Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 119 III 51



119 III 51

13. Auszug aus dem Urteil der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer vom 15.
September 1993 i.S. F. W. (Rekurs) Regeste

    Betreibungsort (Art. 46 Abs. 1, Art. 48 SchKG).

    Schuldner, die weder in der Schweiz noch im Ausland einen festen
Wohnsitz haben, können an ihrem schweizerischen Aufenthaltsort betrieben
werden; diese Regelung gilt ohne weiteres auch für die Betreibung auf
Konkurs.

Sachverhalt

    A.- Am 20. Januar 1993 sprach F. W. auf dem Betreibungsamt vor, bei
welcher Gelegenheit ihm in der Betreibung Nr. ... die Konkursandrohung
ausgehändigt wurde.

    Das Bezirksgerichtspräsidium als untere Aufsichtsbehörde und das
Kantonsgericht St. Gallen als obere kantonale Aufsichtsbehörde für
Schuldbetreibung und Konkurs wiesen die von F. W. dagegen erhobene
Beschwerde ab.

    F. W. hat sich mit Rekurs vom 23. August 1993 an die Schuldbetreibungs-
und Konkurskammer des Bundesgerichts gewandt. Er beantragt die
Aufhebung des Entscheides der oberen kantonalen Aufsichtsbehörde und
die Feststellung, dass die ihm in der Betreibung Nr. ... zugestellte
Konkursandrohung nichtig und aufzuheben sei.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- Die kantonale Aufsichtsbehörde hat das Betreibungsamt X.
als zuständig erachtet, da der Rekurrent im Zeitpunkt der Zustellung
der Konkursandrohung weder in der Schweiz noch im Ausland einen Wohnsitz
vorweisen könne, sich jedoch an seinem früheren Wohnort X. aufgehalten
habe.

    a) Nach Art. 46 SchKG ist der Schuldner an seinem schweizerischen
Wohnsitz zu betreiben, wobei das Betreibungsrecht hier an das Zivilrecht
anknüpft. Der Wohnsitz einer Person befindet sich demnach an dem Orte,
wo sie sich mit der Absicht dauernden Verbleibens aufhält und den sie
zum Mittelpunkt ihrer Lebensbeziehungen gemacht hat (Art. 23 Abs. 1 ZGB;
BUCHER, Berner Kommentar, Art. 23 ZGB N 8 ff.). Gibt der Schuldner seinen
bisherigen Wohnsitz in der Schweiz auf, ohne dass er irgendwo einen
neuen begründet, so ist Art. 24 Abs. 1 ZGB nicht anwendbar. Er kann nun
allenfalls an einem besondern Betreibungsort belangt werden (Art. 48
ff. SchKG; AMONN, Grundriss des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts,
5. A. Bern 1993, S. 86 ff.).

    b) In tatsächlicher Hinsicht ist davon auszugehen, dass der Rekurrent
am 19. September 1992 aus der ehelichen Wohnung in X. ausgezogen ist, sich
am 29. August 1992 bei der Einwohnerkontrolle in X. abgemeldet hat und
die militärische Bewilligung des Auslandsaufenthalts sowie eine zeitlich
beschränkte Aufenthaltsbewilligung für Spanien vorweisen kann. Überdies
hat er für die Dauer von zwei Jahren in Spanien eine Wohnung gemietet
und beabsichtigt, dort eine Unternehmung aufzubauen. Allerdings kann er
für den Zeitpunkt, an welchem ihm die Konkursandrohung zugestellt worden
ist, weder eine Aufenthaltsbewilligung noch eine Arbeitserlaubnis der
spanischen Behörden vorweisen. Wenn der Rekurrent auch Anstalten getroffen
hat, die auf eine Wohnsitznahme in Spanien hinweisen könnten, so darf doch
nicht ausser acht gelassen werden, dass er auf den 1. Oktober 1992 auch in
Y. eine Wohnung gemietet hat und zudem in der Schweiz als Verwaltungsrat
einer Aktiengesellschaft tätig ist.

    Weitere Anhaltspunkte, die auf einen Lebensmittelpunkt des Rekurrenten
hinweisen könnten, liegen nicht vor. Die kantonale Aufsichtsbehörde hat
somit durchaus zu Recht den Schluss gezogen, dass der Rekurrent weder in
Spanien noch in der Schweiz einen neuen Wohnsitz begründet habe.

    c) Schuldner, die weder in der Schweiz noch im Ausland einen
festen Wohnsitz haben, können an ihrem schweizerischen Aufenthaltsort
betrieben werden (Art. 48 SchKG; AMONN, aaO, S. 86 N 14). Diese Regelung
gilt auch für die Betreibung auf Konkurs (JAEGER, Das Bundesgesetz
betreffend Schuldbetreibung und Konkurs, 1. Band, 3. A. Zürich 1911,
Art. 166 N 6; BAUMANN, Die Konkurseröffnung nach dem Bundesgesetz über
Schuldbetreibung und Konkurs, Diss. Zürich 1979, S. 62 und S. 64). Aus
dem Hinweis des Rekurrenten auf AMONN (aaO, S. 84-88) kann kein anderer
Schluss gezogen werden. Dies gilt insbesondere für dessen Aussage, an
einem besondern Betreibungsort könne, abgesehen von Art. 50 Abs. 1 SchKG,
niemals ein Konkurs ausgesprochen werden (AMONN, aaO, S. 84 N 3). Sie wird
nämlich im wesentlichen durch den Hinweis auf BGE 107 III 53 begründet,
woraus hervorgeht, dass weder am Spezialdomizil (Art. 50 Abs. 2 SchKG)
noch am Arrestort (Art. 52 SchKG) ein Konkurs eröffnet werden könne zum
Betreibungsort des Aufenthaltes brauchte sich das Bundesgericht in dem
zu beurteilenden Falle nicht zu äussern.

    d) Aufenthalt bedeutet Verweilen an einem bestimmten Orte, wobei eine
bloss zufällige Anwesenheit nicht genügt (BUCHER, Berner Kommentar, Art. 23
ZGB N 15). Gemäss den Feststellungen der kantonalen Aufsichtsbehörde konnte
das Betreibungsamt X. dem Rekurrenten am 13. Oktober 1992, am 30. Oktober
1992, am 2. Dezember 1992, am 14. Dezember 1992 und am 20. Januar 1993
rechtshilfeweise Betreibungsurkunden des Betreibungsamtes Zürich zustellen;
er war für das Betreibungsamt persönlich oder über seine Ehefrau ohne
weiteres erreichbar. Damit durfte die kantonale Aufsichtsbehörde zu Recht
davon ausgehen, dass der Rekurrent nicht bloss zufällig in X. anwesend war,
sondern dort einen Aufenthalt begründet hat.

    Der Rekurs erweist sich somit insgesamt als unbegründet.