; Art. 33 und Art. 36
der Verordnung über die Begrenzung der Zahl der Ausländer vom 6. Oktober
1986 (BVO; SR 823.21); Art. 4 ANAG.

    - Der ausländische Arbeitnehmer, der in der Schweiz verunfallt
oder erkrankt und keine Arbeitsbewilligung hat, darf grundsätzlich
vorübergehend während der medizinischen Behandlung hier bleiben (BGE
118 V 84 E. 4b). Er hat jedoch keinen Anspruch darauf, dass ihm eine
Aufenthaltsbewilligung erteilt wird; auch das schweizerisch-jugoslawische
Sozialversicherungsabkommen vermittelt keinen solchen Anspruch. Es
steht im freien Ermessen der zuständigen fremdenpolizeilichen Behörden,
ob sie im Einzelfall eine Koordination von fremdenpolizeilicher und
sozialversicherungsrechtlicher Regelung anstreben wollen oder nicht. Es
ist daher nicht Aufgabe der Sozialversicherungsverwaltung und -justiz,
bei der Beurteilung der Versicherteneigenschaft vorfrageweise über die
Rechtmässigkeit des fremdenpolizeilichen Entscheids zu befinden (E. 7c).

    - Für die Versicherteneigenschaft im Rahmen von Art. 8 lit. f des
Abkommens kann auf das Erfordernis des tatsächlichen Aufenthalts in der
Schweiz bis zum Eintritt des Versicherungsfalles verzichtet werden,
wenn der Leistungsansprecher aufgrund eines fremdenpolizeilichen
Entscheids die Schweiz verlassen musste. Voraussetzung ist allerdings,
dass der Leistungsansprecher in der Schweiz geblieben wäre, wenn
er eine fremdenpolizeiliche Aufenthaltsbewilligung erhalten hätte,
und dass das Verlassen der Schweiz seinen Grund in der unfall- oder
krankheitsbedingten Aufgabe der Erwerbstätigkeit hat. Ist die Beendigung
der Aufenthaltsbewilligung auf andere Gründe zurückzuführen oder auf
Tatbestände, für welche der Leistungsansprecher selbst einzustehen hat,
kann er sich nicht auf Art. 8 lit. f des Abkommens berufen. Die Absicht
des weiteren Hierbleibens hat sich aus objektiven Umständen zu ergeben und
muss nach dem Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit dargetan sein
(E. 7c).

Sachverhalt

    A.- Der 1932 geborene M. B., Staatsangehöriger des ehemaligen
Jugoslawien, arbeitete in den Jahren 1971 bis 1975 und ab 1978 als
saisonbeschäftigter Bauarbeiter in der Schweiz und entrichtete in dieser
Zeit Beiträge an die schweizerische Sozialversicherung. Am 4. Juli 1985
erlitt er beim Anheben einer Last einen plötzlich einschiessenden
Rückenschmerz. In der Folge wurde nebst massiven degenerativen
Veränderungen der Wirbelsäule eine schwere Spondylarthrose L 4/5
diagnostiziert, weshalb er sich am 3. August 1985 einer Laminektomie
unterziehen musste (Berichte des Dr. med. C. vom 4. Dezember 1985 und
der Neurologischen Klinik des Kantonsspitals Aarau vom 12. Februar 1986).

    Am 16. August 1985 meldete sich M.B. bei der Invalidenversicherung
zum Leistungsbezug an. Die Invalidenversicherungs-Kommission klärte die
medizinischen und erwerblichen Verhältnisse ab und kam am 13. März 1986 zum
Schluss, dass M.B. vollständig invalid sei und ab 1. Juli 1986 Anspruch
auf eine ganze Invalidenrente habe; hingegen könne das als Hilfsmittel
beantragte Lendenmieder mangels Erwerbsfähigkeit nicht abgegeben werden.

    Am 18. März 1986 teilte die Fremdenpolizei des Kantons Nidwalden
der Invalidenversicherungs-Kommission mit, M. B. sei nach Jugoslawien
abgereist. Die Ausgleichskasse des Schweizerischen Baumeisterverbandes
holte daraufhin Auskünfte ein über die Dauer des Aufenthalts des M. B. in
der Schweiz und über die Art der Aufenthaltsbewilligung. Am 17. April
1986 überwies sie die Akten an die Schweizerische Ausgleichskasse.

