Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 119 II 463



119 II 463

93. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 17. November 1993
i.S. G. SA gegen Handelsregisteramt des Kantons Zürich und Direktion
der Justiz des Kantons Zürich (Verwaltungsgerichtsbeschwerde) Regeste

    Anmeldung einer ordentlichen Kapitalerhöhung zur Eintragung im
Handelsregister; Stampaerklärung gemäss Art. 80 Abs. 1 lit. d HRegV (Art.
650 OR, Art. 80 Abs. 1 lit. d HRegV).

    Eine Stampaerklärung des Verwaltungsrates ist dem Handelsregisterführer
mit jeder Anmeldung einer ordentlichen Kapitalerhöhung durch Barliberierung
einzureichen.

Sachverhalt

    A.- Am 1. Juli 1992 beschloss die Generalversammlung der G.
SA eine ordentliche Kapitalerhöhung, welche am 17. September 1992
dem Handelsregisteramt des Kantons Zürich zur Eintragung angemeldet
wurde. Dieses wies mit Verfügung vom 9. Februar 1993 die Anmeldung
ab. Ebenso wies die Direktion der Justiz des Kantons Zürich mit Verfügung
vom 28. April 1993 eine Beschwerde der G. SA mit der Begründung ab,
die Anmeldungsunterlagen seien nicht vollständig, namentlich fehle eine
Stampaerklärung gemäss Art. 80 Abs. 1 lit. d HRegV. Eine dagegen gerichtete
Verwaltungsgerichtsbeschwerde der G. SA weist das Bundesgericht ab.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- Streitig ist, ob bei einer ordentlichen Kapitalerhöhung durch
Barliberierung dem Handelsregisterführer mit der Anmeldung ebenfalls
eine Stampaerklärung gemäss Art. 80 Abs. 1 lit. d HRegV (SR 221.411)
einzureichen ist. Die Beschwerdeführerin macht geltend, sie habe dem
Registerführer am 17. September 1992 die Statutenänderung und ihre im
Sinne von Art. 650 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 652g OR getroffenen
Feststellungen über die erfolgte Barliberierung des Erhöhungskapitals
eingereicht und damit die gesetzlichen Anforderungen für die Anmeldung
erfüllt.

    a) Nach Art. 81 Abs. 2 aHRegV hatte der Registerführer zu prüfen,
ob die Gesellschaft von Aktionären oder Dritten Vermögenswerte übernimmt
oder unmittelbar nach der Gründung oder Kapitalerhöhung übernehmen
soll (vgl. BGE 83 II 284 E. 3c). Dieser Prüfungspflicht kamen die
Handelsregisterführer bereits unter altem Recht bei Bargründungen dadurch
nach, dass sie aufgrund einer Weisung des Eidgenössischen Amtes für
das Handelsregister von den Anmeldern die Abgabe einer entsprechenden
Erklärung verlangten. Solche Erklärungen werden Stampaerklärung genannt
(ZK-BÜRGI/NORDMANN-ZIMMERMANN, N. 70 zu Art. 753/754 OR; VON GREYERZ, SPR
VIII/2, S. 94 f.; vgl. auch GEORG ASCHWANDEN, Bargründung - Sachübernahme,
SJZ 56/1960, S. 101 ff.; ST.B., Handelsregister und Stampaerklärung,
SAG 28/1955/56, S. 119 ff.). Sie bezweckt, gerade bei Barliberierung die
Interessen von gutgläubigen Dritten, Aktionären und Gläubigern zu schützen.

    b) Gemäss Art. 940 Abs. 1 OR und Art. 21 HRegV hat der Registerführer
zu prüfen, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für die Eintragung erfüllt
sind. Diese Prüfung erstreckt sich sowohl auf die registerrechtlichen,
formellen Voraussetzungen, hinsichtlich deren dem Handelsregisteramt
eine umfassende Kognition zusteht, wie auch, in beschränktem Masse, auf
Belange des materiellen Rechts (BGE 117 II 186 E. 1, 114 II 68 E. 2, je
mit Hinweisen). Im vorliegenden Fall geht es um die Frage der Erfüllung
der formellen Eintragungsvoraussetzungen gemäss Art. 80 Abs. 1 HRegV.

    c) Art. 650 OR regelt die ordentliche Kapitalerhöhung. Sie ist
innerhalb dreier Monate ins Handelsregister einzutragen, andernfalls der
Beschluss der Generalversammlung dahinfällt (Art. 650 Abs. 3 OR). Art. 80
f. HRegV enthalten dazu registerrechtliche Ausführungsvorschriften. Art. 80
Abs. 1 HRegV zählt die Belege auf, die mit der Anmeldung der
ordentlichen Kapitalerhöhung dem Handelsregisterführer einzureichen
sind. Namentlich wird in lit. d der genannten Bestimmung eine Erklärung des
Verwaltungsrates verlangt, dass keine anderen Sacheinlagen, Sachübernahmen,
Verrechnungstatbestände oder besonderen Vorteile bestehen als die in der
Anmeldung genannten (Stampaerklärung). Art. 80 Abs. 2 HRegV präzisiert
Art. 650 Abs. 3 OR dahingehend, dass nicht die Eintragung, sondern die
vollständige Anmeldung der Kapitalerhöhung innerhalb dreier Monate nach
dem Generalversammlungsbeschluss erfolgt sein muss.

