Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 119 II 193



119 II 193

39. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 19. Mai 1993
i.S. A. X. gegen C. X. (staatsrechtliche Beschwerde) Regeste

    Vorsorgliche Massnahmen (Art. 145 ZGB und Art. 4 BV).

    1. Im Verfahren um Erlass vorsorglicher Massnahmen ist die
Verwaltung und Nutzung von Vermögenswerten der Ehegatten zu regeln
und die Verfügung darüber zu beschränken, soweit die Gefährdung eines
güterrechtlichen Anspruchs glaubhaft gemacht worden ist; hingegen darf
in einem Massnahmeentscheid nicht über Ansprüche befunden werden, deren
Beurteilung einem ordentlichen Verfahren vorbehalten ist (E. 3a).

    2. Auf ein Begehren um Herausgabe von Unterlagen kann dem Gesuchsteller
auch bloss ein Einsichtsrecht daran eingeräumt werden, sofern mit dieser
Massnahme seine Rechte gesichert bleiben (E. 3b).

    3. Für die Sperrung von Mietzinseinnahmen aus einer Liegenschaft
sind weder die güterrechtliche Zuordnung noch die gesetzlichen
Verwaltungsbefugnisse entscheidend (E. 3c).

    4. Wer über sein eigenes Einkommen und Vermögen keine Auskunft erteilt,
dem darf ein Unterhaltsbeitrag verwehrt werden (E. 3d).

    5. Die Nutzung eines Ferienhauses kann durchaus wechselweise geregelt
werden; sie kann mit der Zuteilung der ehelichen Wohnung nicht verglichen
werden (E. 3e).

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus der Erwägung:

Erwägung 3

    3.- In der Sache selbst wirft der Beschwerdeführer dem Obergericht
Willkür vor, da sein Herausgabebegehren abgelehnt und ihm lediglich
ein Einsichtsrecht eingeräumt worden sei, weiter die von ihm verlangte
Sperrung der Mietzinseinnahmen nicht bewilligt und er von diesen Erträgen
ausgeschlossen und überdies der Beschwerdegegnerin die Mitbenutzung des
Ferienhauses in R. gestattet worden sei.

    a) Im Verfahren um Erlass vorsorglicher Massnahmen nach Art. 145 ZGB
sind für die Dauer des Scheidungsverfahrens die Folgen zu regeln, welche
sich aus der Aufhebung des gemeinsamen Haushaltes ergeben (BÜHLER/SPÜHLER,
N. 13, N. 25 zu Art. 145 ZGB). Dazu gehören auch Anordnungen im Hinblick
auf die güterrechtliche Auseinandersetzung, die als solche jedoch nicht
in diesem (summarischen) Verfahren vorzunehmen ist (BÜHLER/SPÜHLER, N. 310
ff. zu Art. 145 ZGB; BÜHLER/SPÜHLER, Ergänzungsband, N. 334a zu Art. 145
ZGB). So kann in einem Massnahmeverfahren die Verwaltung und Nutzung
von Vermögenswerten festgelegt sowie die Verfügung darüber beschränkt
werden, sofern die Gefährdung eines güterrechtlichen Anspruchs zumindest
glaubhaft gemacht worden ist (BÜHLER/SPÜHLER, N. 335, N. 339 und N. 349 zu
Art. 145 ZGB). Auf keinen Fall darf aber in einem solchen Verfahren über
Ansprüche befunden werden, deren Beurteilung einzig im Hauptverfahren oder
in einem separaten güterrechtlichen Prozess zu erfolgen hat. Die für die
Dauer des Scheidungsprozesses getroffenen Anordnungen fallen nämlich mit
Beendigung des Verfahrens grundsätzlich dahin (BÜHLER/SPÜHLER, N. 67 zu
Art. 145 ZGB). Damit kann es auch auf die güterrechtliche, sachenrechtliche
sowie allenfalls vertragsrechtliche Beurteilung der vom Beschwerdeführer
einlässlich dargelegten Standpunkte nicht ankommen. Das Bundesgericht kann
im staatsrechtlichen Beschwerdeverfahren nämlich einzig prüfen, ob der
vom Obergericht geschützte Massnahmeentscheid die vom Beschwerdeführer
geltend gemachten verfassungsmässigen Rechte verletzt hat.

    b) Das Obergericht war bei der Prüfung des Herausgabebegehrens
betreffend die Geschäftsunterlagen des Garagebetriebs und die Unterlagen
der Liegenschaften in Z. bestrebt, eine den Umständen des Falles angepasste
und verhältnismässige Lösung zu finden. Durch das dem Beschwerdeführer
eingeräumte Einsichtsrecht kann er bei der güterrechtlichen
Auseinandersetzung seine Interessen durchaus wahren. Gleichzeitig
kann die Beschwerdegegnerin die ihr (auch vom Beschwerdeführer)
zugestandene Verwaltung der Liegenschaften wahrnehmen, ohne dass sich
der Beschwerdeführer gegenüber Dritten als für diese Tätigkeit berechtigt
ausgeben kann. Er begnügt sich in seiner Beschwerdeschrift im wesentlichen
mit der Darlegung seiner - hier nicht massgebenden - güterrechtlichen
und auftragsrechtlichen Rechtsauffassung, ohne darzutun, inwieweit die
vom Obergericht getroffene Regelung willkürlich sein sollte.

    c) Was die Sperrung der Mietzinseinnahmen betrifft, verweist das
Obergericht zu Recht darauf, dass der Beschwerdeführer eine Gefährdung
von güterrechtlichen Ansprüchen seinerseits nicht glaubhaft gemacht habe,
weshalb kein Platz für Sicherungsmassnahmen nach Art. 145 ZGB bestehe. Er
beschränkt sich auf die Behauptung, dass diese von Gesetzes wegen an ihn
abzuliefern seien. Damit verkennt er auch hier den vorläufigen Charakter
eines Massnahmeentscheides, der sich nicht an allfälligen güterrechtlichen
Ansprüchen sowie gesetzlichen Verwaltungsbefugnissen orientiert. Dem
Obergericht kann hier keineswegs Willkür vorgeworfen werden und die
Tatsache, dass der Beschwerdeführer mit dessen rechtlichen Folgerungen
nicht einig geht, stellt auch keine Verletzung des rechtlichen Gehörs dar.

    d) Da der Beschwerdeführer gemäss den Feststellungen des Obergerichts
weder sein eigenes Einkommen noch seinen Lebensaufwand beziffert und
belegt hat, ist es keineswegs willkürlich, seinen Antrag auf einen
Unterhaltsbeitrag und die Beteiligung am Vermögensertrag abzuweisen.

    e) Ausgehend von den verbindlichen Feststellungen des Obergerichts,
wonach das Ferienhaus von den Ehegatten nur sporadisch bewohnt werde
und der Beschwerdeführer nicht die Absicht habe, seinen Wohnsitz
dorthin zu verlegen, ist die wechselweise Benutzung dieser Liegenschaft
durch beide Parteien alles andere als abwegig. Der Beschwerdeführer
verkennt den Charakter einer Zweitwohnung, wenn er meint, durch deren
ausschliessliche Nutzung die Zuteilung der bisherigen Familienwohnung
an die Beschwerdegegnerin ausgleichen zu können. Keine Rolle für den
Entscheid über die Nutzung des Ferienhauses spielt dessen güterrechtliche
Qualifikation. Ungeachtet der Begründung des Obergerichts ist die
getroffene Lösung zumindest im Ergebnis keineswegs willkürlich (BGE 118
Ia 26 E. 5a).