    Mit unangefochten in Rechtskraft erwachsener Verfügung vom 16. Juni
1986 wies die Schweizerische Ausgleichskasse das Begehren um Abgabe
eines Lendenmieders ab. Ferner holte sie eine Auskunft ein über die
Beitragszeiten des M. B. bei der jugoslawischen Sozialversicherung und
erliess gestützt darauf am 28. April 1987 eine weitere Verfügung, womit
sie den Anspruch auf eine Invalidenrente verneinte, weil M. B. bei Eintritt
des Versicherungsfalles am 3. Juli 1986 nicht versichert gewesen sei.

    B.- M. B. liess Beschwerde erheben mit dem Antrag auf Zusprechung einer
Invalidenrente. Unter Einreichung verschiedener Arbeitsbestätigungen liess
er insbesondere geltend machen, dass er ab 1. April 1986 in einem privaten
Maurerbetrieb und vom 1. Juni 1986 bis 15. Januar 1987 im Unternehmen
"1. Mai" angestellt gewesen sei und in dieser Zeit auch Beiträge an die
jugoslawische Sozialversicherung entrichtet habe. In der Folge gelangte
die Schweizerische Ausgleichskasse nochmals verschiedentlich an die
jugoslawische Sozialversicherung, welche am 22. März 1988, am 20. Juni
1988 und am 3. Mai 1989 bestätigte, dass M. B. im fraglichen Zeitraum
der jugoslawischen Sozialversicherung nicht angehört habe. Mit Entscheid
vom 8. Dezember 1989 wies die Eidg. Rekurskommission der AHV/IV für
die im Ausland wohnenden Personen die Beschwerde mangels Erfüllens der
versicherungsmässigen Voraussetzungen ab.

    C.- Mit Eingabe vom 6. April 1990 lässt
M. B. Verwaltungsgerichtsbeschwerde erheben und beantragen, es sei auf
das Rechtsmittel einzutreten und ihm - in Aufhebung der angefochtenen
Verfügung - eine Invalidenrente zuzusprechen.

    Die Schweizerische Ausgleichskasse äussert sich zur
Verwaltungsgerichtsbeschwerde, ohne einen Antrag zu stellen, das
Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) schliesst auf Gutheissung der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde.

    Auf die einzelnen Vorbringen in den Rechtsschriften wird - soweit
erforderlich - in den Erwägungen eingegangen.

Auszug aus den Erwägungen:

       Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- u. 2.- (Eintretensfrage)

Erwägung 3

    3.- (Kognition)

Erwägung 4

    4.- Streitig und zu prüfen ist, ob der Beschwerdeführer Anspruch hat
auf Zusprechung einer Rente der schweizerischen Invalidenversicherung
(vgl. BGE 119 V 98 E. 3).

Erwägung 5

    5.- a) Nach Art. 4 Abs. 1 IVG gilt als Invalidität die durch
einen körperlichen oder geistigen Gesundheitsschaden als Folge von
Geburtsgebrechen, Krankheit oder Unfall verursachte, voraussichtlich
bleibende oder längere Zeit dauernde Erwerbsunfähigkeit.

    Die Invalidität gilt als eingetreten, sobald sie die für die Begründung
des Anspruchs auf die jeweilige Leistung erforderliche Art und Schwere
erreicht hat (Art. 4 Abs. 2 IVG). Im Falle einer Rente gilt die Invalidität
in dem Zeitpunkt als eingetreten, in dem der Anspruch nach Art. 29 Abs. 1
IVG (in der hier massgeblichen, bis Ende 1987 gültig gewesenen Fassung)
entsteht, d.h. wenn der Versicherte mindestens zur Hälfte bleibend
erwerbsunfähig geworden ist (Variante I) oder während 360 Tagen ohne
wesentlichen Unterbruch durchschnittlich zur Hälfte arbeitsunfähig war
und weiterhin mindestens zur Hälfte erwerbsunfähig ist (Variante II).
   b) (Vgl. BGE 119 V 98 E. 4b)

    Ferner sind gemäss Art. 8 lit. b des schweizerisch-jugoslawischen
Sozialversicherungsabkommens jugoslawische Staatsangehörige, die der
jugoslawischen Versicherung angehören oder die vor Verlassen der Schweiz
eine ordentliche Invalidenrente bezogen haben, den Versicherten gemäss
schweizerischer Gesetzgebung gleichgestellt.