    Das Eidgenössische Amt für das Handelsregister führt in seiner
Vernehmlassung aus, der Handelsregisterführer habe zu prüfen, ob die
Gesellschaft von Aktionären oder Dritten Vermögenswerte übernehme oder
unmittelbar nach der Gründung oder Kapitalerhöhung übernehmen solle
(BGE 83 II 284 E. 3c). Wie diese Prüfung durch den Registerführer
vorzunehmen sei, verdeutliche Art. 80 Abs. 1 lit. d HRegV, der die
Einreichung einer Stampaerklärung vorschreibe. Diese sei auch dann
einzureichen, wenn kein qualifizierter Tatbestand vorliege. Dieser
Auslegung ist zuzustimmen. Art. 80 Abs. 1 HRegV zählt die Belege,
welche dem Handelsregisteramt mit der Anmeldung vorzulegen sind,
abschliessend auf. Die Vorschrift dient einerseits einer schnellen
Prüfung der Eintragungsvoraussetzungen durch die Registerbehörde,
anderseits der Aufklärung des Verwaltungsrates darüber, wie er die
Voraussetzungen zur Eintragung erfüllen kann. Auch wenn der Wortlaut
von Art. 80 Abs. 1 lit. d HRegV zu Falschinterpretationen, wonach es bei
einer Barliberierung keiner Stampaerklärung bedürfe, Anlass geben könnte,
entspricht eine solche Auslegung nicht dem wahren Sinn. Die genannte
Bestimmung wollte vielmehr die bisherige Praxis der Registerführer, bei
Barliberierungen eine entsprechende Erklärung zu verlangen (vgl. E. 2a
hievor), in der Handelsregisterverordnung verankern. Dieser Schluss
ergibt sich auch aus dem Vorschlag der Eidgenössischen Fachkommission
für das Handelsregister anlässlich der Revisionsarbeiten, der in
Art. 80b Ziff. 4 EHRegV eine Erklärung des Verwaltungsrates verlangte,
dass keine qualifizierten Tatbestände bzw. keine weiteren als die
genannten Tatbestände vorliegen, wobei der Handelsregisterführer
das auch auf andere Weise prüfen könne. Die Änderungen, die dieser
Vorschlag erfuhr, waren - nach den Ausführungen des Eidgenössischen
Amtes für das Handelsregister - lediglich gesetzessystematischer und
sprachlicher Natur, sie modifizierten indessen weder den Regelungszweck
noch den Regelungsgegenstand. Die Auffassungen von WATTER (Gründung und
Kapitalerhöhung im neuen Aktienrecht, Schriftenreihe SAV Band 11/1992,
S. 55 ff., 57 und 60) und - ihm folgend - BÖCKLI (Das neue Aktienrecht,
S. 26 N. 74), wonach auf eine Stampaerklärung zu verzichten sei, wenn die
Gesellschaft eine Prüfungsbestätigung einreiche, wurden vor dem Erlass
der geltenden Handelsregisterverordnung niedergeschrieben und stehen zum
Gesagten mindestens soweit nicht in Widerspruch, als bei einer orthodoxen
Kapitalerhöhung keine Prüfungsbestätigung erforderlich ist (Art. 652f
Abs. 2 OR; BÖCKLI, aaO, S. 62 N. 211).

    Die Stampaerklärung hat nach dem Gesagten zu bestätigen, dass kein
anderer Tatbestand vorliegt als die in der Anmeldung genannten. Dies gilt
namentlich für eine Barliberierung. Dass Art. 80 Abs. 1 lit. d HRegV
selbst gesetzeswidrig sei, macht die Beschwerdeführerin zu Recht nicht
geltend. Die Pflicht, eine Stampaerklärung auf jeden Fall einzureichen,
ergibt sich bereits aus Praktikabilitätsgründen sowie aus Gründen der
Rechtssicherheit. Würde differenziert, wann sie einzureichen ist und
wann nicht, ergäben sich diesbezügliche Unklarheiten und zusätzlicher
administrativer Aufwand. Eine Stampaerklärung ist daher mit der Anmeldung
einer ordentlichen Kapitalerhöhung, insbesondere bei einer Barliberierung
einzureichen. Hingegen besteht keine Vorschrift, wie die Erklärung
abzugeben ist.

    d) Fehlt einer der in Art. 80 Abs. 1 HRegV genannten Belege, oder
ergibt die Prüfung durch den Registerführer (Art. 940 OR, Art. 21 und
Art. 80a HRegV), dass sie mangelhaft sind, ist die Anmeldung unvollständig
und nach Ablauf der dreimonatigen Frist abzuweisen (Art. 650 Abs. 3 OR,
Art. 80 Abs. 2 HRegV; vgl. auch WALTER LUSSY, Auswirkungen des neuen
Aktienrechts auf die Handelsregisterführung, BN 1992, S. 420 ff., 438).

    War vorliegend eine Stampaerklärung auf jeden Fall einzureichen, ist
die Beschwerdeführerin ihrer Pflicht nicht fristgemäss nachgekommen. Nach
den Feststellungen der Justizdirektion, die von der Beschwerdeführerin
nicht beanstandet werden, reichte die Beschwerdeführerin innerhalb der
Anmeldefrist die Stampaerklärung nicht ein. Ob das Handelsregisteramt
allenfalls aufgrund des Vertrauensprinzips verpflichtet gewesen wäre,
die Beschwerdeführerin innerhalb der noch laufenden Dreimonatsfrist auf
die Unvollständigkeit der Anmeldungsunterlagen aufmerksam zu machen (BGE
114 Ia 20 E. 2, 111 Ia 169) kann offenbleiben, da nach den Feststellungen
der Justizdirektion die Stampaerklärung absichtlich nicht eingereicht
wurde. Mithin verletzt die Direktion der Justiz kein Bundesrecht, wenn
sie die Eintragung der Kapitalerhöhung in das Handelsregister mangels
Einreichung der Stampaerklärung innert Dreimonatsfrist, die am 1. Oktober
1992 abgelaufen ist, verweigert.