Erwägung 6

    6.- a) Es steht nach der Aktenlage fest und ist unbestritten, dass
der Beschwerdeführer wegen seines Rückenleidens, das am 4. Juli 1985 beim
Anheben einer Last zum Ausbruch kam und am 3. August 1985 die Vornahme
einer Laminektomie erforderte, bis mindestens Februar 1986 vollständig
arbeitsunfähig war (Berichte des Dr. med. C. vom 4. Dezember 1985 und der
Neurologischen Klinik des Kantonsspitals Aarau vom 30. Dezember 1985 und
12. Februar 1986). Anderseits hat die Vorinstanz zutreffend festgestellt,
dass vor dem letzten Arbeitstag am 5. Juli 1985 keine massgebliche
Einschränkung der Arbeitsfähigkeit vorlag (Bericht der Arbeitgeberfirma
Ch. vom 24. Februar 1986). Ein allfälliger Versicherungsfall kann demnach
gestützt auf Art. 29 Abs. 1 Variante II IVG frühestens 360 Tage nach
der Arbeitsniederlegung, mithin am 1. Juli 1986 entstanden sein.

    b) Der Beschwerdeführer hielt sich in den Jahren 1971 bis 1975 und
ab 1978 mit einer Saisonbewilligung in der Schweiz auf, wobei die letzte
Aufenthaltsbewilligung bis Ende August 1985 gültig war. Nachdem er die
Erwerbstätigkeit wegen des Rückenleidens am 6. Juli 1985 eingestellt hatte,
erteilte ihm die Fremdenpolizei des Kantons Nidwalden am 24. September
1985 eine bis 30. November 1985 befristete Kuraufenthaltsbewilligung,
die sie am 12. Dezember 1985 bis 31. Januar 1986 und in der Folge
bis 28. Februar 1986 verlängerte mit dem Vermerk, der Beschwerdeführer
könne "bis zur Reisefähigkeit" in der Schweiz verbleiben. Am 19. Februar
1986 setzte sie ihm Frist zur Ausreise bis am 22. Februar 1986, welcher
Aufforderung der Beschwerdeführer rechtzeitig nachkam.

    Damit steht fest, dass der Beschwerdeführer im Zeitpunkt des Eintritts
des Versicherungsfalles am 1. Juli 1986 in der Schweiz weder Wohnsitz
hatte noch hier erwerbstätig war, womit die Versicherteneigenschaft unter
dem Gesichtspunkt von Art. 6 Abs. 1 IVG in Verbindung mit Art. 1 IVG und
Art. 1 Abs. 1 lit. a und b AHVG entfällt.

    c) Sodann haben die Abklärungen der Schweizerischen Ausgleichskasse
ergeben, dass der Beschwerdeführer nach seiner Rückkehr nach Jugoslawien
trotz der Wiederaufnahme einer Erwerbstätigkeit keine Beiträge an die
jugoslawische Alters- und Invalidenversicherung bezahlte. Verwaltung
und Vorinstanz haben daher zu Recht auch die Versicherteneigenschaft des
Beschwerdeführers gestützt auf Art. 8 lit. b des Abkommens verneint.

Erwägung 7

    7.- a) In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde und in der nach
Einsichtnahme in die Akten am 27. Juni 1990 erfolgten Beschwerdeergänzung
wird insbesondere auf das stossende Ergebnis dieser Rechtslage
hingewiesen. Im Zeitpunkt des Invaliditätseintritts im Juli 1986 sei
der Beschwerdeführer in der Schweiz nicht mehr versichert gewesen,
weil er fremdenpolizeilich zur Ausreise gezwungen worden sei,
und in Jugoslawien sei er nicht versichert gewesen, weil er nur
eine Beschäftigung bei einem Arbeitgeber gefunden habe, der ihn
bei keiner Pensionskasse versicherte. Man müsse sich daher fragen,
ob die verfassungsmässig und durch das Sozialversicherungsabkommen
mit Jugoslawien garantierte Rechtsgleichheit nicht zu einer feineren
Anwendung der Versicherungsklausel führen sollte. Nach dem Grundsatz
der Gleichbehandlung sollte der Versicherungsschutz auch gewährt sein,
wenn ein jugoslawischer Staatsangehöriger, der die erforderlichen
Beiträge an die schweizerische Sozialversicherung geleistet habe,
krank werde oder verunfalle, die Aufenthaltsbewilligung wegen dieses
Gesundheitsschadens verliere, in der Folge - ohne dass ein Verstoss gegen
die Fremdenpolizeigesetzgebung vorliege - die Schweiz auf Weisung der
Fremdenpolizei verlassen müsse und bei der Rückkehr in sein Heimatland aus
von ihm nicht zu vertretenden Gründen nicht mehr versichert sei. Art. 8
lit. f des Abkommens müsse daher auch dann zur Anwendung gelangen, wenn
der jugoslawische Staatsangehörige fremdenpolizeilich zum Verlassen
der Schweiz gezwungen werde, die Wartezeit von 360 Tagen aber erstellt
sei. Ansonsten hätten die schweizerischen Behörden es in der Hand, den
Aufenthalt in der Schweiz mittels fremdenpolizeilicher Wegweisung jederzeit
zu unterbrechen. Es genüge dann, dass der jugoslawische Staatsangehörige
in seinem Land keine Arbeit mehr finde oder nicht mehr versichert sei,
damit der Versicherungsschutz entfalle. Ein solches Ergebnis widerspreche
offensichtlich dem Sinn und Zweck des Gleichheitsgrundsatzes nach Art. 2
des Abkommens, wie er in Art. 8 lit. f präzisiert sei.

    b) Das Eidg. Versicherungsgericht hat im vom heutigen Tag datierten
Urteil Z. (BGE 119 V 98) entschieden, dass mit dem in Art. 8 lit. f des
schweizerisch-jugoslawischen Sozialversicherungsabkommens enthaltenen
Ausdruck "dableiben" (im französischen Originaltext: "demeurer") nicht der
zivilrechtliche Wohnsitz gemeint ist, sondern der "gewöhnliche Aufenthalt".
Unter diesem Begriff ist der Aufenthalt von einer gewissen Dauer am Ort zu
verstehen, wo sich der "Schwerpunkt der Lebensverhältnisse" befindet (BGE
112 V 166 E. 1a). Nach der Rechtsprechung des Eidg. Versicherungsgerichts
ist für den "gewöhnlichen Aufenthalt" der tatsächliche Aufenthalt in der
Schweiz und der Wille, diesen Aufenthalt aufrechtzuerhalten, massgebend;
zusätzlich dazu muss sich der Schwerpunkt aller Beziehungen in der
Schweiz befinden (BGE 112 V 166 E. 1a mit Hinweisen, vgl. auch BGE 115 V
448 E. 1b). Ferner hat das Eidg. Versicherungsgericht im selben Urteil
festgestellt, dass Art. 8 lit. f des Abkommens nicht den ununterbrochenen
Aufenthalt in der Schweiz verlangt. Das Erfordernis des Dableibens gilt in
der Regel dann als erfüllt, wenn sich die Unterbrechung des gewöhnlichen
Aufenthalts in der Schweiz im Rahmen von drei Monaten hält oder wenn sie
diese Zeitspanne höchstens unwesentlich überschreitet. Ausnahmsweise ist
eine längerdauernde Toleranzfrist zuzubilligen, wenn die Auslandabwesenheit
mit dem krankheits- oder unfallbedingten Gesundheitsschaden, der zur
Einstellung der Erwerbstätigkeit geführt hat, in direktem Zusammenhang
steht. Dies trifft beispielsweise zu, wenn der Leistungsansprecher nach
einem Spitalaufenthalt auf eine weitere Hospitalisation warten muss
und die Ärzte gegen eine vorübergehende Rückkehr in das Heimatland aus
medizinischen Gründen nichts einzuwenden haben. Als Ausnahmetatbestand
vorbehalten bleiben ferner besondere Umstände zwingender Art, wie
höhere Gewalt oder ein medizinisch indizierter Auslandaufenthalt von
wesentlich mehr als drei Monaten, unabhängig davon, ob dieser mit dem
Gesundheitsschaden, der die Erwerbsaufgabe ausgelöst hat, zusammenhängt
oder nicht.

    c) Im vorliegenden Fall stellt sich nun die Frage, ob für die Anwendung
von Art. 8 lit. f des Abkommens unter Umständen vom Erfordernis des
tatsächlichen Aufenthalts in der Schweiz abgesehen werden kann.

    Wie das Eidg. Versicherungsgericht in BGE 118 V 84 E. 4b
ausgeführt hat, darf ein ausländischer Arbeitnehmer, der in der
Schweiz verunfallt oder erkrankt und keine Arbeitsbewilligung hat,
grundsätzlich vorübergehend während der medizinischen Behandlung hier
bleiben. Art. 36 der Verordnung über die Begrenzung der Zahl der Ausländer
vom 6. Oktober 1986 (BVO; SR 823.21) sieht diesbezüglich vor, dass anderen
(als den in Art. 31 bis 35 BVO erwähnten) nichterwerbstätigen Ausländern
Aufenthaltsbewilligungen erteilt werden können, "wenn wichtige Gründe es
gebieten". Ferner können nach Art. 33 BVO unter bestimmten Voraussetzungen
Kuraufenthaltsbewilligungen ausgestellt werden. Sodann werden Ausländer,
die in der Schweiz invalid geworden sind und ihre bisherige Tätigkeit
nicht weiterführen können, gemäss Art. 13 lit. b BVO nicht an die
vom Bundesrat periodisch festzusetzende Höchstzahl der erwerbstätigen
Ausländer angerechnet. Dasselbe gilt, wenn ein schwerwiegender persönlicher
Härtefall oder staatspolitische Gründe vorliegen (Art. 13 lit. f BVO),
sowie für Saisonniers, deren Saisonbewilligung in eine Jahresbewilligung
umgewandelt wird (Art. 13 lit. h BVO).

    Anderseits ist zu beachten, dass gemäss Art. 4 des Bundesgesetzes
über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer vom 26. März 1931 (ANAG;
SR 142.20) die zuständige Behörde, im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften
und der Verträge mit dem Ausland, nach freiem Ermessen über die Bewilligung
von Aufenthalt und Niederlassung entscheidet. Der Ausländer hat damit
grundsätzlich keinen Anspruch darauf, dass ihm eine Aufenthaltsbewilligung
erteilt wird (BGE 118 Ib 155 E. 1a). Ferner hat das Bundesgericht im
unveröffentlichten Urteil V. vom 26. Juni 1991 ausgeführt, dass auch
das schweizerisch-jugoslawische Sozialversicherungsabkommen keinen
Anspruch auf eine Anwesenheitsbewilligung vermittelt. Es steht demnach
im freien Ermessen der zuständigen fremdenpolizeilichen Behörden,
ob sie im Einzelfall eine Koordination von fremdenpolizeilicher
und sozialversicherungsrechtlicher Regelung anstreben wollen oder
nicht. Fehlt es aber an einem zwingenden gesetzlichen Auftrag und steht
den Behörden der kantonalen Fremdenpolizei ein derart umfassender
Ermessensspielraum in bezug auf die Bewilligungserteilung offen,
kann die Erfüllung der versicherungsmässigen Voraussetzungen nicht
von der Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung abhängig gemacht
werden. Der in der Schweiz verunfallte oder erkrankte Arbeitnehmer,
der aus diesem Grund die Erwerbstätigkeit unterbrechen muss und bis zum
Eintritt des Versicherungsfalles oder darüber hinaus dabliebe, wenn er
fremdenpolizeilich dazu befugt wäre, soll jenem gleichgestellt werden, der
trotz Fehlens der Erwerbstätigkeit eine Spezial- oder Ausnahmebewilligung
zum weiteren Aufenthalt in der Schweiz erhält. Andernfalls hinge die
Versicherteneigenschaft von der Praxis der kantonalen Fremdenpolizei ab,
was zu manifester Ungleichbehandlung in versicherungsrechtlicher Hinsicht
führen kann.

    Angesichts des der kantonalen Fremdenpolizei offenstehenden weiten
Ermessensspielraums ist es nicht Aufgabe der Sozialversicherungsverwaltung
und -justiz, bei der Beurteilung der Versicherteneigenschaft vorfrageweise
über die Rechtmässigkeit des fremdenpolizeilichen Entscheids zu
befinden. Die Prüfung hat sich vielmehr darauf zu beschränken, ob der
Leistungsansprecher, der die Schweiz während der Wartezeit gemäss Art. 29
Abs. 1 IVG aufgrund einer fremdenpolizeilichen Weisung verlassen musste,
tatsächlich die Absicht hatte, weiterhin hier zu bleiben. Diese Absicht
kann allerdings nur relevant sein, wenn das Verlassen der Schweiz,
sei es endgültig oder vorübergehend, seinen Grund in der unfall- oder
krankheitsbedingten Aufgabe der Erwerbstätigkeit hat. Ist die Beendigung
der Aufenthaltsbewilligung auf andere Gründe zurückzuführen oder auf
Tatbestände, für welche der Leistungsansprecher selbst einzustehen hat,
kann er sich nicht auf Art. 8 lit. f des Abkommens berufen. Es fehlt
diesfalls an der Kausalität zwischen dem durch das Abkommen privilegierten
Tatbestand von Unfall oder Krankheit und der Nichterfüllbarkeit der
Versicherungsklausel. Sodann genügt es in beweismässiger Hinsicht
nicht, dass der Leistungsansprecher lediglich behauptet, er wäre bis
zum Eintritt des Versicherungsfalles in der Schweiz geblieben, wenn
ihm die erforderliche Bewilligung erteilt worden wäre. Die Absicht
des weiteren Hierbleibens hat sich vielmehr aus objektiven Umständen
zu ergeben, wie beispielsweise der Dauer des bisherigen Aufenthalts,
aus dem Zeitraum zwischen dem Eintritt des Gesundheitsschadens und
dem Verlassen der Schweiz, aus dem Nachsuchen um eine Erneuerung
oder Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung und allenfalls aus der
Wiedereinreise in die Schweiz in einem späteren Zeitpunkt, und muss
nach dem im Sozialversicherungsrecht allgemein gültigen Beweisgrad
der überwiegenden Wahrscheinlichkeit dargetan sein. Nur wenn diese
Voraussetzungen erfüllt sind, kann ein Staatsangehöriger des ehemaligen
Jugoslawien, der gegen seinen Willen aufgrund eines fremdenpolizeilichen
Entscheids die Schweiz verlassen musste, den Versicherungsschutz von Art. 8
lit. f des schweizerisch-jugoslawischen Sozialversicherungsabkommens in
Anspruch nehmen.

Erwägung 8

    8.- Im vorliegenden Fall hat die Schweizerische Ausgleichskasse nicht
abgeklärt, ob der Beschwerdeführer die Absicht hatte, in der Schweiz
zu verbleiben. In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird diese Absicht
zwar behauptet, die Akten enthalten indes keine Anhaltspunkte dafür.
Die Sache ist daher an die Ausgleichskasse zurückzuweisen, damit sie
die erforderlichen Abklärungen treffe und hernach über die Erfüllung der
versicherungsmässigen Voraussetzungen im Sinne der vorstehenden Erwägung
neu befinde.

    Gelangt die Ausgleichskasse, gestützt auf das Abklärungsergebnis, zum
Schluss, dass der Beschwerdeführer mit entsprechender fremdenpolizeilicher
Bewilligung bis mindestens Juli 1986 in der Schweiz geblieben wäre, hat
sie unter Berücksichtigung des Umstandes, dass M. B. in Jugoslawien wieder
eine Erwerbstätigkeit ausüben konnte, den Invaliditätsgrad zu bemessen
und über die Zusprechung einer allfälligen Invalidenrente zu verfügen.

Entscheid:

        Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

    Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird in dem Sinne gutgeheissen, dass
der Entscheid der Eidg. Rekurskommission der AHV/IV für die im Ausland
wohnenden Personen vom 8. Dezember 1989 und die angefochtene Verfügung
vom 28. April 1987 aufgehoben werden und die Sache an die Schweizerische
Ausgleichskasse zurückgewiesen wird, damit diese, nach erfolgter Abklärung
im Sinne der Erwägungen, neu verfüge.